Motivation der Männer des 20.Juli

Zu diesem Thema gab es im ZDF oder auf Arte? im März eine interessante Doku. Die Attentate von Tresckows, Schlabrendorffs und Breitenbach gehören alle in die Kategorie 20. Juli. Tresckow war Adjutant von Stauffenberg. Breitenbach war der einzigste, der zu diesem Zeitpunkt Zugang zum FHQ besaß. Stauffenberg bekam erst später aufgrund seines Dienstpostens die Möglichkeit zm Handeln. Allerdings war das auch eher zufall, da er in Vertretung zum Führer fuhr und einfach kein anderer die Möglichkeit besaß, ein Attentat auszuführen.

Die Bombe im Flugzeug war von Tresckow mit englischen Zündern versehen als "Weingeschenk" in einer kleinen Kiste in die Heimat deklariert. Dummerweise verfrachtete man den kostbaren "Wein" in die Gepäckkammer. Da während des Fluges starke Minusgrade dort herrschten, versagten natürlich die Zünder. Mit Mühe konnte dann, als die Bombe nicht hochging (es wurde eine Anfrage an den Lande-Flugplatz zwecks Ankommen Führer gehalten) ein Adjudant per Telefon! überredet werden, daß die "Weinsendung" im falschen Flieger war und er diese deponieren sollte, bis die abgeholt werden würde. Dies geschah dann auch.

Breitenbach war zum Rapport ins FHQ bestellt worden. Wie so viele andere an diesem Tag aber auch, wurde er aus dringlichen Gründen nicht vorgelassen. Das kam aber öfters vor.

Das Attentat von Gersdorf war das am besten geplante. Tatsächlich interessierte den Führer aber die Ausstellung nicht so sehr und er verließ schnurstracks nach wenigen Minuten das Zeughaus durch den Hinterausgang wieder. Von Gersdorf hatte richtige Probleme, seine Bombe wieder zu entschärfen. Das war natürlich so nicht geplant gewesen.
 
@Papa Leo
Also von den originalen Aufzeichnungen aus dem Volksgerichtshof entnehmend, hätte selbst Rambo, Rocky oder Bruce Lee nicht widersprochen, egal was man ihnen anlastete. Dazu kam ja die Haft, die keinesfalls demokratischen Grundsätzen entsprach. Somit kann es durchaus möglich sein, dass man ihnen auch noch Attentate anhing, die niemals stattfanden. Diese Methode diente dann für Propagandazwecke. Obwohl sicherlich zu jener Zeit schon diese Propaganda auch nach hinten los ging. Denn soviel Attentate von sovielen Menschen regt innerlichen Widerstand und die Gewissheit, nicht allein in Gedanken gegen Krieg und Nationalsozialismus zu sein (ab 1943). Schliesslich brachten sich Millionen Deutschen am 30. April 1945 auch nicht um, nachdem der Reichskanzler starb.
 
Hurvinek schrieb:
@Papa Leo
Also von den originalen Aufzeichnungen aus dem Volksgerichtshof entnehmend, hätte selbst Rambo, Rocky oder Bruce Lee nicht widersprochen, egal was man ihnen anlastete. Dazu kam ja die Haft, die keinesfalls demokratischen Grundsätzen entsprach. Somit kann es durchaus möglich sein, dass man ihnen auch noch Attentate anhing, die niemals stattfanden. Diese Methode diente dann für Propagandazwecke.

Fest steht, dass sich viele Männer um die Gruppe des 20. Juni auch von der Haft und den Prozessmethoden des Volksgerichtshofs NICHT einschüchtern ließen, nicht gebrochen wurden (vgl. die Aufzeichnungen/Briefe Dietrich Bonhoeffers) und im Prozess durchaus widersprachen.

Ein Aspekt sollte auch nicht vergessen werden: Der Widerstand dieser Männer wurde kurz nach dem Krieg NICHT als "Heldentat" gesehen. Insofern muss man sich auch fragen, was diese Männer bzw. ihre Angehörigen zu gewinnen hofften, als sie als "Augenzeugen" von diesen Attentaten berichteten.


