Nationalismus innerhalb der UdSSR - ein Grund für ihr Auseinanderbrechen?

Ugh Valencia

Aktives Mitglied
Es waren denn auch Planwirtschaft und Nationalismus, die verhinderten, dass die UdSSR Flugzeuge im Westen kaufte, selbst wenn sie welche bekommen hätte.
Nur so am Rande: Den Vorwurf des Nationalismus gegenüber der UdSSR kann ich nicht nachvollziehen. Während des 2. Weltkrieges hat man versucht so etwas wie ein "sowjetisches Volk" zu propagieren. So lange der Krieg währte, mag das auch mehr oder weniger funktioniert haben.

De facto war die UdSSR aber ein Vielvölkerstaat mit 15 Teilrepubliken, die jeweils nach einer Nation benannt war (Russische, Ukrainische, Lettische, Kasachische usw. usf. Sowjetrepublik). Hinzu kamen innerhalb dieser Teilrepubliken autonome Regionen wie z.B. in Dagestan, Karelien oder der jüdischen autonomen Oblast ganz im Osten in der Nähe zu China.
Wenn die UdSSR sich selbst dermaßen multinational definiert hat (und das könnte auch einer der Gründe sein, warum sie zerbrochen ist), dann erscheint mir dein Vorwurf, dass Nationalismus die Flugzeugentwicklung verhindert habe unangebracht. Vielleicht definieren wir aber "Nationalismus" auch nur unterschiedlich.
 
Nur so am Rande: Den Vorwurf des Nationalismus gegenüber der UdSSR kann ich nicht nachvollziehen. Während des 2. Weltkrieges hat man versucht so etwas wie ein "sowjetisches Volk" zu propagieren. So lange der Krieg währte, mag das auch mehr oder weniger funktioniert haben.

Da würde ich weitergehen und behaupten, wenigestens für die Stalinzeit im Allgemeinen, nicht nur die Epoche des Krieges und wahrscheinlich auch die Breschnew-Ära kann ich das durchaus nachvollziehen.

Die Gliederung der Sowjetunion in national definierte Teilrepubliken sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Teilrepubliken nur dem Namen nach in irgendeiner Form unabhängig waren, teilweise auf Geheiß Moskaus willkührlich umdefiniert, neuggründet oder abgeschafft wurden.

Auch verliefen die Teilrepubliken durchaus nicht immer an ethnischen Grenzen.

Wenn ich da an die "Transkaukasische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik" (1922-1936), denke, in der die heutigen Staaten Georgien, Armenien und Aserbaidschan zusammengelegt waren, deren Bevölkerung ja nun wirklich einiges unterscheidet, dann war das keine Konzession an Mulitnationalität im Sinne, dass jede Nationalität innerhalb ihr eigenes Gebiet gehabt hätte.
Und das lag in diesem Fall auch nicht daran, dass die Gründung auf Betreiben von irgendwem in Moskau ohne Ahnung von den Verhältnissen im Kaukasus betrieben worden wäre, der das in einem Anflug von Überheblichkeit irgendwie für das Gleiche hielt, das "Volkskommissariat für Nationalitätenfragen" wurde 1922 von niemand anderem als dem Georgier Stalin geleitet.

Auch fällt auf, dass bei weiten nicht jeder Volksgruppe eine Teilrepublik zugestanden wurde.
In Dagestan, Tschetschenien, oder in Baschkortostan z.B. gab es solche Einrichtungen nicht, jenseits des Ural bis auf die zentralasiatischen Teilrepubliken und die relativ kurzlebige "Fernöstliche Republik" (1920-1922) auch nicht.


Im Übrigen:

Autonome Republiken, im Sinne von Föderationssubjekten, gibt es auch in der russischen Föderation nach 1991.

Die derzeitige pro forma föderale Gliederung der russischen Föderation umfasst nicht weniger als 21 Gebiete mit dem Status einer eigenen Republik innerhalb der russischen Föderation, die nebenbei bemerkt auf dem Papier mehr nationalen Minderheiten innerhalb des Gesamtkonstrukts ein gewisses Maß an Selbstverwaltung zuspricht, als das in der UdSSR der Fall war, im Besonderen wenn man dabei bedenkt, dass die betrefenden 21 Föderationssubjekte alle im ehemaligen russischen Kernbereich der UdSSR verortet sind, die Teilrepubliken der UdSSR haben sich ja mehr oder weniger alle verselbstständigt.

Es käme aber wohl niemand auf die Idee zu behaupten Russlands derzeitige Politik würde keine übelst nationalistischen Elemente beinhalten, weil durch die entsprechenden Föderationssubjekte der mulitnationale Charakter Russlands qua Verfassung betont wird.

Mindestens in der Stalinzeit wird man einige sehr nationalistische Züge auch abseits des Krieges feststellen. Die ethnischen "Flurbereinigungen" durch die Vertreibung der polnischen Bevölkerung östlich der heutige Ostgrenze Polens war zweifellos ein Akt nationalistischen Aggierens, ebenso das gezielte Ansiedeln vor allem ethnischer Russen im Bereich der Baltischen Staaten und des ehemalgien Ostpreußen.

