Keine Runen bei den Langobarden?

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Das ist schon ein kleiner Widerspruch. Ich orakele (unterstelle frei eine persönliche Ansicht) einmal das es bei "Magie" durchaus einen Hintergedanken geben kann, wenn "fruchttragende" Bäume oder das eher weiche, häufige und feinmaserige Holz einer Buche genommen wird.
Ich erinnere einmal an die Funde von Alt-Nowgorod in Nordrussland, der reichen Handelsstadt der Hansezeit. Irgend wann dieses Jahr gab es einen Bericht im Fernsehen, in dem über große Mengen an gefundenen, in Birkenrinde geschriebene Briefe des Mittelalters gesprochen wurde. Bislang war dies anscheinend recht unbekannt gewesen. Es handelte sich um echte Briefe und sogar Kaufverträge, ein reges Schrifttum das nun langsam ausgewertet wird. Die Rinde hat sich offenbar sehr gut erhalten. Natürlich bedurfte es erst eines Anstoßes ehe man sich nach den unscheinbaren Rindenstücken umgesehen hat, zu leicht können sie übersehen werden. Es ist schon denkbar, das es bei den Germanen eine weitere Verwendung der Runen zu profanen Zwecken gegeben hat, es aber eines ähnlichen Aha-Erlebnisses bedarf wie bei den Nowgoroder Funden um auf sie aufmerksam zu werden.

Ich verstehe gerade den direkten Zusammenhang nicht. Die Rinden, sind ja als Schreibunterlage verwendet worden, während die Zweige die Buchstaben bildeten.
Die Verwendung von Birkenrinde als Schreibunterlage ist im Übrigen auch für unsere Breitengrade belegt, wenn es hier auch aufgrund klimatisch ungünstiger Bedingungen kaum erhaltene Fragmente gibt.
 
Ich verstehe gerade den direkten Zusammenhang nicht. Die Rinden, sind ja als Schreibunterlage verwendet worden, während die Zweige die Buchstaben bildeten.
Die Verwendung von Birkenrinde als Schreibunterlage ist im Übrigen auch für unsere Breitengrade belegt, wenn es hier auch aufgrund klimatisch ungünstiger Bedingungen kaum erhaltene Fragmente gibt.

Zwischen den Runen und den nowgoroder Schriften gibt es keinerlei direkten Zusammenhang. Für Nowgorod hat man früher eine weit geringere Schriftlichkeit im normalen Alltag angenommen.
Als Lautschrift sind die Runen prinzipiell auch geeignet um solche Dinge damit in Schriftform zu auszudrücken.
 
Die Frage nach der allgemeinen Schriftlichkeit ist in der Tat eine interessante Frage, die von einem Moderator vielleicht in einem eigenen Thread gestellt werden könnte.

Ich bin nicht der Meinung, dass es weiter verbreitete Schriftlichkeit im frühen und hohen europäischen MA gab - also möglicherwiese weiter, als allgemein angenommen, aber nicht räumlich und quer durch die sozialen Gruppen. Die Nowgoroder Birkenrindenrollenbriefe stammen ja weitgehend aus einer Handelsstadt. Händler brauchen Schrift und so ist es denkbar bzw. sogar wahrscheinlich, dass an solchen neuralgischen Punkten des Handels eine Menge an Leuten gab, die schreiben konnte, quer durch Europa. Aber wo der Fernhandel in einen lokalen Handel übergeht, wo der Händler direkt mit dem Endverbraucher handelt, sind Schriftkenntnisse nicht mehr notwendig. Was ja leider die zweite Seite der Schriftlichkeit ist, ist die Verkümmerung der Memotechniken. Solange die gehandelten Mengen überschaubar sind, reichen Memotechniken aus, erst bei komplizierten Transaktionen wird Schriftlichkeit notwendig.
 
