Priesterinnen

Zuindest diese Beiden beschäftigen sich nicht mit dem Jahre 9, sondern eben mit der Religionsgeschichte undrein damit verbunden den Göttern und dem Götterglauben. ;)
 
askan schrieb:
Bedeutet dies jetzt das man auch Newton und Einstein verwerfen muss, nur weil es mittlerweile mehr Erkenntnisse gibt?

Ich habe nichts von "Verwerfen" geschrieben, sondern von "Berücksichtigen", daß es sich um Pioniere handelt. Es tut der Pionierleistung keinen Abbruch, wenn ich in Rechnung stelle, daß heute zahlreiche Detailfragen anders beantwortet werden als vor hundertzwanzig Jahren.



Liminith schrieb:
Die Quellenlage hat sich hier bei der germanischen Religionsgeschichte doch nicht in den letzten 100 Jahren entscheidend verändert, sodaß von einer Neubwertung ausgangen werden muß.

Die Quellenlage zur vergleichenden Religionswissenschaft (um die ging es hier) hat sich sehr wohl geändert, darüber hinaus auch die Quellenlage zur Indogermanistik, die archäologischen Befunde und einiges andere mehr.
 
Darf ich bescheiden fragen, welche Quellen zur germanischen Religionsgeschichte hinzugekommen sind? Ich meine, daß z.B.die Edda vor 100 Jahren noch dieselbe im Wortlaut ist, wie heute.
Aber vielleicht liege ich auch falsch. :S
 
Liminith schrieb:
Darf ich bescheiden fragen, welche Quellen zur germanischen Religionsgeschichte hinzugekommen sind? Ich meine, daß z.B.die Edda vor 100 Jahren noch dieselbe im Wortlaut ist, wie heute.
Aber vielleicht liege ich auch falsch. :S

Ich nehme an, die Frage bezog sich nicht auf meinen Beitrag.

hyokkose schrieb:
Die Quellenlage zur vergleichenden Religionswissenschaft (um die ging es hier) hat sich sehr wohl geändert
 
Hallo miteinander,

obgleich es bereits vorher schon geschrieben wurde, hier noch einmal ein Text aus der dtv Reihe.
Anm.: es ist ein sehr grober Überblick, deckt sich aber weitgehend mit dem, was auch in verschiedenen Lexika zur Religionsgeschichte und in neueren Büchern zur altgermanischen Mythologie (wenngleich in diesen Werken viel detaillierter und differenzierter) nachzulesen ist.

Religion
Neben den Fruchtbarkeitsgöttern ("Vanen") Njörd (identisch mit Nerthus, der Muttergöttin), Frey und Freya stehen die Asen. Gewöhnlich werden drei Götter genannt: Wodan (Odin), Totengeleiter und Herr des Zaubers, später Kriegsgott, dessen ekstatischer Kult auf die Herkunft aus dem Osten (Reiten auf dem Pferd) weist; Thor (Donar), der Beschützer der Bauern gegen die Riesen, und Tiwaz (Ziu, Tyr), der Kriegsgott, der im Norden mit Odin konkurriert.
Die Götter werden in Kultfesten gefeiert, die periodisch vom Stamm oder nach siegreich beendeten Kriegen in bestimmten Kultbezirken veranstaltet werden: Schlachtung von Opfertieren und gemeinsames Kultmahl mit Gesängen und Tänzen. Die Kultbezirke sind heilige Haine, Berge und Plätze an heiligen Bäumen, Quellen und Steinen. Daneben gibt es Tempel mit Idolen aus Holz oder Metall, später unter fremden Einfluß auch Götterbilder.
Durch Orakel wird der Wille der Götter erforscht. Politisches Amt und Kultamt liegen in einer Hand; kein Priestertum.

Sieht man von einigen - wie ich finde - etwas unglücklichen Formulierungen ab und betrachtet es als Grobüberblick sowie als Einstieg in die Materie, so ergibt sich dennoch bezogen auf das Thema eine klare Aussage: Priester i.d.S. gab es nicht, sondern dies wurde durch das Stammesoberhaupt wahrgenommen. Und dieser war entsprechend dem patriarchalen Aufbau ihrer Gesellschaft ein Mann, welcher von den anderen Männern gewählt/ernannt wurde.

Noch eine Anmerkung zu Werken von Historikern des 19. und der 1. Hälfte des 20. Jh. zum Thema Germanen: sehr vorsichtig damit umgehen, denn viele der dort zu findenden Aussagen sind mittlerweile überholt. Als Beispiel nenne ich nur den Punkt der Christianisierung... das wäre aber wieder ein anderes Thema.