Die Ermordung und Deportation von Teilen der polnischen Inteligenzia, nach der Aufteilung Polens zwischen Hitlerdeutschland und der UdSSR vor dem Überfall auf die Sowjetunion.

Die ganze stalinistische Propaganda, die sehr gerne für irgendwelche Probleme Sabotageakte durch ausländische Spione und ähnliche Figuren bemühte und ähnliches, schlug mitunter äußerst xenophobe Töne an, die man sicherlich auch als "nationalistisch" ausdeuten kann.
 
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De jure mag die UdSSR ein Vielvölkerstaat gewesen sein, de facto wurden die asiatischen, jüdischen, muslimischen und ukrainischen Sowjetbürger als Menschen zweiter Klasse behandelt, erheblich diskriminiert und als Kanonenfutter oder billige Arbeitskräfte verbraucht. Die RSFSR war sogar das letzte Land Europas, in dem Juden per Gesetz schlechtergestellt wurden, und zwar bis Mitte der 1980er.

Nationalismus war zumindest unter Lenin und Stalin ein Kernelement der Politik des Kreml. Die Kriege gegen Finnland und Polen wurden unter nationalistischen Vorzeichen begonnen. Die Sowjetführung stellte sich explizit in die Tradition des "Sammelns russischer Erde", was nebenbei den praktischen Effekt hatte, die Feindschaft ehemals zaristischer Offiziere in der Roten Armee abzukühlen.

@Ugh Valencia, das ist wie mit Russland heute (ein Hinweis von frappierender Aktualität). Auch heute gibt sich das Land als ein Hort des friedlichen Miteinanders der Ethnien und Religionen, sein Diktator behauptet gar, dass Russland wegen dieser genetischen und kulturellen Vielfalt dem Westen überlegen sei.

Und trotzdem sind es v.a. die Asiaten und die Muslime aus dem Kaukasus, die in der Ukraine verheizt werden; die die Gefahr rassistischer Übergriffe durch Staatsdiener zu gewärtigen haben wie in keinem anderen europäischen Land; und trotzdem ist es dasselbe Russland, das in der Ukraine einen nationalistischen genozidalen Kurs fährt und das mit Nazi-Sprech etwas von der Vergiftung europäischen Blutes durch Migranten faselt.

Nachtrag: @Shinigami war schneller.

Nachtrag deux:
Nebenbei, ich schrieb nicht, der Nationalismus habe die Entwicklung neuer Flugzeuge gehemmt, sondern den Kauf neuer Flugzeuge aus dem Westen – ebenso wie das ideologische Diktat, der Sozialismus sei dem Kapitalismus überlegen. Den Westdeutschen z.B. war es wurscht, wenn die Lufthansa Boeing flog, sogar nach der Gründung Airbus' gab es viele, die darauf bestanden, das billigere Produkt zu kaufen anstatt eine dirigistische Konzerngründung zu alimentieren. Für die UdSSR hingegen wäre eine Boeing bei Aeroflot die ultimative Demütigung gewesen, ein Eingeständnis, als Russen und Sozialisten versagt zu haben.
 
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Nationalismus war zumindest unter Lenin und Stalin ein Kernelement der Politik des Kreml.

Im Bezug auf Lenin würde ich da etwas wiedersprechen wollen, der hat in der Tat mindestens in Teilen durchaus versucht eine Kulturpolitik zu betreiben die darauf abzielte einen gewissen Ausgleich zwischen der russischen Zentrale und der mulitethnischen Peripherie zu schaffen und die nichtrussischen Nationalitäten aufzuwerten.
Das wurde größtenteils unter Stalin wieder demontiert was für mich irgendwo ein Treppenwitz der Geschichte ist.
Der Russe Lenin bemühte sich die Dominanz des russischen Zentrums im Gesamtkomplex der UdSSR gegenüber den anderen Nationalitäten mindestens so abzumildern, dass die Sowjetunion als Konstrukt für diese akzeptabel werden würde, der Georgier Stalin machte die Rolle Rückwärts und zementierte die faktische Vorrangstellung Russlands innerhalb der UdSSR.
 
Lenin litt ja unter den Folgen des Attentats der Anarchistin und Sozialrevolutionärin mit Decknamen „Dora“ (die Jüdin Fanny Kaplan). Er war danach in seiner Leistung stark eingeschränkt.

Am 30. August 1918 wurde Lenin von Fanny Kaplan beim Verlassen einer Moskauer Fabrik, in der er eine Rede gehalten hatte, von zwei Kugeln in die Schulter und den Hals getroffen.
Da war Lenin gerademal 48 Jahre alt.
Er starb wohl dann 5 ½ Jahre später an diesen Folgen (Januar 1924).

