Revolution 1848

Vielleicht noch Fragen, die einen weiterbringen:

Warum stehen diese beiden Punkte ("4. freies Vereinigungsrecht" und "5. Schutz der Arbeit und Sicherstellung der menschlichen Bedürfnisse für alle") in den Forderungen der Arbeiter, nicht aber in der der Bürger, denen es ja wirtschaftlich "gut geht", wie deSilva richtig anmerkte. Für welche politische Richtung stehen diese Forderungen, worauf sind sie gerichtet? Für wen ist z.B. ein freies Vereinigungsrecht von entscheidender Bedeutung? Wer könnte ein Interesse daran haben, ein solche Vereinigung (vonw wem? für was?) nicht zu erlauben?
 
Für mich zielt die erste Quelle eben genau auf das ab. Liberale setzten sich für die Grundrechte ein und wollen einen Verfassungsstaat. Scheinbar ist da bei mir Hopfen und Malz verloren gegangen. Ich hab keine Ahnung wie ich das zuordnen muss. Trotzdem vielen Dank für Eure Bemühungen.
 
@LS
Der Text 1 enthält zwar AUCH Forderungen, hinter die sich ein "Liberaler" stellen können, aber hinter manche nicht.
"Liberal" heiß: "ohne staatliche Zwangsmaßnahmen". Man hat oft gesagt gesagt, dass man sich zwischen "Freiheit" und "Sicherheit" entscheiden muss. Ein "streng Liberaler" würde niemals eine kostenlose Schule fordern - im Gegenteil :)

Hast Du die Artikel mit "links" und "rechts" gelesen? Das ist auch "für später" wichtig :)
 
Ja, gelesen habe ich die Texte die ihr mir vorgeschlagen habt bereits mehrfach. Ich mag zwar Geschichte sehr gerne aber dieses Thema interessiert mich nicht so wirklich deshalb bleibt auch bestimmt nichts hängen. Ich les es mir heute Abend nochmal durch ich hoffe dann komme auch ich endlich zur Erleuchtung ;-)
 
Versuche es dir vielleicht als 2achsiges Modell vorzustellen (wurde bestimmt auch in einem der Wikipediaartikel vorgeschlagen, die deSilva nannte):
Wirtschaft und Gesellschaft mit den beiden Polen "starker staatlicher Einfluss" und "geringer Einfluss/Eigenverantwortung"
Du hast also grob gesagt 2x2=4 Kombinationen.

Dann untersuche jede Äußerung hinsichtlich der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Forderungen und vergleiche mit den politischen Strömungen links, rechts, liberal.
 
[FONT=Arial, sans-serif]Handwerksmeistern. Rechtsanwälten, Ärzten und Fabrikanten.

[/FONT]Warum sollen diese Leute wohl "liberale" Forderungen stellen? Es geht ihnen ja ganz offensichtlich "gut"...
Ist dieser Zustand bedroht? Dann werden sie etwas gegen diese Bedrohung fordern.
Oder wünschen sie sich etwas, das ihre Situation noch verbessert (Mehr Umsatz, mehr Klienten, höhere Tarife, niedrigere Arbeitslöhne,....). Geht das am besten mit mehr oder weniger "Staat"?

Bis auf die Handwerksmeister haben wir es mit den typischen Vertretern des Bürgertums zu tun. Diese fühlten sich 1848 bedroht (Erntekrisen, Wachstum des städtischen Proletariats) und wollten politisch partizipieren (1848 gibt es kaum Verfassungen in den deutschen Einzelstaaten, umfangreiche Pressezensur, Versammlungsverbote).
Die Frage nach mehr oder weniger Staat ist glaube ich eine Frage, die im Hinblick auf 1848 nicht interessiert hat. Wichtiger wäre: Welchen Staat wollen wir? Einen Verfassungsstaat oder einen Nicht-Verfassungsstaat.
 
Diese Quelle würde ich dem Rechtsliberalismus einordnen:

[FONT=Arial, sans-serif]Q1 [/FONT][FONT=Arial, sans-serif]Forderungen der Kölner Arbeiter an den Kölner Gemeinderat und den preußischen König, 3.3.1848 [/FONT]
„[FONT=Arial, sans-serif]1. Gesetzgebung und Verwaltung durch das Volk, da ein freies Volk... sich nicht mehr im Interesse einzelner ausbeuten lassen will ..., allgemeines Wahlrecht und allgemeine Wählbarkeit. 2. Unbedingte Freiheit der Rede und Presse 3. Aufhebung des stehenden Heeres und Einführung einer allgemeinen Volksbewaffnung mit vom Volke gewählter Führern ... 4. Freies Vereinigungsrecht. 5. Schutz der Arbeit und Sicherstellung der menschlichen Bedürfnisse für alle. Nur die schlechte Verteilung der Arbeit und ihre Ausbeutung im Interesse einzelner verhindert es, dass genug hervorgebracht wird, um die Bedürfnisse aller einzelnen zu befriedigen. Es ist daher Sache des Staates, die Produktion dem Interesse der einzelnen zu entreißen und sie im Interesse aller zu leiten. Jeder Mensch hat ein Recht auf Arbeit, sowie auf einen. seinen Bedürfnissen angemessenen Lohn. 6. Vollständige Erziehung aller Kinder auf öffentliche Kosten.. (K Obermann, Flugblätter der Revolution 1848/49. München 1972. S. 47ff.)[/FONT]

Diese Quelle ist radikaldemokratisch (für 1848), verlangt eine bessere Stellung von Arbeitern ("Jeder Mensch hat ein Recht auf Arbeit"!!!), soziale Absicherung und ein allgemeines Wahlrecht!
Ich würde diese Quelle als sozialistisch bzw. ganz hartgesotten linksliberal einordnen.

