Schwimmen in Rüstung

Ja, so verstehe ich das.

Anekdotisch: Beim Schwimmen im Atlantik vor La Palma hatte ich infektbedingt einen Schwächeanfall, als ich um eine Landspitze herum geschwommen war. Ich habe mich auf den Rücken gelegt und einfach nur mehr Luft im Brustkorb gelassen (ich hatte früher ein sehr großes Lungenvolumen mit Vitalkapazität von 6,92 Litern unter BTSP-Bedingungen). Der Körper stellt sich dann aber steil, und Du kannst nur noch schwer atmen, weil der Brustkorb tiefer eintaucht. Man muss mit Kraft schwimmen können um weniger anstrengende Atmung zu haben, die Kraft geht weg.

Ich bin aber unbedingt für ein Re-Enactment Eures Legionärsschwimmens im Freibad: Freiwillige + Rüstung gesucht, Bataver (Niederländer) willkommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist nicht allein eine Frage des Gewichts, sondern auch von Auftrieb und Volumen. Mit 20 kg Rüstung z.B. aus Aluminium oder, wie bei den Samurai mit Rohrgeflecht, wäre der Auftrieb infolge der geringeren Dichte des Materials günstiger.

Ein Schwertstreich im Schilf, und schon ist der Auftrieb des flüchtenden Legionärs, liegend auf einem Schilfrohrbündel, deutlich größer.
 
Das ist nicht allein eine Frage des Gewichts, sondern auch von Auftrieb und Volumen.
Wie per PN schon angesprochen, das Gewicht allein sollte für einen einigermaßen geübten Schwimmer in diesen Größenordnungen eher irrelevant sein.
Ein 30 Kg schwerer Rettungsdummy mit dem man durchaus ganz gut arbeiten kann kommt rein vom Gewicht her in einen ähnlichen Bereich, wie eine jedenfalls leichtere Rüstung (Vollplatte dürfte etwas schwerer sein), und man kann den Dummy jedenfalls durchaus im Wasser 100 oder 200 m einigermaßen zügig transportieren ohne echte Probleme zu bekommen. Nicht ohne Erchöpfungserscheinungen, aber durchaus ohne ernsthafte Gefahr zu laufen dabei selbst unterzugehen.

Was Auf- und Abtrieb angeht, da könntest du recht haben, wobei ich keine Ahnung habe, wie viel Abtrieb sich sich konkret durch Einsatz der eigene Kräfte und Schwimmbwegungen egalisieren lässt.
 
Olaus Magnus in seiner Historia de gentibus septentrionalibus sieht das Schwimmen in Rüstung als für nordische Völker normale Sache an.
Im Kapitel de natatione pedestrium armatorum & praesertim pinguium beschreibt er, wie das vonstatten ging.
Einige brauchten ein Seil, andere nicht. Interessante Illustration dazu:
deutsche Fassung: Wie die Fuoßknecht in der Rüstung uberschwimmen und besonder die da schweres Leibs seind
 
Ich weiß nicht, wie ernst man das nehmen soll. Ich habe vor Jahren mal das Strategikon des Pseudo-Maurikios gelesen. Darin wurde behauptet, die Slawen würden mit Schilfstengeln als Luftröhre in den Sümpfen hocken und ihren Feinden auflauern. So etwas mag in einem Einzelfall mal passiert sein (also einzelne Personen, die einzelne Personen auf diese Weise angriffen, aber kaum ein ganzes Heer), aber sicher keine immer wieder angewandte Strategie. Und ähnlich sehe ich das hier, der exilierte Theologe theoretisiert anstatt wirklich aus der Praxis zu berichten. Im Prinzip erzähl er ja nur kurz, dass dicke Männer eim Übrqueren eines Flusses von wendigeren Männern unterstützt werden:

Solche lassen mit hilff eines ringfertigen Manns/der schwimmen kan/etliche Seyler uber das Wasser ziehen/zů beiden seiten der gestadt starck auffgehefft/daran halten sich die Schwimmenden mit der einen handt/mit der anderen treiben sie das Wasser undersich biß sie hinüber kommen. Aber etlich bedörffen solches nicht/sond schwimmen so wol/das sie auch zwischen den wellen des wütenden Meers ein grosse​
Sind die Seile (Seyler) zwischen den Ufern (Gestadt) gespannt? (aufgehefft). Im Lateinischen Text heißt es bzgl. der Seile:

