Krise und Ende der DDR

Irgendwie hatten wohl alle das Gefühl, dass man denen auf gar keinen Fall Zeit lassen darf zur Besinnung zu kommen, sich zu formieren...
Dass dann die einmalige Chance für immer vorbei wäre.
Genau so war es wohl auch.
Es gab ein recht kurzes Zeitfenster, in der alles im Fluß war und die Wiedervereinigung möglich wurde.

Ich hatte damals eine Zeitlang gedacht, es würde auf eine Art Österreich-Lösung hinauslaufen, mit der DDR (unter welchem Namen auch immer) als weiterem deutsch-sprachigen Staat.

Aber das wäre aus zwei Gründen sehr problematisch geworden: Die offene Frage mit Berlin und die Übersiedlungswelle von Ost nach West.
 
Da hätte ich gerne konkrete Beispiele.
Für die diversen Fehler beim Wiedervereinigungsprozeß haben sie m. W. keinen Verbesserungsvorschlag gebracht, den man hätte beachten sollen.

Konnten Sie auch nicht, jedenfalls nicht bewußt.
Ich würde auch nicht unbedingt von "Fehlern" sprechen, jedenfalls, soweit das eine Vermeidbarkeit suggerieren könnte.


Das Hauptproblem für die westliche Seite war, dass trotz aller Informationen, Dienste, Wirtschaftskontakte etc. keine zutreffende Vorstellung von der DDR-Wirtschaft und ihrer Lage herrschte. Betrachtet man das aus der Sicht von heute, faßt man sich an den Kopf, wieweit dort Klischees "bewertet" wurden. Noch Anfang 1991, bereits nach einigen Monaten Inventur, bilanziert Rohwedder das DDR-Industrievermögen auf 150 Mrd. DM netto, dh nach Abzug der Schulden. Das hatte nichts mit Wahlen zu tun, sondern mit der DM-Eröffnungsbilanz. Am 31.12.1990 war der letzte RGW-Wirtschaftsplan ausgelaufen, die Masse der Betriebe stand am 1.1.1991 bereits ohne "Absatz" da. Andere Absatzmärkte kamen wegen der Produktsortimente in den wenigen Wochen und Monaten kaum in Betracht. Im Verlauf des Januar und Februar 1991 kam so fast der gesamte unternehmerische Zahlungsverkehr bis auf wenige besondere Ausnahmen zum Erliegen. Allerdings: bereits die Liquiditätszuweisungen - Zuteilung:Bedarf - nach der Umstellung 1.7.1990 hat nur ca. 8-12% der Anforderungen betragen, an dieser Stelle hätten spätestens alle Alarmglocken schrillen müssen. Das wurde mit der XTR-Verrechnungen, dem eilig kreierten DM-Transferrubel 4:1 nochmal übertüncht, was vielen Betriebe II/1990 nochmal die Fortführung sicherte.

Der Betrag von 150 Mrd. (DM) dürfte übrigens etwa der Summe entsprechen, die allein für ökologische Lasten ausgegeben wurde, die am 1.7.1990 keiner in dieser Höhe auf dem Radar hatte, wenn das überhaupt reicht.
 
Ich würde auch nicht unbedingt von "Fehlern" sprechen, jedenfalls, soweit das eine Vermeidbarkeit suggerieren könnte.
Für die politische Ebene stimme ich Dir auf jeden Fall zu.

Bei der praktischen Durchführung weiter unten gab es wohl zahlreiche Fälle von echten Fehlern, wo es auch bessere Vorschläge gab, die sich aber nicht durchsetzten.
Aber das ist völlig unvermeidlich, ich glaube auch nicht, daß die Fehlerquote angesichts der Komplexität der Probleme besonders groß war.

Das Hauptproblem für die westliche Seite war, dass trotz aller Informationen, Dienste, Wirtschaftskontakte etc. keine zutreffende Vorstellung von der DDR-Wirtschaft und ihrer Lage herrschte.
DAS war in der Tat der Knackpunkt.
Und wenn man sich überlegt, daß sich die Bundesrepublik ein eigenes Ministerium für innerdeutsche Fragen leistete, war diese Unkenntnis eigentlich ein Skandal.

