Paulus Bedeutung für das Christentum

Das ist ausschließlich Deine Interpretation, die des Schwert-Motivs in Matt 10:34 ist umstritten.
Wenn „meine“ Interpretation des Schwert-Motivs umstritten ist, dann gibt es sicher auch andere Interpretationen – mich würde es freuen, wenn wir „meine“ und diese anderen, die ich nicht kenne, hier diskutieren könnten.

Du fällst ein moralisches Urteil
Sicher habe ich im Fall Paulus ein moralisches Urteil gefällt. Auch in Bezug auf Religionen und Ideologien habe ich eine Meinung, mit der ich nicht hinterm Berg halte. Dies vor allem dann, wenn sich diese Religionen und Ideologie friedlich geben, aber deren Verhalten alles andere als friedlich war und teilweise immer noch ist – jüngstes Beispiel ist die Unterstützung der russisch-orthodoxen Kirche für den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Ohne diese Unterstützung oder gar bei einer Ablehnung des Krieges würde Putin es schwerer haben, Zustimmung vom russischen Volk zu diesem Krieg zu erhalten. Also ist die russisch-orthodoxe Kirche mitschuldig an diesem Krieg.

Paulus empfiehlt die Ehelosigkeit und sexuelle Enthaltsamkeit, ABER er sagt auch, dass diejenigen, bei den das sexuelle Verlangen zu groß ist, heiraten und Spaß aneinander haben sollen. Das ist der Kontext.
Ja, das ist der Kontext - und im Rahmen dessen sagt er: Heiraten ist gut, Nichtheiraten aber ist besser, selbst wenn man dafür sein Eheversprechen brechen muss. An dieser Interpretation geht kein Weg vorbei, es sei denn, du betrachtest eine Verlobung nicht als ein Eheversprechen, was bei der Eindeutigkeit des Wortes auch dir schwerfallen dürfte.

Aber bitte berücksichtige, dass wir ein Geschichtsforum sind und keine pro- oder antireligiösen Debatten führen, sondern Debatten über Ereignisse, Wirkungen, Narrative.
Wie kann man eine Debatte über Paulus‘ Wirkung auf das Christentum führen, ohne im Detail darauf einzugehen und zu bewerten, was er geschrieben hatte?

Es ist legitim, seine Worte einer kritischen Betrachtung zu unterziehen – jetzt abgesehen davon, dass die Theologen überwiegend der Meinung sind, dass Paulus Morallehre, die später von Augustinus und anderen noch bekräftigt worden ist, entscheidend für die Morallehre der katholischen Kirche war und teilweise immer noch ist.

Ebenso ist es legitim, das anders zu sehen, aber diejenigen, die Paulus Bedeutung für die Morallehre der Kirche für geringhalten, sind eher in der Minderheit. Warum? Man kann nicht jahrhundertelang Paulus und Augustinus zitieren, um die rigide kirchliche Moral zu begründen, und hinterher, als sich der Wind drehte, sagen, das war nicht so gemeint.
 
Paulus' Frauenbild sollte man nicht nur vor seinem jüdischen Hintergrund betrachten, sondern insbesondere vor dem griechisch-römischen Hintergrund.

Bei Pinchas Lapide, Paulus zwischen Damaskus und Qumran - Fehldeutungen und Übersetzungsfehler, Gütersloh 1993, lese ich auf S. 86 unter der Überschrift "Das Weib schweige in der Kirche!":

"Was geht diese Frage den Juden an? So werden jetzt einige Leser einwenden. Sehr viel geht es ihn an, wie ich meine, da nämlich Paulus' Mißverhältnis zur Frau von einigen feministischen Theologinnen heutzutage den Juden insgesamt angelastet wird. Es gilt daher daran zu erinnern, daß sich Paulus in dieser Frage von seiner jüdischen Tradition erheblich entfernt hat - was man im Kontrast dazu dem Rabbi Jesus von Nazareth nicht nachsagen kann. Dieser hat, wie bekannt, in Übereinstimmung mit der pharisäischen Tradition der Frau wesentlich freundlicher gegenüber gestanden. Paulus jedoch steht in mehreren Bereichen unter starken gnostischen und stoischen Einflüssen, wie schon andernorts erörtert. Sind denn etwa seine Kreuzes-Theologie und seine griechische Gottes-Sohnschaft-Lehre auf jüdischem Mutterboden gediehen?! Keineswegs. Ähnlich unterliegt sein Frauenbild unjüdischen Vorbildern."