Und die verbleibenden 5 ½ Jahre waren ausgefüllt mit den Problemen der Siegreichen Oktoberrevolution.
Dazu kamen der Bürgerkrieg 1917/1918 bis 1922 und seine Krankheit.
Und er hatte auch so seine Probleme mit dem der sich 1905 noch „Koba“ nannte und dann ab 1912 „Stalin“. Beide hatten sich zum ersten Mal Dezember 1905 begegnet.

Das erste Treffen (Lenin - Stalin) war in der Arbeiterhalle in Tampere/Stadtteil Kaakinmaa/Finnland.
Lenin war dort zu einem inoffiziellen Treffen (Exilkonferenz) der RSDLP zwischen den 3. (London vom 25.April – 10.05.1905) und 4. Parteitag (Stockholm vom 10.04. – 25.04.1906)
 
Die Kriege gegen Finnland und Polen wurden unter nationalistischen Vorzeichen begonnen.
Ich denke eher, diese Kriege wurden eher unter dem Vorzeichen der "Ausbreitung der sozialistischen Weltrevolution" geführt. Welche nationalistischen Vorzeichen kannst du da vorweisen?
Die Sowjetführung stellte sich explizit in die Tradition des "Sammelns russischer Erde"
Tat sie das? Lässt sich das belegen? Ich kenne diesen Begriff nur im Zusammenhang mit Iwan III.
Nationalismus war zumindest unter Lenin und Stalin ein Kernelement der Politik des Kreml.
Verstehe ich dich richtig und du meinst der Georgier Stalin habe einen russischen Nationalismus vertreten?

Ein weiterer Beleg der gegen einen prägenden "russischen Nationalismus" in der UdSSR spricht, ist dass die Krim 1954 von der RSFSR an die Ukrainische Sowjetrepublik übertragen wurde.
 
Ich denke eher, diese Kriege wurden eher unter dem Vorzeichen der "Ausbreitung der sozialistischen Weltrevolution" geführt.

Das Stalin programmatisch der "Weltrevolution" dadurch sich auf die Grundlage der Doktrin vom "Sozialismus in einem Land" zu stellen eine Absage erteilte, ist dir aber bekannt?

Welche Revolution soll da ausgebrteitet worden sein? Wurden irgendwelche Versuche unternommen, in den entsprechenden Ländern sozialistische/kommunistische Kräften an die Macht zu verhelfen und somit zur "Weltrevolution" beizutragen?

Nö. Es wurde lediglich der Versuch betrieben die territorialen Verluste die Russland durch den Brest-Litwosker Frieden verloren hatte durch militärisch erzwungene Annexion wieder hereinzuholen.

Ich kann daran nicht viel revolutionäres erkennen, das war letztendlich eher eine rückwärtsgewandte Revisionspolitik mit durchaus nationalistischem Beiwerk (Katyn etc.).


Verstehe ich dich richtig und du meinst der Georgier Stalin habe einen russischen Nationalismus vertreten?

Kommt darauf an, wie würdest du denn die Vertreibung der Polen aus den Gebieten östlich des Bug zu Gunsten der Russen/Weißrussen/Ukrainer (Vorstellung von der "Dreieinigkeit Russlands" usw.) und das gezielte Annsiedeln ethnischer Russen im Baltikum um der Moskauer Zentrale willige Gehilfen in diesen Gebieten zu verschaffen betrachten wollen?

Ich würde das durchaus in gewissem Umfang als russichen Nationalismus betrachten wollen.
Warum sollte der Georgier Stalin einen solchen nicht betrieben haben können? Der Österreicher Hitler förderte ja auch einen deutschen Nationalismus, dem er sein Heimatland Österreich opferte.

Ein weiterer Beleg der gegen einen prägenden "russischen Nationalismus" in der UdSSR spricht, ist dass die Krim 1954 von der RSFSR an die Ukrainische Sowjetrepublik übertragen wurde.

Nö, warum?
Da die Ukrainische Sowjetrepublik de facto keine Eigenständigkeit innerhalb der UdSSR hatte und realiter vom Gesamtstaat und der russisch dominierten Gesamtpartei abhängig war, war die Angliederung der Krim an die Ukrainische Sowjetrepublik nichts weiter als eine administrative Änderung, die aus geographischen Gründen Sinn machte, aber an den Machtverhältnissen nichts änderte.

Moskau behielt sich derartige Umgliederungen vor und setzte, wenn es der Meinung war, dass das opportun sei auch hin und wieder einfach mal die Auflösung von Teilrepubliken durch.
So bei der "Fernöstlichen Republik (1922) oder später bei der "Karelo-Finnischen Sowjetrepublik" (1956), die in dem Moment, in dem der Kreml der Meinung war keine Verwendung mehr für diese Gliederungen zu haben, einfach wieder einkassiert wurden, was belegt, wie wenig eigentständig diese de facto waren.

