Teutoburgiensis - Singular oder Plural?

Zugegeben, die damlas erst bekannten amerik. Völker gaben prestigemäßig sehr wenig her. Ich bezog mich eher auf das Thema "Sensationelle Entdeckungen", was damals sicherlich in der spanischen Öffentlichkeit absolut modern war. Und wer da in Gesprächen etc. einige der neuen Wörter verwenden konnte, hatte vom Prestge her sicherlich einen guten Stand. So vielleicht besser formuliert. Da blieb es natürlich nicht aus, dass entsprechende Wörter in den allgemeinen Gebrauch kamen.
Der lange Kontakt zwischen Germanan und Römern ist ja unbestritten. Dass Caesar seine germanischen Reiter teils sogar mit gallischen Pferden ausstattete, ist auch klar. Nur, und darauf bezog sich meine Frage, seit wann Germanen in größeren Kontigenten als reguläre Auxiliartruppen dienten, beschäftigt mich. Denn von Caesar bis etwa Mitte des 1.Jh n.Chr. dienten sie wohl als irreguläre Hilfstruppen, soll heißen, mit ihrer eigenen Kommandostruktur, eigenen Waffen, eigenen "Offizieren" und eigener Kampfweise. Diese Truppen, so scheint mir, hatten eher marginalen Kontakt zu den Römern, schon aus sprachlichen Gründen, allenfalls ihre hohen Anführer.

Seit wann kannten denn die Germanen die Wallburgen auf den Berghöhen. Möglicherweise erst, nachdem sie die von den Kelten verlassenen Mittelgebirgsgebiete rechts des Rheins besiedelten? So um 50 vor Christus?

Wie ich vorher schon schrieb, baut man erst dann gewisse Anlagen, wenn die Notwendigkeit besteht. Die Notwendigkeit zum dauerhaften Schutz der Grenzen ergab sich allgemein an der römischen Nordgrenze von Britannien bis zum Schwarzen Meer erst, als man vom aktiven Erobern in das passive dauerhafte Halten des Gebiets überging. Aus diesem Grund (Langfristigkeit) gingen die Römer u.a. zur Errichtung von steinernden Wachttürmen über, welche möglicherweise zur Unterscheidung von Holztürmen dann -burgus- genannt wurden, genau nach dem griechischen Vorbild, dessen griechische Bezeichnung entlehnt wurde. Das dann aus -p- ein -b- wurde ist ungewöhnlich, aber nicht auszuschließen, da vorher vereinzelt schon geschehen.
Dies ist m.E. wahrscheinlich, eher unwahrscheinlich - wenn auch nicht unmöglich - ist die Entlehnung aus dem Germanischen, weil:
1. im 1.Jh n.Chr. das Prestige der Germanen im wehrtechnischen Bereich für die Römer sehr gering war. lediglich vor deren Kampfkaft zogen sie den Hut;
2. für die Römer normal und usus war, grade bauliche Anlagen der Griechen, die ihnen hier weit voaus waren, zu adaptieren ;
3. die als -Burg- bezeichneten Wallanlagen in Germanien visuell den Wachttürmen nicht ähnelten, allenfalls gab es teilweise Übereinstimmungen in der Funktion (Schutz/Übersicht) und
4. die Germanan technisch überhaupt nicht in der Lage waren, dauerhafte Steingebäude zu errichten, den Römern also auch hier kein Vorbild sein konnten.
Völlig mitgehen kann ich aber mit der Möglichkeit, dass germanische Truppen, die in diesen Wachttürmen dienten, aus leicht nachzuvollziehenden Gründen (Ähnlichkeit der Bergiffe, semantische Verwandschaft als Schutzbau, schneller zu sprechen, da nur eine Silbe) dazu übergingen, diese -burgus- mit ihrem Germanischen -Burg- zu bezeichnen, grade. wenn diese mit weiteren Anlagen ein Kleinkastell bildeten.
Aber was soll´s, wem die Entlehnung aus dem Germanischen logischer ist, soll halt dabei bleiben...

Aber um zum Thread-Thema zurückzukommen.
Sind -Asciburgium-, -Burginatium- und -teutoburgiensis- nun Bezeichnungen für Anlagen, die mit mehreren -burgi- (Wachttürmen) versehen waren, oder war die germ. -Burg- Namensgeber.
Zumindest für Asciburgium, schon bei Tacitus erwähnt, das um 15/16 v.Chr. errichtet wurde, besteht die Möglichkeit einer Mehrturmanlage. Dass der Name einer germanischen Entlehnung entspricht, ist für mich zu dem frühen Zeitpunkt ein Rätsel. Oder wurde etwa auf einer germanischen Wallanlage gebaut?
 
