1. Wenn man davon spricht, der Graf (z) hat eine uneheliche Tochter, die eine Pension von (y) Talern bekommt oder der Herzog (xy) trifft sich oft mit der Gräfin (yx). Was ist denn daran geheim?
2. Deshalb meine ich, dass man in dieser Hinsicht anders unterscheiden muss.
Zum Beispiel, öffentlich anerkannte Geliebte und der Öffentlichkeit bekannte Geliebte.
3. Die maitresse en titre (da dieser Titel bereits öfters fiel) war, übertrieben gesehen, ein "Amt", welches sehr umkämpft war. Die "Gefährtin" des Königs bekam Rechte und hatte einen viel höheren Rang in der Hofgesellschaft. Die Maitresse hingegen konnte der König so schnell fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.
1. Mag sein, aber man sagte damals nicht: Diese oder jene bekommt eine Pension für Sex vor ein oder zwei Jahren. Dass es Pensionen gab führte vielmehr zu Spekulationen. Überhaupt sind wir oftmals im Reich der Spekulationen, selbst die Zeitgenossen, zumindest die seriöseren von ihnen, gaben zu: Die einen sagen Mme XY sei im Elend umgekommen, die anderen sagen, der König habe sich erkenntlich gezeigt.
2. Das sehe ich auch so. Dabei muss man immer aufpassen, wie sahen es die Zeitgenossen und wie die Historiker und wie sahen es die Zeitgenossen, die nur von anderen gehört hatten, die von anderen wiederum gehört hatten, dass die Gunst des Königs irgendwann zum Aufstieg der Dame XY zur Kammerfrau der Fürstin führte?
Bei den öffentlich bekannten Geliebten ist es also auch immer wieder möglich, dass Zeitgenossen übertrieben und nicht mehr als eine besonders hohe Zahl an Flirts zwischen beiden vorlag. Außerdem dachte man schon damals, wenn viel getratscht wurde, kein Rauch ohne Feuer.
Ganz klar muss man sich natürlich davon trennen, den Umgang mit den Mätressen wie in Frankreich mit dem in Deutschland zu vermengen. Außerdem gibt es natürlich erhebliche Unterschiede zwischen dem Mätressenwesen regierender Fürsten und "gewöhnlicher" Adeliger. Bei regierenden Fürsten war das Verheimlichen einer dauerhaften Liebesbeziehung ungleich schwieriger gegenüber der Hofgesellschaft. Das führte schließlich auch dazu, dass die Mätressen zumeist mehr oder minder öffentlich im Hofleben auftraten.
Selbst dabei haben wir allerdings extreme Unterschiede. So wissen wir von den kurzen ersten Liebesbeziehungen des Kurfürsten Carl Theodor z.B. sehr wenig, fast garnichts. Das mag ein Indiz sein, dass bei kurzen Beziehungen selbst der recht gut informierte sächsische Gesandte Andreas Riaucour nicht genügend im Bilde war und es dann eigentlich durchaus gelingen konnte dieselben gänzlich vor der Hofgesellschaft zu verheimlichen.
3. Die Maîtresse en titre in der Form ist sicherlich ein französisches Phänomen, welches unter Louis XIV geboren wurde. Louis XV hatte dann eine ähnlich wenig zur Repräsentation gegabte Gemahlin, was zu einer Fortsetzung dieses Vorgehens führte.
Das Buch vom Knesebeck-Verlag "Gefährliche Liebschaften" (hat nichts direkt mit dem gleichnamigen Roman zu tun!!!) legt nahe, dass der französische Adel dem Vorbild des Königs nacheiferte und dass die intimen Treffen in den Etablissements wie dem der Madame Gourdan dem Hirschpark an Anonymität nachempfunden wären. Das setzt natürlich vorraus, dass eine breite Gruppe des Adels vollständig in das Mätressenwesen des Königs eingeweiht war.