Spielfilme angesiedelt im Mittelalter

Shinigami - Darf ich mich dazu überhaupt äußern, ohne dass mich hier jemand fertig macht?
Ich frage doch nur, weil ich das so in meiner Leserfahrung nicht wiederfinde, es war durchaus nicht als Votwurf gemeint, oder als Versuch irgendwen fertig zu machen.
Wobei meine Leseerfahrung selbst, da sich mein Lesekonstum, was Österreich betrifft, wie gesagt vor allem auf das 18. und 19. Jahrhundert beschränkt, da vielleicht nicht unbedingt repräsentativ ist und mich interessiert, ob ich selbst da möglicherweise einer Fehlwahrnehmung unterliege.

Was ich so zur Habsburger Monarchie gelegen habe, hatte in meinem Empfinden eher einen sympathischen/sympathisierenden Anstrich.
 
Entschuldigung, das war nicht gegen dich direkt gerichtet - sonst hätte ich es gar gewagt überhaupt zu antworten, aber das Schlimmste an allem ist, dass es nicht einmal mehr möglich ist, das im Internet anzusprechen, ohne dass die Fanclubs einen sofort verbal zusammenschlagen oder verspotten und sogar noch Schlimmeres. Leider bin ich dazu noch Österreicherin und das lässt sich leider sehr gut gegen mich verwenden.
Aber das fällt bereits unter off topic.
 
Das ist allerdings nicht ein ungarisches Aufgebot, sondern ein Haufen fanatisierter (aber unausgebildeter und unausgerüsteter) Anhänger des Kreuzzugspredigers Johannes von Capistrano.
 
0.
In Kontrast der Kritiken (Ravenik - Halb- oder [zumindest] Viertellob; Teresa - Reinfall) hab ich mir jetzt auch den „Flug des Raben“ reingezogen und geb jetzt auch mein wahrscheinlich zu ausuferndes „Senftröpfchen“ ab.

1.
Europa im Spätmittelalter und insbesonders am Balkan gehört jetzt gar nicht so zu meinen historischen Stärken. Deswegen hab ich während des Filmschauens auch kurz - und teilweise länger - aus Mangel eines ernsthaftes Fachbuchs zu dieser Epoche Tante Wiki zu den historischen Ereignissen befragt. Ein - wie ich feststellte - eher zweifelhaftes Vergnügen (dazu später).

2.
Der „Flug des Raben“ schildert den Aufstieg und Leben des ungarischen Adeligen Janos Hunyadi vom Provinzedelmann zum Heerführer, Staatsmann und Reichsverweser (komisches Wort übrigens). Sein Sohn, Matthias Corvinus, wurde der letzte bedeutende ungarische König, bevor Ungarn - zuerst von den Osmanen, dann von den Habsburgern „geschluckt“ - für lange Zeit als eigenständiges politisches Subjekt verschwand.
Als solcher ist Hunyadi offensichtlich eine bedeutsame Identifikationsfigur national gesinnter Ungarn und wahrscheinlich integraler Bestandteil ungarischen Nationalmythologie; darauf muss eine ungarische Fernsehproduktion natürlich Rücksicht nehmen.