Irgendwie konnten sich die braven deutschen Beamten wohl nicht vorstellen, daß andere deutsche Beamte so krass und bewußt falsche Zahlen liefern würden. Die Propaganda-Werte der DDR wurden in vielen Fällen ungeprüft für bare Münze genommen und in vielen Statistiken und Vergleichen verwendet.
 
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DAS war in der Tat der Knackpunkt.
Und wenn man sich überlegt, daß sich die Bundesrepublik ein eigenes Ministerium für innerdeutsche Fragen leistete, war diese Unkenntnis eigentlich ein Skandal.

Irgendwie konnten sich die braven deutschen Beamten wohl nicht vorstellen, daß andere deutsche Beamte so krass und bewußt falsche Zahlen liefern würden. Die Propaganda-Werte der DDR wurden in vielen Fällen ungeprüft für bare Münze genommen und in vielen Statistiken und Vergleichen verwendet.


Das kann man nur unterstreichen.
Die Verwandtschaft meiner Frau lebt in Mecklenburg-Vorpommern, wenn man in den 80ern rüber ist, die Städte waren doch schlicht "am A..." Häuser die von den Eigentümern selbst bewohnt wurden, dagegen picobello. Wer Augen im Kopf hatte, sah was los war.
Wenn Westfernsehen dann Berichte gesendet hat, da hat man sich wirklich gefragt, wo die überhaupt waren. (Jedenfalls nicht in der DDR) Aber über Akkreditierungen lässt sich offensichtlich auch Meinungspolitik treiben. Vermutlich sassen die Herrschaften da recht warm und gemütlich.....

Aber egal, Fakt ist, dass die Führungskader das Land ruiniert haben, um die Bedürfnisse der Werktätigen zu befriedigen.
Und der Treppenwitz der Geschichte, dass sie die Bedürfnisse gar nicht kannten!
Konkurs des Staates wegen Volksferne!
 
Aber egal, Fakt ist, dass die Führungskader das Land ruiniert haben, um die Bedürfnisse der Werktätigen zu befriedigen.
Konkurs des Staates wegen Volksferne!

Ich weiss nicht, ob das wirklich soviel Fehlsteuerung gewesen ist.

Oben ist erwähnt worden, dass die DDR-Wirtschaft überwiegend exportorientiert für den RGW-Bereich produzierte. Dort setzt die Sache an. Zum einen gab es Wechselkurse, die willkürlich festgesetzt waren (s.o.: "umrubeln").

Viel schlimmer ist aber: die Exportgüter unterlagen fixierten Verrechnungspreisen in Mark der DDR (vor dem "Umrubeln"), die schon nicht kostendeckend waren. In den VEB- und Kombinatsbilanzen wurde das mit staatlichen Exportzuschüssen und Verlustübernahmen ausgeglichen. Fakt war: Güter weg, für schlechtes Geld. Mit diesen künstlich niedrig gedrückten Exporterlösen ging man "einkaufen". Dort dasselbe Spiel, preislich bloss umgekehrt.

Etwas drastisch ausgedrückt hatte die DDR 40 Jahre Reparationslasten zu tragen, indem ihre Wertschöpfung "abgeschöpft" wurde. Dazu dann die Schwerfälligkeit der Wirtschaftsverwaltung, das betriebliche Hamstern die Vorratshaltung von vermutlich/tatsächlich knappen Ressourcen, die Fehlleitungen ...
 
Und der Treppenwitz der Geschichte, dass sie die Bedürfnisse gar nicht kannten!
Konkurs des Staates wegen Volksferne!
Richtig.
Wobei schon Hayek nachgewiesen hat, daß eine Planwirtschaft automatisch in diese Richtung laufen muß.
Das läßt sich also gar nicht vermeiden, die Funktionäre haben sich ja teilweise auch Mühe gegeben, die Bedürfnisse zu ermitteln - aber das geht eben gar nicht ohne ein funktionierendes Preissystem.

Denn im Prinzip sind die Bedürfnisse ja unbegrenzt.
Willst Du ein Auto? Eine große Wohnung? Gut Essen? Mehr Urlaub? Einen Fernseher?
Klar, will jeder, als immer nur her damit.

