@Sepiola, ich hab nichts falsch verstanden. Wenn es „die Kelten“ nicht gab, dann muss man die entsprechende Sprache anders benennen. Das ist einfach die Konsequenz daraus. Auch die Sprachforschung entwickelt sich weiter. Pokorny war Gestern.
Um zu ergänzen: und das wird in paleogenetischen Studien, egal ob zum sprachlichen oder umstrittenen archäologischen Konstrukt "keltisch", egal ob Mensch oder Schwein in der Genetik, auch säuberlich auseinander gehalten. zB Neolithic and Bronze Age migration to Ireland and establishment of the insular Atlantic genome Insular Celtic population structure and genomic footprints of migration Wenn hier von gentischen Fußabdrücken die Rede ist, sind das populationsgenetische statistische Häufigkeiten aus einem Gebiet, dessen Population in einem bestimmten Zeitraum einem sprachlichen Konstrukt, einem archäologischen Konstrukt von Materialkultur etc. zugerechnet wird. In diesem Sinne kann man ohne ein gekünsteltes, „völkisch-genetisches“ Problem auch "keltische Schweine" oder germanische Rinder untersuchen.
Ganz genau. Sommersprossen zum Beispiel hat es in Irland schon lange vor den ersten keltisch oder gar germanisch sprechenden Einwanderern gegeben — und die eigentliche Hochburg der Rothaarigen, Lettland, lag weit außerhalb von Hallstatt- und La-Tène-Kultur. Wozu? Da es wohl vorwiegend keltische Sprachen sprechende Menschen waren, die das Eisen nördlich der Alpen etablierten, könnten wir die Sprachfamilie von mir aus auch "Ironisch" nennen — nur ändern würde sich dadurch absolut nichts.
Ich bin schon deshalb dafür, weil schon in Meyers Universallexikon unmissverständlich festgestellt wurde, dass weder die Kelten noch die Germanen begrifflich aus ihrer Sprache überliefert sind. Demzufolge bleiben nur ihre Stammesnamen, wozu aber noch ein neuer Sammelbegriff gefunden werden muss, der aus ihrer Sprache stammt.
Würdest du bitte korrekt zitieren? Sonst könnte ich im Gegenzug darlegen, schon mein Urgroßonkel hätte auf seinem Sterbebett das Gegenteil behauptet.
Caturix, es ist schon erstaunlich, wie du hier auftrittst. Du verkündest etwas als Neuheit, was, wenn du die Literatur und wissenschaftliche Auseinandersetzung ein wenig kennen würdest, geschweige denn ein entsprechendes Seminar einer Universität besucht hättest, dir seit 25 Jahren bekannt wäre. Kleine Literaturliste gefällig? Chapman 1992: M. Chapman, The Celts. The Construction of a Myth (London/New York 2003) Collis 1994: J.R.Collis, Reconstructing Iron Age Society. In: K. Kristiansen/J. Jensen (Hrsg.), Europe in the First Millenium B.C. Sheffield Archaeological Monographs 6 (Sheffield 1992). Karl 2004b: R. Karl, Die Kelten gab es nie! Sinn und Unsinn des Kulturbegriffs in Archäologie und Keltologie. In: R. Karl (Hrsg.), Archäologische Theorie in Österreich – eine Standortbestimmung. Im Standardwerk von H.Birkhan "Die Kelten" von 1997/99 findest du genauso Beiträge zum Thema wie bei Bernhard Maier, Demandt oder anderen Autoren. Das ist als würdest du mit einer Blockflöte keck in ein philarmonisches Orchester treten und verkünden, ich bin die erste Geige. Den Wink weiter oben, dass dein Auftritt dich selbst blamiert, hast du wahrscheinlich nicht wahrgenommen. Hättest du den einige Jahre alten Thread gelesen, den ich verlinkt habe, hättest du eventuell bemerken können, dass einige der hier Versammelten diese Diskussion um Begriffsbestimmungen, negative und positive Aussagen usw. seit vielen Jahren führen und kennen.
Was soll das heißen? Keltoi ist ein Eigenname, keine Fremdbezeichnung: allerdings hat dieser Begriff, möglicherweise nur den nächsten bekannten Stamm bezeichnet, von dem Hekataios in Massalia gehört hat, und den Herodot dann überliefert hat. Hier das indogermanische etymologische Wörterbuch von, es tut mir leid, Julius Pokorny, zu indoeuropäisch Wurzel kel: Indogermanisches etymologisches Wörterbuch
Das ist nebenbei sehr gut vergleichbar mit den Allemands der frankophonen Welt oder den Saksa der Finnen.