Sind -Asciburgium-, -Burginatium- und -teutoburgiensis- nun Bezeichnungen für Anlagen, die mit mehreren -burgi- (Wachttürmen) versehen waren, oder war die germ. -Burg- Namensgeber.
Zumindest für Asciburgium, schon bei Tacitus erwähnt, das um 15/16 v.Chr. errichtet wurde, besteht die Möglichkeit einer Mehrturmanlage. Dass der Name einer germanischen Entlehnung entspricht, ist für mich zu dem frühen Zeitpunkt ein Rätsel. Oder wurde etwa auf einer germanischen Wallanlage gebaut?
Columbus landete am 12. Oktober auf Guanahani (San Salvador). Dieser Tag gilt als Tag der Entdeckng Amerikas. Am 13. Oktober berichtet er das erste Mal von Einbäumen, die er mit dem westafrikanischen Wort almadía bezeichnet. Am 26. Oktober, also zwei Wochen später, benutzte er das erste Mal das Wort canoa, also Kanu, welches er als den einheimischen Namen der almadía angibt. Gerade zwei Wochen nach Entdeckung der Inseln. Und die Römer sollen in einer Zeit, in der Augustus über eine germanische Leibwache verfügte und die Römer seit 50 Jahren, nämlich seit der Eroberung Galliens durch Caesar immer wieder in Konflikten mit Germanen waren – gegen die sie zunächst die Rheingrenze errichteten, um dann über diese hinaus vorzustoßen völlig unbeleckt von germanischen Begrifflichkeiten gewesen sein? Ich meine, 14 Tage bei Colombus, gegen mindestens 40 Jahre zwischen Caesar und Drusus (in Tagen 14600, also 14600:14), wenn man annimmt, dass Aciburgium (asci im übrigen das germanische Wort für Esche, also Eschenburg) diesen Namen erst später bekommen hat und nicht sofort beim ersten drusianischen Lager, dann müssen noch weit aus mehr Tage intensiven Kontakts zwischen Römern und am Rhein gezielt angesiedelten Germanen hinzugerechnet werden – ohne dass diese einen sprachlichen Einfluss in Form eines Substrats hinterlassen hätten? Come on, stop kiddin' me!
 
Also gut wir haben german.Lehnwörter.

@ELQ kannst du bitte eine Liste erstellen mit lateinischen Texten und Inschriften die burgos enthalten.Danke.
 
Das Etymon lautet ᚦahsu.
Von *ahsu zu taxo-ein weiter Weg für ein Viehzeug mit so kurzen Beinen

Nicht von "ahsu" :nono:, sondern von :rechts: ahsu! Meinetwegen auch thahsu. Auf den Laut /θ/, der dem germanischen Graphem <> entspricht, gehen praktisch alle deutschen Erbwörter mit /d/ zurück. Eben auch der Dachs. Die Römer kannten aber das /θ/ nicht. Im gebildeten klassischen Latein hat man es daher, sowohl bei griechischen als auch bei germanischen Etyma als <th> wiedergegeben (Athena, Thessaloniki, Thumelicus, Thusnelda), später ist dieses Wissen verloren gegangen: Daher iudisk > deutsch, aber eben auch über das lateinische theodesco zu ital. t_edesco.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der lange Kontakt zwischen Germanen und Römern ist ja unbestritten.
Wenigstens etwas.

Seit wann kannten denn die Germanen die Wallburgen auf den Berghöhen?
Eigentlich waren wir schon so weit. Du selbst hast bereits in einem früheren Beitrag in dieser Diskussion richtig erkannt:
Da haben wir nun die Tatsachen, dass burgenartige Wallanlagen schon seit grauer Vorzeit im Raum rechts des Rheins existierten, ebenso, dass es für solche und ähnliche Anlagen im Latein bereits Bezeichnungen gab, speziell arx für Burg.
Warum jetzt dieser fulminante Rückschritt?

Wie ich vorher schon schrieb, baut man erst dann gewisse Anlagen, wenn die Notwendigkeit besteht. Die Notwendigkeit zum dauerhaften Schutz der Grenzen ergab sich allgemein an der römischen Nordgrenze von Britannien bis zum Schwarzen Meer erst, als man vom aktiven Erobern in das passive dauerhafte Halten des Gebiets überging.

