Ich hätte vielleicht besser von Herrschaftsansprüchen, statt von territorialen Ansprüchen gesprochen. Es geht mir ja nicht um die Angst vor Verlust des Grundeigentums, das war in der Reichsunmittelbarkeit sicher besser aufgehoben als anderswo, sondern um den Begriff Freiheit. Die Städte und Täler, die eine Reichsunmittelbarkeit erlangten oder aushandelten, taten dies mMn um in ihrem Gebiet die eigene Herrschaft auszuüben. War dieser Wunsch erreicht, wenn man einen fremden Vogt vorgesetzt bekam?
Mit dem Überblick über die ganze Geschichte des HRR wissen wir natürlich mehr, als es die Leute damals wussten. Die Zeiten waren für sie im Umbruch. Das Lehenswesen wurde allmählich durchsetzt von allerlei Kuriositäten wie Verpfändungen von Reichsvogteien. Man wusste noch nicht recht was es damit auf sich hatte. Wielange die Dynastie der Habsburger als Könige an der Macht bleiben wird, wussten sie auch noch nicht.
Freiheit wovon, wäre die andere Frage.
Ich würde meinen, weitgehend frei zu sein, von lokalen Adelsfeden oder davon als Territorium mit allen Konsequenzen hinsichtlich Neuaufteilungen etc. zum Gegenstand von heirats- oder erbschaftsbedingten Aufteilungen zu werden, sind an der Lebenswelt des Mittelalters gemessen bereits recht weitgehende Freiheiten.
Ich denke Freiheit muss man hier am institutionellen Rahmen des gesellschaftlichen und politischen Systems der Zeit bemessen. Was konnte "Freiheit" inhaltlich also umfassen?
Letztlich doch nur, möglichst frei davon zu sein durch die Privilegien anderer bedrückt zu werden.
Völlige Freiheit davon hätte vorrausgesetzt sich aus jeglichem Lehensverband und auch aus dem kirchlichen System vollständig zu verabschieden.
Wenn wir nun also davon ausgehen, dass die Überlebenschanchen für eine Talschaft, oder eine Stadt, die sich sowohl mit dem König/Kaiser, als auch der Kirche vollends überwarf gegen null tendierten, das somit unrealistisch war, muss klar sein, dass bei angestrebten Freiheiten lediglich von relativen Freiheiten innerhalb der Lehenshierarchie die rede sein kann, nicht von heute als solchen verstandenen, damals systeminkompatiblen Vorstellungen von Freiheit.
Insofern würde ich mich da @Armer Konrad anschließen und hier lieber von "Freiheiten", als von "Freiheit" sprechen.
Sicher war es durchaus noch immer ein starker äußerer Einfluss, wenn man durch den König oder Kaiser einen Vogt vorgesetzt bekam, nur bestand die Alternative eben nicht darin, dass es keine äußeren Einflüsse und Hierarchien gegeben hätte, sondern darin, anstelle des Königs/Kaisers einem lokalen Landesherren zu unterstehen und somit in dessen Fehden und das Schicksal der Dxnastie in größere Maße selbst hineingezogen zu werden.
Was sich mir hier nicht erschließt, ist aus welchem Umstand du hier auf "Angst vor Verlust des Grundeigentums" schließt.
Damit würde ich hier sicherlich nicht argumentieren wollen, sollte ich mich in dieser hinsicht missverständlich ausgedrückt haben, entschuldige ich mich dafür.
Es geht nicht um die Garantie irgendwelchen Eigentums, sondern um die Konsequenzen, die die Bevölkerung im Falle territorialer Aufteilungen und etwaiger blutig ausgetragener Auseinandersetzungen darum zu tragen haben konnten.
Das ist, wie gesagt die Möglichkeit direkter Kampfhandlungen und Verwüstungen und eben auch die Zerstörung wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhänge.
Wird ein Gebiet im Rahmen einer Erbteilung zerschlagen, sprich existieren auf einmal Binnengrenzen, die es vorher nicht gegeben hat, inklusive damit verbundener Zollrechte, wird dadurch die Einteilung von Wegerechten kleinkarierter etc. kann das die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten eines Territoriums massiv beeinflussen, auch den ganz konkreten Lebensweg der davon abhängigen Personen etc.
Das sind, will ich meinen, recht massive Einschränkungen denen mit der Reichsunmittelbarkeit wenigstens in gewissem Maße vorgebaut werden konnte.