So stehts hier: https://meyers.academic.ru/71171 Kelten (Celti, Celtae), Name eines Volkes des indogermanischen Sprachstammes. Wie der Name Germanen, ist auch der der K. nicht in der eignen Sprache des Volkes überliefert und würde auf keltisch Celtos, Mehrz. Celti, heißen[…] @Biturigos, nein ich bin kein Erstverkünder oder sonst noch irgendwas, mich hat nur gewundert, dass sich seit vielen Jahren nichts daran geändert hat. Hier im Thread wurden eingangs nur die Kelten in Irland negiert, doch sie müssen komplett negiert werden. Und damit du weißt was mich dabei umtreibt: Mich würde z.B. brennend interessieren, wie sich diese Leute wirklich untereinander bezeichneten. Und um auf das Eingangsthema zurückzukommen: In Sachen Irland hat man dort Altirisch gesprochen, was man nicht als "keltische" Sprache bezeichnen darf.
Bist du ein verirrter Zeitreisender? — Oder warum zitierst du in einem Geschichtsforum des 21. Jahrhunderts eine historische Enzyklopädie vom Anfang des 20. Jahrhunderts?
Na, wenn es in Meyers Lexikon von 1905 steht, wird sich Wolfgang Meid getäuscht haben, der es für eine Eigenbezeichnung eines zentralgallischen Stammes hält (Wolfgang Meid, Die Kelten, S.10).
Dann hast Du Dich eben missverständlich ausgedrückt. Es gibt auch nicht "die entsprechende Sprache". Das waren bzw. sind mehrere Sprachen, die halt miteinander verwandt sind. Und die Sprachfamilie bekommt dann einen Sammelnamen. Dabei ist es völlig egal, ob es mal ein Volk dieses Namens gab oder nicht. Mach Dich doch mal kundig, was es da sonst so für Sammelnamen gibt: "baltische Sprachen" (natürlich gab es nie ein "baltisches Volk")... "uralische Sprachen" (natürlich gab es nie ein "uralisches Volk")... "indogermanische Sprachen", (natürlich gab es nie ein "uralisches Volk"), "afroasiatische Sprachen" , "dravidische Sprachen" usw. Die Sprachwissenschaftler haben keine Probleme, diese Bezeichnungen zu verwenden. Wenn Du damit ein Problem hast, ist das Dein Privatproblem, nicht das Problem der Wissenschaft. Doch, natürlich darf man. Altirisch ist definitiv eine keltische Sprache. Und wenn man sich verständlich machen will und nicht dauernd missverstanden werden will, muss man sogar die Bezeichnungen so verwenden, wie sie nun mal allgemein verstanden werden.
@Sepiola, was ist an diesem Thema so schwer zu verstehen? Sprachnamen, die sich namentlich auf Regionen beziehen(uralisch etc) vermitteln keinerlei falschen historischen Hintergrund. Sprachen aber mit Phantombegriffen zusammenzufassen, bewirken genau das Gegenteil.
Gerade im Fall der uralischen Sprachen schon, denn die "uralische" Urheimat ist keineswegs historisch nachgewiesen, sondern fiktiv - vom heutigen Verbreitungsgebiet der uralischen Sprachen ganz zu schweigen. Die Bezeichnung "Kelten" ist hingegen nicht fiktiv, sondern findet sich in zahlreichen Quellen der Antike. Und einige der als "Kelten" bezeichneten Völker haben in der Tat keltische Sprachzeugnisse hinterlassen. Mich persönlich stört die Bezeichnung "uralische Sprachen" mehr als die Bezeichnung "keltische Sprachen", aber es nutzt ja nichts, sich darüber aufzuregen. In der Wissenschaft sind die Begriffe nun mal genauso definiert, und wenn man sinnvolle und verständliche Aussagen zum Thema machen will, muss man halt die Begriffe benutzen, wie sie definiert sind.
"Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur." - "... die in ihrer eigenen Sprache Kelten, in der unsrigen Gallier genannt werden" Was in Meyers Lexikon steht, ist korrekt. @Caturix hat es vermutlich nur falsch verstanden.
Wie auch bei seinem Lieblingsautor. Auf den zwei oder drei Seiten zum Thema Vor- und Frühmenschen (wo ich mich auskenne) die ich gerade noch ertragen konnte, wurde wirklich kein einziges Missverständnis ausgelassen — es geht von einem Fettnapf in den nächsten.
