Mutmaßl. und tatsächl. röm. Streckenverläufe/Fundplätze n.d. 9-/10-Leugen-Hypothese

Augst, Windisch, Oberwinterthur, Dietikon – hier wissen wir definitiv, dass die römischen Anlagen etwa zur gleichen Zeit entstanden. Auch Moudon, Avenches und Solothurn waren in dieser frühen Phase Bestandteil der römische Planung.

Und was ist mit all den anderen Orten, die du uns für diese angeblich so perfekt für deine Theorie passende Straße angegeben hast?

Die werden wir solange ignorieren müssen, bis endlich diskutables Datenmaterial vorliegt.

Von den oben aufgezählten Orten liegt nichts auch nur annähernd 9 oder 10 Leugen voneinander entfernt.

Mit einer Ausnahme: Dietikon, und das liegt nicht auf der von Divico angegebenen Straße.

Falls wir wirklich die bisher vorliegenden Befunde interpretieren sollen, bleibt nur eine Schlussfolgerung:

Die Römer haben an dieser Straße in der frühen Phase bei aufeinanderfolgenden Orten den 9-10-Leugen-Abstand gescheut wie der Teufel das Weihwasser.
 
Das mit den Ziegeln hatte ich glatt nicht bedacht. Da war ich froh, dass wir Divico Mal zeigen können, wie etwas belegt wird, und dann ...

Waldenburg: Walden ist ein Genitiv. Wald ist Wald und Walt/Wald ist Macht. Burch/Burg ist Burg oder Stadt. Der Name heißt also soviel wie Waldesburg oder Waldesstadt oder Burg der Macht. Wer war mächtig? Das Römische Reich war mächtig! ;)

Es mag dich irritieren, Divico, aber wenn du eine Reihe von Orten aufzählst musst Du belegen, dass es da Römisches gab, nicht wir es widerlegen.

Hast Du Mal nachgespült, wo Meilensteine gefunden wurden? Das wäre doch eine Möglichkeit, die Römische Sicht der Entfernung herauszubekommen.
 
Manchmal bringt Schlaflosigkeit Positives. Ich habe gerade entdeckt, dass es bei Wikipedia auch einen Artikel mansio gibt.

Diese lagen danach in einem Abstand von ca. 40 km. Circa, ungefähr, nicht genau! (Muß hier ja dazugesagt werden.)

Dort wird auch Literatur zu Straßenstationen in Südwestdeutschland erwähnt.

PS: In den letzten Posts sind wieder einige verunglückte Autokorrekturen. Ich hatte nicht daran gedacht nochmal nachzukontrollieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da Du offenbar die Orientierung verloren hast, habe ich extra für Dich eine schematische Übersicht erstellt, siehe Anhang.

Kleiner Tipp am Rande: mehr Lesen und Karten studieren, weniger Schreiben. ;)

[Edit] Wir reden hier über die beiden Militärrouten im frühkaiserzeitlichen Helvetien. Bei Ad Fines (Pfyn) lag die Grenze zu Rätien. Laut Itinerarium Antonini war die im einzelnen nicht näher bekannte Strecke weiter nach Arbor felix 20 Leugen lang.

Die Karte im Wikipedia-Artikel Vindonissa zeigt einen anderen Straßenverlauf. Welcher stimmt?
 
Manchmal bringt Schlaflosigkeit Positives. Ich habe gerade entdeckt, dass es bei Wikipedia auch einen Artikel mansio gibt.

Diese lagen danach in einem Abstand von ca. 40 km. Circa, ungefähr, nicht genau! (Muß hier ja dazugesagt werden.)

Dort wird auch Literatur zu Straßenstationen in Südwestdeutschland erwähnt.

PS: In den letzten Posts sind wieder einige verunglückte Autokorrekturen. Ich hatte nicht daran gedacht nochmal nachzukontrollieren.

Danke füf den Hinweis auf https://de.wikipedia.org/wiki/Mansio

Dort befindet sich übrigens auch der Hinweis auf die Mutatio (Pferdewechselstation):

In römischer Zeit wurden ungefähr alle 15 km Pferdewechselstationen (mutationes) und ca. alle 40 km (= eine Tagesetappe) Rasthäuser (mansiones) errichtet.