[FONT=Arial, sans-serif]Bei dieser Quelle bin ich unsicher. Ich habe sie dem Linksliberalismus eingeordnet. Möglich wäre aber auch der Konservativismus oder?[/FONT]



[FONT=Arial, sans-serif]Q 2 [/FONT][FONT=Arial, sans-serif]Forderungen Dresdner Bürger, 7. 3. 1848[/FONT]
„[FONT=Arial, sans-serif]..Wir [erwarten}. von der sächsischen Staatsregierung: 1. Freiheit der Presse ... 2. Freiheit des religiösen Bekenntnisses ... 3. Freiheit des Versammlung~ und Vereinsrechtes. 4. Gesetzliche Sicherstellung der Person gegen willkürliche Verhaftung.. 5. Verbesserung des Wahlgesetzes... durch Herabsetzung des Zensus. 6. ... Schwurgericht. 7. Vereidigung des Militärs auf die Verlassung. 8. Verminderung des stehenden Heeres... 9. Vertretung der deutschen Völker bei dem deutschen Bunde. 10. Lossagung der sächsischen Regierung von den Karlsbader Beschlüssen ... Wir zweifeln nicht an dem landesväterlichen Sinne des allverehrten. allgeliebten Königs... Es lebe der König'" (Obermann, Flugblätter der Revolution 1848/49. München 1972. S. 49 f.) [/FONT][FONT=Arial, sans-serif]Unterzeichnet wurden diese Forderungen von Handwerksmeistern. Rechtsanwälten, Ärzten und Fabrikanten.[/FONT]

Von wem kommt die Quelle? Klassisches Bürgertum. Was verlangt sie? Versammlungsfreiheit, Herabsetzung des Zensuswahlrechts (niedrigere Steuerklassen sollten auch wählen dürfen, Arbeiter, Tagelöhner usw. könnten dennoch nicht wählen), Unabhängigkeit der Justiz (Schwurgericht!), nationale Forderungen("[FONT=Arial, sans-serif]Vertretung der deutschen Völker bei dem deutschen Bunde") [/FONT]. Am Schluss folgt:"[FONT=Arial, sans-serif]Es lebe der König[/FONT][FONT=Arial, sans-serif]"[/FONT]
Ich würde diese Quelle dem Rechtsliberalismus zuordnen, da politische Rechte eingefordert werden, es aber eine Sympathiebekundung zur monarchischen Autorität vorliegt.
[FONT=Arial, sans-serif]
Insgesamt finde ich diese politsche Einordnung doch recht schwierig, denn für diese Situation (März 1848) kann man noch garnicht von politischen Richtungen sprechen, sondern eher von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, die bestimmte Forderungen artikulieren. Ebenso sind es bei den Arbeitern intellektuelle Wortführer aus dem Bildungsbürgertum, die die radikaldemokratischen Forderungen stellen.
Hinsichtlich der zweiten Quelle haben wir es laut Kommentar mit einer Mischung aus Bildungs- und, Klein- und Großbürgertum zu tun. Ich denke, dass man erst Mitte des Jahres 1848 wirklich von ausgeprägteren politischen Strömungen sprechen kann. Im März handelt es sich nur um essentielle Forderungen, auf der einen Seite die der Arbeiter, Tagelöner, Dienstmägde usw., welche durch einige Bildungsbürger formuliert werden und die mehr Rechte für die gesellschaftliche Gruppe einfordern. Auf der anderen Seite das gesamte Bürgertum, welche nach mehr politischer Partizipation und einem deutschen Nationalstaat (Was immer das in den Augen der Zeitgenossen auch bedeutet haben mag, womöglich mehr eine Metapher für eine allgemeine Besserung) verlangte.
[/FONT][FONT=Arial, sans-serif][/FONT]
 
[FONT=Arial, sans-serif] Insgesamt finde ich diese politsche Einordnung doch recht schwierig, denn für diese Situation (März 1848) kann man noch gar nicht von politischen Richtungen sprechen...
[/FONT]

Diese Quellen einzuordnen sollten die meisten Forumsmitglieder "mit links" hinbekommen :)

Allerdings wäre eine "Auflösung" für Lisa keine wirkliche Hilfe gewesen. Inzwischen ist nun so viel Zeit verstrichen, dass man diese Akte sozusagen abschließen sollte: Danke HeinrichCrassus!

Richtig ist zwar, dass die zuzuordnenden Begriffe eher "modern" klingen - und auch in ihrer modernen Bedeutung benutzt werden sollten - aber Mitte des 19. Jh. alle bereits vorhanden waren.
 
Hat aber Spaß gemacht ;)

Dachte mirs ja schon, dass das nicht mehr aktuell ist..

Zur Modernität der politischen Begriffe: Didaktisch für den Unterricht gut, wissenschaftlich jedoch hinterfragbar.
 
Zurück
Oben