Schulpflicht im Mittelalter?

Es ist genau das Gegenteil: es ist so, als würdest Du die Funktionsweise Deiner Tastatur kennen, aber nicht verstehen, was Du schreibst bzw. das Geschriebene nicht verstehen.
Um jeglichen Mißverständnissen vorzubeugen: Du weißt, welche Tasten Du drücken mußt, um bestimmte Buchstaben auf den Bildschirm zu bekommen. Stell Dir nun vor, daß Du etwas tippst wie "fgsadhtfrkjuklopnm": dann weißt Du nicht, was das bedeutet, was Du gerade geschrieben hast. Und stell Dir jetzt vor, daß Dir dies bei Texten so geht, die ein des Lesens und Schreibens Kundiger eigentlich versteht.

Bernd würde jetzt sagen " es ist alles so wie immer, nur viel schlimmer".

Ich schrieb, das ich nicht verstehe, wie die Tastatur den Buchstaben auf dem Bildschirm bringt. Das hat doch mit dem "funktionalen" tippen nichts zu tun.
 
Ich schrieb, das ich nicht verstehe, wie die Tastatur den Buchstaben auf dem Bildschirm bringt. Das hat doch mit dem "funktionalen" tippen nichts zu tun.

Eben; es ist dafür genauso zweitrangig wie für das bloße Schreiben die Kenntnis oder Nichtkenntnis darüber, wie ein Federkiel hergestellt wird; denn schreiben kannst Du auch, wenn den jemand anderes für Dich gehärtet und geschnitten hat.

Was Du Dir unter einem funktionalen Analphabeten vorzustellen hast, habe ich zu verdeutlichen versucht: es geht dabei um die Beherrschung der Schreibtechnik einerseits und das Verstehen des geschriebenen Inhaltes andererseits. Und dabei ist es durchaus möglich, daß Erstgenanntes beherrscht wird, Letztgenanntes aber eben nicht verstanden wird.
 
Was Du Dir unter einem funktionalen Analphabeten vorzustellen hast, habe ich zu verdeutlichen versucht: es geht dabei um die Beherrschung der Schreibtechnik einerseits und das Verstehen des geschriebenen Inhaltes andererseits. Und dabei ist es durchaus möglich, daß Erstgenanntes beherrscht wird, Letztgenanntes aber eben nicht verstanden wird.
Das verstehe ich schon wieder nicht.
Ein Analphabet beherrscht doch keine Schreibtechnik und versteht schon gar keine Inhalte geschriebener Texte, weil er sie nicht lesen kann.
 
Die meisten von uns haben nur selten mit Leuten zu tun, die in Deutschland als "funktional analphabetisch" klassifiziert werden. Wenn es allerdings einen Bereich mit "Dunkelziffer" gibt, dann diesen... 4 Mio (von 80 Mio) will ich mal glauben.

Offenbar muss man Schreiben üben. Sowohl mechanisch, wie auch "schriftstellerisch"; man hat schon mal vermutet, das ein Teil der abschreibenden Mönche "funktionale Analphabeten" gewesen sein könnten. Soweit nur zur Weite dieses Begriffes.

Lesen - glauben wir - übt man dauernd, wir sind ja nur so von Schrift umgeben.

Funktionales Analphabetentum scheint aber eher ein besonderes psychologisches Problem zu sein...

Ich habe es z.B. sehr häufig mit Menschen zu tun, die in ihrem jeweiligen Grundstudium eine Programmiersprache gelernt haben (bzw. lernen mussten), aber natürlich weder ein Programm verstehen, geschweige denn eines schreiben können. Das halte ich allerdings für normal.

Dass der Normalmensch des Mittelalters kein homme de lettre war,ist ja wohl klar! Er hatte ganz sicher wenig Gelegenheit und Motivation Lesen und Schreiben zu lernen, und dann auch wenig Geläufigkeit darin. Aber warum soll ihm nicht ein Patenonkel, oder der Pfarrer, oder die Großmutter, die eine Stiftschule besucht hatte, nicht die Lautung von knapp 30 Buchstaben beigebracht haben? So kann man mit einiger Mühe Blockschrift "entziffern"; Kursivschriften stellen auch heute für Manchen ein großes Problem dar, der (noch?) nicht von eifrigen Forschern als "funktionaler Analphabet" klassifiziert wurde.