Rechnet man die 15 km in Leugen um (also 15 dividiert durch 2,2222), so erhält man eine Entfernung von 6,75 Leugen.
 
In Bezug auf unser Thema mit der Frage, ob die Römer ihre Anlagen (oder manche davon) in immer exakt den gleichen Abständen angelegt haben, ist das von Carolus gebrachte Zitat auch von wesentlicher Bedeutung, durch die Verwendung der Abkürzung ca.
Gesetzt den Fall man kommt über die Analyse bekannter Stationen zu diesen Entfernungen, dann sollte damit wirklich mehreres klar sein:


  • Die postulierten Entfernungen von 9 oder 10 Leugen sind nicht gegeben.
  • Die Römer haben sich nicht an eine oder zwei fixe Entfernungen gehalten bei der Anlage ihrer Stationen.
  • Es findet sich kein Hinweis darauf, dass solche Stationen der Versorgung von marschierenden Legionen diente.
Oder als Fazit: Alles, was uns Divico so erzählt, scheint keinerlei Basis in den Fakten zu haben - wenn man sich an die Fakten hält und nicht Wunschvorstellungen in den Rang von Fakten zu erheben versucht.... :still:
 
Danke füf den Hinweis auf https://de.wikipedia.org/wiki/Mansio

Dort befindet sich übrigens auch der Hinweis auf die Mutatio (Pferdewechselstation):
In römischer Zeit wurden ungefähr alle 15 km Pferdewechselstationen (mutationes) und ca. alle 40 km (= eine Tagesetappe) Rasthäuser (mansiones) errichtet.

Dazu möchte ich noch aus einem alten Beitrag von mir zitieren:

Wenn wir von gut ausgebauten Straßen ausgehen, "... zeigen die Quellen, dass mansiones in der Regel im Abstand einer Tagesreise (im Schnitt 25 Meilen = 37 km) voneinander entfernt lagen, hingegen mutationes zumeist in sehr viel kürzeren Intervallen (zwischen 6 und 12 Meilen = rund 9-18 km) anzutreffen waren. Dabei waren die Abstände auch von der jeweiligen Geographie des Geländes abhängig." (Kolb, S. 213)

Diesen Beitrag habe ich in den letzten zehn Tagen dreimal verlinkt.
Ob ihn Divico inzwischen zur Kenntnis genommen hat, weiß ich nicht.

Aber wir können ja auch - sei es anhand von Itinerarien, sei es anhand ergrabener Stationen - mal schauen, wie das konkret auf einzelnen Strecken aussieht.

Nehmen wir doch die Daten die wir haben


Dann diskutieren wir lieber über die Strecken, wo die Pferdewechselstationen belegt sind.
Aber sie sind doch belegt. Wie sonst, ohne solche Stationen entlang dieser Strecke, hätte Tiberius in Windeseile zu seinem sterbenden Bruder Drusus reisen können, von Italien bis in die Magna Germania?

Zur Reise des Drusus nehme ich mal diesen Beitrag von Ravenik:

Nicht ganz. Die Stelle (Valerius Maximus 5,5,3) lautet:
"Iter quoque quam rapidum et praeceps velut uno spiritu corripuerit eo patet, quod Alpes Rhenumque transgressus die ac nocte mutato subinde equo CC milia passuum per modo devictam barbariam Namantabagio duce solo comite contentus evasit." (... " dass er, nachdem er die Alpen und den Rhein überquert hatte, am Tag und in der Nacht unter häufigem Pferdewechsel 200 Meilen durch nur einigermaßen besiegtes Barbarenland mit dem Führer Namantabagius als einzigem Begleiter eifrig zurücklegte.")
Tiberius überquerte also (von Ticinum kommend) die Alpen und den Rhein, erst danach heißt es, dass er Tag und Nacht auf wechselnden Pferden 200 Meilen bis zu seinem Bruder ritt. Der durchgängige Ritt startete also erst nach der Rheinüberquerung, und dass Tiberius die Strecke ab dem Rhein an einem Tag und in einer Nacht zurücklegte, steht da auch nicht ausdrücklich, sondern nur, dass er Tag und Nacht ritt.

