Hab mir den Film besorgt und eben angesehen, also hier jetzt mein Senf:
Der freundliche Herr mit dem Vollbart (Rainer Köppl), der in dem Film seine "Forschungsergebnisse" präsentiert ist seines Zeichens Medienwissenschaftler und Vampirexperte. Allein diese Einführung hat den Film für mich schon eher in ein populärliterarisches Licht geschoben.
Herr Köppl wollte mit seiner Forschungsarbeit die Verbindung herleiten, dass Bram Stoker die Inspiration für seinen Dracula in der Fürstin Eleonore von Schwarzenberg fand. Dabei beruft er sich auf ein "1. Kapitel" zu Dracula das dann plötzlich weggelassen wurde. Wo dieses Kapitel hinverschwand wurde tunlichst nicht erwähnt, daher hole ich das gerne nach. Das Ursprüngliche Einführungskapitel zu Dracula wurde nämlich als Kurzgeschichte unter dem Namen "Draculas Gast" als Kurzgeschichte veröffentlicht. Liest man dieses kleine Heftchen, fällt einem auch auf, welche Inspirationsquelle Stoker tatsächlich hatte, nämlich Sheridan Le Fanu mit der Erzählung "Camilla".
In Bram Stokers Dracula kommt außerdem der Ausdruck "Die Toten reiten schnell" aus der Ballade
Lenore von G.A. Bürger vor. Aufgrund der Namensähnlichkeit soll es sich bei der realen Lenore um Eleonore von Schwarzenberg handeln. Diese Ballade hat allerdings mal gar nichts mit Vampirismus sondern mit Blasphemie zu tun. Der Ausdruck "Die Toten reiten schnell" wird in der Ballade zudem benutzt, wenn Lenore vom Geist ihres Mannes besucht wird. Hier ist also auch nicht Lenore der umgehende Geist.
Sich als
Frau im 18. Jahrhundert im Jagdkostüm mit Dreispitz malen zu lassen ist laut dem Medienwissenschaftler und Vampirexperten absolut unüblich. Naja, er als Experte muss es zwar wissen, mir fallen aus dem Stegreif allerdings noch mindestens 10 Frauen aus der gleichen Zeit ein, die in einem vergleichbaren Outfit Modell gestanden sind... Auf dem verlinkten Bild sieht man außerdem, dass dort wo der Kopf der Fürstin auf dem Gemälde ist ein Stück feinsäuberlich rausgeschnitten und ebenso feinsäuberlich wieder eingesetzt und dann übermalt wurde. Köppl hält das für "die rituelle Köpfung einer Vampirin". Soll ich dazu jetzt ernsthaft was sagen?
Im gesamten Film wird Eleonore zudem als unfruchtbar dargestellt (siehe die Wolfsmilchdiskussion). Eleonore bekam mit 20 eine Tochter und hatte mehrere Fehlgeburten bis sie laut Film "in hohem Alter" (mit 40...) einen Sohn bekam.
Aufgrund des Tumors nahm Eleonore viele Medikamente die laut einer Spezialistin sämtliche schmerzstillend und krampflösend wirkten. Nicht desto trotz wird eine Bestellung bei einer Apotheke im Monat April noch schnell als Indiz für "Rituale in der Walpurgisnacht" genutzt.
Der Obduktionsbericht, dessen tatsächliches Ergebnis ich hier ja schon gepostet habe, wurde von einem Gerichtsmediziner analysiert. Besagter Gerichtsmediziner hatte während des gesamten gesprächs mit Köppl seine Lesebrille auf, bald wird auch deutlich warum: auf dem Tisch vor ihm scheint das zu liegen, was er vorzulesen hat... :still: Nun ja, besagter Gerichtsmediziner behauptet dann auch, dass es ungewöhnlich wäre Adelige zu obduzieren, woher er seine Weisheit hat, sagt er nicht. Zwei entsprechende Gegenbelege habe ich ja schon weiter oben gepostet. Außerdem behauptet der Gerichtsmediziner auch, dass im Obduktionsbericht die Todesursache fehlen würde, was wir ja auch schon verworfen haben, siehe oben. Er kommt dann zu dem Schluss, dass die Obduktion dem Zweck diente einen Vampir unschädlich zu machen und bezeichnet diese Obduktion als wissenschaftliche Variante der Pfählung. Zudem meint er dass die Rechnung für die Obduktion deshalb so hoch war (3.000,- Gulden), weil entweder Ansteckungsgefahr zu befürchten war oder aber weil Schweigegeld geflossen ist. Nichts desto Trotz wird am zu Beginn des gesprächs mit dem Gerichtsmediziner erwähnt, dass "die besten Ärzte des Reiches" die Obduktion durchgefrührt haben. Vielleicht war die Rechnung ja auch deshalb so hoch, wäre zumindest für mich der naheliegendste Grund.
Und jetzt noch zu Eleonore ging erst kurz vor ihrem Tod nach Wien:
In dem Film wird mehrfach erwähnt, dass sie von den besten und versiertesten Ärzten des Reichs behandelt wurde. Ja glaubt ihr die fahren extra in die Provinz? Insbesondere bei einem Arzt sehe ich einen ganz deutlichen Hinweis dafür, dass sie sehr wohl die meiste Zeit über in Wien war: Sie wurde hauptsächlich von Dr. Franz von Gerstorff behandelt und der war immerhin der Leibarzt von Karl VI. Ich glaub kaum, dass er den Kaiser allein ließ um eine totkranke Fürstin zu behandeln. Nichts desto trotz schau ich noch in der Bio von Kaiserin Elisabeth Christine nach, was man dort über die Schwarzenberg weiß.
Ein paar Schenkelklopfer hab ich auch noch:
Köppl: "Aus der Literatur wissen wir, dass die gefährlichsten Vampire Adelige waren." und "bei Vampirromanen handelt es sich um Literatur, die auf historischen Fakten beruht." =)
Mein Fazit: Hirn-aus-Popcorn-Kino im Gewand einer Dokumentation