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Edit: Noch eine Ergänzung: Jemand, der in der Lage ist, einer vorgelesenen oder (gut) erzählten Geschichte eine halbe Stunde lang zu folgen, kann einfach kein "funktionaler Analphabet" sein. Dass er bei einer Theateraufführung "Minna von Barnhelms" eventuell einschläft - wie es mir neulich beinahe ergangen ist - mag andere Gründe haben....
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf mein Bekenntnis, nicht zu wissen, was "hochfunktional[er Analphabetismus]" bedeutet, kommt
Das heißt soviel wie: Die Leute können zwar lesen und schreiben, sie verstehen aber den Inhalt nicht. Ergo, sie beherrschen die Technik, aber nicht ihre Funktion, nämlich das tradieren und rezipieren von Information.
Erstmal Dank für die Nachtarbeit. Tut mir leid, dass meine fehlerhafte Fragetechnik dafür verantwortlich war: Ich bin mit den wichtigsten Definitionen von A. durchaus vertraut (es gibt ja auch Myriaden von Links dazu), auch mit der für "funktionalen" A., kann aber mit "hochfunktional" in diesem Zusammenhang nichts anfangen - Google übrigens auch nicht: da taucht in den wenigen Fundstellen (außer Keiner) nur ein "hochfunktionaler Autist" auf.
 
Florian schrieb:
Das verstehe ich schon wieder nicht.
Ein Analphabet beherrscht doch keine Schreibtechnik und versteht schon gar keine Inhalte geschriebener Texte, weil er sie nicht lesen kann.

Es gibt Analphabeten und funktionale Analphabeten.

Ein Analphabet sieht jetzt hier nur eine Reihe von komischen Zeichen, die er nicht kennt.

Ein funktionaler Analphabet hat mal gelernt, wie die Buchstaben aussehen, er kann zb auch seinen Namen schreiben.
Wenn du ihm aber sagst: Schreib dir auf, was du für mich einkaufen sollst, wird das schwierig. Bei manchen schon, wenn sie 'Brot' schreiben sollen. Wenn du ihm einen Einkaufszettel mitgibst, wird er recht lange auf den Zettel schauen, bis er den ersten Eintrag entziffert hat. Womöglich liest er dir nach langem Überlegen und angestrengtem Nachdenken auch nicht 'Brot' vor, sondern 'Bort' oder so.

Funktionale Analphabeten sind zb auch Menschen, die für das 'Studium' des täglichen großformatigen Lügenblattes Stunden brauchen - oder für das Lesen einer Dreizeilenmeldung mehrere Minuten oder noch länger. Das heißt, sie wissen im Prinzip wie ein A aussieht, ein B etc. (aber vielleicht kennen sie noch nicht mal alle Buchstaben fehlerfrei), aber wenn sie die Buchstaben zu Worten zusammenfügen sollen beim lesen, ist das ne große Hürde.
 
Ich bin mit den wichtigsten Definitionen von A. durchaus vertraut (es gibt ja auch Myriaden von Links dazu), auch mit der für "funktionalen" A., kann aber mit "hochfunktional" in diesem Zusammenhang nichts anfangen - Google übrigens auch nicht: da taucht in den wenigen Fundstellen (außer Keiner) nur ein "hochfunktionaler Autist" auf.

Lies es als Augmentativ.
 
Lies es als Augmentativ.
Ungern. Wenn "hoch" ein Augmentativ wäre, also eine - mir sprachlich unlogisch erscheinende - Vergrößerung von "funktional", dann machen jene 34 % erst recht keinen Sinn. Ich fürchte, ich muss den Fall der IG Orthographie vortragen.:devil:

Eine gute Einführung ins Problem gibt Nickel (http://elib.suub.uni-bremen.de/publications/ELibD890_Nickel-Analphabetismus.pdf), und zwar auch deswegen, weil er klarmacht, dass insbesondere der funktionale A. historisch eingebettet werden muss. Galt im Mittelalter - Eingangsfrage - oder vor 100 Jahren jemand schon als "alphabetisiert", wenn er seinen Namen schreiben konnte? Oder deSilvas Beispiel: War ein Mönch, der ein Schrfitstück kopiert, ohne es lesen zu können, ein Analphabet? (Ist übrigens heutzutage gang und gäbe: Der Online-"Krünitz" z. B. wird von fleißigen Chinesen eingetippt ["erfasst"], die kein Wort davon verstehen.)

