Redewendungen

timotheus schrieb:
"Er weiß, wo Barthel den Most holt" - bezeichnet jemanden, der vieles durchschaut und sich nur schwer in die Enge treiben läßt.
In der ersten Variante stammt diese Redewendung aus Sachsen: einst ging de Wirt Barthel in Leipzig zur Messezeit der Most aus, doch er wußte Rat, fuhr zu seinem Bruder nach Meißen und beschaffte dort eilends Nachschub.
In der zweiten Variante, wonach man im Gaunermilieu den eigentlichen Ursprung vermutet: maioth ist hebräisch für Münze (erhalten auch im umgangssprachl. "Moos" für "viel Geld"), barsel bedeutet Brecheisen. Damit war die anfängliche Redewendung wohl eher "wo das Brecheisen viel Geld herholt"...

Ey Timo, wo hast du das her? Interessiert mich wirklich brennend!!!
Die zweite Vairiante erscheint mir gar nicht "koscher"...

Dies ist nämlich hierzulande die Geschichte, die noch mündlich Anfang des 20. Jhdts. überliefert und niedergeschrieben wurde:

„Wo der Bartl den Most herholt“
In der Zeit der Hochblüte des Södingtaler* Apfelbaus entstand dieser Spruch. Die Sage dazu ist folgende: der "Stallhofer Bartl", auch Krampus genannt, soll im 17. Jahrhundert im so genannten Bösengraben in einer Höhle direkt unter dem Nikolokreuz, das die Bewohner vor dem Bösen schützt, gelebt haben. Vor diesem verwilderten Menschen hatten die Kinder große Angst. Und noch immer wohnt der Stallhofer Bartl in seiner Höhle im Wald, und der Hl. Nikolaus in Stallhofen** passt auf ihn auf.

Und der Bartl holt den Most aus seiner Höhle

*Södingtal: i.d. Weststeiermark/Österreich
**Die Kirche zu Stallhofen wurde um 1100 gebaut und dem hl. Nikolaus geweiht, der in dieser Zeit sehr beliebt war. (In der Steiermark allein 30 Kirchenpatronanzen).


WEISS WER MEHR????

lg,n
 
ning schrieb:
Ey Timo, wo hast du das her? Interessiert mich wirklich brennend!!!
Die zweite Vairiante erscheint mir gar nicht "koscher"...

Obwohl ich die erste Erklärung dieser Redewendung aus Sachsen so selbst kenne - diese also quasi aus eigener Erinnerung wiedergegeben hatte -, findet sie sich zusammen mit der "Gaunervariante" auf W-Akten
Dort habe ich übrigens auch die anderen mir bekannten (eben die von mir gelisteten) Redewendungen verifiziert...
 
Wie bei Hempels unterm Bett

Laut einem bayrischen Wörterbuch von 1872 bezeichnet ein „Hämpel“ einen dummen Menschen und „hämpeln“ pfuschen. Die unordentliche Familie Hempel scheint sich von diesen Begriffen abzuleiten.
 
Ergänzung:
Schon Reinhard Mey hat die Hempels unter'm Bett besungen:
Ach wie nett, ach wie adrett!
Aber wie, aber wie, aber wie, aber wie, aber wie
Sieht 's aus bei Hempels unterm Bett?


Bei euch sieht's aus, wie bei Hempels unterm Wohnwagen
hiess es schon bei Hagenbeck um die Jahrhundertwende (um 1900).
 
"Wer ko der ko" - (Wer kann der kann) ... von Franz-Xaver Krenkl

Mal eine typisch bayerische Redewendung. Ursprünglich drückte diese Redewendung das Anarchische und Respektlose im (Süd-)Bayern aus, der macht was er will, wenn er nur kann und dabei nicht mal vor seiner Majestät zurückschreckt.


Nette Geschichte dazu:
Krenkl war ein altbayerisches Original, dem zahlreiche derb-schelmische Schwänke zugeschrieben werden. Voller Stolz auf seine schnellen Pferde überholte Krenkl einmal im Englischen Garten die Kutsche des Kronprinzen. Dies stand unter Strafe, denn keiner durfte schnellere Pferde haben, als der Kronprinz. Beim Vorbeifahren sagte Krenkl stolz: "Majestät, wer ko, der ko!". Dieser Ausspruch wurde zu einem noch heute geläufigen Münchner Sprichwort. Die wörtliche Übersetzung "Wer kann, der kann" bringt die tiefere Aussage jedoch kaum zum Ausdruck. Bei der nächsten Gelegenheit fuhr der Kronprinz mit seinem gesamten Gefolge vor die Hofausfahrt und Krenkl musste sich mit der Ausfahrt gedulden, bis der gesamte Staat vorbei war. Jetzt meinte der Kronprinz: "Ge Krenkl, wer ko, der ko!", womit die Machtverhältnisse wieder hergestellt waren.

