Ich habe die Neuauflage vor mir; Luther wird da nicht erwähnt und eine Untersuchung auf "Korrespondenzen zwischen Nazi-Ideologie und Luthertum" ist eigentlich nicht Falters Forschungsgegenstand.
Das nicht, ggf. habe ich mich auch falsch ausgedrückt.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Falter im Anschluss an seine Feststellung, dass Hitler und die NSDAP in den protestantischen Millieus überproportional gewählt wurde, dem so gleich auch die einschränkende Bemerkung hinzugesetzt hatte, dass dieser Umstand allerdings nicht beweist, dass der Protstantismus die (bestimmende) Ursache dafür wäre.
Ich muss dazu sagen, dass ich mich an die Auflage nicht mehr erinnere (müsste eine ältere gewesen sein), ich hatte mir das Werk vor Jahren (muss 6 oder 7 Jahre her sein) mal aus der Stadtbücherei geholt, bin mir aber ziemlich sicher, dass diese Bemerkung dort fiel, oder ich habe sie aus einer anderen Betrachtung und sie fälschlich an Falter asoziiert.
Ich werde das gerne nachprüfen und mir das Buch in nächster Zeit noch einmal aus der Bibliothek holen, müsste mir dafür allerdings etwas Zeit erbitten.
Welche Faktoren meinst Du? Wenn Du mir da zwei oder drei Stichworte liefern würdest, kann ich gern selber nachschauen.
Ich meine vor allem darüber hinausgehende regionalspezifische Faktoren, die vor allem auf der Provinzebene eine Rolle gespielt haben dürften.
Schaut man sich den agrarischen Osten an, hatte man es vor allem auch mit einer wirschaftlichen Krisengion, mit unterdurchscnittlicher Produktivität sehr schwacher Infrsstruktur, im Reichsdurchnitt relativ niedriger Bildung und einem hohen demographischen Druck durch überdurchschnittliche Geburtenraten zu tun.
Zudem in Teilen mit Regionen, in denen schon in der Kaiserzeit mit einer Germanisierungspolitik und damit dem anheizen nationalistischer Konflikte begonnen wurden, die sich durch das Aufkommen der Grenzfragen mit Polen verschärften und die von den Weimarer Regierungen durch dass Hineinpumpen von Mitteln in die entsprechende Propaganda, den Zollkrieg mit Polen etc. auch immer schön am Laufen gehalten wurden.
Bedenkt man diese Dinge verwundert es eigentlich selbst, wenn man den Protestantismus völlig aus dem Spiel lässt nicht, dass dort ziemlich rechtslastig gewählt wurde.
Die Region dürfte auch von der Weltwirtschaftskrise 1929 und der Bankenkrise 1931 in anderer Form betroffen gewesen sein, als andere Regionen:
Zwar gab es hier wenig Industrie die direkt betroffen gewesen wäre aber die Krise der Industrie dürfte für den argrarischen Osten das demographische Regulativ der Binnenmigration erheblich gestört haben, insofern mit der Massenarbeitslosigkeit mindestens zeitweise der Bedarf der Ballungsräume nicht mehr gegeben und Abwanderung keine sinnvolle Perspektive mher darstellte.
Möglicherweise mag es auch temporär zu einer Rückwanderungsbewegung von arbeitslos gewordenen Industriearbeitern gegeben haben, die aus diesen Regionen kamen, noch nicht lange in den Ballungsräumen verwurzelt waren und hofften die schlimmste Zeit bei der Familie auf dem Land besser zu überstehen.
Jedenfalls wird die Problematik die demographischen Überschüsse der Region nicht mehr an die Ballungsräume abgeben zu können, gerade für die kinderreichen Familien mit wenig rentablen Kleinbetrieben, ein massives Problem gewesen sein.
Insofern ein Großteil der agrarischen Betriebe im Osten nicht nur technisch rückständig, sondern auch verschuldet war, dürfte dann auch die Bankenkrise von 1931 massiv zugeschlagen haben, in Form wachsenden Drängens der Gläubiger auf Rückzalhung ausstehnder Kredite und Schwierigkeiten neue Kredite zu akzeptablen Konditionen aufnehmen zu können.
Ich kann das an der Stelle nicht beweisen, kann mir aber durchaus vorstellen, dass unter solchen Bedingungen, bestimmte Erzählungen der Nazis aus ganz anderen Gründen, als aus geligiöser Voreingenommenheit zogen:
Z.B. würde es mich in einem Millieu mit agrarischen Monostrukturen, ohne Aussicht eine bedeutende Industrie zu entwickeln, weil die Standortbedingungen nicht stimmen, mit niedriger Produktivität und gleichzeitig hohen Geburtenraten und Schwierigkeiten den demographischen Überschuss in ausreichendem Maße abzugeben, so überhaupt nicht wundern, wenn diese Umstände z.B. zu einer erhöhten Akzeptanz für das nationalsozialistische "Lebensraum-Konzept" geführt hätten
Z.B. würde es mich ebenfalls nicht wundern, wenn sich in einem Gebiet in dem viele Betriebe vor dem Problem drückender Schulden standen, sich ein ganz besonderer Brass auf Personen entwickelt hätte, die an Geldgeschäften verdienten, der für die Erzählungen des Antisemitismus, der die Juden stehts in Verbindung mit Wucherei gebracht hat, sehr anschlussfähig gewesen wäre.
Das wird man nicht landesweit verallgemeinern können und es ist sicherlich auch nicht geeignet die Wahlerfolge er Nazis insgesamt zu erklären, aber ich denke darüber sollte man sich unterhalten.
Durchaus auch im Hinblick auf andere Regionen, auch wenn es im Osten meiner Meinung nach am plakativsten ist, weil da das Meiste zusammen kommt.