Keltische Oppida in germanischer Hand

Du irrst. Ich hatte keinen Vergleich zwischen Germanen und Kelten vorgenommen. Ich habe als besonderes germanisches Merkmal erwähnt, dass sie keine Dynastien und flache Hierarchien hätten.
Und das dann mit dem Satz abgeschlossen:
Aber es ist wohl einfach eine Tatsache, dass die Germanen der Idee von Fürsten und Königen nicht zugänglich waren - ganz im Gegensatz zur keltischen Kultur.
Dabei haben wir in der Markomannia über einen relativ langen Zeitraum reges (wenn auch nur Ansätze zu einer Dynastiebildung).
Aber lassen wir es gut sein: ich habe mich darin geirrt, dass Du hier auf Unterschiede zwischen Kelten und Germanen hinauswolltest, und Du revidierst dafür ein Stück weit Deine Position.

Ähnliche Prunkgräberansammlungen finden wir in Mitteldeutschland, Dänemark und in der Slowakei.
Um noch eines in Tschechien zu nennen:
Königsgrab von Mušov – Wikipedia

Nein. die Weichsel durchfloss das Gebiet der östlichen Germanen. Deren Gebiet geht deutlich weiter nach Osten.
Was macht Dich so sicher? Sowohl Pomponius Mela wie auch Ptolemaios beschreiben die Weichsel eindeutig als Grenze zwischen Germanien und Sarmatien.
 
Was macht Dich so sicher? Sowohl Pomponius Mela wie auch Ptolemaios beschreiben die Weichsel eindeutig als Grenze zwischen Germanien und Sarmatien.
Gute Hinweise.

Sicher ist nichts in der Geisteswissenschaft. Ich habe das Gefühl, dass Historiker und Archäologen noch nicht ausreichend verzahnt sind. In den letzten Tagen habe ich wiederholt aus einem periodisch erscheinenden Heft zitiert, welches das Schwerpunktthema Germanen hat. Und auch hier tritt zu Tage:

Ein Beitrag bezieht sich ausschließlich auf antike Schriftquellen, der andere Autor explizit auf Ausgrabungsergebnisse. Dann widersprechen sich die Schlussfolgerungen. Ein ähnliches Problem sehe ich jetzt auch bei unserer Diskussion. Du zitierst Schriftquellen, ich beziehe mich auf Ausgrabungen mit Fundgut zur Przeworsk-Kultur.
 
Ich habe das Gefühl, dass Historiker und Archäologen noch nicht ausreichend verzahnt sind.
Da die meisten Archäologen Historiker sind bzw. die Archäologie in Deutschland als historische Wissenschaft verstanden wird (in England und Amerika wird sie eher als ethnologische (oder auch soziologische) Wissenschaft verstanden), ist das eigentlich kein reelles Problem, sieht man mal von interfachlichen Sticheleien ab, wenn Prähistoriker die Historiker ärgern wollen (ein Bekannter von mir sagt immer, alles was nach der Bronzezeit käme, sei langweilige Neuzeit), oder Historiker die Archäologie zur Hilfswissenschaft "degradieren". So, wie es auch Sticheleien zwischen Klarchos (klassische Archäologen, "Lockenzähler") und Prähistorikern/UFGler ("Ufologen") gibt. Als ob sich die Scherbenkleber methodisch groß voneinander unterschieden ;)
 
ch weiß nicht, wen diese regionalgeschichtliche Seite zitiert, aber hier wird es erwähnt.
Klingt auch für mich danach, als wäre sie in den Wirren der 350-ern zerstört worden,

nun ja, leider ist das die einzige Seite auf der von einer Zerstörung in den 350ern ausgegangen wird
Damals drangen die Alamannen unter Rando kurzfristig über die Brücke in die Stadt ein ,besetzten sie und zogen sich wohl auch über diese Brücke beim Heranrücken der römischen Armee ,die aus Trier kam ,wieder zurück.
Von einer Zerstörung der Brücke ist in den Quellen,die sich mit der Zeit befassen jedoch nichts erwähnt. Es dürfte also ,wenn überhaupt , lediglich eine leichtere Beschädigung der Brücke erfolgt sein, die aber kurzfristig zu reparieren war.Ansonsten wäre hier eine breitere Erwähnung in diversen Quellen erfolgt. Im übrigen war die Brücke auch zu wichtig für die Römer als dass man sie über einen längeren Zeitpunkt bis zum Feldzug gegen Macrian unrepariert gelassen hätte.
 
Von einer Zerstörung der Brücke ist in den Quellen,die sich mit der Zeit befassen jedoch nichts erwähnt. Es dürfte also ,wenn überhaupt , lediglich eine leichtere Beschädigung der Brücke erfolgt sein, die aber kurzfristig zu reparieren war.