Ich nehme meine (En)Tschudigung zurück :D :
Wikipediaartikel Þ
Wikipedia Begriffserklärung "Thorn": Eine Rune, siehe Thurisaz
Ok. Punkt für dich (schätze ich). Bei den angelsächsischen und isländischen Runen mag das so sein (war wohl eine Wissenslücke und dachte immer, wenn (Th)orn stand, das wäre reine Esoterik :tuete: ), aber für die mitteleuropäischen Runen trifft meine Bezeichnung zu.
Nun sind wir aber vom Eingangsthema etwas abgekommen. Gab es bei den Langobarden nun Runenkundige, oder nicht?
Oder gab es tatsächlich germanische Stämme, bei denen die Runen keine Rolle spielten? :grübel:
 
Ich schreib mal was ab (und hoffe, Dir zumindest ein wenig weiterhelfen zu können) aus "Runenkunde" von Klaus Düwel (2.überarb. Auflage 1983):

"In den Markomannen (oder Quaden) sah Mastrander* den germ. Stamm, der mit keltischer Vermittlung(!) die Runen geschaffen habe. (...) Auch W. Krause hat hat sich jüngst (vor 1983, Anm.) noch einmal für die Markomannen ausgesprochen, jedoch bevor sie aus ihrem Gebiet im ersten Jahrzehnt des 1. Jhs n. Chr. in ihre böhmischen Sitze zogen. Von ihnen aus kann die Kenntnis der Runenschrift entweder (schon vor Marbod, Anm.) rheinabwärts nach Westskandinavien oder über gotische Vermittlung im Osten anch dem Norden gelangt sein."

Es läge für mich schon nahe, dass die Langobarden die Runenkunde jedenfalls aufgenommen und viell. sogar weitervermittelt haben. Betrachtet man ihre Siedlungsaufenthalte, nicht nur anfangs im Norden, sondern vor allem dann für einige Generationen als direkte östl. Nachbarn von Quaden und Markomannen (von deren Totalabzug nirgends die Rede ist) - dann können diese Schriftzeichen nicht so recht an ihnen spurlos vorübergegangen sein. Wenn auch zugegebenermaßen die latein. Schrift bei ihrer Ankunft an March (Morava) und Donau "international use" gewesen sein wird.

Wenn Du willst (lange her, dass ich das Buch von Düwel las), versuch ich ehrauszufinden, ob er langobardischen Runen nachgeht bzw. ob es Funde auf ehem. longobardischem Siedlungsgebiet gibt ;-)

* in Geschichte Schleswig-Holsteins (Hg. Krause, W, 1964)

Interessant, am Rande, kennst Du?: http://www.geo.de/GEO/kultur/geschichte/52.html (Geht das germanische Runen-Alphabet auf die nordetruskische Schrift zurück?)
 
Es wäre jedenfalls sehr verwunderlich wenn die Langobarden keine Kunde von den germanischen Runen gehabt hätten. Im zitierten Geo-Artikel wird Süderdiethmarschen, in Nings Text die Markomannen vom Main oder in Böhmen als ältestes Zeugnis/vermuteter Entstehungsort der Runen genannt. Am verbreitetsten waren die Runen schließlich in Skandinavien und (mehr als bei den Westgermanen) im Bereich der Gotisch/Ostgermanischen Völkerschaften im Gebrauch. Das legt einen kurzen Blick auf die Wanderungen der Langobarden nahe:
Zuerst genannt werden die Langobarden an der Unterelbe bis wenig westwärts von Hamburg (Diethmarschen ist nicht allzu weit). Kulturell werden die Langobarden meist mit den Elbgermanen in Verbindung gebracht, welche einen großen Anteil der so viel späteren Alamannen (mit den meisten Runenzuordnungen in Mitteleuropa) bildeten. Die Langobarden werden anschließend oft im Kontext mit den Markomannen und Markomannenkriegen genannt (Böhmen & Mähren) und drangen in den direkten Bereich ostgermanischer und gotischer Völkerschaften ein (wenn man die Elbgermanen nicht per se ohnehin zu den Ostgermanen schlägt). In Pannonien und später in Italien selbst traten sie dann räumlich direkt in die Fußstapfen von Gepiden und Ostgoten (beide haben Runen benutzt) und nahmen nennenswerte Gruppen beider Völker in ihren Verband auf.
Aufgrund dieser Indizien ist es sehr naheliegend Runenkunde auch bei den Langobarden anzunehmen. Wie Barbarossa selbst sagt werden die von mir genannten groben Hinweise aber nicht durch Funde bestätigt.

