Studium Altorientalistik

Ich bin mir ziemlich sicher, dass viele solcher Leute, die im Irak oder der Türkei arbeiten, sprachliche Zusatzqualifikationen besitzen, was man natürlich von den Grabungshelfern nicht verlangen kann.
Dem habe ich und würde ich auch nicht widersprechen, aus eignen Erfahrungen habe ich das auf der Grabung in Anatolien gesehen, sowohl der Grabungsleiterteam als auch die wiss. Mitarbeiter konnten die heth. Schriftzeugnisse lesen, wobei alle zugegeben haben, das ihre Interpretationen nicht das Niveau einer Übersetzung eines Spezialisten haben.
Spezialisierungen muss man sich eben selbst erarbeiten und sich immer weiterbilden. Dafür legt ein Studium den Grundstein, mehr auch nicht.
 
... aus eignen Erfahrungen habe ich das auf der Grabung in Anatolien gesehen, sowohl der Grabungsleiterteam als auch die wiss. Mitarbeiter konnten die heth. Schriftzeugnisse lesen, wobei alle zugegeben haben, das ihre Interpretationen nicht das Niveau einer Übersetzung eines Spezialisten haben.
Spezialisierungen muss man sich eben selbst erarbeiten und sich immer weiterbilden. Dafür legt ein Studium den Grundstein, mehr auch nicht.

So habe ich mir das idealerweise vorgestellt und das ist ja auch in anderen Berufen so. Die Lehre - bzw. das Studium - ist lediglich die Basis. Wer höhere Ziele anstrebt und seine Karriere beflügeln will, der muss sich weiterbilden, Erfahrungen sammeln und zusätzliche Qualifikationen erwerben.
 
Gruß,

Ich weiss nicht wie aktuell das Thema ist, aber ich studier im Moment auch Altorientalistik in Wien.

Bei uns ist es eher so, dass man sich im Studium selbst spezialisieren kann.. Wir haben z.b. Archäologie Seminare als auch Philologische. Wenn man das dazu mit seinem Erweiterungscurriculum kombiniert kann einem das schon helfen. Wenn man hier Altorientalistik macht wäre es z.b. Empfehlenswert Ur und Frühgeschichte oder klassische Archäologie dazu zu nehmen.

Ich bin jetzt im ersten Semester und wir lernen Akkadisch. Es gibt aber noch andere Lehrveranstaltungen die man besuchen muss/kann wie z.b. Altorientalische Geschichte, später Mesopotamische Astronomie, Nachbarkulturen Mesopotamiens, Materielle Kultur Mesopotamiens, Kulturgeschichte Mesopotamiens und lauter so Sachen.

Ich bin sehr gespannt wie sich das noch entwickelt bei mir. Aber man muss sich eines vor Augen halten: Jedes Altorientalistik Studium egal in welchen Land ist zu Beginn sehr Sprachwissenschaftlich orientiert. Akkadisch ist nunmal das Medium um alles zu verstehen. Sicherlich kann man dann sagen, man geht mehr in die archäologische Richtung oder in die philologische..aber die Basics sind so gut wie immer gleich.
 
Hallo,

mich würde an dieser Stelle mal interessieren, welche Bücher für Akkadisch wirklich empehlenswert sind, insbesondere zum Selbststudium.
Im Internet habe ich bisher über Streck, Riemschneider, Hühnergard, Caplice, Tropper und Worthington was gefunden; in unserer UB gibt es davon aber nur den Riemschneider, der wohl ziemlich alt ist. Worthington ist wohl nicht gründlich genug in der Grammatik, Hühnergard soll teilweise selbsterfundene Beispielsätze enthalten und daher nicht empfehlenswert (?); Streck und Soden sollen wiederum zu schwer sein für Anfänger.

Welche Bücher benutzt ihr denn im Studium (bzw. 'müsst' ihr benutzen), und wie kommt ihr damit zurecht?