Zum zitierten Satz aus dem Brief an die Korinther schreibt Lapide dann allerdings: "Hier sind wohl wiederum seine Worte situativ und ortsgebunden zu verstehen. Um eine prinzipiell negative Einstellung zur Frau geht es hier kaum."
 
Sicher habe ich im Fall Paulus ein moralisches Urteil gefällt. Auch in Bezug auf Religionen und Ideologien habe ich eine Meinung, mit der ich nicht hinterm Berg halte.
Dieses moralische Urteil fällst du aber auf einer ungenügenden Faktenbasis. Du ziehst dir einen Satz raus und ignorierst den Kontext. Auf dieser Basis fällst du dein Urteil. Und da du den Kontext kennst, ist das ein Stück weit unehrlich.

Im konkreten Fall:
Paulus nennt drei Alternativen.
1.) angesichts des nahenden Weltendes ein sex- und eheloses Leben zu führen
2.) zu heiraten und sich seinen Trieben innerhalb der ehelichen Bahnen hingeben
3.) sich außerehelich seinen Trieben hinzugeben.

Die ersten Alternativen hält er beide für licit. Allerdings hält er die erste für das Ideal. Und daher soll der Gläubige, der sich sicher ist, dass er seinen sexuellen Trieben widerstehen kann, auch ehelos bleiben, wie er. Wer aber seinen sexuellen Trieben nicht widerstehen kann, der soll unbedingt heiraten, innerhalb der Ehe aber treu bleiben.
Die dritte Alternative - Sex außerhalb der Ehe - sieht Paulus als Teufelswerk.

Diesen Kontext blendest du aus und auf dieser Ausblendung fälltst du dein Urteil. dementsprechend ist es sachlich unangemessen. Ein sachlich angemessenes Werturteil könnte sagen, dass Paulus deiner Meinung nach falsch liegt. Aber ein sachlich angemessenes Wertzrteil kann nicht ohne vorheriges Sachurteil gefällt werden.

Das ist der Punkt, den ich kritisiere.


Bei religionshistorischen Themen verlässt du das eigentliche Thema, um zu einem Rundumschlag gegen Religion und ihre Institutionen oder ihre Vertreter auszuholen. Das hat schon einen systematischen Charakter.

Ein schön anschauliches Bsp. aus diesem Thread:
Anhand des Paulus-Zitats, dass Frauen sich in der Gemeindeversammlung mit Wortbeiträgen zurückhalten sollten, schiebst du ihm die Schuld am Kastratenwesen zu, welches in der Frühen Neuzeit aufkam und schilderst zwar kurz aber dennoch mit plastischer Brutalität, wie das vonstatten ging, gibst Paulus die Schuld daran, was 1500 Jahre nach seinem Wirken praktiziert wurde. Dass Päpste ab dem 17. Jhdt. die Kastration verboten, kommt in deiner Darstellung nicht vor. Denn "die Kirche" kann ja nichts anderes sein, als abgrundtief böse. In deiner historischen Meistererzählung haben Ambivalenzen - wie die, dass trotz des Kastrationsverbotes - bis 1922 der letzte starb - kastrierte Sänger beschäftigt (bzw. gesungen hat er wohl nur bis 1913) - da keinen Platz.
Man kann letzteres für Doppelmoral halten, aber Paulus am Kastratenwesen anderthalb Jahrtausende nach seinem Tod die Schuld zu geben, ist schon harter Tobak.


in Bezug auf Religionen und Ideologien habe ich eine Meinung,
Im Übrigen scheinst du dich für bar jeder Ideologie zu halten. Diese Selbsteinschätzung verhindert womöglich, dass du dich kritisch mit deiner eigenen ideologischen Positionierung auseinandersetzt. Das gehört aber zum Handwerkszeug des Historikers, Soziologen oder Politologen.

Dies vor allem dann, wenn sich diese Religionen und Ideologie friedlich geben, aber deren Verhalten alles andere als friedlich war und teilweise immer noch ist – jüngstes Beispiel ist die Unterstützung der russisch-orthodoxen Kirche für den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Ohne diese Unterstützung oder gar bei einer Ablehnung des Krieges würde Putin es schwerer haben, Zustimmung vom russischen Volk zu diesem Krieg zu erhalten. Also ist die russisch-orthodoxe Kirche mitschuldig an diesem Krieg.
Und was ist mit der ukrainisch-katholische Kirche?