Viel direkter zum Thema passt ein Wiki-Artikel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Langobardische_Sprache
Hieraus zitiert:
Die Quellenlage ist nicht sonderlich ergiebig. Es handelt sich meist um Personennamen, Ortsnamen sowie Einzelwörter, die in der Frühzeit als Runeninschriften, später dann in Urkunden wie dem Codice diplomatico Langobardo und dem Edictus Langobardorum sowie Geschichtswerken wie der Historia Langobardorum des Geschichtsschreibers Paulus Diaconus auftauchen.
 
Es läge für mich schon nahe, dass die Langobarden die Runenkunde jedenfalls aufgenommen und viell. sogar weitervermittelt haben. Betrachtet man ihre Siedlungsaufenthalte, nicht nur anfangs im Norden, sondern vor allem dann für einige Generationen als direkte östl. Nachbarn von Quaden und Markomannen (von deren Totalabzug nirgends die Rede ist) - dann können diese Schriftzeichen nicht so recht an ihnen spurlos vorübergegangen sein. Wenn auch zugegebenermaßen die latein. Schrift bei ihrer Ankunft an March (Morava) und Donau "international use" gewesen sein wird.

Wenn Du willst (lange her, dass ich das Buch von Düwel las), versuch ich ehrauszufinden, ob er langobardischen Runen nachgeht bzw. ob es Funde auf ehem. longobardischem Siedlungsgebiet gibt ;-)

Mach das mal! Als ich heute morgen den verzweifelten BARBAROSSA las, hatte ich mir für abends vorgenommen, dazu etwas nachzulesen. Ich meine sogar, irgendwo einmal gelesen zu haben,
... das sei der Grund, warum die Langobarden die Runenschrift nicht kannten ....
Aber leider habe ich ein solches Zitat in meinen Büchern, wo etwas über Runen steht, dann doch nicht gefunden - schade, weil ich habe mir nämlich überlegt, daß die Langobarden zu ihren bestimmten Zeiten so gewandert sind, daß sie dann doch gerade nie zu der Zeit an einem Ort waren, wo man sie gerade kennenlernte oder noch kannte.

Es gibt aber einfach das Problem, daß man die wenigen Runenfunde, die man als westgermanisch klassifiziert hat, fast gar nicht mit germanischen Stammesnamen in Verbindung zu bringen wagt. Insofern wäre es sinnvoll, auch zu schauen, ob die Funde - sofern sie sich mit langobardischen Siedlungsgebiet überschneiden - denn auch der Zeit entsprechen, für die das Siedlungsgebiet als langobardisch datiert wird. Und das ist ganz schön viel Arbeit.

(Geht das germanische Runen-Alphabet auf die nordetruskische Schrift zurück?)

das ist eine Vermutung, weil die Fundumstände des angeblichen ältesten Runenfundes (4. jh. v. Ztr. - 1. Jh. n. Ztr.) so eine These nahelegten.
 
Hallo Barbarossa,
ich habe mal in der "Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens" über Runenfunde nachgelesen und zumindest hier ist sicher, daß sich die Kenntnis der Runenschrift erst zwei bis drei Jahrhunderte, nachdem die Langobarden ihr Siedlungsgebiet verlassen hatten. Willst du es genauer wissen?

das ist eine Vermutung, weil die Fundumstände des angeblichen ältesten Runenfundes (4. jh. v. Ztr. - 1. Jh. n. Ztr.) so eine These nahelegten.

Hier habe ich mich dann doch vertan: der Runenfund aus der Steiermark datiert nur zwischen 1. Jh. v. und 1. Jh. n. Ztr.
 
Bei der Betrachtung der von Barbarossa eingestellten Runen ist mir die Ähnlichkeit zu den Hausmarken aufgefallen. Und auch die mir aus der Familienforschung bekannten, noch im letzten Jahrhundert verwendeten Symbole für "Leben" (Geburt) und "Tod" finden sich im "Runenalphabet" wieder,

Gibt es da einen Zusammenhang?

Hätte gern ein paar Grafiken zur Veranschaulichung angehängt, aber so spontan keine zur Hand und auch keine Ahnung, wie das geht... :red:
 
Manche Runen kamen um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert in national-esoterischen Kreisen wieder in Gebrauch.
 
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