Wo Tiberius den Rhein überquert hat, ist nicht genau überliefert, aber es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er denselben Weg genommen hat wie Drusus. Also vom Legionslager Mainz aus - wohl via Versorgungslager Rödgen.

Dann haben wir eine Strecke vom Tessin bis Mainz.

Wie viele mutationes sind auf dieser Strecke nachweisbar? Und welche wären das im einzelnen?
 
Wenn ich Divicos Idee richtig verstanden habe, reden wir hier über zwei grundlegend unterschiedliche Dinge - Divico, korrigiere mich bitte, wenn ich Dich falsch interpretiere:

1. Die römische Armee marschierte im Regelfall in noch unerschlossenem Gebiet nach einem recht strikten Muster - eine vorgegebene Anzahl Stunden in einem eingeübten Tempo, dann Lagerbau. Daraus ergeben sich womöglich relativ konstante Distanzen zwischen den Marschlagern. Indiz dafür könnte sein, daß wir gar nicht so selten über recht dicht neben- und übereinander liegende Lager stolpern, gern auch als "Übungslager" interpretiert und tituliert, jedenfalls hierzulande. Divicos Gegenvorschlag zur Interpretation wäre eben die konstante Marschleistung und damit Etappenlänge, so daß bei selbem Ausgangsort und selber Streckenführung zwei verschiedene römische Einheiten ziemlich exakt am selben Ort ihr Lager aufschlagen würden. Zu beachten wäre hier natürlich noch die jeweilige Topographie, sprich: Haben wir's an dieser Stelle vielleicht mit einer Abfolge von mindestens temporären Sicherungsstellungen zu tun, um bei mehrjährigen/ wiederholten Kampagnen in dieser Gegend einen wichtigen Flußübergang o.ä. für den Nachschub offen zu halten? Das ist jedenfalls die gängige Deutung z.B. der (mindestens) acht Lager rund um das walisische Leintwardine.

2. Ist ein Gebiet dann mal erobert, tritt mehr und mehr die zivile Nutzung in den Vordergrund. Die Route wird zur Straße ausgebaut, entlang derer Infrastruktur entsteht und sich Zivilisten ansiedeln. Solche Ansiedlungen entstehen gern im unmittelbaren Umfeld von Militärstandorten. Aber auch schlichte Marschlagerplätze könnten da und dort attraktiv sein, weil die Armee da schon größere Flächen gerodet oder einen schönen Brunnen gegraben hat. D.h. das aus 1. ererbte Muster, so es eines gab, würde sich zumindest anfangs noch recht gut widerspiegeln in zivilen Einrichtungen, meinetwegen sogar in frühen villae rusticae. Im Laufe der Zeit würde die Infrastruktur entlang der Straße aber natürlich überdeckt werden durch Einrichtungen, die auf unterschiedlichste zivile Erfordernisse ausgerichtet sind - die Frequenz, in der Kurierreiter ihre Pferde wechseln, ist schwerlich in Übereinstimmung zu bringen mit den Rast- und Versorgungsplätzen für Ochsenkarren. Außerdem entstehen selbstverständlich auch zwischen Rastplätzen und Pferdewechselstationen Ansiedlungen, die mit Infrastruktur im engeren Sinne erstmal nichts zu tun haben, im weiteren Verlauf aber die Notwendigkeit zentral geplanter Infrastruktur mehr und mehr überflüssig machen.

Nicht völlig abwegig soweit. Abwegig war im inzwischen doch jahrelangen Diskussionsverlauf "lediglich" Divicos Argumentation, die meistenteils jegliche Systematik vermissen, jegliche Zeitstellung von Fundorten außer Acht ließ, kunterbunt militärische mit zivilen Lokationen vermischte, alles mit einem lapidaren "könnte ja was früheres, militärisches nur noch nicht entdeckt sein dort". Oder wir hatten gar kein römischen Funde dort, die aber doch da sein müssen, weil... Ich nehme an, da wurde aus einer Idee einfach eine fixe Idee und der rationale Kurzschluß führte zum Zirkelschluß.