Davon ab, ich verweise auf die Vorstellung von der "Dreieinigkeit Russlands"

Jemand, der aus nationalistisch russischer Perspektive auf den Süden schaute, der sah dort keine "Ukrainer", sondern "Kleinrussen".
Ob ein Gebiet nun nun zum "Großrussischen", zum "Weißrussischen" oder zu "Kleinrussischen" Territorium innerhalb des russischen Gesamtgebietes gehörte, wäre aus dieser Perspektive gänzlich belanglos gewesen.
 
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Das Stalin programmatisch der "Weltrevolution" dadurch sich auf die Grundlage der Doktrin vom "Sozialismus in einem Land" zu stellen eine Absage erteilte, ist dir aber bekannt?
Der Polnisch-Russische Krieg wurde nicht von Stalin geführt, sondern unter Lenin.
Jemand, der aus nationalistisch russischer Perspektive auf den Süden schaute, der sah dort keine "Ukrainer", sondern "Kleinrussen".
Ob ein Gebiet nun nun zum "Großrussischen", zum "Weißrussischen" oder zu "Kleinrussischen" Territorium innerhalb des russischen Gesamtgebietes gehörte, wäre aus dieser Perspektive gänzlich belanglos gewesen.
Tja, dann stellt sich die Frage warum es zu keiner Kleinrussischen SSR kam, sondern zu einer Ukrainischen.
 
Der Polnisch-Russische Krieg wurde nicht von Stalin geführt, sondern unter Lenin.

Die Invasion Ostpolens nach dem Hitler-Stalinpakt wurde von Stalin unternommen.

Tja, dann stellt sich die Frage warum es zu keiner Kleinrussischen SSR kam, sondern zu einer Ukrainischen.

Warum kam es zu einer "DDR" statt einer "DSSR"?
War Stalin auf einmal Demokrat geworden?
Oder könnte es sein, dass die Benennung entsprechender Konstrukte einfach wenig damit zu tun hatte, wie die entsprechenden Akteure diese Konstrukte mitunter sahen?

Zumal die "Ukrainische" Teilrepublik eine Erfindung Lenins, nicht Stalins war und während des Bürgerkriegs als ideologischer Gegenpol zur "Westukrainischen Volksrepublik" gedacht, die sich in Ostgalizien um L'wow/L'wiw/Lemberg herum gegründet hatte und nach Unabhängigkeit sowohl von Russland, als auch von Polen strebte.
Man sollte die Konzession, die Lenin seinerzeit meinte dem Ukrainischen nationalgedanken machen zu müssen um die werdende Sowjetunion für die Ukrainer weiterhin akzeptabel zu machen und wegen dem Kalkühl der Konkurrenzveranstaltung um Lemberg, die das aufgriff, die kurzzeitig eine Alternative zu bieten schien den Wind aus den Segeln zu nehmen, nicht damit verwechseln, nach welchen Mustern Stalin später handelte.
 
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Die Invasion Ostpolens nach dem Hitler-Stalinpakt wurde von Stalin unternommen.
Es ging aber um den Polnisch-Sowjetischen Krieg 1919-21. Keine Nebenkerzen zünden.

Man sollte die Konzession, die Lenin seinerzeit meinte dem Ukrainischen nationalgedanken machen zu müssen um die werdende Sowjetunion für die Ukrainer weiterhin akzeptabel zu machen
Schau an, den Ukrainern machte Lenin also Konzessionen - und den Belarussen ebenso; und später Stalin den Kasachen, Armeniern, Aserbaidschanern, Georgiern, Tadschiken, Turkmenen, Usbeken, Esten, Letten, Litauern, Moldawiern und Karelo-Finnen (und eventuell noch jemanden den ich vergessen habe) auch.
Jetzt bleibt immer noch der Nachweis eines wie auch immer gearteten Nationalismus in der multinationalen UdSSR an denjenigen hängen, die dies behauptet haben.
 
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Es ging aber um den Polnisch-Sowjetischen Krieg 1919-21.
So wie ich das verstanden habe, ging es um den Krieg Stalins gegen Polen, will heißen die Invasion Ostpolens 1939.

Darin den Krieg von von 1919-1921 etwas anders zu beurteilen würde ich dir zustimmen, zumal da fraglich wäre, ob man überhaupt von einer eindeutig sowjetischen Verantwortlichkeit dafür reden kann.

Schau an den Ukrainern machte er also Konzessionen - und den Belarussen, Kasachen, Armeniern, Aserbaidschanern, Georgiern, Tadschiken, Turkmenen, Usbeken (und eventuell noch jemanden den ich vergessen habe) auch.

Man sollte nur im Blick behalten, wer dieses "man" gewesen ist.

Lenin, nicht Stalin.

