Ave El Quijote,
El Quijote schrieb:
...Dabei dürfte es sich allerdings um eine fehlerhafte Transkription handeln. Statt porp dürfte dort þorp stehen, korrekt transkribiert thorp. ...
So ist es, ich weiss aber auch nicht wie ich diese seltsamen Zeichen wiedergeben soll.
Es heisst dann lautmässig etwa "thorp", also vermutlich wie das englische th gesprochen, in etwa „forp“. In der Gegend wo ich her komme, heisst es übrigens „Dörp“. In dem germanischen Sprachaum auf dem Festland, der skandinavischen Halbinsel und der britischen Insel hat sich also so einiges lautsprachlich verschoben. Zum Varus vielleicht noch: Wie hyokkose richtig bemerkte, wurde Varus ja „Wa-rus“ gesprochen. Wenn Du heute die Leute fragst, wer war der Gegner von Arminius, so wirst du aus tausend Münder hören „Fa-rus“. Über die feinen Unterschiede von V/F braucht man sich nicht wirklich zu wundern, die existieren praktisch nur in der Schriftlichkeit, in der Umgangssprache finden sie kaum statt. Was die germanische Endung –er oder –ner angeht: Die wird häufig angesetzt, nur so als Beispiel die Berufsbezeichnungen Bau-er, Müll-er, Gärt-ner aber auch bei Eigennamen, so wird aus Pe-trus der Pe-ter. Das aus dem römischen Varus also ein skandinavischer Fafner wird, ist ohne grosse Verrenkung möglich.
Allerdings wäre Beispiele aus dem skandinavischen Raum für entsprechende Zusammensetzungen interessant. Für konstruktive Beispiele wäre ich sehr dankbar. Gegenbeispiele sind weniger interessant, die findet man natürlich immer und überall:
Das Deutsche Institut Johannes Gutenberg-Universität Mainz schreibt erläuternd:
„...Daß Sprachwandel nie zum Stillstand gelangt, ist u.a. darauf zurückzuführen, daß Optimalisierungen auf einer Ebene oft zu Verschlechterungen auf einer anderen Ebene führen. Sprachwandel ist damit als permanenter Balanceakt zwischen verschiedenen Optimalisierungsdomänen und -parametern zu begreifen. Dies macht es auch bis heute unmöglich, Sprachwandel vorherzusagen. Die Vielfalt und Komplexität von Sprachwandel führte (und führt auch gegenwärtig) zur Bildung und Diskussion verschiedener Theorien. Diese Perspektive zeigt, daß Sprachwandel trotz gemeinsamer Ausgangsbasis ganz unterschiedlich verlaufen kann und daß dies nicht nur auf unterschiedliche aussersprachliche Einflüsse zurückzuführen ist. Was das Deutsche durchlaufen hat und durchläuft, stellt nur eine Option unter vielen dar...“
El Quijote schrieb:
...D.h. Wenn der Ort Knetterheide der ist, den Nikulas Bergsson mit der Gnitaheiðr identifiziert und das beweisbar wäre, dann lässt sich daraus noch bei weitem nicht der Schluss ziehen, dass Varus der Fafnir ist, was ja im Prinzip nur die angebliche Identifikation von Siegfried/Arminius stärken soll....
Jein. Es beweist zunächt nur, das die Auseinandersetzung des Siegfried unweit Paderborn lag. Das ist mit den Merowinger-Sigiberts nicht leicht in Einklang zu bringen, aber mühelos mit Arminius. Es ist damit ein weiteres stützendes Argument neben vielen anderen. Und zweitens: Wenn man nun zeigen könnte, dass die Varusschlacht ihren Beginn tatsächlich auf der Knetterheide bei Bad Salzuflen nahm, dann wäre es praktisch sogar ein archäologisch belegter Beweis für die Identität von Arminius mit Siegfried.
El Quijote schrieb:
...Kann es sein, das Du Dir den Text per Google-Books besorgt hast? Denn die Google-Books-Texterkennung kann <þ> nicht von <b> und <p> unterscheiden. ....
Leider bin ich noch nicht zur eigentlichen Originalquelle vorgedrungen. In der Literatur habe ich bislang nur Abschriften von Abschriften und Übersetzungen von Abschriften von Übersetzungen etc.pp. gefunden. Deswegen auch die Unsicherheit ob Herus oder Horus, und auch die Unsicherheit, auf welche Wegabschnitte sich Nikulas bezog. Giesebrecht 1837 zitiert unzweifelhaft Herus, jüngere Zitate verwenden meist Horus, was auch mit der Nachkriegsmode zusammenhängen kann, wo regelmässig Orte wie Horhausen als Tip herangezogen wurden. Zielrichtung war dabei ja oft, die Mommsenvermutung Kalkriese durch einen südlich gelegenen Schlachtort zu diskreditieren, und Herus/Herford, Kiliander/BadSalzuflen Knetterheide/Gnitaheide ist dazu nicht so gut geeignet.
El Quijote schrieb:
...Für Städte verwendet Nikulas die Vokabel borgar, also 'Burg'. Stede ist stoduborgar, Nienburg ist niyo borgar, Minden mundioborg, Mainz meginzo borgar. ....
Ja sicher, das ist mir nicht entgangen. Borg/Burg ist die Stadt. Herford ist aber eine Klostergründung, die Ansiedlung hatte wohl nie eine Burg. Laut Stadtchronik erhielt das klösterliche Stift in 1152 einen reichsunmittelbaren Schutz und etwa 20 Jahre nach Nikulas um 1170 erst die Stadtrechte. Einen richtigen Aufstieg zur Stadt legte Herord dann erst im 13. Jhd. hin.
Um 1150 befand sich um das Kloster herum also nicht allzu viel, und die Bezeichnung thorp statt borg dürfte dann schon richtig gewesen sein.
Beste Grüsse, Trajan.