3.
Fernsehserien sind keine Geschichtsstunden; sie sollen in erster Linie nicht Geschichtswissen vermitteln, sondern eine spannende Geschichte erzählen, die die Zuseher in ihren Bann zieht. Historische Details stehen daher meist zur Disposition und werden der geplanten Dramaturgie der Geschehnisse untergeordnet; nicht vollständig geklärte Details lassen sich - wenn unpassend - verschweigen oder - wenn teilpassend - uminterpretieren. Soweit dies nicht die historischen Ereignisse oder die Logik völlig auf den Kopf stellt, halte ich solche Kunstgriffe für durchaus legitim. Wie gesagt, es ist eine Geschichte - im vorliegenden Fall sogar eine Nationallegende - zu erzählen, da braucht man nicht allzu viele Kanten und Widerhaken.
Misst man nun den „Flug des Raben“ auch nur an obigen bewußt schwammig formulierten Kriterien, so greift er weit darüber hinaus. Was annähernd noch stimmt sind die biographischen Grunddaten (also ungefähre Geburts- und Sterbejahre), aber nicht einmal die bei allen Protagonisten:
Die Brancovics-Brüder, im Film bedauernswerte Waschlappen, die sich in Edirne selbst umbringen, verbringen „in echt“ noch viele Lebensjahre; einer der beiden wird auch noch als Nachfolger seines Vaters serbischer Despot und gilt - aufgrund welcher Verdienste auch immer - als Heiliger der griechisch-orthodoxen Kirche. Dass zumindest einer von ihnen als Kastrierter noch Kinder zeugte, ist jetzt nur mehr eine Draufgabe. Der dramaturgische Effekt solcher Umdichtungen bleibt zumindest mir schleierhaft.
Historisch wichtige Schlachten werden je nach Laune erwähnt oder meist auch völlig übersprungen, Details schlicht "getuned". Nur eine Kleinigkeit: Der Kardinal, dem der Dracula-Vater in der Wallachei die Haut abzieht, starb direkt in der Schlacht bei Varna und hatte auch nicht den militärischen Oberbefehl.
Daß der Habsburger-Albrecht als kompletter Idiot dargestellt wird, mag ja noch hingehen. Seine angebliche Beischlafverweigerung ist allerdings an einem halben Haar herbeigezogen: Immerhin hatte er mit Elisabeth von Luxemburg 4 Kinder. Kann ja nicht (wie im Film) immer der Cilli eingesprungen sein…
Zusammenfaßend: Das Ganze ist „A fairy tale“, das sich historische Persönlichkeiten als Spielfiguren zurechtschneidert. Aber ist die Geschichte als solche wenigstens gut ?

4.
„The good, the bad and the ugly“ ist ein bekannter Italo-Western und wer mit dem Genre etwas vertraut ist, weiß, daß Übertreibung, Stilisierung und Überhöhung zu den stilbildenden Kriterien gehören, die meist mit einer Dosis Ironie präsentiert werden. In ähnlicher Form - allerdings ironiefrei - bringt die „Rabenpartie“ ihre Charaktere voran: „The good, the bad and many silly crazy guys“ oder so ähnlich.
Die Rolle des Bösen fällt dabei dem Grafen von Cilli zu, der im Film für alles Böse die Hauptverantwortung trägt, weil sein Gegenspieler Hunyadi ja der reine Engel ist. Real ist, dass beide Seiten Adelsfraktionen anführten, die sich in einen veritablen Machtkampf um die Führung im ungarischen Königreich verstrickt hatten. Letztlich gewann die Hunyadi-Fraktion diesen Machtkampf, indem sie die Cillis aussterben ließ. Auch wenn der Topos des „bösen Cilli“ in Geschichtsdeutungen nicht neu ist, fehlt in der Verfilmung jedwede vernünftige Motivation für den Machtkampf, der über enggesteckte und unerläuterte persönliche Begierden hinausgeht. Der Böse bleibt fahl und ohne jede Hintergründe: Eine überaus unschillernde Persönlichkeit.

5.
Der Darsteller des Hunyadi kann wirklich nichts dafür, das er mir vom ersten Auftreten an an den Serienhelden und malayischen Piraten meiner Fernsehjugend („Sandokan“) erinnert hat. Allerdings haben die Drehbuchautoren auch nichts getan um ihm im Verlauf des „Epos“ als mehr als einen muskelbepackten Simpel und Haudrauf erscheinen zu lassen. Sein Aufstieg bleibt rätselhaft, vielleicht weil neben Schwertschwingen und Familienrührseligkeit keine weitere Handlungs-Zeit mehr blieb. Wirkt der Gegenspieler schon uninspiriert, so ist der Held einfach nur mehr platt. In Terry Pratchetts „Scheibenwelt“ ist „Held“ oder „Heldin“ ein Berufsstand, der sich gern verdingt: „Ich bin ein Held. Bräuchten sie gerade einen?“. Vielleicht hätte er dorthin gepasst.