"Als Volkskommissar für Nationalitätenfragen vertrat Stalin Jahr 1921 bis zum Sommer 1922 eine Politik der nahezu vollständigen Angliederung Belarus', der Ukraine, Transkaukasiens und der zentralasiatischen Volksrepubliken an die RSFSR. Lediglich in Fragen der Sprache, Kultur, Justiz, inneren Angelegenheiten und der Landwirtschaft sollte den Einzelrepubliken ein wenig „Autonomie“ zugestanden werden. Dies entsprach im Großen und Ganzen der Nationalitätenpolitik des Russischen Kaiserreiches. Stattdessen setzte sich Lenin mit seiner Idee der Bildung einer Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken durch, in der nach außen „unabhängige“ Republiken auf der Grundlage von Verträgen einen Zusammenschluss mit der RSFSR bildeten, der den Namen Sowjetunion trug. Dies sollte als Motivation für weitere Gebiete und Regionen verstanden werden, sich freiwillig dieser Union anzuschließen, da Lenin und Trotzki unabhängig von bereits erlittenen Rückschlägen (→Föderative Ungarische Sozialistische Räterepublik) weiter unbeirrbar die Idee einer kommunistischen Weltrevolution verfolgten.[36] [...]"

Josef Stalin – Wikipedia


Lenin hatte eine Politik intendiert, die den Bedürfnissen der Nationalitäten in gewissem Maße Rechnung trug, Stalin war dagegen, ging nur nach Lenins Tod nicht soweit, die leninsche Konstruktion vollständig wieder zu kippen sondern begnügte sich damit sie inhaltlich auszuhöhlen, dem Namen nach aber bestehen zu lassen.
 
Nein, ich meinte durchaus den Sowjetisch-Polnischen Krieg von 1919. Dieser wurde, soweit ich das beurteilen kann, zur Durchsetzung russischer Gebietsansprüche auf vormals russisches beherrschtes Gebiet geführt. Gut möglich, dass diese Komponente nur dazu diente, den innerrussischen Gegnern der Bolschewiki den von Lenin beabsichtigten Revolutionsexport schmackhaft zu machen, aber jedenfalls scheint die Idee der historisch überkommenen Gegnerschaft zu Polen akzeptiert gewesen zu sein.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Leninismus und Stalinismus voller Widersprüche waren – wie schon der Marxismus einerseits das brüderliche Mitarbeiter aller Arbeiter proklamierte, andererseits Karl Marx und Friedrich Engels in ihrer Korrespondenz ungehemmt rassistisch und antisemitisch schwadronierten. (Ja, selbst Marx schaffte es, Ferdinand Lassalle einen "jüdischen Nigger" zu nennen).

Die UdSSR sollte ein Nationalitäten und Religionen überwindendes Utopia werden, gleichzeitig war die russische Vorherrschaft über das Ganze bereits in der politischen Verfassung der Union angelegt. (Wahrscheinlich musste sie dies auch sein, um eine halbwegs bruchfreie Machtübernahme zu ermöglichen.) Alle Zugeständnisse an die Unionsstaaten sollten daher als temporäre Mittel der Herrschaftssicherung verstanden werden.

Dafür spricht nicht erst die reale, vielfach institutionelle Diskriminierung von Nicht-Russen in der UdSSR. Selbst Timothy Snyder, der uns einen kolonialen Blick auf die Ukraine attestiert, weil wir die UdSSR mit Russland gleichsetzten, hat seinen Kritikern zugestanden, dass gerade Stalin viel dafür getan habe, dieses Bild in unseren Köpfen zu zementieren.

Vielleicht empfiehlt sich der Blick auf das faschistische Italien, um sich dem Problem zu nähern. Mussolini war unstreitig ein Nationalist, aber weder überzeugter Antisemit noch Anhänger eines Rassismus, der die Wertigkeit eines Menschen ausschließlich an seinen Erbanlagen festmachte (bezogen auf Europäer, die farbigen Äthiopier verachtete er durchaus.).

Sein Biograph Antonio Scurati attestiert ihm ein neo-römisches Weltbild, denn Mussolinis Italien bot denen einen Platz, die Sprache und Kultur bedingungslos annahmen. Insofern war er eher Kulturalist als Rassist. Ich denke, in Bezug auf Lenin und v.a. auf Stalin wird man zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen. Unter Putin erlebt diese Denkweise wieder ein Revival: Russe ist, wer russisch spricht, denkt und lebt, ob nun ein Muslim aus dem Kaukasus oder ein Nenze aus dem tiefsten Sibirien.

Zumindest ist dies die Legende, die dem Volk präsentiert wird. Parallelen sind zu ziehen zum Nazi-Begriff der Russen. Für die Anhänger des Staates sind Nazis einfach jene, die durch Wort oder Tat der Vorstellung des Staates davon entgegenstehen, wer oder was ein Russe ist. Und sei dieser Gegner selbst ein jüdischer, russischsprechender Ostslawe wie Wolodymyr Selenskyj.

Kurz gesagt, es erübrigt sich wohl, da nach Widersprüchen zu suchen.
 
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Die UdSSR sollte ein Nationalitäten und Religionen überwindendes Utopia werden, gleichzeitig war die russische Vorherrschaft über das Ganze bereits in der politischen Verfassung der Union angelegt.
Die russische Dominanz in der Verfassung der UdSSR hätte ich gerne nachgewiesen. Russisch war lingua franka, die Sprachen der Teilrepubliken wurden jedoch nicht unterdrückt; im Gegenteil, sie wurden eher gefördert.