Soweit meine Interpretation - oder besser: Rekonstruktion - von Divicos Idee. In den letzten Tagen hat er mich daran allerdings erheblich zweifeln lassen mit seinen villae rusticae, die ganze Legionen auf dem Marsch versorgen sollten etc. Ich bin gespannt zu hören, ob ich ihn bisher nur jahrelang mißverstanden habe oder ob das Sich-Verrennen jetzt schlicht eskaliert ist.

Falls es hier irgendwann noch sinnvoll weitergehen sollte: An sich wäre 1. ja recht gut überprüfbar. Allerdings halt nicht (bzw. nicht so einfach) in Gegenden, die jahrhundertelang zum Imperium gehörten wie Gallien, Italien, die Schweiz oder wo auch immer sonst uns Divico hin geführt hat mit seinen anekdotischen Beispielen. Das rechtsrheinische Germanien böte sich natürlich an, krankt im Moment aber noch an allzu dürrer Fundlage. Ich hab' schon mal die Nordgrenze Britanniens vorgeschlagen, also das Gebiet zwischen Hadrian's Wall und Antonine Wall sowie nördlich davon, Gask Ridge.
 
Hast Du Mal nachgespült, wo Meilensteine gefunden wurden? Das wäre doch eine Möglichkeit, die Römische Sicht der Entfernung herauszubekommen.

Leider sind die Meilen- und Leugensteine nicht sehr ergiebig. Positiv hervorzuheben ist jener von Arch, der mit 10 Leugen nach Aventicum die meiner Rechnung zugrundeliegende Straßenlänge auf diesem Abschnitt bestätigt. Der Leugenstein von Amsoldingen (7 Leugen von Aventicum) wurde 25 Leugen entfernt von Avenches entdeckt, hilft also auch nicht weiter. Auf den Leugenstein von Baden AG komme ich gleich noch.

Manchmal bringt Schlaflosigkeit Positives. Ich habe gerade entdeckt, dass es bei Wikipedia auch einen Artikel mansio gibt.

Diese lagen danach in einem Abstand von ca. 40 km. Circa, ungefähr, nicht genau! (Muß hier ja dazugesagt werden.)

Und mittendrin lag dann meist ein Vicus und/oder ein Kastell. Womit wir dann wieder bei der bevorzugten Tagesdistanz wären.

Die Karte im Wikipedia-Artikel Vindonissa zeigt einen anderen Straßenverlauf. Welcher stimmt?

Beide. Allerdings fehlt auf der Karte eigenartigerweise die nicht nur durch verschiedene Schriftquellen sicher bestätigte Straße von Augst nach Windisch.

Der auf der Karte eingezeichnete Straßenverlauf weiter Aare der entlang über Olten an Lenzburg vorbei ist erst für spätere Jahrhunderte sicher nachgewiesen, etwa von dem aus der Regierungszeit des Kaisers Tacitus stammende Leugenstein von Baden AG (Aquae Helveticae), der die Distanz von Aventicum mit 56 Leugen angibt, was nur auf dieser direkten Strecke möglich ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Ergänzung:
  • Die postulierten Entfernungen von 9 oder 10 Leugen sind nicht gegeben.
Was natürlich nicht ausschließt, dass es auch römische Bauten gegeben hat, die 9 oder 10 Leugen voneinander entfernt liegen. Aber es gibt eben auch römische Bauten, die in anderen Entfernungen zueinander liegen.

Ansonsten volle Zustimmung zur Kritik von Alfrin. Und zu seinem Punkt 1 habe ich nicht das Gefühl, dass es bislang irgendwo so eindeutig und perfekt nachweisbar gewesen ist, wie es die These will.
 
Diesen Beitrag habe ich in den letzten zehn Tagen dreimal verlinkt.
Ob ihn Divico inzwischen zur Kenntnis genommen hat, weiß ich nicht.

Er hat. Nur glaube ich nicht unbesehen alles, was ich in Büchern lese.

