Pilum

Legat

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Ein römischer Legionär hatte ja immer zwei Pila bei sich. Ich hab mal gelesen dass es immer ein leichtes Pilum und ein schweres Pilum war. Wozu?
Und wie wurden die in der Schlacht mit sich geführt?
Eine Hand war ja frei. Hat man damit beide Pila gehalten und beim Werfen das eine in den Boden gesteckt wärend man das andere warf?
Man wird ja wohl nicht beide kurz hintereinander geworfen haben, oder doch?
Und was macht man, wenn man keine Zeit zum werfen hat? Einfach fallen lassen und zum Gladius greifen?
Im Computerspiel Rome: Total War halten die Legionäre beide Pila mit der Schildhand wärend sie rechts das Gladius halten. Halte ich für fragwürdig, denn so weit ich wieß war der Griff des Scutums waagerecht, was ein Greifen eines senkrechten Stabes (und dann auch noch zwei) doch ziemliche Handakrobatik verlangen würde.

Gut es dazu was?
 
Geh' doch mal auf einen "Römerevent" und probiere es aus. Wenn es tatsächlich ein schwereres und ein leichteres gegeben hat und mit beiden gekämpft wurde (und nicht nur eines Ersatz war) dann warf man zuerst das leichtere über eine größere, dann das schwerere über eine kürzere Distanz.
Natürlich hält man nicht beide Pila mit der Schildhand und das Gladius mit der Schwerthand. Erst nach der "Pila-Salve" wird mit der nun freien Hand das Schwert gezückt.
 
Ok das macht Sinn. Also hat man auf jeden Fall beide Pila geworfen, sobald sich Gelegenheit dazu ergab?
 
Ehrlich: ich weiss es nicht. Ein normales Pilum ist bereits so groß und schwer, dass ich mir schlecht vorstellen kann, davon noch ein weiteres mit herumzuschleppen.
Aber ich bin auch ein neuzeitliches Weichei und kein antiker Herkules.
 
So viel ich weiß, besaßen die Legionäre der Republik zwei Pila, ein Leichtes und ein Schweres, die nacheinander (zuerst leicht, dann schwer) geworfen wurden.
Im 1. Jhr.n.Chr. tauchten dann meist nur noch ein Pilum auf den Darstellungen auf, das schwere, u.a. zu sehen auf der Trjanssäule:

http://www.thorsberg-miniatures.de/art_figuren/art_1/rom-mil-4.jpg

Zu Rome Total War: Das Spiel ist hinsichtlich der Ausrüstung nicht sooo realistisch. Die Gladii ähneln eher zu lang geratenen Wurstmessern und die Legionäre können 3 Salven Pila feuern, die immer wieder aus dem Nichts in ihren Händen auftauchen ;-)
 
Wichtig zu vermerken ist, dass der Pilum nicht vorwiegend für die direkte Tötung der Feinde eingesetzt wurde, sondern vor allem, um die Schilde der Feinde zu beschädigen und unbrauchbar zu machen.
 
Und nicht nur das. Sinn und Zweck der Waffe war es, geschossen auf die gegnerische Frontlinie, eben jene Schildformation zu brechen. Ein Pilum hat diesen spitzen Metalleinsatz auf dem Speer aufgesetzt. Wird nun dieser durch das Schild des Gegners geschossen, verhakt er sich und zwingt den Kämpfer das Schild abzulegen, oder eben setzt ihn auf unbeweglich. Keine Formation mit diesen Durcheinander hält lang.
 
Die Spitze bestand auch aus weichem Metall, das sichschonbeileichter Krafteinwirkung verbog. Die vorderste Spitze (diese kleine Pyramide) war sogar so beschaffen, dass sie den Schild derart durchschlug, dass das Holz nicht splitterte und sich hiter der Spitze wieder schloss, so dass man das Pilum noch schlechter wieder herausgezogen bekommt.

Später wurde einer der zwei Zapfen, mit dem die Metallspitze am Holzschaft angebracht wurde nicht mehr aus Metall hergestellt, sondern aus Holz. Dieser zerbrach beim Aufprall, sodass der Schaft abknickte und zusätzlich behinderte.
Auch bekam das Pilum über dem "Griff" noch eine massive Kugel um die Aufprallwucht zu erhöhen.

Wie man sieht steckt dahinter richtig High-Tech :)
 
Nunja, vieles davon ist klingt als "Standartisierung", das meiste dagegen kann so kaum gesehen werden.
Plutarch ist es, der uns über die Maßnahme des Marius berichtet, eine Niete durch eine Holzniete zu ersetzen. Der ein oder andere Fund späterer Zeit deutet jedoch nichts dergleichen an, bei vielen wissen wirs einfach nicht.