Das dauerhafte Halten des Gebietes begann eigentlich schon mit Caesar, der erste Lager entlang des Rhein errichtete. Seit der clades Lolliana versuchte man die Rheingrenze zu stabilisieren, indem man über sie hinaus griff und v.a. die Sugambrer ansiedelte.

Aus diesem Grund (Langfristigkeit) gingen die Römer u.a. zur Errichtung von steinernden Wachttürmen über, welche möglicherweise zur Unterscheidung von Holztürmen dann -burgus- genannt wurden, genau nach dem griechischen Vorbild, dessen griechische Bezeichnung entlehnt wurde. Das dann aus -p- ein -b- wurde ist ungewöhnlich, aber nicht auszuschließen, da vorher vereinzelt schon geschehen.


Wir erinnern uns, dass aus /p/ ein /b/ wird ist wahrscheinlich ein Kennzeichen der vorklassischen Zeit, vermutlich unter etruskischer Vermittlung. Auch wenn du das wegzudrücken versuchst.
Ein römischer Burgus ist eben mehr als nur ein Turm. Ein Burgus ist ein Turm mit einer kleinen Umwallung, ein castellum parvulum eben. Und warum haben die Römer in den Jahrhunderten zuvor nicht den burgus-Terminus verwendet, etwa Vergil, als er die homerischen Epen nachdichtete? Bei Homer steht nämlich pýrgos. Komisch, nicht wahr?

Dein Wehren gegen das germanische Etymon lässt sich eigentlich nur damit erklären, dass du eigentlich ganz andere Absichten verfolgst, wie du ja auch freimütig bekannt hast:
Warum ist mir das Ganze wichtig? Nun, wenn die Bezeichnung für den Saltus (unabhängig davon, was damit gemeint war) tatsächlich römischen Ursprungs wäre (!), so würde dies zu den Hinweisen einiger Überlieferungen passen, dass im Gebiet der Magna Germania vor der Varusschlacht bereits Kastelle/Wehranlagen, sogar schon siedlungsähnliche Anwesen errichtet wurden und letzlich die finale Auseinandersetzung in der Nähe einer solchen römischen Wehranlage/Gründung stattfand. Warum sonst hat Tacitus den Ort überhaupt genannt?
Letztendlich ist dein Zweifel an der germanischen Etymologie von burgus also nicht sprachistorisch begründet, sondern ein Werkzeug, um anhand dessen entweder für oder gegen eine Lokalisierungshypothese der Varusschlacht zu sprechen. Nur so viel kann ich dir verraten: Dein Versuch geht gegen die Auskunft der Quellen, die sich alle darin einig sind, dass die Varusschlacht in Wäldern und Sümpfen (bei Cassius Dio noch in einer gebirgigen Region stattfanden – was ja auch saltus bei Tacitusbedeutet) und bei Cassius Dio – das ist die Quelle, auf die du dich implizit berufst („Hinweisen einiger Überlieferungen [...], dass im Gebiet der Magna Germania vor der Varusschlacht bereits Kastelle/Wehranlagen, sogar schon siedlungsähnliche Anwesen errichtet wurden“) - steht explizit, dass Varus in weit entfernte Gegenden geführt wurde. Die These steht oder fällt aber nicht erst damit, wenn man beweisen würde, dass burg kein germanisch-stämmiges Wort damit, sondern schon damit, dass nur sehr vage berichtende Quellen völlig überstrapaziert werden. Was immer bei der berühmten póleis-Stelle bei Cassius Dio unterschlagen wird, ist, dass dort steht, dass man gerade mit der Anlage von Städten begann (συνῳκίζοντο < Imperpekt Indikativ = nicht abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit) und dass die besiedelten Gebiete unzusammenhängend (οὐκ ἀθρόα) waren. Das können auch gerade mal zwei oder drei gewesen sein. Etwa Waldgirmes, Mattiacum und Brilon. Nur mal als Beispiele.



1. im 1.Jh n.Chr. das Prestige der Germanen im wehrtechnischen Bereich für die Römer sehr gering war. lediglich vor deren Kampfkaft zogen sie den Hut;
Wir wir am Beispiel der Taíno-Worte im Deutschen gesehen haben, ist Prestige keinesfalls der alleinige Grund, warum Worte entlehnt werden, ob die Nehmersprache schon Lexeme mit der entsprechenden Bedeutung kennt.