Erst wenn Preisschilder drankleben, und man sich mit echten Geld entscheiden muß, wird sich jeder über seine echten Bedürfnisse klar.
Also wenn der Fernseher 300 Öcken kostet, nehme ich ihn, wenn er 500 kostet, ist mir ein Wochenendurlaub lieber.
Es ist völlig unmöglich, alle diese Abstufungen in einem Planwirtschaftssystem ohne Marktpreise herauszufinden.
 
Ich weiss nicht, ob das wirklich soviel Fehlsteuerung gewesen ist.

Oben ist erwähnt worden, dass die DDR-Wirtschaft überwiegend exportorientiert für den RGW-Bereich produzierte. Dort setzt die Sache an. Zum einen gab es Wechselkurse, die willkürlich festgesetzt waren (s.o.: "umrubeln").

Viel schlimmer ist aber: die Exportgüter unterlagen fixierten Verrechnungspreisen in Mark der DDR (vor dem "Umrubeln"), die schon nicht kostendeckend waren. In den VEB- und Kombinatsbilanzen wurde das mit staatlichen Exportzuschüssen und Verlustübernahmen ausgeglichen. Fakt war: Güter weg, für schlechtes Geld. Mit diesen künstlich niedrig gedrückten Exporterlösen ging man "einkaufen". Dort dasselbe Spiel, preislich bloss umgekehrt.

Etwas drastisch ausgedrückt hatte die DDR 40 Jahre Reparationslasten zu tragen, indem ihre Wertschöpfung "abgeschöpft" wurde. Dazu dann die Schwerfälligkeit der Wirtschaftsverwaltung, das betriebliche Hamstern die Vorratshaltung von vermutlich/tatsächlich knappen Ressourcen, die Fehlleitungen ...


Alles richtig.
ABER,
was macht der Kaufmann, wenn die Erträge nicht kostendeckend sind? Er drückt die Kosten.
Das ist doch in der Marktwirtschaft ebenso, wenn keine Kunden da sind, die bereit sind kostendeckende Preise zu bezahlen, gibt es schlicht keine andere Möglichkeit.
Wenn ich das dann nicht mache, weil zB die Arbeitsplätze 100% sicher sind, die Mieten nicht auf ein Niveau erhöhe, die eine Instandhaltung der Gebäude zulasse, usw usf, und die erforderlichen Mittel aus dem Staatshaushalt zuschieße, opfere ich in letzter Konsequenz das Land.

Das hat mit Reparationen usw. (die die DDR unbestritten erheblich härter getroffen haben) nichts mehr zu tun.

Ich will hier absolut keine Volkswirtschaftliche Diskussion lostreten, aber alles was Du schreibst läuft doch daraufhinaus, dass man innerhalb vorgegebener Rahmenbedingungen aus gesellschaftpolitischer Rücksichtnahme nicht handelte, sondern versuchte das Paradies der Werktätigen zu schaffen.
Und ich will es nochmals betonen, der Witz dabei bleibt, dass die ganzen Ressourcen verbraten wurden, ohne dass dies die Akzeptanz des Systems im Volk groß verbessert hätte.

Eine schlichte aber gigantische Fehlspekulation durch fehlenden Bürger-/Volks-Kontakt
 
was macht der Kaufmann, wenn die Erträge nicht kostendeckend sind? Er drückt die Kosten.
Das ist doch in der Marktwirtschaft ebenso, wenn keine Kunden da sind, die bereit sind kostendeckende Preise zu bezahlen, gibt es schlicht keine andere Möglichkeit.
Das hat mit Reparationen usw. (die die DDR unbestritten erheblich härter getroffen haben) nichts mehr zu tun.

Hallo Repo,

das hast Du missverstanden bzw. ist die ganze Tragweite nicht klar:
Ich rede zB über Herstellkosten von 20.000 M-DDR, die für 8.000 M-DDR verkauft werden mußten, dann noch in Transferrubel ... Da ist mit Kostensenkungen nichts drin.

Alternative: Produktion einstellen? Ging nicht, RGW-Planvorgabe der Lieferungen im sozialistischen Währungsbereich! Letztlich liefen dann die RGW-Wunschlisten in Moskau zusammen.

"Reparation" war nur eine Analogie für diesen Vorgang.
 