Eigene Versuche haben auch mehr als eine "Zone" des Verbiegens aufgestellt.

Auch die Kugeln sind nicht obligatorische Weiterentwicklungen, so wie sie auf dem, übrigens von der Trajanssäule stammenden Fries im o.g. Link zu sehen ist.
Wie Deschler-Erb u.a. schon darstellte, ist eine scheinbare Weiterentwicklung eher vom Zungen- zum Tüllenpilum anzunehmen, als von einer "leichten" zu "schweren" Variante.
Ich hoffe das hilft etwas weiter.
 
Die beabsichtigte Wirkung des Pilums dem Gegner die Verwendung seines Schildes zu verwehren erschließt sich besonders leicht wenn man sich die klassische römische Fechtweise vor Augen hält. Dabei wurde der Körper durch einen vorgehaltenen, (entsprechend sehr großen) Turmschild geschützt, während der Legionär selbst mit seinem Kurzschwert, dem Gladius zustach. Im Avatar von Tib.Gabinius ist die Größe dieses Schildes gut zu erkennen. Man kann sich vorstellen wie viel verletzlicher ein Krieger ohne ein solches Schild ist. Bei Kriegern die selbst keine Körperrüstung tragen, bedeutet der Verlust des Schildes entsprechend keinerlei Körperschutz zu haben.
 
Da die Römer in der Zeit der frühen und mittleren Republik besonders oft gegen hellenistische Staaten kämpften (Makedonenkriege etc.) war das Pilum auch eine starke Waffe, um die Hoplitenphalanxen des Gegners durcheinanderzubringen und ihrer großen Rundschilde zu berauben.
 
Das mag ja zutreffen, wenn es um hellenistische Gegner ging.
Aber Germanen, Kelten u. a. Stammeskrieger ohne Körperschutz mit Weidenschilden? Da muß das Pilum eine tödliche Wunderwaffe gewesen sein, zumindest in offener Feldschlacht.
Gegen Kavallerie dagegen erschließt sich mir nicht so recht der Nutzen. Eine anreitende Front schwerer Panzerreiter (Parther, Sarmaten) ließ sich auf die kurze Wurfentfernung wohl kaum noch bremsen und berittene Bogenschützen hielten sich immer hübsch fern.
 
Gegen Kavallerie dagegen erschließt sich mir nicht so recht der Nutzen. Eine anreitende Front schwerer Panzerreiter (Parther, Sarmaten) ließ sich auf die kurze Wurfentfernung wohl kaum noch bremsen und berittene Bogenschützen hielten sich immer hübsch fern.

Soo schwer gepanzert waren die Panzerreiter dann auch nicht. Arrian beschreibt in der "Schlachtordnung gegen die Alanen", wie er eben deren Panzerreiter mit einer Aufstellung von Lanzen, Pila, Wurfspießen und Bogenschützen stoppte - aber andererseits waren das natürlich nicht nur Pila.
 
Und selbst wenn ein Pilum die Rüstung eines Kataphraktes nicht durchschlagen konnte, eine Formation in Unordnung bringen kann eine geballte Salve denke ich schon.
 
Soo schwer gepanzert waren die Panzerreiter dann auch nicht. Arrian beschreibt in der "Schlachtordnung gegen die Alanen", wie er eben deren Panzerreiter mit einer Aufstellung von Lanzen, Pila, Wurfspießen und Bogenschützen stoppte - aber andererseits waren das natürlich nicht nur Pila.

Da waren aber garantiert nicht nur römische Legionäre, sondern auch anders gerüstete fremde verbündete Truppen (Armenier?) dabei.

Eine Pilumsalve stoppt anreitende Kataphrakten kaum, die Entfernung (10 Meter) ist zu kurz, nur das vorderste Glied kommt in der kurzen Zeit überhaupt dazu, die Weicheisenspitze durchschlägt wohl nur ausnahmsweise und dann ist der Feind gleich da...
 