2. für die Römer normal und usus war, grade bauliche Anlagen der Griechen, die ihnen hier weit voaus waren, zu adaptieren ;

Ja? Das ist zunächst mal nur eine unbelegte Behauptung. Welche haben sie denn übernommen und wie heißen diese auf Griechisch und auf Latein? Wann ist die Entlehnung belegt?

3. die als -Burg- bezeichneten Wallanlagen in Germanien visuell den Wachttürmen nicht ähnelten, allenfalls gab es teilweise Übereinstimmungen in der Funktion (Schutz/Übersicht) und

Du ignorierst schon wieder die semantische Breite des germanischen Burg-Begriffs von Turm bis Stadt.

4. die Germanen technisch überhaupt nicht in der Lage waren, dauerhafte Steingebäude zu errichten, den Römern also auch hier kein Vorbild sein konnten.
Die Burgen des Mittelalters waren in ihrer Mehrzahl auch jahrhundertelang die sogenannten Motten, Holztürme mit Holzumwallungen auf häufig künstlich angeschütteten Erhebungen. Dennoch käme niemand auf die Idee, ihnen ihren Burgcharakter abzusprechen.


Weiterhin bleiben folgende Fakten beiseite geschoben:
1.) Im Gotischen hat das Lexem eine semantische Spannbreite von Turm bis Stadt.
2.) in den lebenden bzw. dokumentierten germanischen Sprachen ist das Wort insgesamt verbreitet
3.) der etymologische Zusammenhang mit bergen deutet an, dass die Größe der Befestigung nichts damit zu tun hat, wie man sie benennt (und auch nicht die Frage ob Holz oder Stein)
4.) Das Wort taucht zu allererst an der germanischen Grenze auf und verbreitet sich von dort zunächst die Donau entlang, also dort, wo germanische Auxiliareinheiten eingesetzt wurden, dann auch in andere Grenzregionen
5.) dass das griechische <py> zu <bu> wird, ist offenbar ein Entlehnungsvorgang, der vor allem für frühe Entlehnungen, vor der goldenen Latinität charakteristisch ist, nicht aber während oder nach der silbernen Latinität. Zumal es überraschend wäre, dass wir über Jahrhunderte griechisch-römischen Kontaktes keine Spur dieses Wortes finden, es dann aber ausgerechnet in Gegenden zuerst auftaucht, wo es keine Berührungen zu Griechen gibt. Eben am Rhein und an der Donau (hauptsächlich heutiges Ungarn).
 
...in Wäldern und Sümpfen (bei Cassius Dio noch in einer gebirgigen Region stattfanden – was ja auch saltus bei Tacitus bedeutet)...
Gemeint ist natürlich der Kontext, denn
Saltus ist polysem. Es bedeutet sowohl 'Sprung', als auch '(Wald)Gebirge'. Im Falle der kaiserlichen saltūs bedeutet das Wort ursprünglich 'Weiden', es ist also, um es mit einem mittelalterlichen, und damit gewissermaßen anachronistischen Begriff zu fassen, 'Krongut'. [...]

Wenn man nun annehmen möchte, dass Varus nicht im Teutoburger Waldgebirge sondern eher im kaiserlichen "Krongut" von den Germanen angegriffen wurde, kann man das natürlich gerne tun.

