Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Wer, wie Keller, behauptet, dass (1) die deutschen Truppen Recht hatten, wenn sie Zivilisten erschossen und Dörfer und Städte niederbrannten, dann ist das Revisionismus, denn (2) die herrschende wissenschaftliche Meinung sagt: Sie waren, von wenigen Fällen abgesehen, nicht im Recht.
Starke Worte.

Kannst du (1) bitte nachweisen? Ich würde gerne nachlesen, wo Keller das genau so schreibt. (du scheinst es ja zu wissen, sonst würdest du das nicht schreiben)

Kannst du bitte (2) zeigen, zitieren, nachweisen, welche wenigen Fälle von "im-Recht-sein-beim-Zivilisten-erschießen-&-Dörfer-abfackeln" "die herrschende wissenschaftliche Meinung" auflistet?
 
Wurde das Recht auf diese Art von Widerstand auf eigenem, nicht okkupiertem Gebiet höher eingestuft, als die Pflicht dabei immer eine Uniform tragen zu müssen?
Aber ja, schließlich bezieht sich das Verbot des Rechts auf bewaffneten Widerstand im HKLO nur auf okkupierten Gebiete.
 
Woher stammt die Zahlenangabe von 240 toten Deutschen? Ich vermute sie bezieht sich auf die Zeit nach der die belgische Armee Löwen verlassen hatte.

Das bezieht sich auf die Zahlen, die @Scorpio in #495 auf Seite 25 genannt hatte, wobei ich nicht weiß, ob da noch etwaige Opfern drunter subsummierst sind, die bei den Bränden in Leuven ums Leben kamen oder verletzt wurden.

So oder so, scheint aber jedenfalls die Tendenz eher dagegen zu sprechen, dass das alles friendly fire gewesenn ist.
 
Ich würde gerne nachlesen, wo Keller das genau so schreibt.
Ich habe das aus Rezensionen. Aber vielleicht kann dir @Sepiola, der wohl ein Exemplar des Buches hat, behilflich sein.
Kannst du bitte (2) zeigen, zitieren, nachweisen, welche wenigen Fälle von "im-Recht-sein-beim-Zivilisten-erschießen-&-Dörfer-abfackeln" "die herrschende wissenschaftliche Meinung" auflistet?
Diese Fälle haben Horne und Kramer aufgelistet, allerdings waren diese Repressalien weit überzogen.
 
Wurde das Recht auf diese Art von Widerstand auf eigenem, nicht okkupiertem Gebiet höher eingestuft, als die Pflicht dabei immer eine Uniform tragen zu müssen?

@silesia s Ausführungen folgend, wäre die Frage ob das Gebiet als okkupiert gelten kann, sogar entscheidend dafür gewesen, ob sich nicht uniformierte Kombattanten einer Verletzung des Kriegsrechts schuldig machten oder nicht, insofern dies wohl nur in okkupierten Gebieten untersagt war, während sich Kämpfer in nicht okkupierten Gebieten auf den Passus berufen konnten, der nicht uniformierten Widerstand erlaubt, wenn der Bevölkerung des angegriffenen Gebiets keine hinreichende Zeit blieb entsprechenden kriegsrechtskonformen Widerstand zu organisieren.

Wobei allerdings insofern ein Problem zu bestehen scheint, dass der Begriff "Okkupation" selbst in diesem Zusammenahng ein nicht klar definierter Begriff zu sein und es verschiedene mögliche Auffassungen davon zu geben scheint, wann ein Gebiet als okkuopiert betrachtet werden kann.

So oder so, dass Niemandsland zwischen den belgischen und den deutschen Truppen, wird man nicht als "okkupiertes Gebiet" betrachten können, insofern wäre hier nichtuniformierter Widerstand, so wie ich das bislang verstehe durchaus legal und legitim gewesen.

Allerdings dürfte auch, wenn an der direkten Frontlinie oder im Niemandsland nicht uniformierte belgische Kämpder angetroffen wurden, das natürlich nicht dazu beigetragen haben die deutschen Sentiments in Sachen Franctireurs, die möglicherweise auch im Hinterland aggieren konnten zu zerstreuen.
 
@silesia s Ausführungen folgend, wäre die Frage ob das Gebiet als okkupiert gelten kann, sogar entscheidend dafür gewesen, ob sich nicht uniformierte Kombattanten einer Verletzung des Kriegsrechts schuldig machten oder nicht,
das mag so sein (ich weiß es nicht!) - aber die Frage, wo wann was rechtmäßig oder unrechtmäßig nach damaliger Rechtsauffassung war, bringt nichts über das kontrovers diskutierte Ausmaß des belgischen Widerstands zutage!
 
Er schreibt weiter, dass die Polizei ebenfalls Freiwillige rekrutiert hätte.

Beim zweiten Drüberlesen:

Das erscheint interessant. Reden wir hier von Anwerbeversuchen für Freiwilligentruppen durch die Polizei im Sinne militärischer Formationen, oder von Anwerbungen von Hilfskräften für Polizei/Gendarmerie, die nicht zur Front gingen, sondern im Gebiet verbleiben, auch wenn es okkupiert wurde?
 