In diesem Sinne

Timo
 
Zuletzt bearbeitet:
askan schrieb:
Irgendwer hat berichtet das es alte Frauen waren die aus dem Blut gepopferter Gefangener die von den Göttern gewollte Richtung der Wanderung herauslasen. War das beim Zug der Kimbern oder hat es Jordanes über die Goten geschrieben ? Ich weiß es nicht mehr!

Ebenso las ich es auch in meinem Buch "Germania" . Die Priesterinnen brachten angeblich Menschenopfer dar ,indem sie die Gefangenen schmückten und über einem großen Erzkessel die Kehle aufschnitten ,um daraufhin aus ihrem Blut Weissagen zu machen :)
 
Hallo Fenris,

bezüglich der genannten Literaturquelle...

Fenris Mjöllnir schrieb:
Ebenso las ich es auch in meinem Buch "Germania" . Die Priesterinnen brachten angeblich Menschenopfer dar ,indem sie die Gefangenen schmückten und über einem großen Erzkessel die Kehle aufschnitten ,um daraufhin aus ihrem Blut Weissagen zu machen

Das von Dir genannte Buch gehört leider in die fragliche Zeit (19./1.H. 20.Jh. - vgl. Aussagen weiter oben) und sollte dementsprechend mit Vorsicht gelesen werden. Aber Du schreibst ja auch "angeblich" - also dies deshalb nur als Anmerkung... ;)

Noch eine Aussage aus der neueren Fachliteratur (Herder Lexikon "Germanische und keltische Mythologie"), welche die von mir zuvor bereits angeführte Textstelle noch weiter verschärft...

... Einen eigenen Priesterstand gab es nicht, und im Normalfall existierten auch keine Tempel. Der Tempel von Uppsala, den Adalbert von Bremen beschreibt, gehört zu den Sonderfällen...

In diesem Sinne

Timo
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Timotheus,
wenn es bei den Germanen keinen Priesterstand gab und der Tempel in Upsala in Schweden eine Ausnahme war, dann stellt sich doch die Frage, ob die Germanen in ihrer Kiltur es noch nicht bis zu einem Priesterstand gebracht hatten oder ob sie keine Priester haben wollten?
Festzustellen bleibt, dass die benachbarten Kelten mit den Druiden durchaus einen Priesterstand hatten, der auch als Arzt tätig war.
 
Lieber Heinz,

ich hatte es doch in meinem Beitrag zuvor schon geschrieben: das politische Amt und das Kultamt lagen in einer Hand, sprich - das Stammesoberhaupt übte kultische Handlungen aus.

Viele Grüße

Timo
 
timotheus schrieb:
Hallo Fenris,


Noch eine Aussage aus der neueren Fachliteratur (Herder Lexikon "Germanische und keltische Mythologie"), welche die von mir zuvor bereits angeführte Textstelle noch weiter verschärft...

Einen eigenen Priesterstand gab es nicht, und im Normalfall existierten auch keine Tempel. Der Tempel von Uppsala, den Adalbert von Bremen beschreibt, gehört zu den Sonderfällen...
Dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Nordgermanische_Religion
Unterüberschrift: "Religiöse Praxis".
 
fingalo schrieb:

Demnach ist also die Existenz von eigenen Tempeln inzwischen gänzlich widerlegt.
Die von mir genannte Literatur ist aus den Jahren 1993 bzw. 1999; sicher kann einiges dann inzwischen von der neuesten Forschung widerlegt sein...
Zum Punkt des eigenen Priesteramtes oder gar zu Priesterinnen habe ich in dem Text allerdings nichts finden können bzw. interpretiere ich die betreffende Textpassage schon in Richtung meiner bisherigen Aussage, daß kultische Handlungen vom Stammesoberhaupt ausgeführt wurden. Oder habe ich da etwas überlesen?
 
timotheus schrieb:
Oder habe ich da etwas überlesen?
Hast Du nicht.
Nichtexistierende Einrichtungen werden in der Regel nicht genannt. Sie hatten auch keinen Papst. Steht auch nicht in dem Artikel.:rolleyes:

Übrigens: Der Artikel ist eine Zusammenfassung aus "Aschehougs Norges Historie" 12 Bde (Oslo 1995), die ich da eingestellt habe.
 
Fenris Mjöllnir schrieb:
Ebenso las ich es auch in meinem Buch "Germania" . Die Priesterinnen brachten angeblich Menschenopfer dar ,indem sie die Gefangenen schmückten und über einem großen Erzkessel die Kehle aufschnitten ,um daraufhin aus ihrem Blut Weissagen zu machen :)

Da ist schon was wahres dran, Fenris. Auf den von dir geschilderten Vorgang deutet nämlich der berühmte Silberkessel von Gundestrup hin, der aus dem 1./2. Jh. v. Chr. stammt, und im Nationalmuseum Kopenhagen ausgestellt ist.

