Würde nicht aber man kann. Ein Beispiel. Als im Jahre 1906 nahm die Hamburg-Amerika-Linie ihr Verbindung von Hamburg nach Basra auf und drohte damit zu einer ernsthaften Konkurrenz für die britischen Linien zu werden.
Das Sub-Committee of the CID kam zu den wenig überraschenden Ergebnis, das es bei bei neuen Verbindung um nicht anderes handle, als den Versuch Deutschlands poltischen Einfluss am Persischen Golf zu gewinnen. Tatsächlich wurde diese Schifffahrstverbindung weder von der deutschen Regierung initiiert noch irgendwie gefördert.
Es wäre schon hilfreich gewesen, die Quellen anzugeben, da diese Darstellungen (zB auch bei Schöllgen) zum Beispiel auf Plass und Brodacki beruhen und da einiges durcheinander geht. Es war recht mühsam, so ein Detail wie C.I.D./Frachtkrieg am Persischen Golf zu rekonstruieren.
Gelesen hatte ich davon in einigen Darstellungen, zB in Issawi (The Fertile Crescent 1800-1914 - Documentary Economic History zum Mittleren Osten) und Cohen (British Policy in Mesopotamia 1903-1914 und einigen mehr (McMeekin etc., und auch den genannten Plass).
Hier vermengen sich Aspekte eines massiven Transportwettbewerbs (Tonnagekrieg) mit politisch-militärischen Erwägungen. Dass deutscherseits politisch nichts "initiiert" wurde, ist erst einmal so nicht richtig, da die HAPAG/H.A.L. mit Ballin vom Außenamt darauf gedrängt wurde*, die Routen trotz riesiger Anlaufverluste** aufrecht zu erhalten. Dass das ohne "Kompensationen" durch das Deutsche Reich erfolgt sein soll, erscheint mir völlig unglaubwürdig. Dass Frachtraten nicht direkt bezuschusst/subventioniert wurden, mag sein.
Die H.A.L eröffnete den Dienst 1906, bot umgerechnet 17,5s per tons und
unterbot damit um 10s die bestehenden britischen Frachtraten. 5 Mio. Mark
Anlaufverluste für so eine Route waren die Folge für die HAL (Ballin: "versenkt"), ... verkraftbar, da man
a) gefüllte Firmenkassen aus den russischen Transporten 1904/05 hatte und
b) angeblich im Zeitraum von 20 bis 30 Jahren mit der Bagdadbahn spekulierte.
Es ist ein deutsches Märchen, dass die gesunkenen Frachtraten von früher über eineinhalb GBP/tons auf die eröffnete deutsche Konkurrenz zurückzuführen sei. Bereits 1903, und das hatte nichts mit deutschen Transporten zu tun, waren die Raten sogar scharf auf 10-15s gefallen, also rund 50%, und hatten sich danach wieder erholt. Dieser Wettbewerb, in den sich laut Ballin auch das deutsche AA einmischte, ist aber nur der eine Aspekt.
Britischerseits gab es da zwar es da zwar Schnappatmung, die Politisierung der Transportlinien besorgte aber schon die deutsche Presse selber: "Hamburg-Basra" war nämlich der nationalistische Superlativ bzw. die geografische Verlängerung von "Berlin-Bagdad" (siehe zB McMeekin). Man polemisierte aber auch im Jahrzehnt zuvor auf Durchbrechung der britischen Imperiallinie Gibraltar-Suez-Indischer Ozean, das sein "der britische Preis" für die Entstehung der Deutschen Nation 1871. Viel schlechte Eigenphantasien musste das Foreign Office da gar nicht mehr "entwickeln".
Viel "interessanter" als diese deutsche Politisierung, und auch relevant für die britische strategische Beurteilung, war die Einmischung der indischen Kronkolonie, vor 1906 auch durch den Vizekönig Curzon, direkt im Foreign Office. Die indische Verwaltung - näher am Brennpunkt - überzog London geradezu mit strategischen Eingaben und Bedenken zum Persischen Golf, auch in Bezug auf die Bagdadbahn, befürchtete deutsche Kohlestationen auch für Kriegsschiffe, Stützpunkte und Häfen am Ende der "Hamburg-Basra"-Linie (ob nun als Schifffahrtlinie oder als Eisenbahnstrecke), sowie Ausgangspunkte für eine Aufwiegelung islamischer und hinduistischer Gebiete. Die späteren deutschen Kriegsaktivitäten ab 1914, ua. auch auf Beratung Ballins, gingen in exakt diese Richtung, aber das steht auf einem anderen Blatt.
Die paar kümmerlichen Kleindampfer der H.A.L./Hapag waren nicht Ursache, sondern Begleiterscheinung der britischen strategischen Beurteilung, in die auch die russischen Aktivitäten in Persien einzubeziehen waren. Deutsche Grundlagendarstellungen, wie etwa Plass (England zwischen Deutschland und Russland 1899-1907) stellen das nur unzureichend dar.
Das Ganze ist also kein Beleg für Schlechtigkeiten und Unterstellungen, sondern eingebunden in die politisch-militärischen Aspekte des Berlin/Bagdad (bzw. Hamburg/Basra)-Komplexes, verquickt mit massiven Einflussnahmen auch außerhalb des Foreign Office (Kronkolonie) sowie den Sicherheitsfragen am Persischen Golf ingesamt (in Konkurrenz auch zu Frankreich (via Syrien), Russland (Kaukasus/Persien) und wachsenden US-Aktivitäten), und überdies verquirlt mit "üblichen" Einflussnahmen aus dem scharfen wirtschaftlichen Wettbewerb,*** die nicht Ursache, sondern (eine) Wirkung darstellten.
* Ballin hätte sonst laut eigener Darstellung die Linien "eingestellt"
** die Anlaufverluste entstanden, obwohl man schon "nur" die ältesten kleineren Dampfer wie die Canadia aus Kostengründen verwendete
*** Andere deutsche Phantasien, auch der Hapag, wie eine Marktführerschaft im Bereich der islamischen Pilgertransporte, kann man außer Acht lassen.