Die mittelalterliche Welt hat ja trotzdem "funktioniert", und zwar auch deshalb, weil die Menschen andere Verständigungsmöglichkeiten nutzten. (Beispiel: Hetzschriften gegen die Juden waren selten, weil die "Judensäue" an öffentlichen Bauwerken das Gemeinte viel eindrucksvoller zeigten.) Der Aufstieg der "Gutenberg-Galaxis" (McLuhan) im Verein mit der ökonomischen und wissenschaftlichen Entwicklung veränderte diese Situation grundlegend, und in unseren Tagen wird sie wieder verändert - wie manche meinen - durch den Übergang zur "Turing Galaxis".

Windows und die Icons - das sind ja die Krücken für den "modernen" Analphabeten, der sich stundenlang durch WWW klicken kann, ohne einen einzigen Buchstaben lernen zu müssen. Wolfgang Coy schreibt zur (partiellen) Ablösung des Bücherwissens durch das Bilderwissen:
Die Zeit des dominierenden Wissens in Buchform ist vorbei. Zwar haben die elektrischen Massenmedien schon lange an diesem Bild gekratzt, aber mit dem Netz wird klar, daß textliches Wissen nur eine mögliche Erscheinungsform ist. In beschleunigter Folge wird deutlich, daß andere mediale Formen wie Programme, Bilder, Grafiken, Videos, Töne, Sprache oder Musik mit gleichem Recht Wissen repräsentieren und als solches wahrgenommen werden. Da unsere Denk- und Wahrnehmungsstrukturen bis hin zum politischen Selbstverständnis als mündige Bürger in einer aufgeklärten Öffentlichkeit zutiefst am gedruckten Wort hängen, werden sich Sprünge und Brüche unseres kulturellen Selbstverständnisses nicht vermeiden lassen.
 
Ich kenne keinerlei Literatur, die das belegen könnte. Die Klöster, soweit sie überhaupt unterrichtliche Aktivitäten entfalteten - das waren beileibe nicht alle! -, trafen eine Auswahl unter den begabt erscheinenden Kindern im Umland bzw. legten es bestimmten Eltern nahe, ihre Kinder "bilden" zu lassen. Die "Lehrkapazität" der Klöster war im Übrigen viel zu gering, als dass sie eine namhafte Zahl von Kindern hätte erreichen können.
Größere "Schüler"zahlen kommen nur dann zustande, wenn man einfachste Formen religöser Indoktrination - Hören, Nachsprechen und Auswendiglernen des Vaterunsers und ähnliches - mit einbezieht.
Fink, Cordula: Das Auge kann hören - das Ohr sehen. Zur Geschichte mittelalterlicher Sozialisation und Literalität vor der Erfindung des Buchdrucks 1450, Diss. Frankfurt aM., 2002.
S. 180f:
"Hinweise auf außerklösterliche Literalität in den Quellen lassend en Schluss zu, dass auch hier basale Kenntnisse des Lesens viel verbreiteter waren als angenommen." [Welche Quellen dass sind weiß ich im Moment nicht, ich beziehe mich auf mein Exzerpt, dass Büchlein habe ich gerade nicht zur Hand.]
Erklärend wird dargestellt wie der Verbreitungsgrad von Klöstern und Ritterorden dazu geführt hat das immer mehr Menschen in Kontakt mit "Schrift" kamen. Die Literaturlisten einiger mittelalterlicher Klosterbibliotheken werden aufgefächert und es zeigt sich, dass es Werke zu jedem Thema gegeben hat, von Architektur über Landwirtschaft bis hin zu griechisch-römischen Klassikern. [Wenn ich mich recht erinnere waren das Listen aus dem 12. Jahrhundert.]
Dann wird beschrieben was Du gesagt hast. Den Klöstern bzw. den Mönchen war es wohl nicht möglich größere Zahlen von Schülern zu unterichten. Aber, sagt die Autorin, die Klöster waren wichtige Arbeitgeber in jeder Region und daher kamen viele Laien auch direkt, außerhalb von Predigten etc., mit ihnen in Kontakt. Es gab Konversen, also Laien(brüder) die als Verwalter, Schneider, Schlosser etc. dort gearbeitet haben, es gab die Donaten, die zwar kein Gelübde abgelegt haben aber sich einem Kloster verpflichtend fühlten und dort arbeiteten, evtl. auch lebten.
Es werden dann Quellen vorgestellt, die das Klosterleben beschreiben und dabei wird die These aufgestellt, dass zwar ganz klar die Bibellektüre dominierte, aber auch immer die handwerklichen/naturwissenschaftlichen und klassischen Bücher gelesen wurden.
Durch literale Laien könnte sich zumindest die Lesefähigkeit, in engerem Rahmen natürlich, verbreitet haben. Die Lese- und Schreibfähigkeiten eines Mönches, der sein ganzes Leben ausgebildet wurde/wird, haben diese aber nicht erreicht.
 