Wie kann man eine Debatte über Paulus‘ Wirkung auf das Christentum führen, ohne im Detail darauf einzugehen und zu bewerten, was er geschrieben hatte?
Das ist ja auch völlig in Ordnung. Das Problem besteht in Schuldzuweisungen und Cherrypicking (Herausreißen von Halbsätzen aus dem Kontext. Schuldzuweisungen für seltsame Interpretationen von Paulus' Worten im Laufe der Kirchengeschichte:

Aus Paulus Αἱ γυναῖκες ἐν ταῖς ἐκκλησίαις σιγάτωσαν - die Frauen mögen in der Kirche ruhig sein - was - wenn man den Gesamtkontext berücksichtigt - predigen oder "in Zungen sprechen" meint, wurde im Mittelalter mehr lokal als global ein Gesangsverbot für Frauen und daraus in der FNZ ein "Bedürfnis" für Ersatz geschaffen, der mit Falsettstimmen offenbar nur unzureichend gedeckt werden konnte, weshalb man begann, begabte Jungen zu kastrieren. Wie gesagt, von dir sehr plastisch beschrieben.

Das Thema ist Paulus und seine Bedeutung für das Christentum.

Wir haben jetzt über
- den Hexenhammer und Heinrich Kramer
- die russisch-orthodoxe Kirche und den Ukraine-Krieg
- Kastraten im Kirchendienst (das sie in der Oper auch genutzt wurde, wurde nicht erwähnt)
gesprochen.

Was aber hat das mit Paulus und seinem individuellen Versagen zu tun?

Es ist legitim, seine Worte einer kritischen Betrachtung zu unterziehen....
Selbst verständlich ist das legitim. Nicht legitim sind einseitige Wertungen, die nur die halbe Wahrheit betrachten oder hanebüchende Konstruktionen wie etwa die vom Kastratenwesen des 16. Jhdts. hin zu Paulus' Mahnung, dass die Frauen in der Kirche schweigen sollen. Allein diese Mahnung ist aus heutiger Perspektive schlimm genug und man kann sicherlich bemerken, dass so mancher Misogyniker sich darauf bis heute beruft.

diejenigen, die Paulus Bedeutung für die Morallehre der Kirche für geringhalten, sind eher in der Minderheit.
Hat denn jemand behauptet, dass Paulus' Bedeutung gering gewesen wäre?

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Ich mag ja analoge Betrachtungen:

Schauen wir uns die VR China an. Diese beruft sich auf Marx und Engels. Waren maoistische Aktionen, wie der Große Sprung nach vorn oder die Kulturrevolution, die beide vielen Millionen Chinesen das Leben kosteten und - im Zweiten Fall - unwiderbringlich Kulturdenkmäler zerstörten irgendwie durch die Ideen von Marx - der gewissermaßen promovierter Kunsthistoriker war - und Engels gedeckt? Trotzdem berief sich Mao auf sie als Ideengeber.

Marx und Engels haben ungefähr 15 Regalmeter an Texten verfasst, von westlichen Antikommunisten wird Marx gerne vorgeworfen, er habe sich bei Engels durchgeschnorrt und sei ein Taugenichts gewesen. tatsaächlich hat Marx nicht viel verdient und sich - neben den Zuwendungen von Engels - mit dem Verfassen von Korrespondenztexten versucht über Wasser zu halten. Die beiden haben zusammmen ungefähr 15 Regalmeter geschrieben, waren "Schreiberlinge". Und dennoch beriefen sich die Roten Khmer als sie auf ihren Killing Fields tausende Menschen ermordeten und schon der Besitz einer Brille als Hinweis darauf galt, dass man ein Intelektueller und somit ein zu vernichtender Bürger sei, auf Marx und Engels. Haben die Schuld am Wahnsinn der Roten Khmer (die uns allesamt, wie wir hier im Forum miteinander argumentieren, umgebracht hätten)?
 
Natürlich geht es beim Zölibat um Kirchenmänner. Dass die Beschlüsse der Synode zunächst kaum Wirkung zeigten, spricht nicht für deren Gültigkeit.