@silesia, in der DDR war eigentlich nur der Grundbedarf subventioniert. Grundnahrungsmittel, Mieten, Gesundheitswesen, Kinderbetreuuung und Kinderkleidung - wo uns vielfach heute (wieder) der Schuh drückt man am liebsten eine Mausefalle in der Brieftasche deponieren würde.
Bei Autos (Wartburg Viertakter 32000,-), Radiorecorder 1500,-, Farbfernseher 3500;- u.ä. wurde dafür umso kräftiger zugelangt. Ein Handwerker war für Ostgeld eigentlich gar nicht zu kriegen. So glich sich vieles wieder aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
@silesia, in der DDR war eigentlich nur der Grundbedarf subventioniert.

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum, ...



was den Export und die Bilanzierung der Kombinate mit Verlustausgleichen und Zuschüssen angeht, siehe oben :D

____________

Der Außenhandel 1987 umfaßte rd. 176,556 Mrd. Mark, gemessen an der industriellen Bruttoproduktion von rd. 517,739 Mrd. Mark (also rd. 1/3). Von dem Außenhandelsumsatz gingen 121,839 Mrd. Mark in den RGW-Bereich, davon 60 % allein in die SU- Schwerpunkt Fertigwaren, Vor- und Enderzeugnisse. Die Unterbewertung aufgrund des RGW-Verrechnungspreis- und Lieferverpflichtungssystems hatte ich oben beispielhaft dargestellt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Etwas drastisch ausgedrückt hatte die DDR 40 Jahre Reparationslasten zu tragen, indem ihre Wertschöpfung "abgeschöpft" wurde.
Umgekehrt hat sie sich aber die sonstigen Verpflichtungen gespart.
Die Auslandsschulden des Deutschen Reichs (incl. Reparationen aus dem ersten Weltkrieg), die Wiedergutmachung, der Lastenausgleich - das ist alles nur vom Westen bezahlt worden.

Und man darf nicht vergessen, daß sehr stark von der Substanz gelebt wurde. Viele Gebäude, Straßen, Maschinen, Infrastruktur, mit denen die DDR gestartet ist, wurden bis zum Zusammenbruch genutzt und runtergeschrubbt, ohne adäquaten Unterhalt.

Obwohl natürlich auch viele Kriegsschäden repariert und Neubauten hochgezogen wurden, wäre es 1990 wahrscheinlich billiger gewesen, wenn man den Stand von 1945 hätte übernehmen können.

Das hat letztlich mit den Fehlsteuerungen zu tun, die Repo ansprach: Es wurde mehr Konsum angeboten, als eigentlich erwirtschaftet werden konnte. Das ging zu Lasten von Substanzerhalt und echten Investitionen.
 
Und man darf nicht vergessen, daß sehr stark von der Substanz gelebt wurde. Viele Gebäude, Straßen, Maschinen, Infrastruktur, mit denen die DDR gestartet ist, wurden bis zum Zusammenbruch genutzt und runtergeschrubbt, ohne adäquaten Unterhalt.

Da lohnt die Nachfrage: wieso wurde das - Du hast mit der Infrastruktur nur ein Beispiel genannt, man könnte das kumulierte Anlagevermögen der VEBs und Kombinate gleich mit hinzunehmen - bis zum Letzten ausgelutscht?

Anwort: im Ablauf der Investitionsprozesse in der DDR, die chronischen Ressourcenmangel hatte. Wieder ein Beispiel, drei Varianten:
- Werkzeugmaschinen, in der DDR produziert, wurden zwangsweise in den RGW-Bereich geliefert.
- Umgekehrt wurden als Ersatzinvestition in der DDR benötigte WZM nicht zugeteilt, weil die Exporte notwendig waren, um Rohstoffe zu bezahlen - Vorratsproduktion;
- drittens waren im Ausland produzierte WZM nicht bezahlbar.

Den Teufelskreis kannst Du in allen Schlüsselindustrien multiplizieren. Dazu kam die Hamstermentalität in den Betrieben, ich habe selten solche Lagerbestände gesehen.


Aus eigenen Erfahrungen schätze ich den Umfang des jährlichen Verlustes im Export auf 20-30 Milliarden Transfer-Mark, also 4-6 % der gesamten Bruttoproduktion. Wenn man mal als Faustformel und "Standard" die bundesdeutsche Investitionsquote im produzierenden Gewerbe 1987 nimmt (ca. 3-4 % der Umsatzerlöse), dazu nochmal die gleiche Größe für Instandhaltungsaufwand, ist das Ergebnis klar: über die Exportabschöpfung verlor die DDR den Großteil der Reinvestitions-/Instandhaltungsquote an den RGW-Bereich.
 