"Hinweise auf außerklösterliche Literalität in den Quellen lassend en Schluss zu, dass auch hier basale Kenntnisse des Lesens viel verbreiteter waren als angenommen."
Vielen Dank für den Hinweis!:winke:
Ich will die Bedeutung der Klöster für die ma. Bildung keineswegs in Frage stellen. Kottje (Lexikon d. MA, Bd. V, Sp. 1226 f.) hebt hervor, "Iren und Angelsachsen" hätten dazu beigetragen, daß auch auf dem Kontinent Klosterschulen seit dem 8. Jh. Zentren der Bildungstradition wurden". Seit dem 12. Jh. sei diese Funktion rückläufig geworden, z. B. auch dadurch, dass das Aufnahmealter heraufgesetzt wurde (in Cluny auf 20 Jahre). [Was die Frage aufwirft, inwieweit überhaupt Kinder "beschult" wurden.]

Auch den Wert der Klosterbibliotheken muss man hoch veranschlagen, wenn auch die Bestandszahlen begrenzt waren: Vor Gutenberg "verfügte auch eine große Bibliothek in der Regel nur über einige hundert, im günstigsten Fall über wenige tausend Bücher" (Gudrun Gleba, Klosterleben im Mittelalter [2004], S. 96).

Aber, sagt die Autorin, die Klöster waren wichtige Arbeitgeber in jeder Region und daher kamen viele Laien auch direkt, außerhalb von Predigten etc., mit ihnen in Kontakt. Es gab Konversen, also Laien(brüder) die als Verwalter, Schneider, Schlosser etc. dort gearbeitet haben, es gab die Donaten, die zwar kein Gelübde abgelegt haben aber sich einem Kloster verpflichtend fühlten und dort arbeiteten, evtl. auch lebten.
Auch das ist sicher richtig. "Arbeitgeber" muss freilich weit ausgelegt werden: auch Frondienst zählte dazu - Ausfluss der Grundherrneigenschaft vieler Klöster: "St.-Germain-des-Près im Jahr 820 verwaltete mit Hilfe von 25 Herrenhöfen etwa 1700 Bauernstellen. ... Werden an der Ruhr weist in seinen Büchern mehrere Hundert abgabepflichtige Höfe aus" (aaO, S. 101). Wenn die Klöster - sozusagen im Gegenzug - alle diese Leute alphabetisiert hätten, wäre das eine schöne Sache gewesen, aber es war wohl nicht so...
 
Zu dieser Analphabeten-Diskussion:
Es sagen ja auch diverse Pisa-Studien immer wieder aus, dass es z.B. den Schülern in Deutschland an der Fähigkeit des "sinnerfassenden Lesens" mangelt.

Wobei man sagen muss, gewisse Autoren machen es einem nicht gerade leicht "sinnerfassend zu lesen".
Ich habe hier z.B. die Oliver Cromwell-Biographie von Karl Heinz Metz liegen, in der sich der Text durchgehend wie folg anhört:
"Überall dort, wo sich das demokratische Prinzip durchsetzt, sucht es die Frage nach Größe zu unterdrücken, in der Politik zuerst und schließlich sogar im Arkanbereich des Individualismus selbst, in Kunst und Wissenschaft.[...] Der große Mann ist die Reduktion des Unüberschaubaren, Kollektiven auf Individuen, er ist der Denkmechanismus, mit dem das Anonyme personifiziert wird[...].

Bei so etwas wird einem ja geradezu übel und das Gehirn stellt nach ein paar Seiten automatisch auf Durchzug :devil:

Zu den Französischkenntnissen von Rittern:
Wieso hätte z.B. ein durchschnittlicher böhmisch-deutscher Ritter Französisch sprechen sollen?
Selbst bei den großen französisch geprägten Ritterorden, wie jenem der Templer, wurde in den Komtureien die außerhalb Frankreichs bzw. Outremers lagen, logischerweise das unter den Söhnen europäischer Adeliger weit verbreitete Latein als Verkehrssprache verwendet.
Zumindest sagt das die mir bekannte Literatur zu diesem Thema.
 
Als Verkehrs- oder als Kanzleisprache?