Später, im Hochmittelalter, wurde das noch einmal bekräftigt, was aber auch nicht viel Wirkung zeigte, wie die Berichte über die Hurerei der Bischöfe und der Päpste zeigen – allein zum Konzil von Konstanz, wo u.a. Jan Hus zum Tod verurteilt wurde, kamen 700 Huren angereist, die heimlich tätigen nicht eingerechnet.
.. bin darüber gestolpert.
Ich hatte mir das so vorgestellt, dass das Zölibat die Wirkung hatte eine Vererbung von Privilegien zu verhindern.
Das war eine Voraussetzung dafür, dass die Kirche offen blieb und theoretisch jedem Kind Gottes ein Bildungsangebot machen konnte. Mit harten Auflagen zwar aber immerhin mit Schreiben und Lesen und der Möglichkeit des Aufstiegs.
Dieser Aspekt ist durch die Huren von Konstanz nicht berührt, denn evtl. entstehender Nachwuchs wird nicht anerkannt.
...das ist jetzt eher eine Frage, als ein Feststellung.
 
Dieses moralische Urteil fällst du aber auf einer ungenügenden Faktenbasis. Du ziehst dir einen Satz raus und ignorierst den Kontext.
Nein, ich ignoriere den Kontext nicht.

Im konkreten Fall:

Paulus nennt drei Alternativen.
1.) angesichts des nahenden Weltendes ein sex- und eheloses Leben zu führen
2.) zu heiraten und sich seinen Trieben innerhalb der ehelichen Bahnen hingeben
3.) sich außerehelich seinen Trieben hinzugeben.

Die ersten Alternativen hält er beide für licit. Allerdings hält er die erste für das Ideal.
Das ist der Punkt: Ideal ist es für ihn, sex- und eheloses Leben zu führen. Wer das nicht als eine sexfeindliche Aussage hält, der ist nicht zu retten. Es ist übrigens egal, was für Beweggründe Paulus dabei hatte, denn die späteren Leser der Evangelien, haben nur seine nackten Worte zu Gesicht bekommen.

Außerdem hat er nicht nur das geschrieben, sondern auch dies – Zitat 1. Kor 7,1:

Nun zu dem aber, was ihr geschrieben habt: Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren. Wegen der Gefahr der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und jede soll ihren Mann haben. …

Wieso ist es schlecht für den Mann, eine Frau zu berühren? Weil er ein Misogyniker war! Dafür kann er nichts, aber dass andere sich seine Meinung für eigen machten und machen, selbst jetzt, nach all der Aufklärung, das können wir anprangern, denn sagt keiner was, wird es weiter so gehen wie bisher.

Die dritte Alternative - Sex außerhalb der Ehe - sieht Paulus als Teufelswerk.
Ja, und die katholische Kirche folgte dieser Aussage nicht nur im Mittelalter, was du oft als entschuldigend erwähnst, sondern folgt Paulus bis heute!

Anhand des Paulus-Zitats, dass Frauen sich in der Gemeindeversammlung mit Wortbeiträgen zurückhalten sollten, schiebst du ihm die Schuld am Kastratenwesen zu, welches in der Frühen Neuzeit aufkam und schilderst zwar kurz aber dennoch mit plastischer Brutalität, wie das vonstatten ging, gibst Paulus die Schuld daran, was 1500 Jahre nach seinem Wirken praktiziert wurde. Dass Päpste ab dem 17. Jhdt. die Kastration verboten, kommt in deiner Darstellung nicht vor. Denn "die Kirche" kann ja nichts anderes sein, als abgrundtief böse. In deiner historischen Meistererzählung haben Ambivalenzen - wie die, dass trotz des Kastrationsverbotes - bis 1922 der letzte starb - kastrierte Sänger beschäftigt (bzw. gesungen hat er wohl nur bis 1913) - da keinen Platz.
Paulus sagte, Frauen sollen in der (Kirchen)Gemeinde schweigen. Also durften sie dort auch nicht singen. Es war nur konsequent für die Kirche, ihnen das zu verbieten. Aber sie wollte gleichzeitig auf die hohen Gesangstimmen nicht verzichten, also nahmen sie Jungs und entmannten sie. Dass später ein Umdenken stattfand, tut hier nichts zu Sache – sie haben getan, was sie getan haben. Außerdem wurde das Verbot selbst im Vatikan nicht ernst genommen, sonst hätte dort noch 2 Jahrhunderte später nicht ein Kastrat gesungen.