Kataphrakten waren keine unbesiegbare Wunderwaffe obwohl die Panzerung schon beeindruckend war.
Siehe hier ein Kataphrakt aus dem 3. Jhd., oder hier einer aus dem 4.-5. Jhd (schönes Lebendbild, nicht war?).
Man muss bedenken daß Pferde normalerweise nicht in eine geschlossene Menschenmenge hineinrennen. Dieses Problem stellte sich immer wieder in der Geschichte.
Die schwere Panzerung sollte in erster Linie dem Schutz von Pferd und Reiter dienen und nicht die Durchschlagskraft erhöhen. Der Trick bestand darin den Gegner dazu zu bringen seine Formation aufzulösen, dann hatte ein Reiterangriff eine Chance auf Erfolg.
Dazu kam daß man solch schwergepanzerte Reiter nicht in rauhen Mengen zur Verfügung hatte, durch das hohe Gewicht ermüden die Pferde schneller, man braucht dann genügend Ersatzpferde. Also eine teure Angelegenheit.
 
Besonders die Kelten trugen sehr wohl Schilde,die in ihrer Machart (verklebtes Holz, Leder und einen metallenen Schildbuckel) dem römischen sehr ähnlich waren. Da der gewöhliche keltische Krieger wohl ohne Rüstung auskommen musste, machte dies den Verlust des Schildes (der einzigen Schutzwaffe) umso schwer wiegender.

Das Pilum (wie eigentlich die gesamte rämische Taktik inkl. Ausrüstung) ist primär auf den Zusammenstoß feindlichen Fußkämpfern ausgelegt; immerhin waren die meisten Gegener Roms in republikanischer Zeit vorwiegend zu Fuß unterwegs, wie die Römer selber.
 
Besonders die Kelten trugen sehr wohl Schilde,die in ihrer Machart (verklebtes Holz, Leder und einen metallenen Schildbuckel) dem römischen sehr ähnlich waren. Da der gewöhliche keltische Krieger wohl ohne Rüstung auskommen musste, machte dies den Verlust des Schildes (der einzigen Schutzwaffe) umso schwer wiegender.

Das Pilum (wie eigentlich die gesamte rämische Taktik inkl. Ausrüstung) ist primär auf den Zusammenstoß feindlichen Fußkämpfern ausgelegt; immerhin waren die meisten Gegener Roms in republikanischer Zeit vorwiegend zu Fuß unterwegs, wie die Römer selber.

Ich denke, so edle Designerteile hatten Vercingetorix und Co., nicht aber der Hobbykämpfer aus dem Massenaufgebot.
Weiss eigentlich jemand etwas über unterschiedliche Bewaffnungen und Taktiken der Römer in Mitteleuropa im Vergleich zum Orient? Sinn würde es machen, die Rheinlegionen standen m.W. ja über Generationen an einem Garnisonsort, sicher auch in Syrien nicht anders.
 
Manche Legionen wurden munter hin- und herverlegt.
Die Bewaffnung änderte sich zeitlich, nicht so sehr räumlich.
So verschwand das Pilum als Standardwaffe in 3. Jhd., Wurfspeere blieben aber in Gebrauch, allerdings leichtere Modelle mit größerer Reichweite.
Dies erlaubte die von Mummius schon genannte Taktik gegen Reiterangriffe, man empfing den Gegner mit einem längeren Geschoßhagel.
Auch der Gladius wurde um 200 durch die längere Spatha ersetzt.
Der rechteckige gewölbte Schild wurde ebenfalls um diese Zeit allmählich durch flache Ovalschilde abgelöst.

Regional angepasst waren z. B. der Anteil der Kavallerie und Spezialtruppen wie berittene Bogenschützen oder Kamelreiter.

Bezüglich der keltischen Schilde kann ich Reinecke nur zustimmen.
 
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Weiss eigentlich jemand etwas über unterschiedliche Bewaffnungen und Taktiken der Römer in Mitteleuropa im Vergleich zum Orient? Sinn würde es machen, die Rheinlegionen standen m.W. ja über Generationen an einem Garnisonsort, sicher auch in Syrien nicht anders.

Im Grunde richtig, im Detail falsch.
Allein die LEG I Minervia in Bonn hat mindestens 2 Partherfeldzüge ganz oder in vexilationes mitgemacht.
Dabei taucht im 2. Jh.n.Chr. ein Weihestein auf, der den Kampf bildlich darstellt und noch immer scutum und schwere Körperpanzerung darstellt, während sich in den Wehranlagen von Dura Europos aus dem 3. Jh.n.Chr. ebenfalls deutliche Hinweise auf scuta finden, aber Ovalschilde dominieren.

Auch weisen die Quellen in ihren Feldzugsbeschreibungen nicht darauf hin, dass bestimmte direkte Taktiken zur Anwendung kamen, die besonders exklusiv gewesen wären.
 
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