Von einer Reparatur ist aber in den Quellen auch nichts zu lesen. Stattdessen berichtet Ammianus ausdrücklich, dass Julian 357 eine Brücke errichten ließ, um den Rhein bei Mainz zu überqueren.
 
um es mal rein praktisch zu sehen
die steinernen Pfeiler der Römerbrücke blieben jedenfalls unzerstört
und da Rando sich relativ schnell zurückziehen musste können eigentlich nur ein oder zwei hölzerne Segmente zerstört oder beschädigt worden sein, um eine direkte Verfolgung zu verhindern . Die aber hätten römische Pioniere relativ kurzfristig reparieren können, zumindest so kurzfristig dass es in den Annalen keiner Erwähnung wert war.
und aus taktischen und strategischen Gründen waren bei grösseren militärischen Operationen ohnehin mehrere Brücken von Vorteil
 
nun ja, leider ist das die einzige Seite auf der von einer Zerstörung in den 350ern ausgegangen wird
Damals drangen die Alamannen unter Rando kurzfristig über die Brücke in die Stadt ein ,besetzten sie und zogen sich wohl auch über diese Brücke beim Heranrücken der römischen Armee ,die aus Trier kam ,wieder zurück.
Von einer Zerstörung der Brücke ist in den Quellen,die sich mit der Zeit befassen jedoch nichts erwähnt. Es dürfte also ,wenn überhaupt , lediglich eine leichtere Beschädigung der Brücke erfolgt sein, die aber kurzfristig zu reparieren war.Ansonsten wäre hier eine breitere Erwähnung in diversen Quellen erfolgt. Im übrigen war die Brücke auch zu wichtig für die Römer als dass man sie über einen längeren Zeitpunkt bis zum Feldzug gegen Macrian unrepariert gelassen hätte.
Ich lese bei Ammianus' Schilderung (27,10) dieses Vorfalls im Jahr 368 überhaupt nichts von einer Brücke. Da steht nur, dass Rando sich mit seiner Truppe im garnisonslosen Mainz einschlich und plünderte. Ob er über eine (bestehende) Brücke kam und ob diese zerstört oder beschädigt wurde oder ob Rando mit Booten übersetzte, lese ich bei Ammianus nicht. Gibt es noch eine andere Quelle zu diesem Vorfall?

Ein Problem bei der Brückenfrage ist vielleicht, dass meiner Meinung nach aus dem lateinischen Text nicht immer klar hervorgeht, ob eine Brücke erst anlässlich einer Rheinüberquerung errichtet wurde oder schon bestand. Insofern sind Übersetzungen, die sich für eine Variante entscheiden, vielleicht nicht ganz zuverlässig. Im Text ist das Wort für Brücke (pons) mitunter mit einem im Partizip Perfekt Passiv stehenden Wort für "errichten" verbunden, also "errichtet". Wie lange die Brücke schon errichtet war, ergibt sich aus dem Text nicht so klar; "errichtet" könnte auch "bestehend" bedeuten. Meiner Meinung nach lässt sich nicht eindeutig sagen, ob gemeint ist, dass die Brücke bei diesem Anlass errichtet wurde, oder ob gemeint ist, dass es sich um eine "bestehende Brücke" handelt. Man könnte dann zwar fragen, wieso Ammianus nicht nur "Brücke" geschrieben hat, wenn er eine bestehende meinte, aber vielleicht wollte er ausdrücken, dass es eben schon eine gab und sie nicht erst errichtet werden musste.
 
Also das scheint mir doch eine etwas weitgehende Interpretation
Die feste Mainzer Römerbrücke wie auf dem Lyoner Bleimedaillonabgebildet hat ja zweifelsfrei existiert und eine Zerstörung des einzigen festen Rheinübergangs zwischen Köln und Strassburg wäre sicherlich erwähnt worden
Es ist bei diesem Feldzug aber immer von einer errichteten (Schiffs)Brücke die Rede und auch davon ,dass man nicht durch Kastell marschieren wollte um die dortige Bevölkerung zu schonen. M-E. sind das eindeutige Aussagen
 
...und eine Zerstörung des einzigen festen Rheinübergangs zwischen Köln und Strassburg wäre sicherlich erwähnt worden

Da gibt es aber vieles, was erwähnenswert gewesen wäre.

