Hätten die Chinesen eine Flotte mit sinnvoll dimensionierten Dschunken aufgebaut und einen regelmäßigen Linienverkehr nach Indien und zu den Arabern aufgebaut, welche Chancen hätten dann noch die Portugiesen gehabt?
Warum? Erstens hätten Portugal und China gar nicht Rivalen zu sein brauchen, weil sie zwei Heimmärkte bedienten, die 10 000 km auseinander lagen.
Zum zweiten haben die Portugiesen im Handumdrehen auch die Osmanen weitgehend aus dem Indik verdrängen konnten, die damals sicherlich eine weitaus stärkere Seemacht darstellten als die Ming, wie die Kämpfe im Mittelmeer mit den christlichen Seemöchten zeigten (grössere Probleme bereiteten vielmehr Klientelstaaten wie das Sultanat von Aceh, das nach 1530 erstarkte).
Drittens waren die Portugiesen trotz der geringeren Dimensionen ihrer Schiffe in Kernbereichen der Nautik und der Schiffstechnologie den Chinesen überlegen. Beispiele sind
- das Scharnierruder, das erste Heckruder, das mittels fest am Achtersteven verankert ist
- der frei schwingende Trockenkompass mit Seerose, während die Chinesen lediglich eine schwimmende Magnetnadel in eine Schüssel Wasser verwendeten
- generell bessere Kenntnisse in der Karthographie (Portolankarten) und der Meeresströmungen
- die Breitseite, die auf Dschunken unbekannt war
Alles in allem muss einem nicht bange sein um die Portugiesen, die damals üebrigens im Enterkampf höchst aggressive und erfolgreiche Kämpfer waren, und gar nicht so die Fernkampflutscher, als die sie Reduktionisten auf die westliche technologische Überlegenheit darstellen wollen.
PS: Ich habe zwei Artikel (Dank an Louis) über die Flotte Zheng He mit einer Neueinschatzung ihrer Dimensionen. Bei Interesse PN. Gruss