Sich auf Mussolini, Selenskyj oder Putin zu berufen führt zu nichts in dieser Diskussion. Das ist whataboutism.

Stalin war dagegen, ging nur nach Lenins Tod nicht soweit, die leninsche Konstruktion vollständig wieder zu kippen sondern begnügte sich damit sie inhaltlich auszuhöhlen, dem Namen nach aber bestehen zu lassen.
Unter Stalin wurden die ganzen anderen sowjetischen Teilrepubliken jenseits von Weißrussland und der Ukraine eingerichtet. Wenn er das leninsche Konzept hätte aushöhlen wollen, dann wäre die Etablierung von weiteren 12 sowjetischen Teilrepubliken mit anerkannten nationalen Sprachen und eigenem Parlament der falsche Weg gewesen.
 
Erstens: Ich sprach von der politischen Verfassung, nicht dem Verfassungsdokument. (Einfaches Beispiel: Die politische Verfassung Deutschlands sieht vor, dass der Bundestagspräsident der stärksten Fraktion im Parlament angehört – im Grundgesetz jedoch steht nichts davon.)

Zweitens: Wieso "Whataboutism"? Diese Behauptung ergibt nicht einmal Sinn. Ein "whataboutism" ist der Versuch, einen Vorwurf mit der Erwiderung zu entkräften, dass der Urheber des Vorwurfs sich die gleiche Verfehlung geleistet oder anderswo geduldet habe. Nichts dergleichen habe ich geschrieben.

Deine Argumentation stützt sich darauf, und korrigiere mich, falls ich sie falsch darstelle, dass Lenin nicht auf Nationen abgestellt und die UdSSR kulturelle Diversität zugelassen habe, deswegen sei es falsch, von Nationalismus zu sprechen.

Meiner Meinung nach besteht aber kein Widerspruch zwischen Deiner Beobachtung und meiner. Und um diesen Standpunkt zu unterstreichen, habe ich darauf hingewiesen, dass sich derselbe vermeintliche Widerspruch auch bei anderen Autokraten findet, etwa Mussolini und Putin, die ihrerseits Nationalisten sind, obwohl manche Aspekte ihrer Politik nicht zum klassischen nationalistischen Repertoire gehören.

Dieser ganze scheinbare Widerspruch beruht meiner Meinung nach auf einem Missverständnis Deinerseits. Du überträgst eine z.B. für Deutschland gültige Nationalismus-Definition auf die UdSSR und übersiehst, dass das "Russische" in Lenins und Stalins Nationalismus nicht zwangsläufig auf eine ethnische Definition abstellt, sondern auf ein kulturalistisches Ideal.

Dieses Ideal hat, so behaupte ich, bis in die heutige Zeit überlebt. Und um zu zeigen, dass dieser Widerspruch aus russischer Sicht keiner ist, habe ich auf das faktische Antonym zum Begriff des "Russischen" verwiesen – darauf, dass der russische Diskurs, wenn er von den "Nazis" im Westen und der Ukraine spricht, keine arischen Anhänger der nationalsozialistischen Ideologie versteht, sondern im Endeffekt alle Gegenentwürfe zu "dem Russischen".
 
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Unter Stalin wurden die ganzen anderen sowjetischen Teilrepubliken jenseits von Weißrussland und der Ukraine eingerichtet. Wenn er das leninsche Konzept hätte aushöhlen wollen, dann wäre die Etablierung von weiteren 12 sowjetischen Teilrepubliken mit anerkannten nationalen Sprachen und eigenem Parlament der falsche Weg gewesen.

Auch die Gründung der Kaukasus-Republiken in ihrem ursprünglichen Zustand, fällt noch in die Zeit von Leinin Herrschaft.
Auch die Zentralasiatischen Teilrepubliken entstanden bis auf Tadschikistan, zwar nach Lenins Tod, aber bevor Stalin in der Lage war sich als unumstrittener Alleinherrscher durchzusetzen.
Ist ja nicht so, dass Stalin vom ersten Tag an in der Lage gewesen wäre völlig nach eigenem Gusto zu regieren, bis Stalin tatsächlich sowohl den Trotzki-Sinowjew-Flügel, als auch den Bucharin-Flügel innerherhalb der Partei ausgeschaltet hatte und es sich leisten konnte sich eigenmächtig vom vorherigen politischen Konsens zu verabschieden, dauerte es bis ca. 1927/1928.
Den Punkt, an dem er es durchsetzen konnte rivalisierende Altbolschewiki aus der Partei ausschließen und in die Verbannung schicken zu lassen, wird man grob als Markierung für den Beginn von Stalins unumstrittener Herrschaft betrachten können.

Da waren die meisten Teilrepubliken aber bereits gegründet. Es folgen noch Tadschikische (1929), die Moldauische, die Litauische, die Lettische und die Estnische (alle 1940) und die kurzlebige Karelo-Finnische Sowjetrepublik, ebenfalls 1940.
Außerdem noch einige adinistrative Änderungen im Kaukasus, die die vorhanden Konstrukte veränderten.