Man kann letzteres für Doppelmoral halten, aber Paulus am Kastratenwesen anderthalb Jahrtausende nach seinem Tod die Schuld zu geben, ist schon harter Tobak.
Starker Tobak ist vor allem, dass die Kirche damals wie heute Paulus Worten folgt, obwohl sie weiß oder wissen müsste, dass die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse unseren heutigen nicht entsprechen. Dass sie in manchen Punkten – siehe z.B. Frauensingen in Kirchen – inzwischen einen Rückzieher gemacht hatte, ist kaum ein Trost, denn sonst folgt sie auch in diesem Punkt Paulus weiter: Frauen habe in der katholischen Kirche nach wie vor nichts zu sagen.

Im Übrigen scheinst du dich für bar jeder Ideologie zu halten. Diese Selbsteinschätzung verhindert womöglich, dass du dich kritisch mit deiner eigenen ideologischen Positionierung auseinandersetzt. Das gehört aber zum Handwerkszeug des Historikers, Soziologen oder Politologen.
Ich fühle mich in guter Gesellschaft – siehe oben die Zitate von Historikern, die mit aller Kraft versuchen, Worte Jesu als nicht so gemeint wie geschrieben zu interpretieren, ja sie sogar als nicht von ihm gesagt zu definieren. Das mag im Einzelfall sogar stimmen, aber ihre Beweggründe entsprechen ihrer eigenen ideologischen Position. Oder der ihrer Arbeitgeber. :D

Und was ist mit der ukrainisch-katholische Kirche?
Verstehe diese Frage nicht.

Das Thema ist Paulus und seine Bedeutung für das Christentum.
Ganz recht. Und im Rahmen dessen ist es unabdingbar, auf die Wirkung seiner Worte in diesen beinahe 2000 Jahren hinzuweisen. Bis du anderer Meinung?

Was aber hat das mit Paulus und seinem individuellen Versagen zu tun?
Wo hast du das her? Ich kreide ihm kein individuelles Versagen an, denn er hat geschrieben, was er für richtig hielt. Aber seine Worte haben Wirkung gehabt – und haben sie bis heute. Für diese Wirkung kann er nichts, denn die haben seine Nachfolger zu verantworten. Diese zu beleuchten, kann auch unsere Aufgabe sein.

Wir sind dran. :D
 
Nein, ich ignoriere den Kontext nicht.

Das ist der Punkt: Ideal ist es für ihn, sex- und eheloses Leben zu führen. Wer das nicht als eine sexfeindliche Aussage hält, der ist nicht zu retten. Es ist übrigens egal, was für Beweggründe Paulus dabei hatte, denn die späteren Leser der Evangelien, haben nur seine nackten Worte zu Gesicht bekommen.

Außerdem hat er nicht nur das geschrieben, sondern auch dies – Zitat 1. Kor 7,1:

Nun zu dem aber, was ihr geschrieben habt: Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren. Wegen der Gefahr der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und jede soll ihren Mann haben. …

Wieso ist es schlecht für den Mann, eine Frau zu berühren? Weil er ein Misogyniker war! Dafür kann er nichts, aber dass andere sich seine Meinung für eigen machten und machen, selbst jetzt, nach all der Aufklärung, das können wir anprangern, denn sagt keiner was, wird es weiter so gehen wie bisher.

Ja, und die katholische Kirche folgte dieser Aussage nicht nur im Mittelalter, was du oft als entschuldigend erwähnst, sondern folgt Paulus bis heute!

Paulus sagte, Frauen sollen in der (Kirchen)Gemeinde schweigen. Also durften sie dort auch nicht singen. Es war nur konsequent für die Kirche, ihnen das zu verbieten. Aber sie wollte gleichzeitig auf die hohen Gesangstimmen nicht verzichten, also nahmen sie Jungs und entmannten sie. Dass später ein Umdenken stattfand, tut hier nichts zu Sache – sie haben getan, was sie getan haben. Außerdem wurde das Verbot selbst im Vatikan nicht ernst genommen, sonst hätte dort noch 2 Jahrhunderte später nicht ein Kastrat gesungen.

Starker Tobak ist vor allem, dass die Kirche damals wie heute Paulus Worten folgt, obwohl sie weiß oder wissen müsste, dass die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse unseren heutigen nicht entsprechen. Dass sie in manchen Punkten – siehe z.B. Frauensingen in Kirchen – inzwischen einen Rückzieher gemacht hatte, ist kaum ein Trost, denn sonst folgt sie auch in diesem Punkt Paulus weiter: Frauen habe in der katholischen Kirche nach wie vor nichts zu sagen.

