wo hast du etwas im Netz gefunden, und was war unverständlich?
Es gab mehrere Blütezeiten und mehrere "Untergänge", z.B. einmal den verheerendsten durch den Kreuzzug (vielleicht ist sogar in deiner Kirche um die Ecke noch was von der Beute aus Konstantinopel zu bewundern), und einmal den endgültigen durch die Osmanen, um mal zwei zu nennen.
(Immerhin sprechen wir hier von 1000 Jahre Geschichte...)
Einen schönen nicht zu ausführlichen Überblick erhälst du in : S. Yerasimos: Konstantinopel. Istanbuls historisches Erbe. 2000.
Leihe dir das mal aus der Bibliothek aus oder kopiere daraus die geschichtlichen Seiten.
Einen ersten (auch filmischen) Eindruck erhälst du hier:
Schätze der Welt - Istanbul: Historische Bereiche von Istanbul
Definition: Byzantinisches Reich - Meyers Lexikon online
Definition: Byzantinische Kunst - Meyers Lexikon online
Hier schöne Modelle der Stadt und ihrer Gebäude:
Byzantium 1200
Mehr von den zahlreichen Krisen und Wiedererstarken Byz. und die Zusammenhänge erfährst du in dem kleinen Bändchen: Ralph-Johannes Lilie:
Byzanz. Das zweite Rom, Berlin 2003.
Ausschnitt daraus:
S. 22 ff.:
"2. Konstantinopel
Ein der Neuzeit vergleichbares Städtewesen hat es im Mittelalter
nicht gegeben. An heutigen Maßstäben gemessen sind
fast alle mittelalterlichen Städte nicht mehr als größere Dörfer.
Einwohnerzahlen von allenfalls 5 000 bis 10000 Einwohnern
sind im mittelalterlichen Europa die Regel. Das heißt, daß die
mittelalterlichen Städte sich im allgemeinen aus der unmittelbaren
Umgebung versorgen konnten. Ausnahmen hiervon sind
nur drei oder vier „richtige“ Großstädte gewesen: Bagdad,
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Konstantinopel, Kordoba, vielleicht noch Alexandreia. Für
die Einwohnerzahl Konstantinopels gehen die Schätzungen
auseinander: zwischen einer halben und einer Million Einwohner
maximal, in den Krisenzeiten, vor allem des 7./8. und
des 14./15. Jahrhunderts, allerdings erheblich weniger. Die
Versorgung einer solchen Bevölkerungszahl war ein großes
Problem, ähnlich wie es im Rom der Kaiserzeit der Fall gewesen
war. Dies erklärt die große Bedeutung Ägyptens, das nicht
nur ungeheuer fruchtbar war, sondern über den Nil und das
Mittelmeer problemlos auch große Getreidemengen liefern
konnte. Nach dem endgültigen Verlust Ägyptens 642 reduzierte
sich die Einwohnerzahl Konstantinopels denn auch
massiv, bis es gelang, in Thrakien und Nordwestkleinasien einen
gewissen Ersatz zu finden. Aber die zahlenmäßige Größe
der Zeit vor der Pest in den vierziger Jahren des 6. Jahrhunderts
und vor dem Verlust Ägyptens erreichte die byzantinische
Hauptstadt nie wieder – und dennoch sollte die Versorgung
immer ein Problem bleiben.
Aber auch im politischen Sinn bot Konstantinopel Probleme:
Es war für die Kaiser fast unmöglich, die Bevölkerung ihrer
Hauptstadt effektiv zu kontrollieren. Nicht wenige Kaiser
sind mehr oder weniger spontanen Revolten, zu denen zumindest
ein Teil der Bevölkerung immer bereit war, zum Opfer
gefallen. Die Sicherung der Herrschaft durfte nie vernachlässigt
werden. Konstantinopel blieb so ein ständiges Element
der Unsicherheit für den jeweiligen Herrscher.
Andererseits war es ein Machtzentrum par excellence! Seine
schiere Größe wie auch seine Lage zwischen Kleinasien und
dem Balkan, zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer und
nicht zuletzt seine unüberwindlichen Befestigungen ließen es
fast unausweichlich zum Zentrum und Schwerpunkt der kaiserlichen
Herrschaft werden, das das ganze restliche Reich in
den Hintergrund drängte. Insofern konnte Konstantinopel
zwar für den einzelnen Kaiser zum Gefahrenmoment werden,
für die Herrschaft als solche aber bot es eine unvergleichliche
Stabilität: Solange Konstantinopel stand, stand auch das
Reich. Der Verlust einzelner Provinzen war demgegenüber zu
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verschmerzen. Für die Existenz des Reiches waren sie nicht
unabdingbar.
Aber auch hier gab es eine Kehrseite: Fiel Konstantinopel,
so fiel auch das Reich. Die Eigenexistenz einzelner oder sogar
aller Provinzen wäre ohne die Hauptstadt lange Zeit hindurch
überhaupt nicht vorstellbar gewesen. Daher hat es auch immer
wieder Angriffe auf die Hauptstadt gegeben, um so das
Reich vom Kopf her zu erobern. Allerdings gelang dies erst
1203/04, zu einem Zeitpunkt, als die Provinzen sich – gleichfalls
zum ersten Mal überhaupt in der byzantinischen Geschichte
– ihrerseits ein wenig von Konstantinopel zu emanzipieren
begannen. Vielleicht haben sie damit die Eroberung
durch die Kreuzfahrer überhaupt erst möglich gemacht. Andererseits
ermöglichten sie so auch ein Überleben nach 1204.
Die herausragende politische Bedeutung Konstantinopels
hatte natürlich auch ihre Auswirkungen auf den ökonomischen
und den kulturellen Bereich. Nach dem Ausfall Ägyptens
bildeten die Stadt und ihr Umland die wohl produktivste
Region des Gesamtreiches. Zugleich mußte allein schon die
Tatsache, daß sowohl die weltliche (Kaisertum) als auch die
geistliche (Patriarchat) Macht hier ihr Zentrum hatten, eine
große Anziehungskraft ausüben. Daß dadurch auch zahlreiche
Künstler angezogen wurden, die hier auf Förderung und eventuell
auch auf einen Markt für ihre Produkte rechnen konnten,
liegt auf der Hand. So ist der nachgerade unvergleichliche
Ruf, den Konstantinopel während des ganzen Mittelalters
hindurch genoß, leicht zu begreifen. Auf Fremde muß die
Stadt wie ein Weltwunder gewirkt haben. Wie der französische
Chronist des Zweiten Kreuzzugs Odo von Deuil es ausgedrückt
hat: Konstantinopel, „der Griechen Ruhm, sagenhaft
reich, tatsächlich noch reicher“ – Grecorum gloria, fama
dives, rebus divitior."
:winke: