In den 60er Jahren, als mit den Auschwitz und Maidanek Prozessen einige der kleinen Tötungsarbeiter vor Gericht standen, die sich nicht auf Befehl und Gehorsam berufen konnten, weil sie mit eigenen Händen, Revolvern und Stiefeln gemordet hatten, war die Standardausrede, sie hätten gehorchen müssen, sonst wären sie selbst ins KZ gekommen oder erschossen worden. Tatsächlich ist kein einziger Fall dokumentiert, dass ein Soldat, der sich geweigert hätte, an Erschießungen teilzunehmen, dafür erschossen worden wäre. Es gab Offiziere, die den Kommisarbefehl nicht weitergegeben haben, die aktiven oder passiven Widerstand geleistet haben, ohne das ihnen etwas passiert ist. Spektakulär war die Tat von Oberleutnant Albert Battel, der von seinen Wehrmachtsvorgesetzten gedeckt, die Juden von Przemysl rettete. Es gab offenbar immer genügend Freiwillige, und Insassen berichteten, dass SS- Männer wegen ihrer Brutalität befördert wurden, und in den KZs und bei Einsatzgruppen sich ein unglaubliches Drohnendasein und Drückebergertum entwickelt hatte. In Buchenwald oder Auschwitz war "Jubel Trubel, Heiterkeit" wie ein SS- Mann in der Auschwitz online Dokumentation Auschwitz "Verbrechen und Korruption" erzählt. Es war jedenfalls bedeutend bequemer und ungefährlicher, als an der Ostfront, und viele SS- Männer trauerten "den starken Erlebnissen" und nicht zuletzt der reichhaltigen Versorgung mit Alkoholika durchaus nach. Da gab es dann nicht selten 18- 19 jährige, die plötzlich Macht und Gewalt über das Leben von Hunderten von menschen hatten, wie der Darmstädter Schüler Hans Stark oder Irma Grese, die "Hyäne von Auschwitz", die als jüngste delinquentin von den Briten exekutiert wurde.
Viele Überlebende des Warschauer Ghettos wie Marcel Reich Ranicki berichteten, dass sich viele Wehrmachtsangehörige damit vergnügten, den orthodoxen Juden gewaltsam die Bärte und Schläfenlocken abzuschneiden. An der Ostfront wurden viele Soldaten Zeugen wie Juden oder echte und vermeintliche Partisanen abgeknallt wurden. Dazu haben viele Wehrmachtsdienststellen aktive Hilfe am Holocaust geleistet, und die Gebiete, die der Wehrmachtsverwaltung unterstanden, unterschieden sich in punkto der entrechtung und ausbeutung der zivilisten nicht sonderlich von denen, die Rosenbergs Ostministerium unterstanden. Wenn staatlicherseits und von Seiten der Führung Verbrechen nicht nur geduldet werden, sondern dazu animiert wird, liegt es in der Natur der Sache, dass sich zahlreiche Individuen in dieser beziehung austoben.