Es ist bei diesem Feldzug aber immer von einer errichteten (Schiffs)Brücke die Rede und auch davon ,dass man nicht durch Kastell marschieren wollte um die dortige Bevölkerung zu schonen. M-E. sind das eindeutige Aussagen

Wie oben erwähnt ist von mindestens drei Brückenbauten die Rede, und wenn Julian nach Straßburg von Zabern aus einen Brückenbau anordnet, dann bestimmt nicht, um jemanden in Kastell zu schonen.
Vor Ort wäre das denkbar...
 
Da gibt es aber vieles, was erwähnenswert gewesen wäre.

Und das Erwähnenswerte wurde auch erwähnt ,sonst würden wir ja nicht davon wissen :p

Na ja, gehen wir mal davon aus , dass Julian auch in Zabern über die politische und militärische Lage im Rhein-Main-Gebiet unterrichtet war, sonst hätte er als erfolgreicher Feldherr die Aktion wohl kaum durchgeführt.. Das wäre zumindest mehr als grob fahrlässig gewesen, so was ins Blaue hinein zu starten.
 
Das wäre zumindest mehr als grob fahrlässig gewesen, so was ins Blaue hinein zu starten.

Davon redet ja auch keiner.

Und das Erwähnenswerte wurde auch erwähnt ,sonst würden wir ja nicht davon wissen

Ok. Wie verlief also die allemanischen Besetzung der linksrheinische Städte von Straßburg bis Koblenz?
Wie wurde etwa Zabern zerstört, das Julian wieder aufbauen ließ? Oder war das nicht erwähnenswert im Vergleich zu der Brücke?
 
Wie verlief also die allemanischen Besetzung der linksrheinische Städte von Straßburg bis Koblenz?

ME. in der Zeit von Julian garnicht. Wenn ich das richtig interpretiere ist nur die Rede davon, dass sich allemannische Haufen in den "territoria" ,also dem Umland der Städte festgesetzt hatten, In den Städten selbst jedoch nicht. Da dort weiterhin die römischen Verwaltungsstrukturen existierten ist davon auszugehen dass die Städte selbst unter römischer Kontrolle blieben.
 
Da dort weiterhin die römischen Verwaltungsstrukturen existierten ist davon auszugehen dass die Städte selbst unter römischer Kontrolle blieben.

Wie erwähnt, Tres Tabernae musste neu aufgebaut werden. Über die anderen wissen wir nicht viel.
Aber die Alemannen beherrschten weite Teile des Westufers. Und belagerten Städte weit im Westen wie Autun.
Alles sehr bruchstückhaft.
War wohl nicht erwähnenswert... :)
 
um nochmals zur Mainzer Brückenfrage zurückzukommen
In seinem Beitrag "Mainz zur Römerzeit " ( Führer zu vor-und frühgeschichtl.Denkmälern Band 11 -Mainz- /Mainz 1973) erwähnt H.Klumbach eine feste Rheinübergangsstelle unterhalb vom Auxiliarkastell bei Mainz-W, die aufgrund von Bodenfunden lokalisiert wurde und auf eine regelmässige Nutzung hinweist.
Vom Kastell zum Übergang am Rhein existierte eine feste römische Strasse
der Übergang erfolgte dann wohl durch eine Fährverbindung /ggf.Schiffsbrücke und die Landestelle lag südlich der Mainmündung im Bereich Ginsheim-Gustavsburg. Zusammen mit der Mainbrücke und der festen Rheinbrücke nach Kastell ergibt sich hier ein konkretes strategisches Konzept zur Kontrolle des rechtsrheinischen Bereichs.
Man konnte diesen Bereich durch eine Zangenbewegung von Mainz und Weisenau aus jederzeit kurzfristig sichern bzw. auch Truppen kurzfristig fest über den Rhein bringen ohne die Kasteller Rheinbrücke zu benutzen.
 
Auffällig ist, dass Ptolemäus hier wohl den Niederrhein nicht abdeckt.
Doch, Ptolemaios deckt den Niederrhein ab. Am untersten Niederrhein wohnen die Kleinen Brukterer, nördlich davon die Friesen (bis zur Ems), östlich davon die Chauker (die kleinen westlich, die großen östlich der Weser), man wird sich die nordwestlichen Stämme etwa so vorstellen können (die drei "suebischen" Stämme habe ich bei der Gelegenheit auch noch eingezeichnet):

1724871377848.png
 
Oops. Die Langobarden hatte ich an der Unterelbe in Erinnerung. Demnach die Elbe von der Mündung

- zuerst Langobarden
- dann Semnonen
- am südlichsten die Hermunduren

besiedelt. Aber wie du schriebst, man kann Paterculus auch so lesen, dass die Semnonen östlich der Elbe saßen und die Hermunduren westlich. Den Semnonen wird ja auch die Besiedelung um die Havel zugeschrieben. Das wiederum würde gut zu einem rechtselbischen Stamm passen.
Die Germanen waren ja ziemlich mobil. Elbgermanisches Fundgut taucht dann mal in Mittelhessen auf, weshalb wohl die Führungsschicht der Chatten auch von der Elbe kamen. Vielleicht sind die Quellen nicht widersprüchlich, sondern die Germanen waren einfach nicht standorttreu.