6.
„Sex sells“, war offenbar ein Leitmotiv der Filmproduktion. Alles mögliche wird generell und eindimensional auf vollzogenen, erzwungenen und/oder verweigerten Beischlaf reduziert: Heere ausschicken, Frieden und Bündnispartner sichern, (fast) alles begründet sich im Schlafgemach. Dabei stört mich die oft erwähnte Freizügigkeit der FIlmhandlung weniger. Sicher, im Sinne der Gleichberechtigung hätte man schon zumindest noch ein paar nackte Männerärsche mehr hineinpacken können, aber im Vergleich zum Fernseh-Standard des ausgehenden 20. Jahrhunderts ist das eh alles eher zahm und im Rahmen. Sexistisch ist die Verfilmung natürlich, aber auch nicht mehr als jede James-Bond-Verfilmung, an die ich mich erinnern kann. Im mittelalterlichen Umfeld und als intendierte Heldensaga ist anderes auch schwer vorstellbar.

7.
In der Gesamteinschätzung bin ich da eher bei Teresa und gebe eine glatte Sechs (nochdazu als ein an eine fünfteilige Notenskala gewohnter Österreicher), wenn auch als anderen Gründen: Fern der historischen Realität, diese nur hin und wieder streifend, erzählt die Verfilmung langmächtig ein recht plattes Heldenepos. ErzählerischenTiefgang und nuancierte Personen, denen man mitfiebernd folgen kann, muss man mit der Lupe suchen. Spätestens zur Hälfte der Verfilmung, wenn klar wird, dass da nichts Tragfähiges mehr kommen wird, beginnt man sich zu langweilen und - wenn man im Streaming die Möglichkeit dazu hat - vorzuspulen. Die letzte (nominal überlange) Folge hab ich schon in Rekordzeit gesehen.
Wer Waffengeklirr, Schwertfuchteleien und Komparsenmassen liebt kann sich das ja alles reinziehen, alle anderen könnten mit ihrer Zeit sicher Besseres anfangen.

8.
Ein Tipp: Die deutschsprachige Wikipedia zu diesem zeitlich-räumlichen Geschichtsabschnitt ist mehr als dürftig und teilweise auch „tendenziös“. Wer sich auch nur auf meinem laienhaften Niveau etwas informieren will, sollte zumindest zur englischsprachigen Version greifen.
 
ad muck:
Lesen Sie einfach den Artikel über Hunyadi in der deutschsprachigen Wikipedia, sowie vielleicht noch den über seinen älteren Sohn Ladislaus/Lazlo. "Dürftig" dürfte sich schon allein am Umfang erschließen. oder an Satzfetzen wie (Zitate sinngemäß, aber nur aus der Erinnerung): "er wurde 1397 geboren oder 1407" "wird häufig mit seinem älteren Bruder verwechselt" etc. Teilweise auf Heldensaga-Niveau.
Weil ich mich - wie oben angeführt - in diesen Zeiten überhaupt nicht auskenne, habe ich "tendenziös" absichtlich unter Anführungszeichen gesetzt. Riecht - nach meinem laienhaften Verständnis - zwar nach Symphatisanten-Berichterstattung, aber wie gesagt: zu wenig Fachkenntnis um das endgültig zu beurteilen.
Ein Abgleich mit der englischsprachigen Version (die hat auch etwas zum finanziellen/ökonomischen Background) kann wie gesagt nicht schaden...
 