Ich fühle mich in guter Gesellschaft – siehe oben die Zitate von Historikern, die mit aller Kraft versuchen, Worte Jesu als nicht so gemeint wie geschrieben zu interpretieren, ja sie sogar als nicht von ihm gesagt zu definieren. Das mag im Einzelfall sogar stimmen, aber ihre Beweggründe entsprechen ihrer eigenen ideologischen Position. Oder der ihrer Arbeitgeber. :D

Verstehe diese Frage nicht.

Ganz recht. Und im Rahmen dessen ist es unabdingbar, auf die Wirkung seiner Worte in diesen beinahe 2000 Jahren hinzuweisen. Bis du anderer Meinung?

Wo hast du das her? Ich kreide ihm kein individuelles Versagen an, denn er hat geschrieben, was er für richtig hielt. Aber seine Worte haben Wirkung gehabt – und haben sie bis heute. Für diese Wirkung kann er nichts, denn die haben seine Nachfolger zu verantworten. Diese zu beleuchten, kann auch unsere Aufgabe sein.

Wir sind dran. :D

Sexualfeindlich wäre, wenn Paulus sein persönliches Keuschheitsideal zur verbindlichen Messlatte für alle gemacht hätte. Genau das hat er aber nicht getan. Paulus hat durchaus Verständnis, wenn jemand sich dem nicht gewachsen fühlt. Ein solcher Jemand kann aber durchaus ein gottwohlgefälliges Leben führen und dabei nach Herzenslust rammeln, solange er das innerhalb der Ehe tut.

Vielleicht bin ich nicht mehr zu retten, aber Sexualfeindlichkeit fühlt sich etwas anders an für mich
 
Vielleicht bin ich nicht mehr zu retten, aber Sexualfeindlichkeit fühlt sich etwas anders an für mich
Ich habe es zitiert – Paulus sagt:

Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren.

Wieso ist das gut? Weil er Frauen für Nachfolgerinnen der Eva hält, die den Mann zur Sünde verführt hatte und nun befürchtet er, auch sie würden Männer zur Sünde, sprich zum Geschlechtsakt verführen?

Klar, auch er weiß, dass ohne das Rammeln, wie du es sagst, kein Nachwuchs entstehen kann, also beißt er in den sauren Apfel und erlaubt das, wenn es in der Ehe geschieht. Daran hält die Kirche bis heute fest: Sex nur in der Ehe, sonst ist er des Teufels.
 
Ich habe es zitiert – Paulus sagt:

Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren.

Wieso ist das gut? Weil er Frauen für Nachfolgerinnen der Eva hält, die den Mann zur Sünde verführt hatte und nun befürchtet er, auch sie würden Männer zur Sünde, sprich zum Geschlechtsakt verführen?

Klar, auch er weiß, dass ohne das Rammeln, wie du es sagst, kein Nachwuchs entstehen kann, also beißt er in den sauren Apfel und erlaubt das, wenn es in der Ehe geschieht. Daran hält die Kirche bis heute fest: Sex nur in der Ehe, sonst ist er des Teufels.

Ich weiß, dass traditionell denkende Katholiken das anders sehen, aber beispielsweise die Protestanten in Deutschland bilden meines Erachtens schon auch eine christliche Kirche, und keine, die Sexualität für Teufelszeug hält.
 
Ich habe es zitiert – Paulus sagt:

Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren.

Wieso ist das gut? Weil er Frauen für Nachfolgerinnen der Eva hält, die den Mann zur Sünde verführt hatte und nun befürchtet er, auch sie würden Männer zur Sünde, sprich zum Geschlechtsakt verführen?

Klar, auch er weiß, dass ohne das Rammeln, wie du es sagst, kein Nachwuchs entstehen kann, also beißt er in den sauren Apfel und erlaubt das, wenn es in der Ehe geschieht. Daran hält die Kirche bis heute fest: Sex nur in der Ehe, sonst ist er des Teufels.

Paulus war seiner Zeit eben weit voraus. In Zeiten von Me to#, in Zeiten in denen einerseits ein ehemaliges Staatsoberhaupt empfahl, sie "an der Möse zu packen (grab em at thei pussy" andererseits aber schon der bloße Verdacht genügt, eine Existenz zu vernichten und ein flotter Wetterfrosch trotz erwiesener Unschuld keine Wettervorhersagen mehr machen darf- ist doch der Rat von Paulus gar nicht mal so schlecht-

Wer keine Frau berührt, obwohl er sie vielleicht berührend findet, kann 1. seine Keuschheit leichter bewahren, und läuft auch 2. weitaus geringere Gefahr, dass ihm eine sexuelle Belästigung oder gar eine Vergewaltigung angehängt wird.

