Pidgins und Kreolsprachen

Nach dieser Konstruktion könnten z.B. die romanischen Sprache so entstanden sein, allerdings bleibt fraglich, warum die (keltischen, iberischen, dakischen, germanischen) Kinder nicht primär erst mal ihre Muttersprache gelernt haben sollten.
Auf der anderen Seite kann man sich aber in der Tat fragen, ob nicht Kreolisierung der ganz normale Sprachentwicklungsprozess bei der Radiation einer Grundsprache in Tochtersprachen ist ...
Meist sind ja Glossen die ersten Hinweise darauf, dass der Sprecher der Tochtersprache die Muttersprache nicht mehr ohne weiteres versteht. Diese Glossen sind aber ein Phänomen hauptsächlich des frühen Hochmittelalters. Das spricht gegen eine Bildung der Romania aus Kreolsprachen auf Basis des Lateinischen.

Ein Blick ins Web zeigt, dass der Begriff "Kreolisierung" in einem weiten Sinne verwendet wird, auch außersprachlich, und manchmal nur im allgemeinen Sinne von "Mischkultur".
Eigentlich ist der Begriff kreol- ja noch offener. Ursprünglich kommt er vom portugiesischen crioulo.
Die DRAE nennt für das spanische criollo sieben unterschiedliche, z.T. sich widersprechende Bedeutungen:
1. In den amerikanischen Kolonien geborener Europäer.
2. In den amerikanischen Kolonien geborener Schwarzafrikaner.
3. In einem lateinamerikanischen Land geborene Person mit spezifisch lateinamerikanischen Charakteristika.
4. Eingeborener eines lateinamerikanischen Landes.
5. Etwas Lateinamerika eigenes. (mir fällt da Pabellón criollo ein, ein karibisches Gericht mit schwarzen Bohnen, Hühnerfleisch, Reis und Kochbanane)
6. Die hier gefragte Definition, die sich weitgehend mit dem von deSilva geschriebenen deckt:
Bei der Entstehung der heute "kreolisch" genannten - und gerade aussterbenden - Sprachen stand allerdings eine Besonderheit im Vordergrund, die ich oben nicht genannt hatte:

Die Kinder, die Kreolisch "erfinden", stammen aus sprachlich inhomogenen Gruppen (zusammengeraubte Sklaven, aus verschiedenen Gebieten zusammengekommene Plantagenarbeiter); es muss sozusagen als eine "Mikro-Verkehrsprache" dienen.
Das DRAE drückt das so aus: "Criollo sagt man zu Sprachen, die in Gemeinschaften entstanden sind, welche gezwungen waren mit Gemeinschaften anderer Zunge zusammenzuleben und sind aus Elementen beider Sprachen zusammengesetzt. Man benutzt den Begriff insbesondere für Sprachen, die sich auf Basis des Spanischen, Französischen, Englischen, Holländischen oder Portugiesischen gebildet haben, gemeinsam mit afrikanischen oder indigenen Sprachen ursprünglich kolonialisierter Gebiete."
Die siebte Definition für criollo ist ein kubanischer/s Volkstanz/lied.

Aber den Übergang von klassischem Latein, Spätlatein, zu den italienischen Dialekte ist total durchsichtig: Spätantike Tendenzen der Sprachvereinfachung und geänderte Aussprachegewohnheiten setzen sich fort.
Vorsicht mit den Begrifflichkeiten! Spätlatein ist ein sehr unglücklicher Begriff, besser ist Vulgärlatein. Das wurde nämlich auch vor und während der klassischen Epoche gesprochen!
 
Man benutzt den Begriff insbesondere für Sprachen, die sich auf Basis des Spanischen, Französischen, Englischen, Holländischen oder Portugiesischen gebildet haben, gemeinsam mit afrikanischen oder indigenen Sprachen ursprünglich kolonialisierter Gebiete.
Ich dachte eigentlich eher, Kreolsprachen bildeten sich vor allem dort, wo "entwurzelte Plantagenarbeiter" unterschiedlicher Herkunft landeten, z.B. Westindien oder Hawaii. Die zweite Generation "einigte" sich dann auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner unter Verwendung der Sprache der Kolonialherren als Basissubstrat. Bei einer starken indigenen Bevölkerung kam es weniger zu diesem Phänomen.
 
Ich dachte eigentlich eher, Kreolsprachen bildeten sich vor allem dort, wo "entwurzelte Plantagenarbeiter" unterschiedlicher Herkunft landeten, z.B. Westindien oder Hawaii. Die zweite Generation "einigte" sich dann auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner unter Verwendung der Sprache der Kolonialherren als Basissubstrat. Bei einer starken indigenen Bevölkerung kam es weniger zu diesem Phänomen.
Was sind denn die schwarzafrikanischen Sklaven gewesen? Willkürlich mit anderen Schwarzafrikanern anderer Zunge, weniger mit indigener Bevölkerung, zusammengepfercht. Befehlssprache war die Sprache der Kolonialherren, somit Basissubstrat oder auch -adstrat
Im Übrigen gibt es den ganz interessanten Fall einer karibischen* Indianersprache (wenn ich bloß wüsste, welche es ist!) welche heute von in LA lebenden Schwarzen gesprochen wird: Entlaufene Sklaven verschiedener Provenienz wurden von dem entsprechenden Stamm - der allerdings im Aussterben begriffen war, assimiliert und übernahmen dessen Sprache. Nach und nach überwog das afrikanische Element im Aussehen des ursprünglichen Indianerstammes.


*hier rein geographisch gemeint, da caribe ja auch eine Sprachfamilie bezeichnet! Es kann aber sein, dass es sich tatsächlich um eine Sprache aus der karibischen Familie handelt.
 
Die Garifuna sind mir auch eingefallen, aber ich stolpere noch über ElQs Zusatz, daß er eine heute in L.A. lebende Gruppe meint. Die Garifuna leben ja in Honduras/Belize. (Übrigens ist die von bb verlinkte Seite ausgezeichnet und ich kann sie nur wärmstens empfehlen!)
 
Nicht L.A. (Los Angeles), sondern LA (Lateinamerika)! Da gehören Honduras und Belize (Okay, dort ist Engl. Amtssprache...) dazu.
 
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