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6.
„Sex sells“, war offenbar ein Leitmotiv der Filmproduktion. Alles mögliche wird generell und eindimensional auf vollzogenen, erzwungenen und/oder verweigerten Beischlaf reduziert: Heere ausschicken, Frieden und Bündnispartner sichern, (fast) alles begründet sich im Schlafgemach. Dabei stört mich die oft erwähnte Freizügigkeit der FIlmhandlung weniger. Sicher, im Sinne der Gleichberechtigung hätte man schon zumindest noch ein paar nackte Männerärsche mehr hineinpacken können, aber im Vergleich zum Fernseh-Standard des ausgehenden 20. Jahrhunderts ist das eh alles eher zahm und im Rahmen. Sexistisch ist die Verfilmung natürlich, aber auch nicht mehr als jede James-Bond-Verfilmung, an die ich mich erinnern kann. Im mittelalterlichen Umfeld und als intendierte Heldensaga ist anderes auch schwer vorstellbar.
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Deswegen ist es trotzdem Sexismus und auf einem Niveau, das in den 1990er-Jahren als endgültig überwunden galt. (Wobei das, was damals als überwunden galt, im Vergleich zu dem, wie der Film seine Frauenfiguren zeigt, bei Weitem nicht so schlimm war. Und soll die Bemerkung, dass es mit mehr männlichen Ärschen weniger sexistisch gewesen wäre. Sexistisch ist der Film nicht, weil Nackte vorkommen, sondern in dem weibliche Figuren auf ihre Geschlechtsorgane reduziert sind.

"Im mittelalterlichen Umfeld und als intendierte Heldensaga ist anderes auch schwer vorstellbar."
Wirklich - Offensichtlich sind wir im 21. Jahrhundert wirklich am Tiefpunkt gelandet, denn schon die belegten Fakten vermitteln da einen ganz anderen Eindruck:

Dazu ein Beispiel:
Janos Hunyady gerät nach der Schlacht in die Gefangenschaft von Vlad Dracul. Das ist historisch sogar richtig. (Sein Sohn war allerdings nicht dabei.) Historisch ist außerdem: Nach Verhandlungen musste Janos Hunyady hohes Lösegeld bezahlen und kam so wieder frei.

Im Film dagegen muss sich Erzsebet prostituieren, damit ihr ehemaliger Verlobter für diesen Preis seine Truppen einsetzt und ihren Ehemann und Sohn befreit. Im Film ist das so dargestellt, als wäre es die einzige Möglichkeit, die beiden zu retten. Glück haben sie immerhin, denn Vlad Dracul wird als der typische böse Wicht gezeigt, der seine Zeit erst einmal damit verbringt, Janos zu foltern und sich am Anblick des Gefolterten und an dessen Qualen zu erfreuen, und sich daneben auszumalen, wie es sein wird, wenn er seine Gefangenen dem Sultan ausliefert.) Eine nachvollziehbare Motivation fehlt natürlich, und das politische Denken von Vlad Dracul ist offensichtlich nicht wirklich vorhanden. (Schon klar, dass er seine Söhne dem Sultan als Geiseln überlassen muss. Eine andere Idee würde seinen Verstand wohl auch überfordern.)
Aber durch diese BöseWicht-Nummer erhalten die für seinen Handel erforderliche Zeit, und Erzsebet kann ihre sexuelle Bezahlung schon im Voraus leisten.)

So recht weiß der Film nicht, wie er Erzsebets Bereitschaft, sich zu prostituieren (sexuelle Hingabe für Befreiung des Ehemanns), motivieren soll, denn einerseits regt sie sich auf, aber andererseits ziert sie sich. Ich hatte den Eindruck, dass es für sie offensichtlich weniger entscheidend für sie war, dass sie fürchtet, dann ihrem Mann dann nicht mehr ins Gesicht sehen zu können, sondern dass sie vor allem frustriert darüber ist, dass er nur im Krieg ist und sich deshalb fragt, ob sich seine Rettung zu diesem Preis überhaupt rendiert. Die Schwägerin stimmt sie um. (Erzsebet wird also gleich noch als eine Frau dargestellt, welche zu dumm ist, um die Heldenrolle von Janos zu kapieren, weswegen er ständig im Krieg und nicht zu Hause sein muss.) Erst als Witwe dieses Helden darf sie eine Rede auf sein Heldentum halten und ihn als Familienmensch und "Vaterland"-Retter preisen. (Weiteres Klischee - Frau des Helden versteht seine Heldenrolle erst, nach seinem Heldentod.)