Bei den drei Baltischen Sowjetrepubliken, sah es ja so aus, dass Stalin die drei baltischen Staaten erpresste, sich unter sowjetischen "Schutz" zu stellen und die Rote Armee ins Land zu lassen, anschließend fingierte Wahlen erpresst und auf Moskaus Bestellung hin von Seiten der Marionettenregierungen die Eingliederung in die Sowjetunion an die Sowjetregierung herangetragen wurde.
Hier dürfte der Charakter als Teilrepubliken weniger ideologisch begründet gewesen sein, als vor allem der Verschleierung des Moskauer Machtanspruchs gedient haben um eine brutale Annexion nicht ganz so sehr nach einer brutalen Annexion aussehen zu lassen.
Ob es sich mit Moldau ähnlich verhält, da bin ich überfragt.

Was du im Hinblick auf die Teilrepubliken übergehst, ist der Einwand, dass diese von Moskau auch nach Belieben wieder aufgelöst werden konnte, was teilweise (z.B. bei der Karelo-Finnischen Sowjetrepublik) auch passierte.

Und diese Konstruktion somit eine auf Widerruf war, die willkürlich geändert werden konnte.


Darüber hinaus, auch wenn ich euch oben dahingehend welcher Krieg gemeint war missvrerstanden hatte:

Zur Beurteilung ob man Stalins Handeln als nationalistisch auffassen kann, gehört eine Gesamtwürdigung seiner Politik.
Und spätestens in dem Moment in dem Stalin in Ostpolen und in der Kaliningrader Oblast ethnische Säuberungen betreiben ließ, ist dass nicht mehr weg zu diskutieren und auch nicht wie der Tonfall der Propaganda während des Krieses mit Deutschland als zeitweilige opportunistische Wendung betrachtbar.

Als in den genannten Gebieten die Vertreibungen der ethinschen Minderheiten betrieben und von Moskauer Seite her die gleiche Politik in anderen Teilen des sich formiernden Ostblocks sanktioniert wurde, wurde damit der Wert eines Menschen und das Maß an ihm zustehenden Rechten, an seiner ethnischen Identität festgemacht.

Und Menschen wegen ethnicher/sprachlicher Merkmale zu entrechten und aus ihrer Heimat zu vertreiben ist, ohne jeden Zweifel eine Politik, die nationalistischen Maßsstäben als Leitgedanken folgte.
Das kann weder ignoriert, noch mit der Existenz der Teilrepubliken auf dem Papier relativiert werden.
Im Gegenteil wäre hier zu hinterfragen, wenn Nation und Ethnizität für Stalin keine entscheidende Rolle gespielt hätten, warum dann nicht anstatt der Vertreibungsaktionen polnische und deutsche Teilrepubliken in der UdSSR eingerichtet wurden.
Das wäre ja, wenn Nation und Ethnie für Stalin keine Kategorien gewesen die logische Folge gewesen.

Ich denke Stalin braucht man nicht weiter zu Diskutieren, dass ist in Teilen wirklich sehr eindeutig.

Lenin steht auf einem anderen Blatt, da sehe ich Dikussionspotential und würde dir sicherlich insoffern beigeben, dass man die Geschichte der UdSSR nicht auf die Stalinzeit reduzieren kann, aber dass es mit der Stalinzeit mindestens eine Epoche in der Geschichte der Sowjetunion gab, die teilweise durchaus von nationalistischen Implikationen geprägt war, wird man mMn nicht bestreiten können.
 
Dieser ganze scheinbare Widerspruch beruht meiner Meinung nach auf einem Missverständnis Deinerseits. Du überträgst eine z.B. für Deutschland gültige Nationalismus-Definition auf die UdSSR und übersiehst, dass das "Russische" in Lenins und Stalins Nationalismus nicht zwangsläufig auf eine ethnische Definition abstellt, sondern auf ein kulturalistisches Ideal.

Worin genau siehst du das spezifisch kulturalistisch russische Ideal bei Lenin?

Ich muss zugeben, dass mich diese Einschätzung etwas überrascht.
Ich habe vor einiger Zeit mal meine Nase in eine Ausgabe von "Lenins Werken", gesteckt und mich in einige Randbereiche da einmal eingelesen (ohne behaupten zu wollen, dass ich die umfassend durchgearbeitet hätte), außerdem 3 verschiedene Lenin-Biographien, darunter die relativ aktuelle von Victor Sebestyen abgelesen und darüber den Eindruck gewonnen, dass Lenin eigentlich ein sehr europäisch denkender an Westeuropa orientierter Mensch gewesen wäre.

Im Übrigen nicht nur Lenin, sondern ein guter Teil der Altbolschewiki und führenden Köpfe von 1917, die zu einem großen Teil Jahre lang (die Meistn jedenfalls zwischen 1905 und 1917) in der europäischen oder zeitweilig auch der nordamerikanischen (Trotzki) Emigration gelebt und entsprechend viele Eindrücke aus dem Westen aufgenommen haben und auch versuchten dass in die neue Sowjetunion zu implementieren.