ut funibus utraque ripa fluminum agiliori quopiam milite firmatis innitentes, una manu sese transferendo teneant altera vero contorta aqua statim locum artis compendio enixius quo valuerint praeripiant.​
Dann erzählt Olof Magnus aber hauptsächlich die Geschichte von einem Nortwedischen der Siward geheissen (Siuardo Noruegiano), der gefangen genommen wurde und auf See über Bord gehen sollte (auffs Meer geführt worden/in daselbst zu ertrencken), der aber hat ein gut getrenck gekauft, gleich ob er sein Todtenmal vor der Leich wolt begehen, womit er die Mannschaft des Schiffes (Sifleut*) betaubet (im Sinne von betrunken gemacht, nicht bewusstlos): Als die nun frolich genůg wurden/vbergaben sie im das Schiff zů gubernieren. Siward springt dann ins Wasser, wird aber von den anderen Schiffen der gegnerischen Flotte gehetzt, entledigt sich seiner Rüstung und Kleidung und taucht, irgendwann solange, bis sie ihn für ertrunken halten, und dann klammert er sich am Ruder eines Schiffes fest, was eine ganze Weile gut geht, aber dann wird er doch noch entdeckt und schließlich hingerichtet. Ach ja... Winter war obendrein:

vnd wiewol der Wynter vorhanden/so sprang er dannocht in der Rüstung in das Meer und schwamm vnter dem Wasser hin/das man gezweiffelt ob er in dem Schiff Ritterlicher gestritten oder vnder dem Wasser behender geschwummen sey/vnder dem Wasser zog er ihm** selber das Panzer mit sampt der anderen Rüstung ab/damit er dester fertiger schwimmen köndt​
Da Siward der Norweger einen König Harald erschlagen haben soll, als er das Schiff in seine Gewalt gebracht hatte, die Leute animiert hatte loszurudern und geflohen war, nachdem er das Steuerruder zerstört hatte, müsste die Geschichte ja auch anderweitig aufzufinden sein.
o-Umlaute sind mit e über dem umgelauteten o geschrieben, u-Umlaute hingegen mit Trema.

*offensichtlich ein Druckfehler, da sonst immer Schiff mit Sch ist.
**ihn/ihm wird meistens ohne -h- geschrieben wird (durchaus erwartbar) dann aber plötzlich mit.
 
Darin wurde behauptet, die Slawen würden mit Schilfstengeln als Luftröhre in den Sümpfen hocken und ihren Feinden auflauern.
Das ist physiologisch nicht möglich. Selbst mit einem ja im Durchmesser viel größeren Schnorchel geht es nicht, das große Totraumvolumen eines langen Schnorchels, der größere Strömungswiderstand im Schnorchel oder Schilfrohr und die Kompression des Brustkorbs machen es unmöglich.

Erfahrene Taucher verwenden einen möglichst kurzen Schnorchel, ohne Schnickschnack.
 
Im Prinzip erzähl er ja nur kurz, dass dicke Männer eim Übrqueren eines Flusses von wendigeren Männern unterstützt werden:
Ja, der Text gibt nicht das her, was der Titel und die Illustration versprechen.
Den Namen des Künstlers, der die Holzschnitte machte, konnte ich nicht herausfinden, aber es soll sich um einen Italiener handeln, der wohl nicht mit den Verhältnissen im Norden vertraut war. Seine Rentiere, na ja.

Magnus soll zwar den Druck in Rom selbst beaufsichtigt haben, bei den 480 Illustrationen war er offensichtlich großzügig.
 
Wenn es jemanden interessieren sollte, ich bin per Videoplattform auf einen entsprechenden Versuch gestoßen.

Einfach mal bei der bewussten Plattform mit dem Y am Anfang den Kanal "TiwaZ" und da das Video "Can You SWIM in ARMOR?" suchen.

Link aus bekannten Gründen nicht.
 
Die Quintessenz des Videos: Ja, kann man. Es gibt auch keinen guten Grund, warum ein körperlich fitter Mann das nicht können sollte. Die vielen Beispiele in den Quellen für ertrinkende Kombattanten sollten im Kontext gesehen werden. In Rüstung schwimmen muss in aller Regel nur, wer flieht. Wer flieht, wird in aller Regel verfolgt, ist nicht selten von Panik ergriffen, und hat auch nicht die Zeit und Muße gehabt, die beste Stelle für den Gewässerübergang zu suchen. Das sind ganz andere Bedingungen.
 
Also, so wie ich das verstanden habe ist das so ohne weiteres nicht möglich.
Der hat doch Kettenhemd und Helm ohne Gambeson getragen!?
 
Der hat doch Kettenhemd und Helm ohne Gambeson getragen!?
Ja, dass ist sehr schade.

Beim Kettenhemd ohne Helm sagte er ja, dass es extrem schwierig ist.
Nun hat das Video aber auch gezeigt, dass der Gambeson selbst schwimmfähig ist und also Auftrieb in Richtung Oberfläche haben muss, der beim Tragen des Kettenhemdes dann eigentlich unterstützend wirken müsste.
 
Ja, dass ist sehr schade.