Wo Tiberius den Rhein überquert hat, ist nicht genau überliefert, aber es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er denselben Weg genommen hat wie Drusus. Also vom Legionslager Mainz aus - wohl via Versorgungslager Rödgen.

Dann haben wir eine Strecke vom Tessin bis Mainz.

Wenn er von Ticinum kam, bedeutet das nicht automatisch, dass er über das Tessin nach Norden reiste. Genau so gut hätte er von dort über Aosta und den Großen St. Bernhard reisen können oder über Chiavenna.

Eine dieser Routen muss er jedenfalls zum Oberrhein genommen haben:

  • Aosta - Großer St. Berhard - Mittelland - Großer Hauenstein - Augst
  • Bellinzona - (Lukmanier?) - Chur - Bregenz - Winterthur - Windisch - Augst
  • Chiavenna - (Splügen) - Chur - Bregenz - Winterthur - Windisch - Augst
Da Drusus die Oststrecke, Tiberius hingegen die Westroute erschlossen hatte, würde ich stark annehmen, dass Tiberius über "seine" Straße anreiste.

Wie viele mutationes sind auf dieser Strecke nachweisbar? Und welche wären das im einzelnen?

Siehe weiter oben in diesem Thema. Balsthal hatte ich zum Beispiel ausführlich behandelt.

[Edit] Wer zu Drusus' Zeiten nach Mutationes des 2., 3. oder 4. Jahrhunderts sucht, hat sich verirrt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die römische Armee marschierte im Regelfall in noch unerschlossenem Gebiet nach einem recht strikten Muster - eine vorgegebene Anzahl Stunden in einem eingeübten Tempo, dann Lagerbau. Daraus ergeben sich womöglich relativ konstante Distanzen zwischen den Marschlagern.
Relativ konstante Distanzen in unerschlossenem Gebiet halte ich für wenig realistisch. Jede Flussüberquerung, jeder Wald mit dichterem Unterholz reißt den Zeitplan auseinander. Auf schlammigen Wegen ist das "eingeübte Tempo" nicht zu halten, da kann ein Gewitterregen schon einen Strich durch die Rechnung machen. Und für ein Marschlager braucht man ein halbwegs ebenes, trockenes Gelände mit Zugang zu ausreichend Frischwasser. Und um die Rodung eines dichten Waldes zu vermeiden, wird man vermutlich auch mal ein Marschstündchen mehr oder weniger in Kauf genommen haben.
 
Relativ konstante Distanzen in unerschlossenem Gebiet halte ich für wenig realistisch.
Ich ebenso. Deckt sich auch nicht mit meinen Beobachtungen in den vorgeschlagenen Gebieten. Aber ich hab' da keine systematische Datensammlung betrieben, insofern ist's nur Bauchgefühl. Zudem sind Starkregen und schlammige Flußübergänge womöglich eben nicht die Regel; die stellt sich vielleicht erst ein, wenn ein wie auch immer geartetes Vorauskommando den Weg trassiert, die gröbsten Hindernisse beseitigt und Flaschenhälse wie z.B. Flußübergänge besser gangbar gemacht hat. Und irgendwie muß Divico ja anfangs mal auf seine Idee gekommen sein - falls das Beschriebene seine Idee war und nicht eine Fehlinterpretation meinerseits. Insofern wäre ich offen für genauere und systematische Betrachtungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich ebenso. Deckt sich auch nicht mit meinen Beobachtungen in den vorgeschlagenen Gebieten. Aber ich hab' da keine systematische Datensammlung betrieben, insofern ist's nur Bauchgefühl. Zudem sind Starkregen und schlammige Flußübergänge womöglich eben nicht die Regel; die stellt sich vielleicht erst ein, wenn ein wie auch immer geartetes Vorauskommando den Weg trassiert, die gröbsten Hindernisse beseitigt und Flaschenhälse wie z.B. Flußübergänge besser gangbar gemacht hat.

Selbst an der Lippe liegen die beiden zeitgleichen Lager Olfen und Oberaden ~20 km von einander entfernt. Aber das waren auch keine Marschlager, sondern temporäre Standorte.

Und irgendwie muß Divico ja anfangs mal auf seine Idee gekommen sein - falls das Beschriebene seine Idee war und nicht eine Fehlinterpretation meinerseits.

