Das sehe ich aber anders. Ich bezahle schon genug Geld - durch meine Steuergelder.
Ob wir genug Geld durch unsere Steuern bezahlen ist zunächst einmal ein subjektives Gefühl. Ein Gefühl, was zwar wahrscheinlich 99 % aller Steuerzahler weltweit jenseits der politischen Couleur teilen, aber eben ein Gefühl. Angesichts knapper Kassen und Staatsverschuldung auch ein zu hinterfragendes Gefühl, ob wir genug Steuern zahlen (ohne die Antwort vorwegzunehmen, oder den Anspruch zu erheben, dass die Frage überhaupt sinnvoll zu beantworten ist).
Diese werden für ein funktionierendes Staatswesen ausgeben. In den USA ist es gang und gäbe das bereits alles digitalisiert ist - der Archivdienst ist Aufgabe des Staates, ebenso jedem Bürger kostenfrei Zugang zu den Kulturgütern zu ermöglichen.
Über das Archivwesen in den USA kann ich nicht sprechen, hierzulande ist es so, dass die Behörden verpflichtet sind, das nicht mehr benötigte Aktenmaterial den Archiven anzubieten. Die Archive müssen dann bewerten, ob die angebotenen Akten behalten oder kassiert werden. Juristisch noch wirksame Dokumente müssen natürlich behalten werden. Und da sind wir auch schon beim Wahrnehmungsproblem: Archive dienen in ihrem Ursprung dazu, juristisch Relevantes zu erhalten (Vorgänge, Besitz etc.), und auch heute noch dienen sie in erster Linie juristischen Belangen. Aber da man nun mal vor etwa 150 Jahren begann, den historischen Wert der Archive zu erkennen und heute die meisten Archivare wohl eher Historiker als Juristen sind, hat sich natürlich auch die Aufgabe des Archivs verändert. Heute bewahren daher Archive auch Dokumente auf, die juristisch bedeutungslos (geworden) sind und die zuständigen Archivare müssen bewerten, was sie aufbewahren und was sie kassieren. Sie sind dabei z.B. dem Steuerzahler verpflichtet, denn Raum (Regalkilometer) kostet Geld, sie sind dabei aber auch nachfolgenden Historikergenerationen verpflichtet weshalb sie so sammeln müssen, dass einerseits das Außergewöhnliche erhalten bleibt, andererseits aber auch eine Gesellschaftsgeschichte jeder Epoche geschrieben werden kann, sprich das Gewöhnliche muss ebenfalls erhalten bleiben um späteren Historikern ein möglichst ausgewogenes Gesamtbild zu bieten. So, ist es nun, angesichts knapper Kassen und z.B. des Umstandes, dass sich z.B. meine Geburtsstadt es sich nicht leisten kann, ihr Kommunalarchiv so zu besetzen, dass jeden Tag Besucherverkehr möglich ist, eine Aufgabe des Staates den Zungang zu den Archivalien kostenfrei zu ermöglichen? (Abgesehen davon, dass in D die Kulturhoheit bei den Bundesländern liegt). Wird der freie Zugang zu den Archivalien durch die Steuern gedeckt? Oder nur der Grunddienst der Archive? Die meisten Archive haben schon Probleme damit, die Grundsubstanz ihrer Archivalien zu erhalten – insbesondere Tintenfraß und industriell hergestelltes übersäuertes Papier bereiten ernsthafte Probleme – , denn die Reparatur ist teuer.
Wenn der Staat künstlich die Möglichkeiten des Informationsangebotes einschränkt, dann behindert das nicht nur den Fortschritt im Lande sondern ist auch ungerecht.
Wo schränkt der Staat denn die Möglichkeiten des Informationsangebotes ein? Wer zum Bürgeramt geht, um sich einen Reisepass oder Personalausweis zu besorgen, bezahlt der kein Geld? Nimmt er keine Extraleistung in Anspruch? Dabei sind wir sogar verpflichtet, Pass bzw. mindestens den Personalausweis zu haben. Die Möglichkeiten des Informationsangebotes werden nicht dadurch eingeschränkt, dass man für die Dienstleistung, die man erhält Geld bezahlen muss.
Warum sollte man kreuz und quer durch die Republik flitzen müssen, massig Sprit und Zeit verfahren, obwohl es möglich wäre die Informationen auch Online abzurufen? Was ist das für ein Volkswirtschaftlicher Unsinn? Gelder und Produktivität gehen verloren, ohne das es dafür einen Grund gebe.
In großen Archiven werden durchschnittliche Archivalien alle 16 Jahre einmal benutzt. Warum sollte der Staat also hingehen und alle Archivalien digitalisieren (was wiederum auf Kosten der Steuerzahler in der Gesamtheit und nicht auf Kosten der Interessierten ginge)? Zumal die Archivalien, die großen Anklang finden, auch meist publiziert werden. Würde der Staat nun diese Archivalien frei zugänglich machen, würde er damit nicht die Arbeitsleistung der damit arbeitenden Historiker untergraben? Und wer bezahlt den digitalen Speicher?*
Weil angeblich wohl Gelder fehlen. Für andere Dinge sind aber scheinbar massig Gelder vorhanden...
Leider nicht im Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften.
PS: Der Vergleich mit dem Möbelhaus hinkt. Möbel kann man nun mal (noch) nicht durch die Gegend beamen. Informationen, Bilder, Karten usw. dagegen schon. Soweit ist die Technik heutzutage schon. Es ist ja auch schon möglich einen Teil der Infos abzurufen.
Es geht mir nicht um die Technik, sondern um das Bewusstsein für eine Dienstleistung, die Menschen erbringen.
*Es ist allerdings tatsächlich so, dass manche Archive kräftig digitalisieren. In der Stadt, in der ich lebe, gibt es eine ganze Reihe von Archiven, ein Universitätsarchiv, das überhaupt nicht, auch nicht auf Anfrage digitalisiert, ein Stadtarchiv, welches in Teilen – allerdings nur vereinzelt und bei breiterem öffentlichen Interesse – das macht, was du verlangst, nämlich Archivalien auszugsweise online stellen und ein Archiv auf Landesebene, welches so nach und nach tatsächlich alle seine Bestände digitalisiert, allerdings um die Originale besser zu schützen. Auch die stellen die digitalisierten Dokumente nicht einfach online zur Verfügung. Man kommt auch an die Originale, die schon digitalisiert sind nur noch in begründeten Ausnahmefällen heran.