Hallo Repo,

das hast Du missverstanden bzw. ist die ganze Tragweite nicht klar:
Ich rede zB über Herstellkosten von 20.000 M-DDR, die für 8.000 M-DDR verkauft werden mußten, dann noch in Transferrubel ... Da ist mit Kostensenkungen nichts drin.

Alternative: Produktion einstellen? Ging nicht, RGW-Planvorgabe der Lieferungen im sozialistischen Währungsbereich! Letztlich liefen dann die RGW-Wunschlisten in Moskau zusammen.

"Reparation" war nur eine Analogie für diesen Vorgang.

Ich denke mir ist die Tragweite schon klar, aber Du nennst oben einen krassen Einzelfall, sonst wäre die DDR 1955 pleite gewesen.
Andererseits ist doch bekannt, dass die DDR Öl von den Russen erheblich unter Weltmarktpreisen bezog, und dasselbe dann gleich wieder losschlug, natürlich zu Weltmarktpreisen. Erscheinungen die staatsgelenkter Handel mitsichbringt, wenn er mit dem Weltmarkt in Berührung kommt.
Der niedrige Ölpreis resultierte doch aus denselben Verhandlungen, in denen der Preis für Dein o.g. Wirtschaftsgut mit 8.000 statt 20.000 Mark festgelegt wurden.
Der Status als EG/EWG-Mitglied druch den Internzonenhandel, Vorteile die den übrigen Comecon-Staaten fehlten.

Auf alle Fälle wären Kohl und Co. 1991 überaus froh gewesen, wenn die RGW-Länder noch eine Zeit weiter zu den subventionierten Preisen gekauft hätten.......

Ich weiß natürlich nicht, welchen Umfang die subventionierten Preise am Gesamthandel mit den RGW-Staaten ausmachten, habe aber erhebliche Zweifel, ob dies zum Bankrott in dem Ausmaß geführt hätte. Anders gesagt, Hauptnutznießer waren doch die "Freunde", die waren aber doch auch Pleite, sonst hätte es ja die ganze Entwicklung nie gegeben.

CSSR, Polen, Bulgarien usw. zB waren nicht Pleite, hatten aber auch einen wesentlich niedrigeren Lebensstandard als die DDR mit deutlich geringeren Sozialleistungen. Sic!
 
Ich denke mir ist die Tragweite schon klar, aber Du nennst oben einen krassen Einzelfall, sonst wäre die DDR 1955 pleite gewesen.

Nein, kein Einzelfall, das war System.


"Pleite gehen" konnte die DDR im Prinzip nicht, die Verluste der Wertschöpfungskette schlugen sich eben im Lebensstandard, im maroden Zustand des Produktionsstocks sowie in der mangelnden Fähigkeit zum Import benötigter Güter nieder. Dort kann man "die Insolvenz ablesen".


________________________
Ggf. könnte man die Subventionierung über die Rohstoffe abschätzen. Die DDR-Importe betrugen zwischen 1980 und 1987 rd. 21-22 Mio. Tonnen Erdöl pro Jahr (Weltmarktwert total etwa 10-12 Mrd. DM), sowie zwischen 4 und 7,7 Mio. Tonnen Steinkohle.

Die Ölverschiebungen kann ich vom wertmäßigen Umfang nicht als wesentlich erkennen, vielleicht max. ein Viertel, die BRD-Importe lagen bei etwa 66-70 Mio. Tonnen p.a., Werte rund 30 Mrd. DM pro Jahr.



______________________
P.S. dieser interessante Bereich hält sicher Stoff für 10 Dissertationen bereit.
 
Da lohnt die Nachfrage: wieso wurde das - Du hast mit der Infrastruktur nur ein Beispiel genannt, man könnte das kumulierte Anlagevermögen der VEBs und Kombinate gleich mit hinzunehmen - bis zum Letzten ausgelutscht?

