Sklaverei - Wiedergutmachung möglich?

Jeder, der etwas von Ökonomie versteht, weiß, dass es sog. Schweinezyklen gibt, die nicht nur bei Schweinezucht, sondern auch bei anederen Märkten ähnlich auftreten. Und in den Regierungen dieser Entwiklungsländer sitzen wie bei uns durchweg studierte Leute, die das wissen müssten, und wenn sie trotzdem ihre Bauern überredeten, Kaffee- statt Lebensmittelpflanzen anzubauen, dann weil sie auf falsche Berater hörten oder schlicht korrupt waren bzw. sind, wie z.B. in Kenia*.

Das Problem ist, würde ich jedenfalls annehmen, vor allem, dass sich die Ökonomen mitunter wenig mit der eigenen Geschichte und dem historischen Kontext bestimmter aus der ökonomischen Klassik herrührender Theoreme befassen und dass im Hinblick auf politische Beratung häufig zu sehr auf betriebswirtschaftliche, als auf volkswirtschaftliche Zusammenhänge abgestellt wird, wobei strategisch wichtige Schritte, zu Gunsten ökonomisch sinnvollerer Schrittee zurückgestellt werden, wie wir gerade mitunter in der Frage der Energieversorgung sehen (sofern dieser Verweis gestattet ist).

Ansonsten ist die Empfehlung Kaffee statt Lebensmittel anzubauen, letztendlich nichts anderes als ein Verweis auf die Theorie der komparativen Kostenvorteile, die letztendlich bis Ricardo zurückgeht.
Das Problem mit dieser Theorie ist eben nur, dass sie letztendlich aus dem beginnenden 19. Jahrhundert stammt, mit der damaligen Produktionseffizienz und ständig wachsenden Märkten, dadurch, dass sowohl die Bevölkerung wuchs, und große Teile Afrikas und Asiens, wie auch Nordamerikas an das europäische Handelssystem überhaut noch nicht angeschlossen waren.
D.h. das diese Theorie die Möglichkeit einer massiven Überprodutkion bzw. Marktübersättigung, die katastrophale Folgen haben kann, überhaupt noch nicht in Betracht zog und das gemessen an den damaligen Produktionskapazitäten und Transportmöglichkeiten auch nicht musste.

Die Industrialisierung und auch die Veränderung des Transportsystems hat aber die Spielregeln massiv verändert und das ist da nicht hinreichnd berücksichtigt worden, ebenso wie der Umstand, dass im Zuge der globalisierung mittlerweile ein Großteil der Welt handelstechnisch vernetzt und die Möglichkeit völlig neue pfofitable Märkte zu erschließen, die in der Lage sind Überkapazitäten aufzunehmen, mittlerweile ihrem Ende entgegen geht, weil eben so gut wie jeder Felcken Erde mittlerweile angebunden ist, mit ausnahme Nordkoreas eventuell.

Ein großes Problem, was ich in der Ökonomie oder mindestens einigen Schulen der Ökonomie sehe, ist, dass Regeln und Gesetzmäßigkeiten, die in vorindustriellen Zusammenhängen einmal postuliert worden sind, in Teilen axiomatisch wieder aufgekocht werden, ohne zu hinterfragen ob die Änderungen der materiellen Grundlagen durch die Industrialisierung und die Herausbildung eines ökonomischen Weltsystems, diese Zusammenhänge möglicherweise vollständig ausgehebelt haben.
 
Das Prinzip, dass Arbeitsteilung die Wirtschaft produktiver macht, war vor der Industrialisierung richtig und ist es nach ihr genauso. Und wenn die Arbeit aufgeteilt wird, sollte man sich jene aussuchen, in der man relativ gut ist, das ist eine Binsenweisheit. Übrigens: Die echten Ökonomen lassen sich bestimmt nur wenig von betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen leiten, von denen haben sie nämlich gar nicht so viel Ahnung.
Und dann sei noch erwähnt, dass wir gegenwärtig und schon seit Längerem weniger mit dem Problem der Überkapazitäten zu kämpfen haben als mit verschärften Knappheiten auf allen möglichen Gebieten; auch nicht mit fortschrittsbedingter Massenarbeitslosigkeit, sondern mit Arbeitskräftenangel, nicht nur in Deutschland.
 