Ausführungen folgend, wäre die Frage ob das Gebiet als okkupiert gelten kann, sogar entscheidend dafür gewesen, ob sich nicht uniformierte Kombattanten einer Verletzung des Kriegsrechts schuldig machten oder nicht, insofern dies wohl nur in okkupierten Gebieten untersagt war, während sich Kämpfer in nicht okkupierten Gebieten auf den Passus berufen konnten, der nicht uniformierten Widerstand erlaubt, wenn der Bevölkerung des angegriffenen Gebiets keine hinreichende Zeit blieb entsprechenden kriegsrechtskonformen Widerstand zu organisieren.
Hast du mal in Sepiolas Link "A Journal from our Legation in Belgium" reingelesen? Ein wirklich erschütternder Bericht über die Vorgänge u.a. in Louvain/Leuven/Löwen am 28.August 1914 aus neutraler, amerikanischer Quelle.

Ein Auszug: "Three days of the reign of terror that had been described to us was enough to account for anything, and the fact that civilians were firing now did not in any sense prove that they were guilty of starting the trouble. For all we could tell they may have started it or they may not, but firing by them three days after the row began was no proof to any one with the slightest sense of the value of evidence. (...)
We settled down and listened to the stories of the past few days. It was a story of clearing out civilians from a large part of the town; a systematic routing out of men from cellars and garrets, wholesale shootings, the generous use of machine guns, and the free application of the torch—the whole story enough to make one see red.(...)
Apparently a number of civilians, goaded to desperation by what they had seen, had banded together, knowing that they were as good as dead, and had determined to sell their lives as dearly as they could. They had gathered in the ruins of the houses fronting on the station and had opened up on us."

Es wird beschrieben, dass zumindest einige belgische Zivilisten deutsche Soldaten bekämpften, weil sie tagelang Erschießungen, Plünderungen und das Niederbrennen von Häusern erleben mussten und sich selbst ebenfalls bald hingerichtet glaubten, der "Mut der Verzweiflung" sozusagen.
 
Zuletzt bearbeitet:
wiki meint dazu: "Nach deutschen Angaben wurden ca. 40 deutsche Soldaten aus Hinterhalten erschossen und 190 verletzt."

Will heißen Wiki spricht von 230 Toten und Verletzten.
Ob es nun am Ende 230 oder 240 waren, spielt denke ich nicht die entscheidende Rolle.

Wenn es zu friendly fire kam, dürfte sich das in aller Regel zwischen den Vorausabteilungen oder dem Flankenschutz der größeren eigenständig operierenden Formationen abgespielt haben, wenn da jemand in Panik geriet.
Die werden in der Regel nicht mehr als ein oder zwei Dutzend Mann gehabt haben, von denen dann vielleicht ein oder zwei Leute einen etwas übernervösen Zeigefinger haben und auf irgendwas, was sich bewegt schießen, ohne dass vorher genau idetifizieren zu können und gegebenenfalls schießen die Beschossenen dann grob in die Richtung zurück, aus der sie das Feuer vermuten und suchen sich irgendwo Deckung.

In dem Moment in dem beide am Zwischenfall beteiligte Formationen versuchen den Gegner aufzuklären, wird beim Beobachtenn sehr schnell klar geworden sein, dass das die eigenen Uniformen und Feldzeichen sind und dann wird das Feuer eingestellt.

Bei sowas kommen sicherlich keine 240 Menschen zu schaden, jedenfalls nicht bei einzelnen Zwischenfällen.


In den Link habe ich reingelesen, wobei ich mir das natürlich in der kurzen Zeit nicht im Ganzen zu Gemüte führen konnte.
 
Das erscheint interessant. Reden wir hier von Anwerbeversuchen für Freiwilligentruppen durch die Polizei im Sinne militärischer Formationen, oder von Anwerbungen von Hilfskräften für Polizei/Gendarmerie, die nicht zur Front gingen, sondern im Gebiet verbleiben, auch wenn es okkupiert wurde?
Es ging um den Ausbau der Polizei. Diese beabsichtigte im September 125 Aushilfspolizisten anzuwerben. Gut möglich, dass man bereits mit einem Abzug/Auflösung der Garde Civique rechnete.
Martens meldete sich und wurde Polizist. Er schreibt noch, dass sie eine seltsame Mütze erhielten, die nicht so aussah, wie die bei der Polizei übliche und dass sie ihre eigenen Regenmäntel mitbringen mussten. Durch die Mütze erhielten sie den Spitznamen "Klakagenten".
 
@Shinigami Das entscheidende ist die relativ geringe Zahl von Todesfällen von 40. Verletzungen können alles mögliche sein. Da kann auch einer beim Häuser abfackeln besoffen hingefallen sein und sich ein Bein verstaucht haben. Ich habe auch nicht den ganzen Bericht gelesen. Sondern nach der Zahl "28" (28.August) gesucht. Das Lesen der Erlebnisse in Löwen hat nur ein paar Minuten gedauert. Es lohnt sich.
 
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