 
Das schlägt dem Fass den Boden aus


Was hat dieser sprichwörtliche Ausdruck der Empörung mit einem Fass zu tun?
Diese Redewendung stammt aus Bayern. Dort erließ man 1516 ein besonders strenges Reinheitsgebot für Bier, dies zog strenge Kontrollen bei den Bierbrauern mit sich. Schmeckte das Bier bei der Kontrolle nicht vorschriftsmäßig, machte der Kontrolleur kurzen Prozess und schlug dem betreffenden Fass den Boden aus. Natürlich war man in Bayern von der Vernichtung des kostbaren Nahrungsmittels Bier sehr empört.
 
Wenn man die "Arschkarte" zieht

drückt man häufig damit aus, dass man bei einer Verteilung das schlechteste Stück abbekommen hat.

Der Begriff kommt doch tatsächlich aus dem Fußball.
Zu Zeiten, als es hauptsächlich noch Schwarz-Weiß-Fernseher gab, konnte man am Bildschirm nicht erkennen, ob der Schiedsrichter einem Spieler nun die gelbe oder die rote Karte gezeigt hat. Deshalb einigten sich die Unparteiischen darauf, die gelbe in die Brusttasche zu stecken und die rote in die Gesäßtasche.
Wurde ein Spieler nun vom Platz gestellt, ist die "Arschkarte" gezogen worden.
 
M.A. Hau-Schild schrieb:
Mal kurz eine Frage zu einer Redewendung.

Woher kommt die Redewendung "Du gehst mir auf den Keks!"?

Die Redewendungen "auf den Keks gehen" ist synonym zu - "einem auf die Nerven gehen (fallen), sind die Nerven als Geduldsfäden des Menschen. In moderner, humoristisch übertreibender Abänderung fällt der Lästige einem auf den Wecker. Diese Redensart fußt auf der Vorstellung vom Verstand als Wecker, sagt man doch auch: Du hast sie nicht alle auf dem Wecker, wenn man meint, jemand sei nicht recht bei Verstand.

ähnlich zu Keks: "einen an der Waffel haben" meint: "geistig nicht ganz zurechnungsfähig zu sein"

Diese Redewendungen (Keks, Waffel, Wecker etc.) haben meines Wissens keine tiefere Bedeutung und scheinen noch ziemlich "neu" zu sein.
 
Valao schrieb:
ähnlich zu Keks: "einen an der Waffel haben" meint: "geistig nicht ganz zurechnungsfähig zu sein"

Diese Redewendungen (Keks, Waffel, Wecker etc.) haben meines Wissens keine tiefere Bedeutung und scheinen noch ziemlich "neu" zu sein.

muss mich wohl korrigieren:

einen an der Waffel haben könnte folgende Bedeutung haben: Früher wurden bei der Waffelherstellung sowohl das Gerät als auch die Waffel als Platte bezeichnet.
Soviel ich weiß war das "medizinische zusammenflicken" von Schädeln mit Hilfe von Platten damals noch nicht sehr ausgereift. Es blieben oft Folgeschäden in Form von "geistiger Verwirrung" etc. ==> einen an der Waffel(-platte) haben
 
Valao schrieb:
Das schlägt dem Fass den Boden aus

Was hat dieser sprichwörtliche Ausdruck der Empörung mit einem Fass zu tun?
Diese Redewendung stammt aus Bayern. Dort erließ man 1516 ein besonders strenges Reinheitsgebot für Bier, dies zog strenge Kontrollen bei den Bierbrauern mit sich.
...
Weder stammt die Redensart nachweislich aus Bayern noch hat sie etwas mit der Bierkontrolle zu tun.
Zunächst ist gemeint, dass der Böttcher (Küfer), der das Fass herstellt, die Reifen zu stark aufschlägt, so dass dem Fass der Boden ausgeht.
Als Beleg führt Röhrich u. a. Luther an: "Er wird so lange an den reiffen klopfen, das eins mal dem fas der boden ausspringen wird".

http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=98211&postcount=1
 
Mercy schrieb:
Weder stammt die Redensart nachweislich aus Bayern noch hat sie etwas mit der Bierkontrolle zu tun.

http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=98211&postcount=1


diese Auslegung der Redewendung hab ich von der Sendung Galileo auf Pro 7.