Keine Fehlinterpretation. Offenbar bist Du hier momentan der Einzige, der meinen Gedankengang nachvollziehen kann.
 
Wenn du mit dem, was du ausführlich zu Balsthal geschrieben hast, das hier meinst:
Direkt östlich des Hofes Weihermatt wurde ein großes Gebäude ergraben, dass wegen seines fehlenden Bodenbelags als Stallung angesprochen wird. Daher wird vermutet, dass das zugehörige Hauptgebäude unter dem Weihermatthof liegt. Es bietet sich an, hier eine Mutatio zu vermuten. Allerdings datieren die Funde für diesen Standort in eher spätrömische Zeit.

Ebenfalls eher spätrömisch ist offenbar der Gebäudekomplex von St. Wolfgang. Aus einem Burgus oder einer Fluchtburg oberhalb von St. Wolfgang wurde im Mittelalter die Burg Neu-Falkenstein.

Die älteste der römischen Anlagen in Balsthal ist wohl jene bei der Alten Kirche. Umfangreiche Schlackenfunde deuten darauf hin, dass es sich nicht um einen rein landwirtschaftlichen Betrieb handelte, vielmehr wurde hier offenbar in größerem Umfang lokales Bohnerz verhüttet.

Direkt an der römischen Straße, am heutigen Bahnhof, lag die vierte Anlage. Diese liegt nicht nur exakt 20 km vom Osttor Solothurns entfernt, sondern befindet sich nach Ansicht der Archäologen Rudolf Laur-Belart und Eugen Tatarinoff auch noch genau im Achsenkreuz der römischen Limitatio im Thal. "So darf also angenommen werden, dass die römische Landstraße ursprünglich in schnurgerader Linie den Decumanus Maximus der Balsthaler Limitation bildete." [1]

[1] Sigrist, Hans: Balsthal, 3000 Jahre Dorfgeschichte.- Separatdruck aus Jahrbuch für Solothurnische Geschichte, Band 41, 1968, Gassmann, Solothurn, 1969, p. 26

[Edit] Balsthal hatte von der Antike bis zur Eröffnung des noch von Robert Stephenson mitgeplanten Hauensteintunnels 1854 eine große Bedeutung als Etappenort auf der Hauensteinstrecke. Neben der Versorgung der Reisenden lebte man von der Vermietung von Zugtieren, die für den steilen Anstieg vorgespannt wurden. Im Archiv liegt ein Dokument, nach dem der Bruder eines meiner Vorfahren Pferde an Napoleon verkauft hatte – offenbar sogar zu einem fairen Preis.
, dann kann man die Frage von Sepiola
Wie viele mutationes sind auf dieser Strecke nachweisbar? Und welche wären das im einzelnen?
basierend auf diesem Zitat
Es bietet sich an, hier eine Mutatio zu vermuten. Allerdings datieren die Funde für diesen Standort in eher spätrömische Zeit.
Null beantworten. Denn eine vermutete Mutatio ist keine Mutatio. Vor allem auch, weil die Funde von dem vermuteten Standort offenbar aus späterer Zeit sind, wir es also wieder mit einer achäologischen Fundstätte der Marke Divico zu tun haben.

Und ob man die Situation aus der Mitte des 19. Jh. als Beleg für die Existenz einer römischen Straßenstation hernehmen kann, das soll jeder besser selbst entscheiden.

Es versteht wohl schon jeder hier, was du beweisen willst. Nur sieht auch jeder hier - außer einer Person - dass die Beweise nix taugen.
 
Wenn er von Ticinum kam, bedeutet das nicht automatisch, dass er über das Tessin nach Norden reiste. Genau so gut hätte er von dort über Aosta und den Großen St. Bernhard reisen können oder über Chiavenna.