Die Hand wird er wohl schon noch einer Frau schütteln dürfen, der Paule.
 
Wieso ist das gut? Weil er Frauen für Nachfolgerinnen der Eva hält, die den Mann zur Sünde verführt hatte und nun befürchtet er, auch sie würden Männer zur Sünde, sprich zum Geschlechtsakt verführen?

Unwahrscheinlich. Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt, sagt Paulus, und dieser Mensch war Adam.

Wieso ist das gut?

Das schreibt er doch, Du hättest nur die von mir schon zitierten Stelle im Zusammenhang lesen müssen:

Was aber die Unverheirateten betrifft, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat. Ich meine, es ist gut wegen der bevorstehenden Not, ja, es ist gut für den Menschen, so zu sein. Bist du an eine Frau gebunden, suche dich nicht zu lösen; bist du ohne Frau, dann suche keine! Heiratest du aber, so sündigst du nicht; und heiratet eine Jungfrau, sündigt auch sie nicht. Freilich werden solche Leute Bedrängnis erfahren in ihrem irdischen Dasein; ich aber möchte sie euch ersparen. Denn ich sage euch, Brüder: Die Zeit ist kurz. Daher soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine...
 
die Protestanten in Deutschland bilden meines Erachtens schon auch eine christliche Kirche, und keine, die Sexualität für Teufelszeug hält.
Klar. Deswegen sagte wohl der gegenwärtige Papst zu den Reformversuchen der deutschen Laien und mancher Bischöfe – Zitat: "Es gibt eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland. Wir brauchen nicht zwei von ihnen." :)

Paulus war seiner Zeit eben weit voraus.
(...)
Wer keine Frau berührt, obwohl er sie vielleicht berührend findet, kann 1. seine Keuschheit leichter bewahren, und läuft auch 2. weitaus geringere Gefahr, dass ihm eine sexuelle Belästigung oder gar eine Vergewaltigung angehängt wird.
So habe ich das noch nicht gesehen. :cool:

Allerdings war damals in Griechenland von einer Stimmung wie jetzt in den USA nichts bekannt. Ehefrauen waren zum Haushaltführen und Kinderkriegen da, mit den anderen hat man sich amüsiert und, wenn sie gebildet waren, diskutiert. Paulus schwebte ein Frauenbild vor, dass später auch unter KKK bekannt wurde: Kinder, Küche, Kirche. Allerdings war damit eine Kirche gemeint, in der Frauen fürs Schmücken dieser mit Blumen zuständig waren, ansonsten aber auf der linken (d.h. schlechten) Seite Platz nehmen durften. :confused:

Ich meine, es ist gut wegen der bevorstehenden Not, ja, es ist gut für den Menschen, so zu sein.
Es kann schon sein, dass er dachte, das Ende der Welt sei nah. Aber als dieses nicht kam, hätten seine Nachfolger seine misogynen Aussagen ja abmildern können. Sie haben das nicht getan und beharren darauf bis heute: Frauen haben in der Gemeinschaft der Gläubigen – also in der (katholischen) Kirche – zu schweigen. :mad:
 
Was soll dieses "geschlußfolgert"? Wenn sich die katholische Kirche beim Ausschluss der Frauen auf Paulus beruft, also auf fast 2000 Jahre alten Text, soll man das einfach ignorieren?

Seine Bedeutung für das Christentum war und ist enorm – leider auch im negativen Sinn. Das ist Fakt.
 
Wieso ist es schlecht für den Mann, eine Frau zu berühren? Weil er ein Misogyniker war!
Das ist eine falsche Schlussfolgerung. Eine zölibatäre oder asexuelle Lebensweise hat nichts mit Hass auf fas jeweils andere Geschlecht zu tun. In dem einen Fall ist es das sexuelle Bedürfnislosigkeit, in dem anderen Fall ist es der freiwillige Verzicht, weil man sich etwas vermeintlich höherem widmen möchte.

dass andere sich seine Meinung für eigen machten und machen, selbst jetzt, nach all der Aufklärung, das können wir anprangern, denn sagt keiner was, wird es weiter so gehen wie bisher.
Das ist religionspolitischer Aktivismus und hat mit historischer Diskussion nichts mehr zu tun.
 
