Kinderarbeit im Mittelalter

Marcus86

Neues Mitglied
Hallo

Ich suche Informationen über Kinderarbeit bzw. über das Alltagsleben der Kinder im Mittelalter. Hat jemand Infos oder Quellen (Erfahrungsberichte, Bilder etc.)

PS: Mir ist durchaus bewusst, dass der Begriff Kinderarbeit in diesem Kontext etwas ungünstig erscheint.

Für Eure Hilfe wäre ich sehr dankbar.
 
Zum Thema Kinder und Kindheit im Mittelalter fallen mir jetzt direkt leider nur zwei Bücher ein:

- Shulamith Shahar: Kindheit im Mittelalter. Düsseldorf 2004. (Nachdruck der Originalausgabe aus dem Artemis & Winkler Verlag von 1991) Darin werden wirklich alle Kinder, von Bauern bis zu Adligen behandelt, Shahar beschäftigt sich mit allem, was für das Thema Kindheit im Mittelalter von der Geburt bis zum Übergang in das Erwachsenenalter wichtig ist.
- Cordula Nolte: Frauen und Männer in der Gesellschaft des Mittelalters. Darmstadt 2001. (Darin geht es, wie der Titel sagt, hauptsächlich um das Leben der Erwachsenen, jedoch findet auch Alltag und Leben der Kinder im Mittelalter darin Erwähnung).

Vielleicht findest du darin ja etwas, was für dich nützlich ist. :winke:
 
Ich suche Informationen über Kinderarbeit bzw. über das Alltagsleben der Kinder im Mittelalter. Hat jemand Infos oder Quellen (Erfahrungsberichte, Bilder etc.)

Zum Thema Kinder und Kindheit im Mittelalter fallen mir jetzt direkt leider nur zwei Bücher ein:

Seit 2018 gibt es da etwas neueres, falls also jemand eine ähnliche Suche treibt, wie @Marcus86 vor 12 Jahren:
Kindheiten und Jugend in Deutschland (1250-1700) Ein Quellenlesebuch von Gerhard Fouquet, Marie Jäcker und Denise Schlichting, ich nehme an, dass die beiden Studentinnen die Hauptarbeit geleistet haben und der Prof. mit Rat und Tat und Erfahrung beiseite stand und durch seinen Namen die Arbeit der Studentinnen/SHks sichtbar gemacht hat.
 
Ich empfehle den Klassiker von 1960 von Philipp Ariès Geschichte der Kindheit. (Originaltitel: L’enfant et la vie familiale sous l’ancien régime. Plon, Paris 1960, , München 1975 (als Taschenbuch: 17. Taschenbuchauflage, dtv-sachbuch, München 2011.
Der französische Historiker hat ein sehr materialreiches Grundlagenwerk geschaffen, und zeigt die Genese des modernen Kindheitsbegriffs seit dem 16.Jahrhundert.
 
Ich empfehle den Klassiker von 1960 von Philipp Ariès Geschichte der Kindheit. (Originaltitel: L’enfant et la vie familiale sous l’ancien régime. Plon, Paris 1960, , München 1975 (als Taschenbuch: 17. Taschenbuchauflage, dtv-sachbuch, München 2011.
Der französische Historiker hat ein sehr materialreiches Grundlagenwerk geschaffen, und zeigt die Genese des modernen Kindheitsbegriffs seit dem 16.Jahrhundert.

Silvana Enzi baut in ihrer Arbeit stark auf Shulamit Shahar und Philipp Ariès auf, dessen Werk sie, Hermsen zitierend, als "Heilige Schrift der historischen Kindheitsforschung" bezeichnet. In dem WDR Zeitzeichen von gestern wird Ariès widersprochen.