Eine dieser Routen muss er jedenfalls zum Oberrhein genommen haben:

  • Aosta - Großer St. Berhard - Mittelland - Großer Hauenstein - Augst
  • Bellinzona - (Lukmanier?) - Chur - Bregenz - Winterthur - Windisch - Augst
  • Chiavenna - (Splügen) - Chur - Bregenz - Winterthur - Windisch - Augst

Also wissen wir nicht, welche Route Drusus genommen hat. Welche dieser Routen am besten für Eilkuriere ausgebaut war, wissen wir bis jetzt auch nicht - es sei denn, wir können die drususzeitlichen mutationes (Pferdewechselstationen) ausfindig machen.

Befunde aus späterer Zeit zählen ja für Dich nicht.

Siehe weiter oben in diesem Thema. Balsthal hatte ich zum Beispiel ausführlich behandelt.
Zu Balsthal hast Du weder eine Datierung angegeben noch eine Pferdewechselstation nachgewiesen.


Nochmal zur Erinnerung, was wir eigentlich diskutieren wollten:

Dann diskutieren wir lieber über die Strecken, wo die Pferdewechselstationen belegt sind.
Aber sie sind doch belegt. Wie sonst, ohne solche Stationen entlang dieser Strecke, hätte Tiberius in Windeseile zu seinem sterbenden Bruder Drusus reisen können, von Italien bis in die Magna Germania?

Wie viele belegte Pferdewechselstationen haben wir bis jetzt auf der Drusus-Route?
 
Denn eine vermutete Mutatio ist keine Mutatio. Vor allem auch, weil die Funde von dem vermuteten Standort offenbar aus späterer Zeit sind, wir es also wieder mit einer achäologischen Fundstätte der Marke Divico zu tun haben.

Ich spreche nicht von den spätrömischen Anlagen in St. Wolfgang, sondern von dem Gebäudekomplex am Bahnhof, direkt an der Straße im Schnittpunkt der vermuteten Limitationslinien und von den seit dem frühen 1. Jh. nachwiesenen römischen Gebäuden bei der Alten Kirche.

Sigrist zur Situation am Bahnhof:

"Zweifellos standen die Gebäude in Zusammenhang mit der, wie erwähnt, früher hier entdeckten Straße."

"Viehzucht könnte auch bei dem dritten Hofe beim Bahnhof eine grössere Rolle gespielt haben."


Und ob man die Situation aus der Mitte des 19. Jh. als Beleg für die Existenz einer römischen Straßenstation hernehmen kann, das soll jeder besser selbst entscheiden.

Nochmals Sigrist:

"Am Anfang dieser Geschichte steht zweifellos der Bau der grossen Verbindungsstrasse zwischen den beiden ältesten Kolonien in der Schweiz, Nyon (Colonia Julia Equestris) und Augusta Raurica, der kurz vor Christi Geburt durch die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Tiberius und Drusus, befohlen wurde. Diese Strasse, die vom westlichen Mittelland her durch die Klus und über den Oberen Hauenstein den Jura durchquerte, bildete auch später die Hauptverkehrsader der damaligen Schweiz, auf der ein Grossteil des Verkehrs von Italien über den Grossen St. Bernhard nach dem Rheingebiet abwickelte. [...] Als letzte Station vor dem mühseligen Passübergang konnte der Ort wohl auch wirtschaftlich in gewissem Sinne von diesem Durchgangsverkehr profitieren."

Sigrist, Hans: Balsthal, 3000 Jahre Dorfgeschichte.- Separatdruck aus Jahrbuch für Solothurnische Geschichte, Band 41, 1968, Gassmann, Solothurn, 1969, p. 24, 29
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich spreche nicht von den spätrömischen Anlagen in St. Wolfgang, sondern von dem Gebäudekomplex am Bahnhof, direkt an der Straße im Schnittpunkt der vermuteten Limitationslinien und von den seit dem frühen 1. Jh. nachwiesenen römischen Gebäuden bei der Alten Kirche.

Sigrist zur Situation am Bahnhof:

"Zweifellos standen die Gebäude in Zusammenhang mit der, wie erwähnt, früher hier entdeckten Straße."

"Viehzucht könnte auch bei dem dritten Hofe beim Bahnhof eine grössere Rolle gespielt haben."