Wenn die Langobarden an der Unterelbe saßen, wäre der Tacitus-Artikel

In einer anderen Schrift (Agricola 28) verortet Tacitus die Sueben an der Nordseeküste in der Nachbarschaft der Friesen, es geht da um die Meuterei einer Kohorte Usiper, die in Germanien ausgehoben und nach Britannien hinübergeschickt worden war. Diese kaperten drei Schiffe, dann "fuhren sie um Britannien herum, verloren ihre Schiffe aus Unkenntnis der Steuerung, wurden – für Seeräuber gehalten – erst von den Sueben, dann von den Friesen weggefangen." (Atque ita circumvecti Britanniam, amissis per inscitiam regendi navibus, pro praedonibus habiti, primum a Suebis, mox a Frisiis intercepti sunt.)
nachvollziehbar. Dann wären die Usiper zuerst an der Elbmündung angelandet um dann wieder westwärts zu fahren um dort den Friesen in die Hände zu fallen. Wobei Tacitus keine Erklärung dafür gibt, weshalb die Usiper von den Sueben wieder wegkamen.
 
Aber wie du schriebst, man kann Paterculus auch so lesen, dass die Semnonen östlich der Elbe saßen und die Hermunduren westlich.
Oder genau umgekehrt. Das würde viel besser zu Strabon passen, der ziemlich genau zeitgleich mit Velleius schreibt. Demnach saßen die Hermunduren (und Langobarden) östlich der Elbe. Alle übrigen Sueben verortet Strabon hingegen zwischen Rhein und Elbe:

"Am größten ist das Volk der Sueben: reicht es doch vom Rhein bis an die Elbe, und ein Teil von ihnen wohnt auch noch auf der anderen Seite der Elbe, wie die Hermunduren und Langobarden; heute haben, diese sich sogar vollständig auf die andere Seite geflüchtet." (7, 1, 3)


Die Germanen waren ja ziemlich mobil. Elbgermanisches Fundgut taucht dann mal in Mittelhessen auf, weshalb wohl die Führungsschicht der Chatten auch von der Elbe kamen. Vielleicht sind die Quellen nicht widersprüchlich, sondern die Germanen waren einfach nicht standorttreu.

So hat es jedenfalls Strabo auch gesehen, denn er fährt fort:

"Allen dortigen Völkern ist. die Leichtigkeit gemein mit der sie ihren Wohnsitz wechseln: sie rührt von der Einfachheit ihrer Lebensweise her und davon dass sie das Land nicht bebauen und keine Vorräte anlegen sondern in Hütten wohnen die nur für den Bedarf des Tages ausgerüstet sind; sie ernähren sich hauptsächlich von ihrem Vieh, wie die Nomaden, so dass sie, jene nachahmend, ihre Sachen auf die Wagen laden und mit ihren Herden dorthin ziehen wo es ihnen am besten scheint."

Wobei die Behauptung, die Germanen hätten das Land nicht bebaut, sondern seien quasi viehzüchtende Nomaden gewesen, nach den Erkenntnissen der Archäologie schlicht unhaltbar ist.
 
Wobei die Behauptung, die Germanen hätten das Land nicht bebaut, sondern seien quasi viehzüchtende Nomaden gewesen, nach den Erkenntnissen der Archäologie schlicht unhaltbar ist.

Was spricht dagegen, dass es beide Modelle gleichzeitig, möglicherweise auch in der selben Gegend gab?

Archäologisch finden wir hauptsächlich den Bauern auf seiner Scholle, oder öfter noch seinen Herrn und dessen Grab.
Aber es ist ja auch immer wieder von mobilen Gruppierungen die Rede, die archäologisch natürlich kaum nachzuweisen sind.
 
Was spricht dagegen, dass es beide Modelle gleichzeitig, möglicherweise auch in der selben Gegend gab?

Archäologisch finden wir hauptsächlich den Bauern auf seiner Scholle, oder öfter noch seinen Herrn und dessen Grab.
Aber es ist ja auch immer wieder von mobilen Gruppierungen die Rede, die archäologisch natürlich kaum nachzuweisen sind.

Darunter würde ich mir eher Kriegerbanden vorstellen, keine Nomaden, die mit ihre Ziegen-, Schaf- und Rinderherden von einem Weidegebiet zum nächsten ziehen.
 
Zurück
Oben