Dieser Faden trägt die Überschrift „Paulus Bedeutung für das Christentum“, aber wenn man hier zeigt, wie seine Schriften bis heute wirken, ist das für dich „religionspolitischer Aktivismus“. Du verlangst damit nichts anderes, als dass man solche Fakten schweigend übergeht. Das kann nicht dein Ernst sein.
 
Dieser Faden trägt die Überschrift „Paulus Bedeutung für das Christentum“, aber wenn man hier zeigt, wie seine Schriften bis heute wirken, ist das für dich „religionspolitischer Aktivismus“.
Du hast ausdrücklich geschrieben:
„...selbst jetzt, nach all der Aufklärung, das können wir anprangern, denn sagt keiner was, wird es weiter so gehen wie bisher.“
Das ist Aktivismus in Reinkultur, das kannst du drehen und wenden wie du willst.

Ich weise dich ganz ausdrücklich auf die Forenregeln hin: persönliche Glaubensbekenntnisse haben hier im Forum nichts verloren.

Du verlangst damit nichts anderes, als dass man solche Fakten schweigend übergeht. Das kann nicht dein Ernst sein.
Das ist in der Tat falsch.
 
Ich sagte ja schon, dass ich Stehvermögen in einer Diskussion schätze, und zum Stehvermögen gehört nun einmal ein gewisses Maß an Sturheit dazu.

Zu einer historischen Diskussion gehört aber auch dass man auf der Basis von historischen Quellen argumentiert. Natürlich auch auf der Basis von christlichen Quellen-
Es ist aber in bisschen dürftig, nur auf der Basis persönlicher Bibelauslegung zu argumentieren. Empörung

Es geht um Paulus und seinen Einfluss auf das Christentum. Im 1. Jahrhundert nach Christus gab es erste christliche Gemeinden in Kleinasien und Griechenland und relativ bald in Rom. Die Göttinger Althistorikerin Helga Botermann vertrat die These, dass vom Judenedikt des Claudius mehrheitlich Judenchristen betroffen waren. Es wird in zeitgenössischen Texten der Ausdruck Ekkleisia (Versammlung) gebraucht, man kann von einem frühen Christentum sprechen, meinetwegen von einer frühen Kirche, aber die eine Römisch Katholische Kirche das war damals wirklich Zukunftsmusik. Latein wurde Kirchensprache erst zu Augustinus Zeiten. Von einem Klerus konnte noch keine Rede sein, und das Zölibat wurde erst im Mittelalter eingeführt

Hier im Thread geht es um Paulus Einfluss auf das Christentum nicht um eine Damnatio memoria der katholischen Kirche.
 
Von einem Klerus konnte noch keine Rede sein, …
Klar, und die ersten 2-3 Jahrhunderte stehen hier auch nicht zu Debatte.

Zur Debatte stehen bestimmte Lehren der Kirche(n), die bis zum heutigen Tag mit Paulus begründet werden. Zum Beispiel die Ablehnung der außerehelichen Sexualität – man hat bis zur Ehe keusch zu leben, sonst sündigt man. Und wer homosexuell ist, darf nicht heiraten und dementsprechend auch seine Sexualität nicht ausleben.

In einem Wort: Verboten ist jede sexuelle Handlung, die nicht der Zeugung dient – auch für Eheleute.

Nachzulesen in 1 Kor 5,1-13; 1 Kor 6,9-10; 1 Kor 6,13; 1 Kor 6,15-16; 1 Kor 7,1 und 7; 1 Kor 7,4; 1 Kor 7,8 und 27 und 38; 1 Kor 11,3; Röm 1,26-27 und vielleicht noch an anderen Stellen, aber das sollte reichen.

Dass die Frauen sich ihren Männern unterordnen sollen (Epheser 5,22-24), lehrt die katholische Kirche bis heute - als wären seitdem nicht beinahe 2000 Jahre vergangen.

Und dass Frauen in der Kirche schweigen sollen, gilt heute auch noch. Aber darüber haben wir schon geschrieben. Mit wenig Effekt, weil ich mir erlaubt habe, als Folge auf eine abscheuliche 300-jährige Praxis der Kirche hinzuweisen. Anderes dauert fort: Nicht einmal Diakonissen sind erlaubt, obwohl Paulus sie kannte und achtete (Röm 16,1) – sein Wort über das Schweigen ist in der katholischen Kirche wichtiger.
 
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