Mir ist nur bekannt, dass die Verkehrssprache, zumindest außerhalb französischsprachiger Gebiete, bevorzugt Latein war.
Ich weiß aber nicht ob man daraus automatisch schließen kann, dass die Kanzleisprache ebenfalls Latein gewesen ist.
Es gibt vom Templerorden "offizielle" Schriftstücke, die mal in Latein bzw. Vulgärlatein, mal in Französisch geschrieben sind.
Leider ist von den Templern nicht viel an (internen) Schriftzeugnissen übrig geblieben, da man ja bei der Zerschlagung des Ordens ziemlich gründlich vorgegangen ist, vor allem in Frankreich.
 
Mir ist nur bekannt, dass die Verkehrssprache, zumindest außerhalb französischsprachiger Gebiete, bevorzugt Latein war.
Ich weiß aber nicht ob man daraus automatisch schließen kann, dass die Kanzleisprache ebenfalls Latein gewesen ist.
Die Kanzleisprache war bis ins 13. Jhdt. und in den meisten Ländern ach darüber hinaus ohne Frage Latein. Praktisch jede Urkunde ist auf Latein verfasst, das mal besser, mal schlechter ist. Für Latein als Verkehrssprache müsste man aber andere Quellen haben, als die Sprache in der die Quellen verfasst sind. Hier wäre eine Äußerung eines Historiographen anzubringen, der explizit eine Aussage darüber tätigt, dass die Verkehrssprache zwischen zwei Sprechern verschiedener Sprachen Latein ist.
 
Für Latein als Verkehrssprache müsste man aber andere Quellen haben, als die Sprache in der die Quellen verfasst sind. Hier wäre eine Äußerung eines Historiographen anzubringen, der explizit eine Aussage darüber tätigt, dass die Verkehrssprache zwischen zwei Sprechern verschiedener Sprachen Latein ist.

Hier ist glaube ich, ist die Logik gefordert.
Wenn man zwischen den einzelnen Templer-Außenposten schriftlich in Latein kommuniziert (und das hat man), dann ist es doch nur logisch, dass man dies auch mündlich gemacht hat.
Außerdem wurde beim europäischen Adel, wie schon in diesem Thread zuvor jemand richtig angeführt hat, grundsätzlich Latein unterrichtet.
Das bedeutet, Latein konnte so ziemlich jeder, der in einen Ritterorden eintrat (und wenn nicht, dann bekam er es dort beigebracht).
Daraus folgt, dass man wohl auch Latein verwendete, wenn man z.B. die Landessprache des Ordensbruders nicht sprach.
Gelehrte haben das ja bis ins 19.Jh so gehandhabt.
 
Hier ist glaube ich, ist die Logik gefordert.
Wenn man zwischen den einzelnen Templer-Außenposten schriftlich in Latein kommuniziert (und das hat man), dann ist es doch nur logisch, dass man dies auch mündlich gemacht hat.
Logisch ist daran gar nichts. Eine Sprache schriftlich zu können, befähigt noch lange nicht zu mündlicher Kommunikation. Du solltest auch bedenken, dass den meisten Ritterordensniederlassungen auch Zisterzienser zugeordnet waren.

Außerdem wurde beim europäischen Adel, wie schon in diesem Thread zuvor jemand richtig angeführt hat, grundsätzlich Latein unterrichtet.
Grundsätzlich ist erst mal gar nichts. Es musste sich mit dem fortschreitenden Mittelalter erst mal der Wert der Bildung bei Adel (und Bürgertum) etablieren, bis überhaupt die Bildung aus den Klöstern herausgetragen wurde.

Das bedeutet, Latein konnte so ziemlich jeder, der in einen Ritterorden eintrat (und wenn nicht, dann bekam er es dort beigebracht).
Daraus folgt, dass man wohl auch Latein verwendete, wenn man z.B. die Landessprache des Ordensbruders nicht sprach.
Versuche ich es mal mit Logik: Wenn nicht jeder Adelige Bildung genossen hatte, dann hatte auch nicht jeder Adelige Lateinkenntnisse vermittelt bekommen, Folgerung: Latein als Kommunikationsprache verschiedensprachiger Ordensbrüder fällt aus, weil Bildung nicht als Regelfall angenommen werden darf.

Gelehrte haben das ja bis ins 19.Jh so gehandhabt.

Gelehrte des 19. Jhdts. und ihre Lateinkenntnisse haben nichts mit dem Mittelalter zu tun.
 
Das hat nun alles immer weniger mit der Frage des OPs zu tun...