Und noch eins zu weiter oben: Nicht Stauffenberg war der Kopf des 20. Juni - er ermöglichte lediglich das Attentat, weil er Zugang zu den Lagebesprechungen Hitlers hatte. Zu den Köpfen zählt eher v. Tresckow, so dass es durchaus glaubwürdig ist, dass er schon vorher Attentate geplant und versucht hatte.
 
@Titus Livius:
Nicht Henning v. Tresckow war der Adjutant Stauffenbergs, sondern Werner von Haeften, der bei der Durchführung des Attentats vom 20. Juli mit Stauffenberg zusammenarbeitete.

@ Papa Leo:
Ich glaube ebenfalls nicht, dass die Männer des 20. Juli vor dem Volksgerichtshof eingeschüchtert wurden und Attentatsversuche gestanden, die es nie gegeben hatte. Noch einmal: Ich bezweifele nicht den Versuch v. Schlabrendorffs und v. Tresckows. Ich halte es aber für möglich, dass andere Pläne für Attentate als Versuche ausgegeben wurden, eben um den Widerstand glaubhafter vor dem Rest der Welt darzustellen.

Für die Aussage, die Attentate und Versuche seien nach dem Krieg nicht als "Heldentaten" gesehen worden, hätte ich gern Belege von dir. Dieser Sachverhalt ist mir völlig neu und erscheint mir mit Blick auf die Siegermächte und die sonstigen Gegner des NS fast unglaublich.

Sicher war Stauffenberg nicht der alleinige Kopf des 20. Juni. Ihn hier aber lediglich als Erfüllungsgehilfen erscheinen zu lassen, der Zugang zu Hitler hatte, wird seiner Rolle nicht gerecht. Er war an den Planungen sehr wohl maßgeblich beteiligt, Hand in Hand mit Tresckow und anderen.
 
Kirlon schrieb:
Für die Aussage, die Attentate und Versuche seien nach dem Krieg nicht als "Heldentaten" gesehen worden, hätte ich gern Belege von dir. Dieser Sachverhalt ist mir völlig neu und erscheint mir mit Blick auf die Siegermächte und die sonstigen Gegner des NS fast unglaublich.
Bundestagsinformation zum 60. Jahrestag:

Erbe und Rezeption des 20. Juli 1944
2. Rezeptionswandel: Vom Vorwurf des Landesverrates über die Kanonisierung
zur Kritik am konservativen Widerstand
2.1. 1945 bis 1952: Von der Verfemung zur Anerkennung
2.1.1. Der Vorwurf des Verrats

Noch zehn Jahre nach dem Attentat und neun Jahre nach Kriegsende war das Bild des konservativen Widerstandes ganz anders in der öffentlichen Meinung verankert. So stellten Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann 1954 in einer Umfrage fest: "Beinahe die
Hälfte aller Leute, die über den 20. Juli mitreden können, sagten über die Verschwörer
nur Nachteiliges, vor allem daß es sich um Verrat handele, um Hochverräter, Landesverräter,
Volksverräter oder Staatsverräter. Weiter wird ihnen Feigheit vorgeworfen,
gelegentlich auch Egoismus."18 Bis weit in die sechziger Jahre hinein bestimmte dieses
Urteil die öffentliche Meinung.19
Rezeption 20. Juli
 
Danke - genau das hätte ich jetzt auch zitiert ...

und bzgl. Stauffenberg: ja, er war wichtig beim 20.Juni. Aber er war relativ neu in der Gruppe der Widerständler. Er war elementar für den Plan, aber die Pläne für den Putsch (Operation Walküre) und was danach kommen sollte - dafür war von Tresckow in viel stärkerem Maße prägend.
 
@Mercy und Papa Leo:
Ich danke euch für den Link bzgl. der Einschätzung des Widerstandes in der Nachkriegszeit.
Meine Überlegungen wegen der Attentats-Versuche sind dann wohl obsolet. Es lohnt sich nicht, diese Überlegungen weiter zu verfolgen.
 
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