Alternativen wie dass Erzsebet erst einmal mit Vlad Dracul verhandelt, ihm von sich aus mit einem Lösegeld ködert, oder einen Söldnerführer mit seinen Leuten für Geld anwirbt, kommen nicht vor. ,Die historische Erzsebet soll eine sehr fähige Besitzverwalterin gewesen sein, und sie hatte wesentlichen Anteil daran, dass sie und Janos zu der Zeit bereits ziemlich reich waren.)

Warum sollte in einem mittelalterlichen Umfeld oder in einer intendierten Heldensaga anderes nichts möglich sein als Frauen auf ihre Geschlechtsorgane zu reduzieren, auch wenn das zuvor ein wenig verdeckt wird, in dem sie halt zunächst mit einer Waffe herumfuchteln lässt. Nicht nur die historisch belegten Fakten sprechen dagegen, bis zum Ende des 20. Jahrhunderts gibt es genug historische Romane, die ohne diese Ideen auskommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
ad Teresa:
Wahrscheinlich streiten wir uns um des Kaisers Bart oder ich war verkürzt und daher unverständlich, weil ich mein (ursprünglich noch längeres) Posting nochmal zusammengekürzt habe:
a.
Meine persönliche Bewertung findet sich im zweiten Satz des von dir zitierten Absatzes: Alles was sich durch Schwertfuchteln nicht ad hoc lösen läßt, wird aufs "Bett" reduziert. Das ist nicht nur in sich schon ein sexistischer Zugang per se (ich seh das auch so), sondern nebenbei auch noch ein (sau)blöder und falscher (das ärgert mich zusätzlich auch noch).
b.
Bond: Vielleicht ein blöder Vergleich, aber das berühmt-berüchtigte "Bond-Girl" und der dazugehörige Wettbewerb, welche hübsche Schauspielerin (Blondinen bevorzugt) sich als nächste filmisch von der Doppelnull aufs Kreuz legen lassen wird ist mir noch besonders unsymphatisch in Erinnerung. Falls das mittlerweile besser geworden ist (mein letzter erinnerlicher Bond-Darsteller war Roger Moore): ok.
c.
"Als intendierte Heldensaga" und "im mittelalterlichen Umfeld" gehören als Argumente zusammen. Ein zeitliches Umfeld, in der in den meisten Fällen Frauen nur bedingt oder gar nicht selbständig agieren konnten, eignet sich nicht besonders dazu, das Gegenteil zu zeigen, aber man kann das tun, wenn man sich darauf konzentriert und diese spezifischen Möglichkeiten in den Handlungsmittelpunkt stellt. Eine Verfilmung, die sich etwa um das Schicksal der Elisabeth von Luxemburg bemüht, sich mit der Tatsache auseinandersetzt, daß Königin von Ungarn eigentlich ihr Erbtitel war (und nicht der des angeheirateten Habsburgers), hätte da schon Potential. Allerdings bricht sich das mit dem zweiten Teil des Arguments: es war eine Hunyadi-Heldensaga abzuliefern. und dass der sich diesbezüglich als Bürgerkriegsfraktion einmischte, paßt halt überhaupt nicht zum zu vermittelnden Bild vom "Retter der Nation".
d.
Um noch kurz auf dein Beispiel einzugehen:
Realiter - meine unzureichenden Wiki-Recherchen geben kein ganz klares Bild - ist Hunyadi eh durch Lösegeldzahlung und/oder infolge der wallachischen Schaukelpolitik (man wollte sich auch mit den Ungarn nicht besonders anlegen) recht rasch wieder freigekommen. Ein ungarisch initiiertes Eingreifen erfolgte erst Jahre später und hat dem PapaDracul dann auch Thron und Leben gekostet.
Die filmische Verwurstung dieser Ereignisse ist also von a bis zet und ohne besondere dramaturgische Not frei erfunden. Aber: ein richtiger Held muss halt auch mal gefangen und wehrlos furchtlos Folter und Tod trotzen - sonst wär er ja kein richtiger. Kennt man ja aus Funk und Fernsehen....
 