Aber bleiben wir dann doch noch einmal OT :)

(1) "Lesen/Schreiben" vs. Bildung
Im Gegensatz zu allen PISA-Problematisierungen definiert die OECD:
„Eine Person wird als alphabetisiert bezeichnet, wenn sie eine kurze, einfache Aussage zu ihrem alltäglichen Leben mit Verständnis sowohl lesen als auch schreiben kann.“
Das ist auch das Einzige, was mir vernünftig erscheint...

(2) Phonetisches Alphabet
Entgegen allen Erinnerungen, die der eine oder andere an seine frühe Schulzeit hat, ist es keine Sache nach kurzer Anleitung "Lesen" zu lernen. Viele Kinder haben bei ihrer Einschulung immer schon "Lesen" gekonnt. Schreiben - wenn auch "unorthographisch" - war auch eher eine Sache der manuellen Feinmotorik. Der gern zitierte Fall, dass funktionale Analphabeten "NT" für Ente schreiben würden, halte ich für so eine. "N" bezeichnet "nnnn" und "T" bezeichnet "tttt"; dass die Buchstaben "Änn" bzw "Tee" heißen ist eine andere Sache...
Jedem aufgeweckten auch mittelalterlichen Kind konnte man dies in wenigen Lektionen beibringen.

(3) Texte
Allein, was nützte ihm dies? Bücher und andere Texte waren in LATEIN verfasst. Abgesehen davon, dass man ihn kaum an eines der teuren Bücher heran gelassen hätte... Ob auf vergänglichen Trägern wie Baumrinden "geschrieben" wurde, ist offenbar nicht belegt. Erstaunlich wäre es nicht, weil eigentlich überall auf der Welt auf Baumrinde oder Abfallholz geritzt oder mit Holzkohle geschrieben wurde...


(4) Die 7 freien Künste
sind seit der Spätantike das "Bildungsideal", dies war Inhalt des "Lehrstoffes" der Kloster-, Dom- und Stadtschulen.
- Grammatik war Latein: Pauken von Vokabeln und Flexionen
- Rhetorik war Lesen "klassischer" Autoren und das Erarbeiten von "Aufsätzen"
- Dialektik war die folgerichtige Argumentation nach Regeln der "Logik"

Die "höhere" Ausbildung bestand aus:
- Arithmetik: Rechnen mit dem Abakus, Römische Zahlen, Lösen "eingekleideter" Textaufgaben
- Geometrie: Einfache Landvermessung, Geographie und Kartenkunde, Konstruktionen "mit Zirkel und Lineal"
- Musik war eher "Musiktheorie": Kirchentonarten, Instrumente,...
-Astronomie: Bewegung der Planeten, Kalender, gelegentlich auch Horoskope

Schreiben und Lesen wird hierbei nicht einmal erwähnt. Entweder wurde es en passant gelernt, oder es wurde einfach vorausgesetzt, dass ein aufgeweckter Junge (!) dies schon mitbrachte.
 
Zuletzt bearbeitet:
@de Silva: Weiterhin OT... Einem sprachbegabten Kind, das nicht unter Wahrnehmungsproblemen leidet, kannst du auch heute noch- wie du schon schriebst- in wenigen Lektionen Lesen und Schreiben in phonetischer Umschrift beibringen.
Ziel ist aber doch die Alphabetisierung möglichst aller Kinder.
Das war im Mittelalter nicht der Fall, zumal Wissen einen enormen Machtfaktor schafft. Der mittelaterlichen Herrschaftsstruktur kam Unwissenheit m.E. entgegen.
Das Zeitalter der Aufklärung war auch noch in weiter Ferne. Dementsprechend fehlte die Einsicht in die Notwendigkeit Bildung flächendeckend zu vermitteln.
Mir ist durchaus bewusst, Allgemeinplätze zu verbreiten, die jeder hier bestens kennt. Möchte nur daran erinnern.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Keineswegs - eine gute Erinnerung. Aber auch genau die Kerbe, in die ich hauen wollte:

Wie weit ist denn der Weg vom "Schreiben, Lesen, Rechnen" zum "Revolutionär"?

Der Weg geht ja wohl über "Literatur", Meinungen alternativer Autoritäten... Die - wie oft gesagt - ausschließlich auf Latein. Oder doch nicht? Sachsenspiegel? Doch eine Volksliteratur? "Ik gihorta dat seggen...."

Gibt es Beispiele für die konkrete Unterdrückung von Bildung im Mittelalter? Damit sind wir glücklicherweise fast wieder bei der Frage des OPs!
 
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