Grüße
Frank
 
Hallo,

mich würde an dieser Stelle mal interessieren, welche Bücher für Akkadisch wirklich empehlenswert sind, insbesondere zum Selbststudium.
Meiner Meinung nach ganz klar Huehnergard! Huehnergard ist einer der weltweit führenden Experten für u.a. das Akkadische, sein Lehrbuch ist das umfangreichste der von Dir genannten, didaktisch geschickt gemacht, behutsam voranschreitend und mit ausführlichen Erklärungen. Weiter an die Hand nimmt Dich kein anderes Lehrbuch. Die grundsätzliche Kritik an den mitunter selbst komponierten Beispielen finde ich persönlich eher kleinlich. Riemschneider z.B. benutzt tatsächlich nur belegtes Material, dafür muss man sich dann in der ersten Lektion mit unvollständigen Sätzen und Vokabular wie Galle oder Missgeburt abfinden. Schon möglich, dass den einen oder anderen Satz von Huehnergard ein Muttersprachler des Babylonischen nie so gesagt oder geschrieben hätte. Aber na und?

Riemschneider ist tatsächlich alt, im Zweifelsfall aber auch im Selbststudium nutzbar.

Tropper ist ziemlich kurz und lässt auch das Schriftsystem gänzlich aus, gibt dafür aber viele Querverweise zum Hebräischen, ab und zu auch zum Arabischen oder Semitischen allgemein. Tropper dürfte, denke ich, aber trotzdem auch für jemanden ohne Kenntnisse einer anderen semitischen Sprache gut durchzuarbeiten sein. Ein Schmankerl ist dort noch ein Kapitel über das Akkadische der Amarna-Briefe. Dazu gibt es von Tropper aber auch noch ein eigenes Lehrbuch.

Caplice ist vom Anspruch vielleicht ähnlich wie Tropper, benutzt aber Keilschrift und macht keine Ausflüge in die Semitistik.

Von Sodens Grundriss ist eine Referenzgrammatik und natürlich auch ein Standardwerk, aber eben kein Lehrbuch und daher alleine zum Selbststudium nicht so geeignet. Als Grammatik selbst finde ich aber Buccellatis "A structural grammar of Babylonian" ansprechender und durchdachter.

Streck habe ich persönlich noch nicht in der Hand gehabt, das Inhaltsverzeichnis macht aber einen guten Eindruck, wenn, wie mir scheint, auch nicht vordergründig zum Selbststudium entworfen.
Fachlich ist Streck natürlich über jeden Zweifel erhaben und sein Lehrbuch ist auch das aktuellste.

Worthington kenne ich überhaupt nicht.

Welche Bücher benutzt ihr denn im Studium (bzw. 'müsst' ihr benutzen), und wie kommt ihr damit zurecht?
Das kann ich nicht beantworten, da dann doch nicht meine Fachrichtung. Ich orakel mal, zumindest in Leipzig benutzt man Streck. :D;)

Fang doch im Zweifelsfall mit dem an, was du auftreiben kann und schau mal wie Du damit zurecht kommst. Huehnergard und Caplice bekommt man zur Not auch illegal als E-Book, wenn es allzu schwer über eine Bibliothek zu organisieren ist.
 
Erstmal danke für die Tipps. Die erste Auflage des Huehnergard konnte ich mir jetzt über die UB besorgen. Ich finde, er schreibt sehr verständlich. Nur die Erklärung der Keilschrift ist dann doch irgendwie dürftig: In den Übungen wird verlangt, dass man sogar selbst in Keilschrift schreiben soll, aber anscheinend nirgends erklärt, WIE man eigentlich schreibt. Mit Bleistift auf Papier? Oder soll man sich Tontafeln anfertigen und mit einem Griffel drauf schreiben? Und in welcher Reihenfolge schreibt man die einzelnen Striche?

Der Druck ist in dem Buch auch nicht so deutlich, dass es mir sinnvoll schiene, die Zeichen nach Augenmaß auf Papier abzumalen - da wird man wohl zwangsläufig viel falsch machen.

Inzwischen soll es ja die 3. Auflage geben, ist die in dieser Hinsicht verbessert worden?
 
Selber schreiben? Hmm, ich schätze das ist wie bei Latein nur dazu da, dass man sich die Sachen besser oder auf eine andere Art merken kann, weil man halt aktiv was macht. Bei mir bleibt z.B. beim Lesen nix hängen... ich bräuchte eigentlich jemanden, der mit mir Akkadisch spricht, denn so merk ich mir das am besten. :rofl:

Aber wie du die genau schreibst, ist bestimmt eher egal... ^^ ne Tontafel würd ich mir dafür jetzt nich extra nehmen.
 