Nochmals Sigrist:

"Am Anfang dieser Geschichte steht zweifellos der Bau der grossen Verbindungsstrasse zwischen den beiden ältesten Kolonien in der Schweiz, Nyon (Colonia Julia Equestris) und Augusta Raurica, der kurz vor Christi Geburt durch die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Tiberius und Drusus, befohlen wurde. Diese Strasse, die vom westlichen Mittelland her durch die Klus und über den Oberen Hauenstein den Jura durchquerte,bildete auch später die Hauptverkehrsader der damaligen Schweiz, auf der ein Grossteil des Verkehrs von Italien über den Grossen St. Bernhard nach dem Rheingebiet abwickelte. [...] Als letzte Station vor dem mühseligen Passübergang konnte der Ort wohl auch wirtschaftlich in gewissem Sinne von diesem Durchgangsverkehr profitieren."

Sigrist, Hans: Balsthal, 3000 Jahre Dorfgeschichte.- Separatdruck aus Jahrbuch für Solothurnische Geschichte, Band 41, 1968, Gassmann, Solothurn, 1969, p. 26

Kurze Zwischenfrage:
Und das glaubst Du einfach so?
Hast Du die Baudaten der Straße selber nachgeprüft?

Nur glaube ich nicht unbesehen alles, was ich in Büchern lese.
 
Ich spreche nicht von den spätrömischen Anlagen in St. Wolfgang, sondern von dem Gebäudekomplex am Bahnhof, direkt an der Straße im Schnittpunkt der vermuteten Limitationslinien und von den seit dem frühen 1. Jh. nachwiesenen römischen Gebäuden bei der Alten Kirche.

Sigrist zur Situation am Bahnhof:

"Zweifellos standen die Gebäude in Zusammenhang mit der, wie erwähnt, früher hier entdeckten Straße."

"Viehzucht könnte auch bei dem dritten Hofe beim Bahnhof eine grössere Rolle gespielt haben."
Schön. Und das sind jetzt Belege für eine Straßenstation?

Nochmals Sigrist:

"Am Anfang dieser Geschichte steht zweifellos der Bau der grossen Verbindungsstrasse zwischen den beiden ältesten Kolonien in der Schweiz, Nyon (Colonia Julia Equestris) und Augusta Raurica, der kurz vor Christi Geburt durch die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Tiberius und Drusus, befohlen wurde. Diese Strasse, die vom westlichen Mittelland her durch die Klus und über den Oberen Hauenstein den Jura durchquerte,bildete auch später die Hauptverkehrsader der damaligen Schweiz, auf der ein Grossteil des Verkehrs von Italien über den Grossen St. Bernhard nach dem Rheingebiet abwickelte. [...] Als letzte Station vor dem mühseligen Passübergang konnte der Ort wohl auch wirtschaftlich in gewissem Sinne von diesem Durchgangsverkehr profitieren."

Sigrist, Hans: Balsthal, 3000 Jahre Dorfgeschichte.- Separatdruck aus Jahrbuch für Solothurnische Geschichte, Band 41, 1968, Gassmann, Solothurn, 1969, p. 26

Möglich, dass in Balsthal auch in römischer Zeit eine Straßenstation bestanden hat, keine Frage. Dennoch ist dies kein Nachweis einer Straßenstation. Und damit sollte es unmöglich sein damit zu argumentieren. Vor allem, wenn man versucht mit ziemlich exakten Entfernungen zu argumentieren.

Wobei wir bei dir ja schon öfter gesehen haben, dass du auch in der Lage bist mit nicht vorhandenen oder nicht nachgewiesenen Strukturen zu argumentieren.
 
Also wissen wir nicht, welche Route Drusus genommen hat. Welche dieser Routen am besten für Eilkuriere ausgebaut war, wissen wir bis jetzt auch nicht - es sei denn, wir können die drususzeitlichen mutationes (Pferdewechselstationen) ausfindig machen.

Drusus lag in Germanien im Sterben, es war Tiberius der anreiste.

Da Tiberius für die sicher nachgewiesene westliche Route zuständig war, dürfen wir wohl annehmen, dass er über diese ihm wohlbekannte Strecke, also über Aosta, Aventicum und den Oberen Hauenstein nach Augst reiste.
 
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