Dieses Silbergefäß mit einem Durchmesser von 69 cm und einer Höhe von 42 cm ist innen und außen mit vergoldeten Silberplatten besetzt und wird allgemein als Kultgefäß betrachtet. Die Silberplatten zeigen nämlich Tierfiguren, eine Götterdarstellung, den Kampf mit einem Stier, Kultprozessionen und schließlich Menschenopfer. Einige Historiker sind daher der Ansicht, dass der Kessel das Blut von Kriegsgefangenen auffangen sollte, denen man die Kehle durchschnitt. Dieses Ritual - so die Ansicht einiger - soll vornehmlich von Weisen Frauen durchgeführt worden sein.

Wie auch immer: rituelle Menschenopfer hat es wohl gegeben, was die Darstellungen des Kessels deutlich zeigen.

Herkunft, exakte Deutung und Entstehungszeit des Kessels sind bis heute umstritten und viele sind der Ansicht, dass es sich um keine germanische, sondern um eine ostkeltische Arbeit handelt.
 
@fingalo & Dieter

Ich muß wohl leider doch deutlicher werden als beabsichtigt... :winke:

fingalo schrieb:
Nichtexistierende Einrichtungen werden in der Regel nicht genannt. Sie hatten auch keinen Papst. Steht auch nicht in dem Artikel.

Das ist mir schon klar, daß Nichtexistentes nicht genannt bzw. nicht belegt ist.
Da Du jedoch meine Aussage

Einen eigenen Priesterstand gab es nicht, und im Normalfall existierten auch keine Tempel. Der Tempel von Uppsala, den Adalbert von Bremen beschreibt, gehört zu den Sonderfällen...

als solche widerlegen wolltest und dies zugegebenermaßen lediglich für den zweitrangigen Teil (Tempel) und nicht für den in diesem Thema erstrangigen Teil (Priesterstand) tun konntest, finde ich das schon etwas merkwürdig :(
Zumal die Unterschiede in den Aussagen zu den Tempeln mE nach nur eine weitere Einengung sind von "im Normalfall nicht, nur in Sonderfällen" zu eben "überhaupt nicht".

Kurzum: Du kannst zwar meine Aussage zu den Tempeln widerlegen, nicht aber die - eigentlich hier essentielle - zur Nichtexistenz eines Priesterstandes bzw. von Priesterinnen. Denn wie Du richtig schreibst, ist von Priestern genausowenig die Rede wie von einem Papst!

Dieter schrieb:
Auf den... geschilderten Vorgang deutet nämlich der berühmte Silberkessel von Gundestrup hin, der aus dem 1./2. Jh. v. Chr. stammt...

Dieses Silbergefäß mit einem Durchmesser von 69 cm und einer Höhe von 42 cm ist innen und außen mit vergoldeten Silberplatten besetzt und wird allgemein als Kultgefäß betrachtet. Die Silberplatten zeigen nämlich Tierfiguren, eine Götterdarstellung, den Kampf mit einem Stier, Kultprozessionen und schließlich Menschenopfer. Einige Historiker sind daher der Ansicht, dass der Kessel das Blut von Kriegsgefangenen auffangen sollte, denen man die Kehle durchschnitt. Dieses Ritual - so die Ansicht einiger - soll vornehmlich von Weisen Frauen durchgeführt worden sein.

...

Herkunft, exakte Deutung und Entstehungszeit des Kessels sind bis heute umstritten und viele sind der Ansicht, dass es sich um keine germanische, sondern um eine ostkeltische Arbeit handelt.

Wie Du schon schreibst, ist da vieles Interpretationssache.
Sicherlich kann man es so deuten, daß dieses Ritual von Weisen Frauen durchgeführt worden ist - was allerdings mE nach dann schon tatsächlich eher ins Keltische denn ins Germanische weist :grübel:
Und gerade bezüglich dessen, was Frauen erlaubt waren, unterscheidet sich die keltische von der germanischen Gesellschaft recht deutlich!