Ich muss sagen, ich bin ein wenig neidisch auf euch.
Hier in Tübingen wird nur Akkadisch und Sumerisch angeboten. In Heidelberg bekommt man noch ne Einführung ins Hethitische, das wars dann aber auch.

Weiß eig jemand wie die Jobaussichten so für Altorientalistik bzw. Philologie und Archäologie sind?
Hadere gerade immer noch, ob ich zur Altorientalischen Philologie oder zur Vorderasiatischen Archäologie(oder Ägyptologie) wechseln soll.

Sind die beiden Sprachen sehr schwer zu lernen?
 
Also, wenn es darum geht, Keilschrift zu lernen, würde ich auch noch "Workbook of Cuneiform Signs" von Daniel Snell empfehlen. Der zeigt Strich für Strich, wie man Keilschrift auf Papier schreiben kann. Die Zeichen in seinem Buch, sind die neuassyrischen, also die standardisierten.

Ansonsten gibt es immer noch die altbewährte Methode: Keilschrifttext neben Transliteration legen und beides quasi parallel lesen. So lernt man die Zeichen ganz gut, hat zumindest bei mir so geklappt. Am Besten dann immer das MZL und den Labat griffbereit haben und die Zeichen nachschlagen.

Mit Griffel und Ton schreiben macht aber übrigens durchaus Spaß! :D

Ansonsten halte auch ich Huehnergard für eine gute Wahl. Wenn es dann irgendwann ans "Üben an Originalen" geht, würde ich für den Anfang ein paar Paragraphe aus dem Codex Hammurabi empfehlen. Der ist recht leicht zu übersetzen und gut zu verstehen, außerdem aber auch mehr als ausreichend bearbeitet, sodass man sich anhand der Bearbeitungen selbst kontrollieren kann. Nur die Keilschrift ist beim CH eben ein Bisschen speziell...

@Knerdi
Ich denke, dass ist persönlich verschieden. Ich zum Beispiel halte Akkadisch für keine schwer zu erlernende Sprache, im Gegenteil. Von allen Sprachen, die ich bisher gelernt habe, viel mir Akkadisch am einfachsten. Davon abgesehen scheinen mir semitische Sprachen aber auch generell gut zu liegen. Ich finde die Grammatik einfach sehr schön und strukturiert...
Sumerisch hingegen finde ich etwas kniffliger. Insbesondere die Verbformen, da nicht immer alles geschrieben wurde, was auch da sein soll und es meistens viel zu interpretieren gibt. Dafür macht es mir aber umso mehr Spaß, ich mag die kleinen Knobeleien :)

Wenn du Hethitisch lernen möchtest, kann ich dir das im letzten Jahr erschienene Lehrbuch von Elisabeth Rieken empfehlen "Einführung in die hethitische Sprache und Schrift".
 
Zuletzt bearbeitet:
Es freut mich, dass ich diesen Thread hier gefunden habe, es ist ja wirklich schwer einen Erfahrungsaustausch zur Altorientalistik zu finden.

Ich hab mich nach langem Ringen mit mir selbst nun endlich dazu entschieden, das zu machen was ich schon immer wollte, statt in einem Studiengang zu bleiben, der mich nicht interessiert aber dafür sichere Berufsaussichten hat, und wechsle zum nächsten WS von Medizin zu Assyriologie in HD.