Hab noch ein bissl nachgeforscht ... natürlich konnte ein Faß durch Herstellungsfehler durch den Böttcher seinen Boden verlieren. Aber ob das Sprichwörter-Lexikon von Herder immer Allgemeingültigkeit hat, kann ich jetzt nicht beurteilen.

Ich hab sehr häufig gelesen, dass die Redewendung dadurch entstanden ist, dass bei schlechtem Bier oder auch Wein der Fassboden herausgeschlagen bzw. eingeschlagen wurde um einen Weiterverkauf zu verhindern.
Bei vielen Sprichwörter kann man die Herkunft natürlich nicht mehr 100%ig feststellen.
Vielleicht treffen aber auch manchmal mehrere Begebenheiten gleichzeitig zu.
 
Das ultimative Hempelsche Sofa

Mercy schrieb:
Ergänzung:
Schon Reinhard Mey hat die Hempels unter'm Bett besungen:
Ach wie nett, ach wie adrett!
Aber wie, aber wie, aber wie, aber wie, aber wie
Sieht 's aus bei Hempels unterm Bett?


Bei euch sieht's aus, wie bei Hempels unterm Wohnwagen
hiess es schon bei Hagenbeck um die Jahrhundertwende (um 1900).

Wie es "bei Hempels unterm Sofa" aussieht, das weiß man schon seit vielen Jahren: schlimm. Aber wer die schöne Redensart wann, wo, wie und warum in die Welt gesetzt hat, das weiß man immer noch nicht.
Der Sprachwissenschaftler Wilfried Seibicke ist in einem Beitrag für die Zeitschrift „Der Sprachdienst" (1997) der Antwort auf die Frage näher gekommen (hier zit. nach FAZ 11. Dez. 1997):

Bisher sah es in den Lexika der Redensarten in etwa so konfus aus wie, sagen wir, in der Sprachgeschichte. In Lutz Röhrichs „Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten" heißt es, die Wendung werde „in übertragener Bedeutung erst seit 1991 gebraucht". Weit gefehlt. Denn das einige Zeilen weiter angeführte Beispiel aus einer Ballade Reinhard Meys - „Ach wie nett, ach wie adrett! / Aber wie, aber wie, aber wie, aber wie, aber wie / Sieht's aus bei Hempels unterm Bett?" - stammt schon aus dem Jahr 1988. Wenn die Erinnerung nicht trügt, sieht es aber seit mindestens dreißig Jahren bei Hempels unterm Sofa schludrig und liederlich aus. Denn fast so lang sind auch schon weiterentwickelte Redensarten bekannt: Wie bei Hempels unterm Sofa soll es zum Beispiel auch „bei Jepsens unterm Bett" aussehen, „bei Luis Trenker im Rucksack" und „bei Nachbars unterm Küchentisch".

Und auch das ist noch nicht das letzte Wort. Denn Kurt Krüger-Lorenzens „Deutsche Redensarten" hat das nämliche Sofa in Form eines Wohnwagens bei Artisten gefunden. Lorenz Hagenbeck, der Sohn des Tierparkgründers Carl Hagenbeck, habe die Entstehung auf ein konkretes Ereignis zurückgeführt. In Artistenfamilien, in denen es traditionell sauber und ordentlich zugehe, sei nur einmal um die Jahrhundertwende in einer süddeutschen Stadt ein Budenbesitzer namens Hempel aus der Reihe getanzt, der regelmäßig Müll und andere Abfälle unter seinen Wohnwagen statt in die vorgesehenen Behälter kehrte. „Es gelang uns schnell", so berichtete Hagenbeck, „die Ordnung wiederherzustellen und ihn nach vergeblichen Ermahnungen mit Hilfe der Stadtverwaltung des Geländes zu verweisen. Was von ihm übrigblieb, war ein dunkler Fleck auf dem Rummelplatz und die Redensart: Bei euch sieht's ja aus wie bei Hempels unterm Wohnwagen!" Eine schöne Geschichte: traurig. Aber wahr?

Seibicke glaubt nicht an diese Herleitung. Bewiesen sei mit der Geschichte nichts, solange man die Person und das Ereignis nicht durch historische Zeugnisse belegen könne. [...] Bei Geschichten, die mit den Worten „Der Meier hat gesagt, Müller habe gehört, wie Schmidt bei Hempesl unterm Sofa . . ." beginnen, sollten also noch nicht auf einen historisch gesicherten Nachweis hoffen.

