@Zeki: Deiner Darstellung ist deutlich zu widersprechen.
Du wirst im Unterricht sicherlich nicht mit einer derartigen reduzierten Sichtweise des Kriegsendes und des Friedensschlusses im Rahmen der Pariser Vorortverträge, auch Versailler Vertrag genannt, konfrontiert worden sein. Und wenn doch, dann verstehe ich wenigstend die Bewertungen im Rahmen der "Pisa-Studien", wobei noch zu klären wäre, ob der Lehrplan oder Deine Aufmerksam als Ursache zu benennen wären.
Also als Ergänzung und als Widerspruch folgende Punkte:
Eine knappe und kompetente Einführung in das Thema bietet Kolb:
Der Frieden von Versailles - Google Bücher
1. Die harten Vorstellungen vom Siegfrieden in den politischen Schichten des Kaiserreichs, vor allem im Umkreis der "Alldeutschen", die intensiv im Kaisserreich diskutiert worden waren. Je länger der Krieg dauerte und jeh höher die Opfer wurden, desto unversöhnlicher und härter fielen die Vorstellungen bzw. Bedingungen auf allen Seiten aus. Auf deutscher und vor allem auch auf französich bzw. belgischer Seite.
Siegfrieden: Politik mit einem ... - Google Bücher
In diesem Zusammenhang sind die harten Bedingungen zu erwähnen, die Russland im Frieden von Brest Litowsk zu akzeptieren hatte und die in der Härte über die Bedingungen hinausgingen, die die Deutschen im Rahmen des VV zu akzeptieren hatten.
Damit hatte das Deutsche Reich ein Maßstab geschaffen, an dem seine Behandlung im Rahmen von VV auch gemessen werden konnte.
2. Die problematische Rolle der 3. Obersten Heeresleitung unter dem Gespann Hindenburg/Ludendorff, die den Kaiser und die politischen Parteien systematisch die Wahrheit über den katastrophalen Zustand der Westfront verschwiegen haben.
So äußerte sich am 27. März 1918 der bayerische Kronprinz Rupprecht, als Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe, dass der Krieg verloren sei, eine Einsicht, die sich Hindeburg/Ludendorff nicht zu eigen gemacht haben. Allerdings um dann im November "panische" Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand zu formulieren.
3. Bezeichnenderweise überlieen ß Hindenburg/Ludendorff Anderen, den Waffenstillstand auszuhandeln, ebenso den Vertrag von Versailles und setzte noch einen drauf, indem sie über die "Dolchstoßlegende" von ihrer eigenen Schuld abzulenken versucht haben.
Mit Kolb ist festzuhalten: "...daß sie hauptverantwortlich sind nicht nur für das Ausmaß der militärischen Niederlage, sondern auch für eine unter demütigenden Umständen vollzogene Kapitulation, die einem Diktatfrieden den Weg ebnete." (Kolb: Der Frieden von Versailles; S. 39)
Bezeichnenderweise wurde jedoch Erzberger, der die Waffenstillstandsverhandlungen ausgehandelt hatte, von Hindenburg und Groener am 12. November in Spa persönlich gedankt für die "ungemein wertvollen Dienste, die er dem Vaterland geleistet hat" (Kolb: Der Frieden von Versailles, S. 37)
4. Die Bedeutung des amerikanischen Präsidenten Wilsons, der durch seinen 14 Punkte-Plan einen Frieden ohne Sieger intendierte.
Zwei Aspekte erscheinen mir relevant an dieser Initiative. Durch seine Forderung mit "Volksvertretern" zu verhandeln beschleunigte er die Abdankung von KW2 und ermöglichte eine formale Demokratisierung des politischen Systems.
Wichtig war aber vor allem das vorausschauende Konzept eines internationalen Gremiums, dem Völkerbund, der in der Zukunft kriegerische Auseinandersetzungen erwschweren sollte und die friedliche Schlichtung zum Maßstab zukünftiger internationaler Diplomatie erhob.
Die Proklamierung einer neuen ... - Google Bücher
Wichtig ist aber auch zu erwähnen, dass es außer diesen Punkten keinen operativen Plan zur Umsetzung gab. Das ist sicherlich auch einer der Gründe, warum Wilson sich mit seinen Vorstellungen nicht in dm Maße duchsetzen konnte, wie es eigentlich wünschenswert gewesen wäre.
5. Die Formulierung eines harten Waffenstillstand und ebenfalls harter Bedingungen im Rahmen des Versailler Vertrags.
Die Frage der "Schuld" ist in diesem Zusammenhang bereits frühzeitig von nationalistisch gesinnten Kreisen instrumentalisiert worden. Der besagte "Schuldparagraph" ist in seiner ursprünglichen Intention lediglich der "juristische Aufhänger", über den völkerrechtlich die Repartionsleistungen des Deutschen Reichs begründet werden sollten.
Die Verhandlungsführung durch den deutschen Verhandlungsführer Brockdorff-Rantzau und die formale schriftliche Widersprache gegen den VV führten im Rahmen eines allierten Memos zu einer bedingungslosen Bestätigung der Schuldfrage durch die Alliierten. Und erst durch diesen Vorgang wurde die juristische Schuldformel zu einer politischen Schuld.
Es war im wesentlichen die Unfähigkeit, die Überheblichkeit, die Anmaßung einer immernoch auf einem "hohen Ross" sitzenden "kaiserlich-geprägten Berufsdiplomatie", die zu einer völlig sinnlosen Verhärtung der damaligen Situation beitrugen.
6. Und dann ist es natürlich einer der "Geburtsfehler" der Weimarer Republik, dass vor allem die politischen Parteien der Mitte und des linken Spektrum durch die extremen Nationalisten erfolgreich mit dem Versailler Vertrag in Verbindung gebracht werden konnten.