Anwort: im Ablauf der Investitionsprozesse in der DDR, die chronischen Ressourcenmangel hatte. Wieder ein Beispiel, drei Varianten:
- Werkzeugmaschinen, in der DDR produziert, wurden zwangsweise in den RGW-Bereich geliefert.
- Umgekehrt wurden als Ersatzinvestition in der DDR benötigte WZM nicht zugeteilt, weil die Exporte notwendig waren, um Rohstoffe zu bezahlen - Vorratsproduktion;
- drittens waren im Ausland produzierte WZM nicht bezahlbar.

Den Teufelskreis kannst Du in allen Schlüsselindustrien multiplizieren. Dazu kam die Hamstermentalität in den Betrieben, ich habe selten solche Lagerbestände gesehen.


Aus eigenen Erfahrungen schätze ich den Umfang des jährlichen Verlustes im Export auf 20-30 Milliarden Transfer-Mark, also 4-6 % der gesamten Bruttoproduktion. Wenn man mal als Faustformel und "Standard" die bundesdeutsche Investitionsquote im produzierenden Gewerbe 1987 nimmt (ca. 3-4 % der Umsatzerlöse), dazu nochmal die gleiche Größe für Instandhaltungsaufwand, ist das Ergebnis klar: über die Exportabschöpfung verlor die DDR den Großteil der Reinvestitions-/Instandhaltungsquote an den RGW-Bereich.


Auch da stimme ich Dir durchaus zu, wir sind uns ausschließlich bei der Wertung als Hauptursache uneinig,

Du nennst die zu niedrigen Preise im RGW-Handel
ich neige eher dazu, das "Paradies der Werktätigen" für die Hauptursache zu halten.

Seis drum, der Gang der Entwicklung ist bekannt.

Um nochmals auf die politische Entwicklung zurückzukommen, keine Regierung versucht ernsthaft "gegen das Volk" zu regieren, im Gegenteil wird auch in Diktaturen versucht "für das Volk" zu regieren.
Der entscheidende Nachteil der Diktatur ist in der Volksferne zu sehen, und hier halte ich die DDR für das Musterbeispiel.
 
Ggf. könnte man die Subventionierung über die Rohstoffe abschätzen. Die DDR-Importe betrugen zwischen 1980 und 1987 rd. 21-22 Mio. Tonnen Erdöl pro Jahr (Weltmarktwert total etwa 10-12 Mrd. DM), sowie zwischen 4 und 7,7 Mio. Tonnen Steinkohle.

Die Ölverschiebungen kann ich vom wertmäßigen Umfang nicht als wesentlich erkennen, vielleicht max. ein Viertel, die BRD-Importe lagen bei etwa 66-70 Mio. Tonnen p.a., Werte rund 30 Mrd. DM pro Jahr.



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P.S. dieser interessante Bereich hält sicher Stoff für 10 Dissertationen bereit.

Zustimmung.

"Pleite gehen" konnte die DDR im Prinzip nicht, die Verluste der Wertschöpfungskette schlugen sich eben im Lebensstandard, im maroden Zustand des Produktionsstocks sowie in der mangelnden Fähigkeit zum Import benötigter Güter nieder. Dort kann man "die Insolvenz ablesen".
Natürlich kann ein Staat nicht pleite gehen.
Du hast natürlich recht, so hätte es sein sollen,
Aber im Lebensstandard, in den Sozialleistungen haben sich die Verluste eben nicht niedergeschlagen!

Nein, kein Einzelfall, das war System.
Das lassen wir jetzt doch einfach mal so stehen.
 
Da lohnt die Nachfrage
Nur zur Klarstellung: Mein Beitrag sollte Deinen nicht widerlegen, sondern ergänzen.
Das mache ich vielleicht manchmal nicht klar genug, wenn ichmit einem Zitat beginne.

Ich sehe da Konsens zwischen uns: Alle diese Faktoren haben zur Pleite beigetragen.
 
in der DDR war eigentlich nur der Grundbedarf subventioniert.
Sagen wir mal so: Nur dort war eine Subvention beabsichtigt.

Ohne echte Preisbildung gibt es letztlich auch keine realistische Kostenrechnung.
Letztlich konnten die DDR-Wirtschaftsbosse gar nicht wissen, wo sie eigentlich wieviel drauflegen/subventionieren und wo etwas rentabel war.
 
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