War auch bereits in der Fachstudienberatung und dachte eigentlich, dass mir davon abgeraten werden würde, aber es hat mich im Gegenteil sogar noch bestärkt.
Im Moment bin ich gerade dabei Französisch im Selbststudium zu lernen (Lesekenntnisse werden gefordert), hab leider sowohl die Anmeldung für die Anfängerkurse an der Uni als auch an der Abendakademie verpasst.
Dazu schnuppere ich per Kindle auch immer mal wieder in "Teach yourself Babylonian" rein. Das ist natürlich kein Fachbuch, aber für einen Einblick in die Sprache (nicht die Keilschrift) ganz nett. Die Grammatik sieht bisher sehr machbar aus. Muss allerdings sagen, dass Latein (ich hatte LK, d.h. sieben Jahre Latein) wirklich eine gute Grundlage für das Erlernen aller Sprachen ist, auch wenn diese nicht verwandt sind. Dadurch wurde einfach eine sehr breite Grundlage für grammatisches Verständnis gelegt. Ich kenne Leute, die Französisch statt Latein gewählt hatten und nichtmal die Fälle oder Tempora richtig benennen können, auch nicht im Deutschen.
Ich werde voraussichtlich 75% Assyriologie belegen (das sind 50% Sprachwissenschaft und 25% Archäologie) und die restlichen 25% NF dann meinen Schwerpunkt setzen. Mich interessiert die Überschneidung von Keilschrifttexten mit dem AT wirklich sehr, ich müsste aber um den Schwerpunkt AT im Fach "Christentum & Kultur" zu belegen, das Hebraicum als Eingangsvoraussetzung erfüllen... während des ersten Semesters sind das 8SWS, und die zu Zeiten, die sich in den bisherigen Semestern laut Vorlesungsverzeichnis immer mit Veranstaltungen des Hauptfaches überschnitten haben. Und gleichzeitig Hebräisch und Akkadisch lernen, davon Hebräisch mit doppelt so vielen SWS wie meine eigentliche "Hauptsprache" ist doch etwas viel fürs erste Semester, jedenfalls gefühlt, kann es ja noch nicht wirklich einschätzen.
Die zweite Möglichkeit wäre ein 6-wöchiger Sommerintensivkurs Hebräisch, der allerdings genau in die Zeit meiner Staatsexamensvorbereitung für Medizin fallen würde. Ich will das unbedingt noch machen, dann waren meine bisherigen Semester und die Arbeit erstens nicht umsonst und zweitens habe ich eine Art Sicherheit in der Hinterhand zu der ich immer wieder zurück kann.

Wirklich schwierig - hat jemand von euch Erfahrungen mit Hebräisch gemacht? Ist es denn überhaupt realistisch, die Prüfung zum Hebraicum nach so einem Sommerkurs zu bestehen? Ich bin sprachbegabt und würde natürlich mein möglichstes versuchen, aber es wäre schon eine Doppelbelastung im Sommer.
 
Du bist jetzt schon beim Staatsexamen, also fast fertig mit dem Medizinstudium!? Dann würde ich auf keinen Fall jetzt hinschmeißen, sondern dann auch noch die Doktorarbeit machen (ist ja Pipifax im Vergleich zum Dr. rer. nat.) und die Approbation als Arzt.

Dir ist hoffentlich auch klar, dass Altorientalistik ein Studium für Leute ist, die "ihre Schäfchen im trockenen haben" und nicht mehr ans Geldverdienen denken müssen. Denn sonst wirst du höchstwahrscheinlich Taxi fahren müssen, oder einen langweiligen Bürojob haben. Letzteres kannst du aber als Mediziner mit einem deutlich höheren Gehalt (z.B. bei Krankenkassen). Also jetzt nicht schlappmachen!

Vor Französisch wäre Italienisch lernen besser, ist die 'ältere' und logischer aufgebaute Sprache. Französisch ist so eine Art verkümmertes Italienisch.

Hebräisch habe ich auch gelernt, aber was beim Hebraicum gefordert wird weiß ich nicht. Die Grammatik ist nicht sooo schwer, die Unregelmäßigkeiten liegen vor allem in der Punktation - wenn man da alle Feinheiten lernen will/muss ist es schon sehr umfangreich (die Masoreten haben alles leider sehr kompliziert gemacht). Schlimmer finde ich die Vokabeln; ist ja eine nichtindogermanische Sprache, die Wörter haben daher keinerlei Verwandtschaft mit den deutschen und denen in den geläufigen europäischen Fremdsprachen - also sehr schwer zu merken. Aber für Akkadisch brauchst du die ja sowieso.
 
Französisch ist als Wissenschaftssprache aber schon wichtiger als Italienisch. Da dürfte es also relativ egal sein, was Du ansonsten von den beiden Sprachen hältst.
 
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