Zuletzt bearbeitet:
Lesen Sie einfach den Artikel über Hunyadi in der deutschsprachigen Wikipedia, sowie vielleicht noch den über seinen älteren Sohn Ladislaus/Lazlo. "Dürftig" dürfte sich schon allein am Umfang erschließen. oder an Satzfetzen wie (Zitate sinngemäß, aber nur aus der Erinnerung): "er wurde 1397 geboren oder 1407" "wird häufig mit seinem älteren Bruder verwechselt" etc.
Ich wüsste nicht, wieso man das Wikipedia anlasten sollte.

Bei vielen Persönlichkeiten aus älterer Zeit, gerade auch aus dem Mittelalter, ist nur unzureichend bekannt, wann sie eigentlich geboren wurden. Entweder schweigen die Quellen überhaupt (indem sie weder das Geburtsdatum noch das präzise Alter zum Zeitpunkt des Todes nennen, sodass das ungefähre Geburtsjahr nur indirekt aus dem späteren Leben, also z.B. Zeitpunkt der Heirat, Übernahme eines Amtes, erster Kriegsdienst, bei Frauen erste Geburt, erschlossen werden kann) oder sie machen unterschiedliche Angaben oder sie machen zwar präzise Angaben, die aber aus irgendeinem Grund unzuverlässig erscheinen (z.B. weil sie mit den Datierungen anderer Lebensstationen nicht gut vereinbar sind). Ich kenne die Quellen zu Johann Hunyadi nicht und weiß nicht, woraus sein Geburtsjahr abgeleitet wird, aber falls es nicht eindeutig datierbar ist, würde es eher gegen Wikipedia sprechen, wenn sie nur ein Datum (von mehreren möglichen) nennt.

Dass Johann Hunyadi einen (warum auch immer) gleichnamigen Bruder hatte, stimmt auch. Insofern sind mögliche Verwechslungen naheliegend.
Fern der historischen Realität, diese nur hin und wieder streifend,
Dass Filme und Serien es mit der historischen Genauigkeit nicht so genau nehmen, ist leider ein häufiges Problem. Das war bei der vielgelobten Serie „Rom“ auch schon so (nicht nur was die Ereignisgeschichte anbelangte; insbesondere die Charaktere Atia und Octavia hatten kaum etwas mit ihren historischen Vorbildern gemein), und auch „Die Tudors“ nahmen sich vor allem in der ersten Staffel viele Freiheiten heraus.
 
3.
Fernsehserien sind keine Geschichtsstunden; sie sollen in erster Linie nicht Geschichtswissen vermitteln, sondern eine spannende Geschichte erzählen, die die Zuseher in ihren Bann zieht. Historische Details stehen daher meist zur Disposition und werden der geplanten Dramaturgie der Geschehnisse untergeordnet; nicht vollständig geklärte Details lassen sich - wenn unpassend - verschweigen oder - wenn teilpassend - uminterpretieren. Soweit dies nicht die historischen Ereignisse oder die Logik völlig auf den Kopf stellt, halte ich solche Kunstgriffe für durchaus legitim. Wie gesagt, es ist eine Geschichte - im vorliegenden Fall sogar eine Nationallegende - zu erzählen, da braucht man nicht allzu viele Kanten und Widerhaken.