Lieber Sepiola, kannst du mir erklären, was Caturix nicht verstanden hat? Korrekt waren wahrscheinlich die Ableitungsformen von Celtos Singular und Celti als Pluralform, richtig? Zum Namen selbst mit der indoeuropäischen Wurzel *kel ist am verbreitesten eine Einschätzung, dass sich der Name von "ragen, hoch" ableitet, und möglicherweise "Die Erhabenen, Überragenden" bedeutet haben könnte. Die Namenswurzel taucht in der Keltike" häufiger auf, dies meine ich nicht als Beleg für eine Selbstzuordnung als Kelten, sondern als Beispiel der Verwendung der Wortwurzel kel - Celtillos, der Vater von Vercingetorix, möglichweise einmal ein Vergobret der Arverner, war vielleicht "Der Erhabene" oder "Der Überragende". Das celicnon war nach einer bei Alise Sainte Reine gefundenen gallischen Inschrift (RIG II/1,S.155) ein Heiligtum gewesen, Birkhan (S.773) spricht von einem hohen, runden Bauwerk, vielleicht in Form eines Trinkbechers. Im keltiberischen Bereich gibt es in Galizien die Ortsnamen Celtigos, und verschiedene Personennamen wie Celtius, Celtitanus und Celtiber (nach Lejeune, Untermann und de Hoz), und schließlich auch den Stamm der Celtici im Süden Portugals (Strabon, 3,1,6; 3,2,15; Plinius NH III). In einem Heiligtum in Mirobriga (ein klassisch keltischer Ortsname!) hinterließ ein Einwohner folgende Inschrift: D(IS) M(ANIBUS) S(ACRUM) / C(AIUS) PORCIUS SEVE/RUS MIROBRIGEN(SIS) / CELT(ICUS) ANN(ORUM) LX / H(IC) S(ITUS) E(ST) S(IT) T(IBI) T(ERRA) L(EVIS) - siehe hier, Seite 25 Wayback Machine Unten die Inschrift von Alise Sainte Reine, gallische Widmung für den Handwerkergott Ucuetis aus dem 2.Jahrhdt.AD
Ich kann nur vermuten, dass er etwas missverstanden hat. Er hat Meyers Lexikon zitiert und daraus die (nicht nachvollziehbare) Schlussfolgerung gezogen: Dabei ist doch belegt, dass es keltisch sprechende Gruppen gab, die sich auch selber als Kelten bezeichneten...
Caturix, auch wenn du gesperrt bist, wollte ich zu deinem Statement noch einmal antworten. Sicher es ist in irgendeiner Weise ein großer Zufall, dass wir heute von "den Kelten" sprechen, nach der Logik des Erstzitats hätte es auch sein können, dass Hekataios diesen Namen über Herodot überliefert hat, es hätte genausogut sein können, er hätte die Arverner als Erste zur Kenntnis genommen, und wir würden über arvernische Sprachen sprechen. Die Problemlage ist durchaus bekannt, und so kommt Birkhan in seinem einleitenden Kapitel "Keltoi, Galli, Galatai, Zur Bestimmung des Keltenbegriffs" (Kelten, S.35/36) zu folgender Schlußfolgerung:"Geht man vom historische gesicherten Keltentum der Gallier aus, dann scheint weder die Verbindung der Kelten mit der Latènekultur zwingend-von der Hallstattzeit ganz zu schweigen - noch auch mit der Annahme, daß der Westhallstattkreis entscheidend mit der Ethnogenese der Kelten zu tun habe. Ob dieser Gedanke, der in jüngster Zeit von John Collis vertreten wird, sich durchsetzen kann, wird die Zukunft lehren. Ich sehe als nächste Konsequenz dieses Gedankens eine weitreichende Umbenennung, die dann auch dieses Buch betreffen müsste. Es könnte dann etwa "Die Latèneleute, ihre Vorfahren, Nachfahren und Nachbaren" heißen." Trotz der durchgesetzen Erkenntnis, dass weder von der Selbstzuordnung der Stämme, noch aus den schriftlichen Quellen ein kohärentes Bild "der Kelten" gewonnen werden kann, noch aus der Ereignisgeschichte erklärbar wäre, wie sich die große Ausbreitung der "keltischen Sprachen" ableiten lässt, oder die Archäologie frühe (Ein)-Wanderungswellen in Spanien, Irland und Britannien nicht verifizieren kann, bleiben die genannten Standardwerke (ich habe hier Birkhan, Demandt, Meid und Maier genannt) bei ihrem Titel "Die Kelten". Warum? Du schlägst vor, diesen Begriff "Die Kelten" durch die Namen der Gentes zu ersetzen: ja, hier stimmt die Archäologie, die Ereignisgeschichte, die Selbstzuordnung zu einer kollektiven Identität größtmöglich überein, sie sind vielfach als handelnde politische und soziale Subjekte ihrer Geschichte belegt - nur, und dies ist der entscheidende Punkt: bezeichnen sie das Verbindende, das über den einzelnen Stamm Hinausgehende, das was Livius als Celticum erschienen ist, und Appian Keltiké nennt? Nein, dies können sie per definitionem nicht. Und so ist noch kein Begriff gefunden, der besser ist als der der Kelten. Eine Summe der Geschichtsschreibungen von den Arevacern bis zu den Treverern, den Skordiskern bis zu den Icenern kann sehr lebendig und bereichernd sein, müsste aber selbst auch immer die politischen, ökonomischen, religiösen und kulturellen Beziehungen in der Keltiké mit referieren.