Daher ist Seibicke der Redensart in schriftlichen Quellen nachgegangen und schließlich in Andreas Schmellers „Bayerischem Wörterbuch" von 1872, Band I, Spalte 1113, fündig geworden. Das Stichwort „Hämpel, Hampel" ist als „Einfaltspinsel", „dummer Mensch" schon für das Jahr 1828 nachgewiesen. Das Verb „hämpeln" tritt auf in der Bedeutung: „ einfältig benehmen, weinerlich tun schlechte oder Pfuscharbeit machen". Seibicke nimmt an, daß die gesuchte Wendung von diesen Wörtern herzuleiten ist. Möglicherweise sei sie sogar auf das schon von Luther verwendete Schimpfwort „grober Hempel" oder „ungelehrter Hempel" zurückzuführen, das wiederum mit dem „Hampelmann" verwandt ist - im Grimmschen Wörterbuch etwa steht unter dem Eintrag „hempelmann: vergl hampelmann".

Nach diesen Erkenntnissen wird man kaum mehr einen historischen Hempel für die Unordnung und Schludrigkeit unterm Sofa, unterm Bett, unterm Küchentisch, im Rucksack oder wo auch immer namhaft machen können - in der Hempel-Forschung ist dennoch nicht das letzte Wort gesprochen. Für zukünftige Forscher gilt aber in jedem Fall der altbekannte Hinweis: Je genauer man ein Wort anschaut, desto feiner schaut es zurück.
Wer bei Hempels unterm Sofa forscht, der muß ziemlich tief in der Geschichte kramen.
 
Fettnäpfchen

Wer "bei Hempels unterm Sofa" nachschauen will, tritt leicht ins Fettnäpfchen.
Die Redewendung Ins Fettnäpfchen oder in den Fettnapf treten nimmt darauf Bezug, dass früher in Bauernhäusern (in der Nähe des Ofens) für die Eintretenden ein Topf mit Stiefelfett stand, damit sie gleich ihre nassen Stiefel einreiben konnten. Wer nun versehentlich in den Topf mit dem Fett trat und Flecken auf den Dielen machte, verärgerte die Hausfrau.
weiss Wiki
http://de.wikipedia.org/wiki/Ins_Fettnäpfchen_treten

Scheint mir zu oberflächlich. Kann jemand tiefer graben?
 
Ich mag die Redewendung "Jenseits von Gut und Böse" ganz gern..kennt jeder, man weiß, wie man es gebracht, aber kaum einer weiß, dass es sozusagen ein Titel einer Schrift von Friedrich Nietzsche ist: "Jenseits von Gut und Böse; Vorspiel einer Philosophie der Zukunft" ....
 
Mercy schrieb:
Wer "bei Hempels unterm Sofa" nachschauen will, tritt leicht ins Fettnäpfchen.
Die Redewendung Ins Fettnäpfchen oder in den Fettnapf treten nimmt darauf Bezug, dass früher in Bauernhäusern (in der Nähe des Ofens) für die Eintretenden ein Topf mit Stiefelfett stand, damit sie gleich ihre nassen Stiefel einreiben konnten. Wer nun versehentlich in den Topf mit dem Fett trat und Flecken auf den Dielen machte, verärgerte die Hausfrau.
weiss Wiki
http://de.wikipedia.org/wiki/Ins_Fettnäpfchen_treten

Scheint mir zu oberflächlich. Kann jemand tiefer graben?

Ist aber die offizielle Erklärung, wenn man mal dem Duden glauben will...:grübel:
 
Elora schrieb:
Ich mag die Redewendung "Jenseits von Gut und Böse" ganz gern..kennt jeder, man weiß, wie man es gebracht, aber kaum einer weiß, dass es sozusagen ein Titel einer Schrift von Friedrich Nietzsche ist: "Jenseits von Gut und Böse; Vorspiel einer Philosophie der Zukunft" ....

Du unterschätzt die Philister.
Interessant wäre, wie Nietzsche zu dem Titel kam.
 
Mercy schrieb:
Du unterschätzt die Philister.
Interessant wäre, wie Nietzsche zu dem Titel kam.

Nietzsche gibt die Antwort darauf in seinem Vorspiel ganz am Schluss:

Die gesammte Psychologie ist bisher an moralischen Vorurtheilen und Befürchtungen hängen geblieben: sie hat sich nicht in die Tiefe gewagt.

Das will er durchbrechen und eben absehen von der Moral und ihren Vorurteilen, von dem Guten und Bösen und deshalb: Jenseits von Gut und Böse.

Das ist nur meine Vermutung, ob sie stimmt, kann ich morgen sagen, wenn cih Zugang zu meiner Bibliothek habe, da schläft grad mein SOhn drin...:rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zurück
Oben