Sorry, aber auch da kann ich keine Basis für die Widerlegung meiner Aussage zur Nichtexistenz eines eigenen Priesterstandes bei den Germanen erkennen...
 
timotheus schrieb:
Das ist mir schon klar, daß Nichtexistentes nicht genannt bzw. nicht belegt ist.
Da Du jedoch meine Aussage als solche widerlegen wolltest und dies zugegebenermaßen lediglich für den zweitrangigen Teil (Tempel) und nicht für den in diesem Thema erstrangigen Teil (Priesterstand) tun konntest, finde ich das schon etwas merkwürdig :(

Ich wollte gar nichts widerlegen, sondern nur noch Material beisteuern

timotheus schrieb:
Kurzum: Du kannst zwar meine Aussage zu den Tempeln widerlegen, nicht aber die - eigentlich hier essentielle - zur Nichtexistenz eines Priesterstandes bzw. von Priesterinnen. Denn wie Du richtig schreibst, ist von Priestern genausowenig die Rede wie von einem Papst!
Du hast meinen Linkhinweis völlig überinterpretiert. Da stand im zweiten Satz des Zitats was von Tempeln, und da fiel mir dieser Link ein.
Abgesehen davon kenne ich keine Priester ohne festen Kultort. Das muss allerdings nicht unbedingt ein Tempel sein. Aber wenn die Kulthandlungen auf dem Hof des Großbauern/Häuptlings / Goden stattfinden und in ein Gastmahl mündeten, widerlegt das zwar nicht zwingend die Existenz von Priestern, aber spricht doch gegen deren Existenz.

timotheus schrieb:
Sorry, aber auch da kann ich keine Basis für die Widerlegung meiner Aussage zur Nichtexistenz eines eigenen Priesterstandes bei den Germanen erkennen...
Du darfst meinetwegen an Priester und Priesterinnen glauben.:rolleyes:
Wenn die Frage zur Beweislast aufgeworfen wird, dann darf ich vorsichtshalber darauf hinweisen, dass die Nichtexistenz einer Sache sich in aller Regel nur selten beweisen lässt und daher der Nachweis von Priestern bei den Nordgermanen bei dem liegt, der sie behauptet.
Da denn mal los. Möglich ist schließlich alles. :fs:
 
Dieter schrieb:
... Einige Historiker sind daher der Ansicht, dass der Kessel das Blut von Kriegsgefangenen auffangen sollte, denen man die Kehle durchschnitt. Dieses Ritual - so die Ansicht einiger - soll vornehmlich von Weisen Frauen durchgeführt worden sein.
Tja, wo die Fakten fehlen, wird die Fantasie duch nichts gestört.

Dieter schrieb:
Wie auch immer: rituelle Menschenopfer hat es wohl gegeben, was die Darstellungen des Kessels deutlich zeigen.
Zeigt auch eine Stickerei im Osebergfund, wo 9 Männer am Baum hängen, wie im oben genannten Link beschrieben wird.
 
fingalo schrieb:
Du darfst meinetwegen an Priester und Priesterinnen glauben.:rolleyes:
Wenn die Frage zur Beweislast aufgeworfen wird, dann darf ich vorsichtshalber darauf hinweisen, dass die Nichtexistenz einer Sache sich in aller Regel nur selten beweisen lässt und daher der Nachweis von Priestern bei den Nordgermanen bei dem liegt, der sie behauptet.

Mir scheint, Du willst mich mißverstehen; ich sagte mit keinem Wort, daß ich an so etwas glaube :winke:

In Beitrag 26 schrieb ich:

... Politisches Amt und Kultamt liegen in einer Hand; kein Priestertum.

Und in Beitrag 28 schrieb ich - sogar auch dort fett hervorgehoben:

Einen eigenen Priesterstand gab es nicht...

Ich bin also genauso davon überzeugt, daß es bei den Germanen keine Priester - egal ob nun männlich oder weiblich - gab. Also warum diese Unterstellung?
 
Dieter schrieb:
... der berühmte Silberkessel von Gundestrup hin, der aus dem 1./2. Jh. v. Chr. stammt, und im Nationalmuseum Kopenhagen ausgestellt ist....
Der Kessel von Gundestrup zeigt, meiner Information nach, das Motiv eines geweihbewehrten Gottes, in sitzender Position, mit verschränkten Beinen.

Das ist das Abbild des "Cernunnos", - eines keltischen Gottes.

Der Kessel von Gundestrup ist keltisch und kann also, meiner Meinung nach, nicht zur Belegung germanischer Religionsformen, welcher Art auch immer, herangezogen werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
timotheus schrieb:
Mir scheint, Du willst mich mißverstehen; ich sagte mit keinem Wort, daß ich an so etwas glaube :winke:
Ich wollte Dich nicht missverstehen, sondern habe es schlicht einfach so getan, weil Du mir unterstelltes, ich wollte Dich bezüglich Priester widerlegen. Da ich von Priestern nichts schrieb und daraus herleitete, dass es sie so wenig gebe wie einen Papst, hatte ich den Schluss gezogen, dass Du sie angenommen hättest.
War also nix mit "widerlegen", weil wir beide in die gleiche Richtung denken.
Sorry :(
 
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