Schauen wir uns nochmal das Plutonium (Pu) als Kernsprengstoff an:
Dieses entsteht ganz von selbst in jedem Uranreaktor, der, je nach Bauart und Aufwand, mit geringer Anreicherung oder auch mit dem Naturstoff (U-238 und U-235 Anteil von 0,7%) aus Bergbau betrieben werden kann.
(Also in jedem Kernreaktor, für welchen Zweck auch immer.)
Nun erkannte man bereits im Rahmen des Manhatten-Projects, dass bei diesem Reaktorbetrieb zunächst Plutonium in Form von Pu-239 entsteht.
Bereits dieser Stoff ist im Zündungsverhalten weit problematischer als waffenfähiges Uran (U-235 >80%) .
Die Rückschau auf die zwei Atombomben („Litlle Boy“ und „Fat Man“), die im August 1945 dem Krieg mit Japan ein Ende setzten, spiegelt diese Tatsache. Denn nur die Plutoniumbombe wurde vorher überhaupt getestet.
Die Uranbombe hingegen erfuhr tatsächlich ihren ersten Test über Hiroshima.
Das Prinzip der Zündung war grundsätzlich verschieden.
Bei der Uranbombe wurde innerhalb eines Druckbehälters, durch eine Art Kanone, eine knapp unterkritische Masse U-235, in eine zweite eben solche geschossen.
Eine durchaus „hausbackene“ Methode,
(ganz im Gegensatz zur Gewinnung dieses Kernsprengstoffs selbst).
Bei der Pu-Bombe war das so nicht möglich, da sie sehr viel spontaner zündet und dergestalt keine ausreichend zeitlich lange Vereinigung der einzelnen knapp unterkritischen Massen bewerkstelligt werden konnte,
um einen brauchbaren Wirkungsgrad zu erreichen.
Daher schien es nützlich eine Hohlkugel aus Pu-239 mit einer darüberliegenden Schicht aus konventionellem Sprengstoff so zu verdichten, dass die Hohlkugel mit sehr exakter zeitlicher Synchronisierung zur überkritischen Masse kollabiert.
(Im Zentrum der Implosion wurde zudem ein Neutronenstrahler platziert.)
Das aber bringt erhebliche technische Probleme mit sich.
Denn es ist einerseits eine besondere und genaue Gestaltung der Schichten (Sprenglinsen) zu gewährleisten,
und andererseits muss eine große Anzahl von Auslösern über der äusseren Hohlkugelschicht zeitlich exakt synchronisiert werden.
Und es gab viele weitere Probleme mehr.
Ein besonderes Problem beim Bau der Pu-Bombe aber machte die Sache noch schwieriger.
Denn kaum, dass im Uran-Reaktor Pu-239 entstanden ist, fängt dieses, hin und wieder, ein weiteres Neutron ein und es entsteht das Isotop Pu-240 (und in geringerem Maße auch andere).
Dieses Pu-240 wiederum verschlechtert die, ohnehin schwer zu beherrschenden, Zünd-Eigenschaften dieses Kernsprengstoffs derart gravierend,
dass es notwendig war die Brennstäbe bereits nach kurzer Zeit (einige Wochen) dem Reaktor zu entnehmen um ausreichend reines Pu-239 zu gewinnen.
Eben dies machte man beim Manhatten-Project.
Für die gebräuchlichen zivilen Reaktortypen indes, musste das ein durchaus schwieriges und, je nach Reaktortyp, auch ein sehr unwirtschaftliches Unterfangen sein.
Zwar war die Plutoniumbombe alsbald das vorherrschende Prinzip, weil man ja Plutonium viel einfacher gewinnen konnte.
In einem zivilen Reaktor jedoch, würde das gefährliche Plutonium schnell für den Zweck des Bombenbaus dauerhaft verderben.
Und daher hatte auch der Gedanke Bestand, dass eine Trennung zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Kernkraft möglich sei,
und man es daher wagen dürfte, den Verlockungen einer reichen Energiegewinnung zum menschlichen, nationalen, internationalen, oder sonstigem Wohle, zu folgen.
Man unterschied also zunächst pragmatisch zwischen Reaktorplutonium (reactor-grade) mit einem Anteil von mehr als 7% Pu-240 und Waffenplutonium (weapons-grade) mit einem Anteil kleiner 7%.
Oberhalb dieser Schwelle, … keine Bombe.
Das ist Stand der Einschätzungen bis Anfang der 60er ?
1962 wird eine Bombe aus „reactor-grade“ Plutonium in Nevada unterirdisch zur Detonation gebracht.
„Additional Information Concerning Underground Nuclear Weapon Test of Reactor-Grade Plutonium“
https://www.osti.gov/opennet/forms.jsp?formurl=document/press/pc29.html
Der Effekt war mit einer Sprengkraft kleiner 20 Kilotonnen TNT bescheiden, lag aber möglicherweise in der Größenordnung der Hiroshima-Bombe.
Bombs, Reprocessing, and Reactor Grade Plutonium
In der Folgezeit (70er) werden dann allgemein drei „grades“ unterschieden: weapons-grade, fuel-grade (7-19% Pu-240) und reactor-grade (20% und mehr).
Bemerkenswert ist die Unklarheit die das „reactor-grade-Experiment“ von 1962 hinterlässt.
1962 wurden insgesamt 96 (unterirdische) experimentelle Kernexplosionen in den USA durchgeführt.
Zwar hob die Carter-Administration diesbezüglich die Geheimhaltung teilweise auf, es blieben aber
die Details hierzu unveröffentlicht.
The U.S. has not revealed which test in 1962 was the test that used reactor-grade plutonium. The U.S. conducted the most nuclear tests in 1962 of any year—96. 4) Even if one selects only those tests where the yield is described as being less than 20 kilotons, was conducted underground in Nevada, and was weapons related, one finds that there are 36 such tests, the earliest was January 30 and the latest was December 14.
http://nuclearpolicy101.org/wp-content/uploads/2013/05/Reactor-grade-plutonium.pdf
Vergleiche hierzu „"Reactor-grade" plutonium nuclear tests and typical burnup“
Reactor-grade plutonium - Wikipedia, the free encyclopedia
Während es zu politischen Implikationen der genannten Zeit zahlreiche Quellen gibt,
wird die technische Geschichte hierzu umso nebulöser, je mehr man sich der Gegenwart annähert.
Das ist leider ebenso naheliegend wie unbefriedigend.