Ich persönlich hatte immer den Eindruck, dass der Umstand, dass nach Lenins Tod die Altbolschewiki in der Sowjetunion relativ schnell untergingen vor allem damit etwas zu tun hat, dass sie versuchten Russland, bzw. die werdende Sowjetunion in weiten Teilen nach westlichen Vorbildern umzubauen und vor allem auch deswegen den Kontakt und die Zustimmung der Parteibasis, die nie in der Emigration war, nur Russland kannte und sich daran störte, dass Lenin und Konsorten mehr auf die westeuropäischen Traditionen gaben, als auf die Russischen, verlor.

Ich hatte immer die Vorstellung, dass der Absturz der Altbolschewiki und der steile Aufstieg Stalins aus der 2. Reihe an die Spitze der Sowjetunion shr stark damit zusammenhängt, dass Stalin, der das russische Reich kaum einmal verlassen hatte (er hatte einmal im Auftrag der Partei kurzzeitig Wien besucht, war aber nicht lange geblieben), von der Basis der Partei sehr viel eher akzeptiert wurde, weil er sich in den traditionellen Bahnen und den kulturellen Codes der ihnen bekannten Gesellschaft bewegte, wohingegen ihr die an westliche Vorbilder zunehmend assmilierten Intellektuellen aus der Emigratenszene zunehemend suspekt wurden und sie auch deren Vorstellungen nicht verstanden.

Dieser Eindruck mag ja täuschen, aber ich sehe bei Lenin und vielen Altbolschewiki eher den Anspruch mit der spezifisch russischen Kultur zu Gunsten Westwuropäischer Vorbilder auf diversen Ebenen Schluss zu machen.


Wo ich dir zustimmen würde, ist dass Lenin in jeedem Fall Wert darauf legte alles in einer hierarchischen Bahn zu halten, und der Moskauer Zentrale die letztendliche Entscheidungsgewalt vorzubehalten.

Ich würde das aber eher als ein imperialistisches Modell, als ein Nationalistisches begreifen wollen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde das durchaus in gewissem Umfang als russichen Nationalismus betrachten wollen.
Warum sollte der Georgier Stalin einen solchen nicht betrieben haben können? Der Österreicher Hitler förderte ja auch einen deutschen Nationalismus, dem er sein Heimatland Österreich opferte.
Der Vergleich hinkt aber, weil sich Hitler (wie auch die Masse seiner deutschsprachigen österreichischen Landsleute, unabhängig von ihrer politischen Einstellung) gerade nicht als "Österreicher" (in einem ethnischen Sinn) sah, sondern ohnehin als Deutscher. Er wollte auch nicht Österreich zugunsten eines deutschen Nationalismus opfern, sondern lediglich vereinigen, was seiner Meinung nach unter völkischen Aspekten ohnehin zusammengehörte.

Die Georgier hingegen sehen sich nicht als Russen.
 
Nationalismus in der SU gab es. Als es bei der Nationaltätenkommission der KPdSU um die Grenzziehung der Teilrepubliken ging, war die Grenzziehung eigentlich schon entschieden. Nur sprach dann der Vorsitzende der KP von Azerbajdschan mit einem gewissen Herrn Josef Tschugaschwili, seinerzeit Volkskommissar für Nationalitätenfragen und der schlug Bergkarabach Azerbajdschan zu.
 
Eine bedeutsame Schwächung der SU entwickelte sich aus dem Gegensatz zwischen dem russischen hohen Ex-KPdSU-Mitglied Boris Jelzin, den Gorbi 1985 ins ZK der KPdSU geholt hatte, und der sich zunehmend zum radikalen Anhänger der Perestroika wandelte, Anwärter als Politbüro-Mitglied wurde, in Gegensatz zum zögerlichen Gorbi geriet und in Gegnerschaft zu den orthodoxen Kräften in der KPdSU.

Jelzin war es, der mit volkstümlich-populistischem wie machtbewussten Auftreten und vielen massenwirksamen Versprechungen von entscheidenden Verbesserungen (auch als Reaktion auf die Ineffizienz und das massive ökonomische Versagen der Perestroika der sowjetischen Führung) als Vorsitzender des Obersten russischen Sowjet die seinerseits verhasste und allgemein geschwächte Überkonstruktion namens Sowjetunion mit der russischen Souveränitätserklärung vom Juni 1990 der SU den wichtigsten und bei weitem größten Baustein entzogen hatte.

Und er mitsamt seinen engsten Beratern war es, der den Obersten ukrainische Sowjet animierte, im Juli 1990 die Souveränitätserklärung abzugeben gegenüber der SU.

Beides mal vor dem Hintergrund der Vorstellung, effizienter und ökonomisch wirksamer die Reformen auf 'nationaler Ebene' vortreiben zu können.
 
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