Natürlich muss jedem klar sein, dass historische Romane und Verfilmungen nicht die Realität widerspiegeln und die Freiheit haben, Leerstellen zu füllen. Aber natürlich wird damit auch ein gewisses Geschichtsbild vermittelt und eine ganze Menge Menschen entnehmen ihr historisches "Wissen" genau solchen Darstellungen, selbst akademisch gebildete Menschen. Insofern ist die Legitimität eines allzufreien Umgangs mit den Fakten doch zu hinterfragen. Damit wurde und wird auch Propaganda gemacht, das fängt bei Sergej Eizenstein an und hört mit Veit Harlan nicht auf. Ob Hollywood oder Bollywood (z.B. Padmaavat, Bollywood sind nicht nur kitschige Liebesfilme mit plötzlichen Tanzeinlagen), Filme vermitteln teils gewollt, teils ungewollt Geschichtsbilder.
Ich habe nichts gegen Historische Romane und Historienverfilmungen, aber ich finde, dass Autoren, Regisseure und Verlage eine Verantwortung haben, wenn sie so etwas veröffentlichen. Und zwar, dass sie die Geschichte nicht verdrehen.
Dass man, ohne Leerstellen zu füllen, kaum einen Roman oder einen Film fabrizieren kann, ist dabei klar, aber wie oft stellt man fest, dass ein Historienfilm vollkommen unnötig die Geschichte verdreht, obwohl die dokumentierte Geschichte an sich genauso spannend (erzählbar) ist?
Vor ca. 20 Jahren lief im deutschen Fernsehen (ich meine es war ARD) ein Mehrteiler über Störtebeker (zwei oder vier Teile). Von dieser Verfilmung hat man zu Recht nie wieder etwas gehört! Der war sowohl in der Dramaturgie schlecht, als auch, dass er historische Tatsachen über die Viktualienbrüder (unabhängig von der Frage, on Stört(z)ebeker nun existierte oder nicht*) vollkommen verdrehte.




*in den zeitgenössischen Quellen ist der wichtige Pirat Goedeke Michels, aber es gibt auch Quellen die einen oder verschiedene Störtebeker nennen, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass es Klaus Störtebeker gab, nicht ganz gering ist, in Wismar ca. zehn Jahre vor der Aktivität der Viktualier ist ein Nicolas Stortebeker wegen Trunkenheit und Randale belegt (einige Jahre vor der Hochphase des Freibeutertums der Viktualier) und in einer Forderung an die Hanse aus London ist ein Pirat oder Freibeuter namens Störtebeker, als Urheber eines Schadens vermerkt, für den Regress eingefordert wird. Allerdings scheint - wenn ich mich richtig erinnere(!!!) - der Fall sich erst nach dem Tod Störtebekers abgespielt zu haben. Historiker haben das dahingehend interpretiert, dass Störtebeker den niederdeutschen Piraten noch wohlbekannt war, vielleicht die Mythenbildung um ihn schon eingesetzt hatte, aber er eben außerhalb der Piratenkreise nicht so bekannt war, dass der englische Kapitän und die englischen Behörden, die an die Hanse Regressansprüche erhoben, eben nicht wussten, dass der historische Störtebeker bereits hingerichtet war.
Jedenfalls scheint der historische Störtebeker, der heute, dank der ihn umrankenden Legendenbildung der berühmteste deutsche Pirat ist, damals vielleicht ein Unterkapitän von Goedeke Michels gewesen zu sein. Es sind mehrere andere Piraten (nicht nur Goedeke) in den zeitgenöss. Quellen besser belegt.
 
Die ahd Form ist firwesan oder fuerwesan, da steckt also das Verb sein drin. Verwesen und verwesen sind also falsche Brüder. (Falsche Brüder = wie falsche Freunde nur nicht sprachübergreifend, sondern innersprachlich).
Eignen sich aber immerhin für für Spott.

So wurde 1848 der Erzherzog Johann von Habsburg, der von der Paulskirchenversammlung zum "Reichsverweser" gewählt wurde, zeitgenössisch auch als "Reichsvermoderer" verspottet.
 
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