Das Prinzip, dass Arbeitsteilung die Wirtschaft produktiver macht, war vor der Industrialisierung richtig und ist es nach ihr genauso.

Natürlich. Für die Frage ob eine Ausrichtung auf extreme Spezialisierung Sinn macht, spielt aber auch die Entwicklung der Produktivkräfte und damit verbunden der Sättigungsgrad der Märkte eine Rolle.

Als die Vorstellung der komparativen Kostenvorteile aufkam, war der Großteil der Welt agrarisch geprägt und von gesättigten Märkten konnte so gut wie nirgendwo die Rede sein.
Das bedeutete in diesem Sinne mehr oder minder eine Absatzgarantie, außerdem gab es keine entwickelten Konsumgüterindustrie und keine Konsumgesellschaft, so dass letztendlich eine Spezialisierung die dazu führt, dass man die eigene Bevölkerung nicht ernähren kann, wenn es zu einer Absatzkrise kommt, weil man selbst zu wenig Bedarfsgüter produziert, in dem Konzept nicht vorkam.
Das war zur Zeit der Entstehung dieser Überlegungen doch völlig außerhalb des Denkbaren.
Weswegen es brandgefährlich ist, diese Ansätze im Rahmen einer globalisierten und industrialisierten Welt wieder auszugraben.

Übrigens: Die echten Ökonomen lassen sich bestimmt nur wenig von betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen leiten, von denen haben sie nämlich gar nicht so viel Ahnung.
Was sind für dich "echte Ökonomen"?
Betriebswirtschaftliche Fragen und Probleme haben als ökonomische Teildisziplin genau so ihre Daseinsberechtigung wie Volkswirtschaftliche.

Im Übrigen, wenn man sich, was Spezialisierung angeht auf die komparativen Kostenvorteile kapriziert, was in der Wirtschaftspolitik diverser Entwicklungsländer offenkundig der Fall ist oder jedenfalls mal war, liegen da nicht betriebswirtschaftliche, sondern volkswirtschaftliche (bzw. "Nationalökonomische" um in der Sprache der Zeit zu bleiben) Vorstellungen zu Grunde.
Das hatte vor dem Hintergrund des damaligen technischen Entwicklungsstands und der Möglichkeiten durchaus seine Berechtigung.
Es passt nur einfach nicht mehr ins ausgehende 20. und beginnende 21. Jahrhundert mit seinen vollkommen anderen Rahmenbedingungen, die denen von 1840 nicht mehr im Mindesten entsprechen.

Und dann sei noch erwähnt, dass wir gegenwärtig und schon seit Längerem weniger mit dem Problem der Überkapazitäten zu kämpfen haben als mit verschärften Knappheiten auf allen möglichen Gebieten; auch nicht mit fortschrittsbedingter Massenarbeitslosigkeit, sondern mit Arbeitskräftenangel, nicht nur in Deutschland.

Es war aber nicht von Deutschland die Rede sondern von den Entwicklungsländern.

Davon ab, haben wir natürlich ein Problem mit Überkapazitäten. Wir werden mit diesem Problem fertig in dem wir es zu Lasten anderer exportierten.
Warum subventionieren wir in Europa denn unseren Agrarsektor ohne Ende?
Letztendlich doch deswegen, weil wegen des massiven Überangebots an Agrarprodukten ohne die Subventionen ein Großteil der Betriebe keine Zukunft hätte.

Das die Flutung des Weltmarkts mit billigen Agrarerzeugnissen zu entsprechendem Preisdruck führt, und dazu, dass in anderen Teilen der welt der Anbau von Lebensmitteln unrentabel ist, ist die logische Folge davon.

Das bedeutet, dass die betreffenden Regionen im Prinzip zwei Möglichkeiten haben:

Entweder sie versuchen ihre Märkte abzuschotten (für Subventionen fehlt schlicht das Geld) um die Wirtscahft unter dem strategischen Gesichtspunkt der versorgungstechnischen Autarkie zu führen, was aber im Hinblick auf die Entwicklung des Gesamtwohlstands Stagnation bedeutet.