Was alle Kinder im Mittelalter verband: Ihr Leben war ständig bedroht: Sie starben an Krankheiten, verhungerten, fielen ins Feuer, ertranken in Flüssen, wurden im Schlaf erdrückt oder wurden von Tieren zerissensn. 30 bis 50 Prozent aller Kinde starben vor dem Erwachsenwerden. Das galt für arme und reiche Kinder gleicehrmaßen. Der frz. Historiker Philipp Ariès hat daraus geschlossen, Eltern hätten ihre Kinder bewusst vernachlässigt. Doch diese These ist mittlerweile widerlegt. Professor Gerhardt Fouquet:​
Dass Kindheit im Mittelalter eine Zeit emotinaler Verkümmerung war, dass Eltern sich in keiner Weise um Kinder kümmerten, weil sie als Nummern einfach wegstarben, das stimmt in keiner weise, also wenn man in andere Quellen hineinschaut, dann erkennt man, dass der Tod jedes Kindes ein enormer Verlust war.
Es folgen dann Zitate von Leon Battista Albertig (16. Jhdt.) und Guibert de Nogent (11. Jhdt.). Wer in der Tat von der Herkunftsfamilie vernachlässigt worden sei, seien vor allem ins Kloster abgeschobene Mädchen ohne Heiratsaussicht gewesen.
 
In dem WDR Zeitzeichen von gestern wird Ariès widersprochen.
was ich in der verlinkten Diplomarbeit gelesen hatte, machte mich skeptisch: wenn jahrhundertelang nahezu jede Kindheit so abgelaufen wäre, wie dort beschrieben, hätte sich die Bevölkerung binnen weniger Generationen zu Extrempsychopathen "entwickelt" und wäre ausgestorben...
(ich beziehe mich auf die verlinkte Arbeit in #5)
 
Sich nicht um seine Kinder zu kümmern/sie bewußt vernachläßigen, das widerspricht der menschlichen Natur, ich weiß nicht wie jemand in einer wissenschaftlichen Arbeit auf solch eine Idee kommen kann. Ohne entsprechende Fürsorge geschieht das was deku. angemerkt hat. Ich denke nicht, das sich eine Gesellschaft dann noch weiterentwickelt.
 
Sicherlich werden bei den alleruntersten Schichten Kinder problematisch sein und die werden auch arbeiten müßen, so wie heute in vielen Staaten auch, aber ist das die gesellschaftliche Masse? Der Anteil war sicherlich hoch, aber auch hier müßen wir zwischen Tagelöhnerarbeiten und der, wie schon "immer", Arbeit in der Landwirtschaft unterscheiden.
 
Ja, ob ich jetzt darin lese oder nicht, wenn ich mir einige heutige Verhältnisse anschaue wird das nicht viel anders gewesen sein. Auch sind ja früher Kinder aus Armutsgründen verkauft worden, Armut ist bei sowas halt die "Triebfeder", manchmal ging es nicht anders. Aber diese Verhältnisse werden kaum die Mehrheit gewesen sein können.
 
Ja, ob ich jetzt darin lese oder nicht
das macht einen gehörigen Unterschied: im einen Fall weißt du, was drin steht, im anderen nicht. ;)

Ich habe nicht grundlos Vernachlässigung als harmlos bezeichnet, ebensowenig habe ich nicht grundlos geäussert, dass die Bevölkerung binnen kurzer Zeit zu Extrempsychopathen geworden und ausgestorben wäre, wenn das dort vorgebrachte Bild über Kindheit im Mittelalter zutreffen sollte. Kurios daran ist, dass dieses Kindheitsbild (was so alles üblich und normal gewesen sein soll) einerseits der angeblich im Mittelalter allmächtigen Kirche diametral entgegengesetzt ist, andererseits von ihr aber gar nicht bemerkt und angekreidet worden ist ...
 
Ich habe es ja überflogen, für mich ist das keine Abhandlung, die die tatsächliche Wirklichkeit damals abbildet. Einiges ist wohl richtig, anderes kann
nicht so ganz ernst genommen werden.
 
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