Beim Kettenhemd ohne Helm sagte er ja, dass es extrem schwierig ist.
Nun hat das Video aber auch gezeigt, dass der Gambeson selbst schwimmfähig ist und also Auftrieb in Richtung Oberfläche haben muss, der beim Tragen des Kettenhemdes dann eigentlich unterstützend wirken müsste.
Das ist die Frage, wie groß der Auftrieb des nassen Gambesons ist. Meiner alleine wiegt um die sechs Kilo, das schwere Kettenhemd 14 Kg und das leichte 9 Kg. Dann Armbrust, Schwert, nötiges Beiwerk, Beil, und Kleinkram, da komme ich auf etwa 25 Kg ohne eine Pavese die ich noch nicht habe.
Ich selbst wiege 65 KG/186cm.
 
Das ist die Frage, wie groß der Auftrieb des nassen Gambesons ist. Meiner alleine wiegt um die sechs Kilo, das schwere Kettenhemd 14 Kg und das leichte 9 Kg. Dann Armbrust, Schwert, nötiges Beiwerk, Beil, und Kleinkram, da komme ich auf etwa 25 Kg ohne eine Pavese die ich noch nicht habe.
Ich selbst wiege 65 KG/186cm.
Wie gesagt, dass Gewicht ist nicht das Ding. Wenn, dann der Abtrieb.

Ich hab gerde noch ein anderes Video gefunden, dass mehr oder weniger auf ein ähnliches Ergebnis hinauslief, wo der Schwimmer zummindest ohne Waffen und Beiwerk Wohl in der Lage war sich mit Kettenhemd an zummindest rudimentär über Wasser zu halten, aber dann durchaus auch sagte, dass Schwimmen über eine längere Distanz damit wohl eher nicht möglich wäre.

Nun weiß ich nicht, was da genauf für ein Kettenhemd verwendet wurde und wie historisch das vom Material her war.


Nachdem, wie das im Versuch ausgesehen hat, wäre es möglicherweise immerhin machbar gewesen, ohne Helm, Schild oder Waffen, aber mit Kettenhemd an, sich zummindest eine Zeit lang an der Wasseroberfläche zu halten und ein wenig (allerdings wohl unter extremen Schwierigkeiten vom Fleck zu kommen).

Nun würde, was bestimmte Überlieferungen angeht, es etwa für Flussüberquerungen auf einer Flucht vom Schlachtfeld ja möglicherweise durchaus ausgereicht haben unter Verlust von Helm und Waffen oder zummindest unter verlust von Teilen der Ausrüstung, es fertig zu bringen sich 2-3 Minuten rudimentär irgendwie an der Wasseroberfläche zu halten, bei moderatem Vorwärtskommen und den Rest die Flusströmung erledigen zu lassen, in dem man nicht versucht das Gewässer direkt im 90°-Winkel zu queren, sondern einen wesentlich kleineren Winkel wählt, bei dem man die Strömung nicht auf der Seite und gegen sich, sondern teilweise im Rücken hat, während dabei inkaufgenommen wird, einige 100m in Strömungsrichtung abzutreiben.
Die meisten Flüsse sind ja, wenn nicht gerade Hochwasser vorhanden ist nicht mehr als einige dutzend Meter oder vielleicht mal 100-200m breit.

Nehmen wir ein 100m breites Gewässer an, dann müsste jemand, der sich 3 Minuten lang in dem Zeugs über Wasser halten kann, in der Minute eine Distanz von 33m schaffen um es überqueren zu können, wobei die Strömung mithelfen kann.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das hinhaut.
 
Wenn es jemanden interessieren sollte, ich bin per Videoplattform auf einen entsprechenden Versuch gestoßen.

Einfach mal bei der bewussten Plattform mit dem Y am Anfang den Kanal "TiwaZ" und da das Video "Can You SWIM in ARMOR?" suchen.
Das erste, was mir auffällt: Der Typ in dem Video geht zu keinem Zeitpunkt in tiefes Wasser, sondern schwimmt, wo er noch stehen kann. Halt ich für sehr klug, und sagt einem eigentlich alles, was man wissen muss... ;)
 
Naja, solche Experimente, die wenn man sich vertan hat, tödlich schief gehen können sollte, man natürlichst tunlichst da ausführen, wo man auch wieder herauskommt, wenns schiefgeht, im Besonderen wenn man da kein professionelles Rettungsteam dabei hat.


Es bestreitet ja wohl niemand, dass da potentiell mindestens enormes Risiko für tödliche Unfälle besteht, weswegen sich nicht empfielt das nachzumachen und schon gar nicht ohne Sicherungsmöglichkeiten.

Selbst wenn man sich potentiell unter Anstrengungen über Wasser halten kann, können natürlich Krämpfe auftreten, die es unmöglich machen die Anstrengung aufrecht zu erhalten o.ä.

Aber die Frage war ja nicht, ob es gefährlich oder sehr risikoreich ist, sondern ob es möglich ist.
 
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