Oder aber sie weichen im Sinne der komparativen Kostenvorteile auf andere Produktion aus, die mehr Gewinn verspricht.
Das aber bedeutet der Bevölkerung die autarke Versorgungsgrundlage zu nehmen, weil es die Öffnung der eigenen Märkte voraussetzt und damit den weitgehenden Niedergang der eigenen Lebensmittelproduktion.
Diese Strategie ist im Hinblick auf das Wohlstandsniveau sicherlich attraktiver, als Abschottungspolitik, aber wehe es kommt zur Übersättigung der Märkte und zum Preisverfall bzw. zu Absatzkrisen, denn dann geht die Versorgung der eigenen Bevölkerung, gleich mit den Bach runter.
Hinzu kommen die Probleme großer Monokulturen, im Besonderen vor dem Hintergrund sich verändernder Umweltbedingungen.
 
Ich möchte nicht ausschließen, dass es da schwarze Schafe gibt. Daher sind fairtrade Produkte, die für uns westliche Konsumenten sicherstellen sollen, dass die Produkte möglichst gerecht angebaut werden, ja seit einigen Jahren im Aufwind.

Es gibt aber auch schon seit Jahren massive Kritik an "Fairtrade"-Produkten. Kritisiert wird vor allem die geringe Transparenz der Preise und wie sich diese Preise zusammensetzen, die geringe Verdienstspanne der Kleinbauern, die Tendenz zur Überproduktion.

Kritiker wie der Wirtschaftswissenschaftler Paul Collier beanstanden, dass Fair Trade eine Art Wohltätigkeitsprojekt sei, dass Bauern einen Anreiz schafft, ihre armutsfördernde Produktion fortzusetzen. Die garantierte Abnahme von Agrarprodukten, blockiert häufig jede Tendenz zur Qualitätssteigerung.
 
Natürlich. Für die Frage ob eine Ausrichtung auf extreme Spezialisierung Sinn macht, spielt aber auch die Entwicklung der Produktivkräfte und damit verbunden der Sättigungsgrad der Märkte eine Rolle.

Als die Vorstellung der komparativen Kostenvorteile aufkam, war der Großteil der Welt agrarisch geprägt und von gesättigten Märkten konnte so gut wie nirgendwo die Rede sein.
Das bedeutete in diesem Sinne mehr oder minder eine Absatzgarantie, außerdem gab es keine entwickelten Konsumgüterindustrie und keine Konsumgesellschaft, so dass letztendlich eine Spezialisierung die dazu führt, dass man die eigene Bevölkerung nicht ernähren kann, wenn es zu einer Absatzkrise kommt, weil man selbst zu wenig Bedarfsgüter produziert, in dem Konzept nicht vorkam.
Das war zur Zeit der Entstehung dieser Überlegungen doch völlig außerhalb des Denkbaren.
Weswegen es brandgefährlich ist, diese Ansätze im Rahmen einer globalisierten und industrialisierten Welt wieder auszugraben.
Die Überlegung: "auf welchem Gebiet sind eigentlich unsere Stärken relativ zu möglichen Konkurrenten?" ist für ein Unternehmen oder für einen Wirtschaftspolitiker immer nützlich, egal ob die Welt agrarisch oder industriell geprägt ist. Ricardo weist darauf hin, dass ein Land, das sich bei Produktion und Export auf seine Stärken konzentriert, auch dann durch Außenhandel gewinnen kann (nämlich gegenüber dem Zustand der Autarkie), wenn es auf keinem Gebiet effizienter produziert als das Ausland. Selbst wenn man alle Erwähnungen des komparativen Kostentheorems von Ricardo verbieten und Bücher dieses Inhalts verbrennen würde, kämen doch immer wieder Leute, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, auf diesen gleichen Gedanken.
Klar ist natürlich: Weder vor noch nach der industriellen Revolution reicht das Theorem zur Entwicklung einer kompletten Außenhandelsstrategie aus, dazu ist die Welt zu komplex, das hat sicher auch Ricardo gewusst.
Was die Marktsättigung betrifft: Wenn man Kaffee deutlich billiger oder in besserer Qualität produzieren kann als die Konkurrenz, hat man Chancen, Marktanteile hinzuzugewinnen, ob der Markt nun als gesättigt gilt oder nicht.

Eigentlich hab ich so was Ähnliches im Forum schon mal geschrieben, und es hat auch kaum noch was mit dem Thema des Fadens zu tun, deshalb sag ich lieber nichts mehr dazu.
 
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