Da sehe ich die CDU nicht als Nachfolgepartei. Auch die konfessionelle Beschränkung des Zentrums steht dagegen.
War das Zentrum tatsächlich so stark aus seiner eigenen Selbstauffassung heraus konfessionell beschränkt?
Ich würde meinen, wenn es das gewesen wäre, hätte es eine grundsätzliche Aversion dagegen haben müssen, sich auf eine politische Zusammenarbeit mit den schwerpunktmäßig protestantischen Klientelparteien DVP und DNVP einzulassen.
Die Geschichte lehrt uns aber anderes.
De facto lief die Parteipolitische Linie der Zentrumspartei Seit Mitte der 1920er Jahre och darauf hinaus, sich mit den konservativen Protestanten von DVP und DNVP zusammen zu schließen und sich mehr und mehr vom ursprünglichen Koalitionspartner SPD zu verabschieden, obwohl die nicht konfessionell gebundene SPD den speziell katholischen Interessen ostmals immerhin gleichgültig gegenüberstand, während sie den beiden preotestantsich-konservativen Parteien eigentlich gegen den Strich gehen mussten.
Es gab in der Weimarer Republik vielleicht keine ihrem Profil nach überkonfessionell christlich-konservative Partei, zwischen 1924 und 1928 wohl aber verschiedene überkonfessionelle christlich-konservative Koalitionsregierungen unter Beteiligung der Zentrumspartei.
Auch Brünung ließ sich nach dem Intermezzo der Regierung Müller II an der sich das Zentrum lediglich symbolisch mit einem Minister beteiligte (was in keinem Verhältnis zu seinem politischen Gewicht stand), wieder von DVP, DNVP und CNBL (Spaltprodukt der DNVP) unterstützen.
Das diese überkonfessionelle christlich-konservative Zusammenarbeit endete, lag letztendlich auch nicht daran, dass das Zentrum sie nicht fortzusetzen wünschte, sondern daran, dass die DVP nach und nach in der Bedeutungslosigkeit verschwand und sich die DNVP unter Hugenberg wieder von der Akzeptanz der Republik und dem systemkonformen politichen Kurs verabschiedete.
Ich würde meinen, dass das Zentrum in seinen konfessionellen Auffassungen so bechränkt nicht war, wie es die CDU/CSU um sich davon abzugrenzen gerne darstellt.
Natürlich war es als vorweigend katholische Partei entstanden und natürlich hatte es im besonderen bedingt durch die Kulturkampfzeit und die damit verbundene den Katholizismus diskriminierende Gesetzgebung im Kaiserreich vor allem katholische Interessen vertreten, was das Image als katholischer Klientelpartei möglicherweise noch gestärkt hat.
Das mag dafür gesorgt haben, dass das Zentrum auch in der Weimarer Zeit eine überwiegend katholisch geprägte Partei blieb, wäre allerdings zu hinterfragen ob das der Fall war, weil die Katholiken dort unbedingt unter sich bleiben wollten, oder weil diese Partei aus der Kaiserzeit ein Image mitbrachte, dass es Protestanten in ihren sozialen Millieus schwer machte, sich für diese Partei zu engagieren?
Genau so ließe sich für die westdeutschen Verhältnisse nach 1945 zweierlei Fragen:
1. Ist die betont konfessionsübergreifende Ausrichtung der CDU/CSU so stark auf eine innere Umorientierung zurück zu führen, oder ist es eigentlich die Umsetzung dessen, was schon das Zentrum in der Weimarer Zeit eigentlich anstrebte, durch entgegenstehende protestantische Millieuparteien aber behindert wurde, die in der Bonner Republik nicht aufkamen, zumal die Vorgeschichte eine ganz andere, der Kulturkampf lange vergessen war.
2. Setzte nicht ohnehin der neue territoriale Zuschnitt Westdeutschlands eine massive Verschiebung zu Gunsten der katholischen Interessen innerhalb des christlich-konservativen Millieus nicht ohnehin voraus, weil ein großer Teil der protestantischen Gebiete jetzt Ausland waren und bei Wahlen nicht mehr in dem Maße ins Gewicht fielen?
Ich würde meinen auch das dürfte es der CDU/CSU in ganz anderem Maße als der Zentrumspartei ermöglicht haben sich einerseits offen zu geben andererseits speziell die katholischen Interessen zu stützen.
Ich bin aus meiner Auffassung heraus nicht der Meinung, dass die tatsächlichen politischen Unterschiede zwischen dem Zentrum und der Nachkriegs-CDU/CSU in deren eigener Denkweise und Programmatik so groß gewesen wären, wie man das im konservativen Lager so gern beschwor.
Die Rahmenbedingungen waren einfach völlig andere.
Das permanente Zusammengehen des Zentrums mit den protestantischen Klientelparteien ab Mitte der 1920er Jahre beweist für mich aber, dass die Orientierung auf eine überkonfessionelle Politik (wenn vielleicht noch nicht auf den Parteienzuschnitt) bereits in der Weimarer Zeit gegeben war und keine Erfindung der Adenauer-CDU ist.