Ja? Das ist zunächst mal nur eine unbelegte Behauptung. Welche haben sie denn übernommen und wie heißen diese auf Griechisch und auf Latein? Wann ist die Entlehnung belegt?
Vor allem das wann ist hier von Interesse. Nicht, dass ich in der Richtung missverstanden werde, dass ich den großen Einfluss des Griechischen auf das Lateinische negieren wollte.
Die Etymologie ist ein Bereich der Sprachwissenschaft, der sich besonders mit der semantischen Veränderung eine Wortes befasst und den Motiven für die Veränderung auf den Grund geht, oder auch die Motive für die Entlehnung versucht zu begreifen. (Dagegen untersucht die Historiolinguistik vor allem die Veränderung der Lautgestalt, wobei beide Untersuchungsgegenstände durcheinander gehen können und auch nicht immer sauber getrennt wird zwischen beiden.)
Man müsste also, wenn man die Hypothese aufstellt, dass burgus von pýrgos komme, obwohl dies aus historiolinguistischen Gründen als eher unwahrscheinlich abzulehnen ist, einen guten Grund für die Entlehnung haben, und da ist es mit Prestige allein nicht getan. Es ist zweierlei festezustellen. Ein burgus ist ein umwallter Turm, wobei manchmal auch einfach schlicht der Begriff turris ('Turm') gewählt wird. Warum also wurde, obwohl die Begriffe turris und castellum parvulum zur Verfügung standen (und die eine oder andere synthetische Diminutivbildung von castellum wäre sicher auch noch möglich gewesen oder, zur Spezifizierung, eine *turris circumvallata), an der Rheingrenze plötzlich Kleinkastelle burgi genannt? Gegenüber der *turris circumvallata oder dem castellum parvulum könnte man sicher einwenden, aus pragmatischen Grunden, bei der alleinstehenden turris allerdings nicht wirklich. Was liegt also näher, als einen Begriff aus einer Sprache zu entlehnen, die an der Rheingrenze, in den Reihen des Militärs, aber auch von deren Versorgern in den coloniae, vici und canabae gesprochen wurde? - Wir erinnern uns, das der Rheinadmiral Cerealis 69 n. Chr. der Gefangenschaft durch die Germanen (wahrscheinlich Bataver) nur deshalb entging, weil er gerade nicht auf seinem Schiff war, sondern das Lager mit einer Ubierin teilte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo @El Quixote,

selbstverständlich habe ich nicht vor, Dich irgendwie zu nerven! Nur der Disput mit Dir droht nervig zu werden ;-(
Ursprünglich hatte ich nur vor, den Gedanken einer möglichen Befestigungsanlage im Innern Germaniens zu hinterfragen.
Gleichzeitig fiel mir aber auf, dass Du am Anfang schriebst, das lat.-burgus- gilt nach communis opinio als ein germanisches, nicht als indoeuropäisches Lehnwort.
Das ließ mich hellhörig werden, grade weil Du die Variante als griech. Lehnwort nicht erwähnst. Deshalb wollte ich das Bild ein wenig graderücken, Dich quasi ergänzen.
Inzwischen merke ich - schwerer Fehler! Mittlerweile komme ich mir vor, wie der Tempelritter beim Patriarchen in Lessings "Nathan der Weise" ;-)

Nun denn, der Reihe nach:

- ich fragte, ab wann ungefähr die Germanen die Wallburgen KANNTEN, nicht, ab wann die Dinger vorhanden waren! Nix mit Rückschritt!

- Caesar hat den Rhein sogar mindestens zweimal überschritten - doch nicht um Urlaub zu machen, das waren Angriffsoperationen (wenn auch ohne Kampf)! Beim zweiten mal ließ er einen Teil der Brücke stehen - warum? Das war Angriffsdandrohung!
Klar, kurzzeitig hatten die Römer wohl vor, am Rhein anzuhalten. Nach den ständigen Querelen ab Clades Lolliana entschlossen sie sich zum Angriff auf Germanien (imensum bellum - der Name sagt alles!).
Erst als die dauerhaften Erfolge ausblieben und die Kosten möglichweise den Aufwand nicht mehr rechneten (auch der Kaiser wechselte), erst dann ging man zur dauerhaften Grenzsicherung über - historisch gesehen, fast gleichzeitig an allen Nordgrenzen. Mit "dauerhaft" meine ich nicht ein paar Jahre, da hätten Holzbauten locker genügt - sondern in der Bedeutung von "für immer". und dafür bedarf es nun mal steinernde Anlagen!

- was ein römischer -burgus- im Lauf der Entwicklung geworden ist, hat für die ursprüngliche Namensgebung keine Relevanz. Niemand bestreitet, dass im Laufe der Jahrhunderte danach das german. -Burg- die lat. Anfangsbezeichnung überlagert hat. Und Wulfila meinte dreihundert jahre später mit -baurgs- letztlich den befestigten Fürstensitz des Reiks.
Aber ursprünglich hießen zumindest die steinernen Wachttürme auf lateinisch -burgus-!
Und nochmal, steinernde -pyrgos- standen in Griechenland schon seit 400 v.Chr.; als die Römer dann Anfang 2.Jh.n. Chr. anfingen, an der Grenze ebenfalls steinerne Türme zu bauen, nannten sie diese nachgewiesen -burgus-!
Wir erinnern uns, ich hatte geschrieben, dass erst mit Auftreten der konkreten Sache auch das Wort dafür entsteht. Wenn nun die Römer ihre neugebauten steinernen Wachttürme erst meinetwegen ab 100 n.Chr. mit -burgus- bezeichnen, können die Leute das vorher nicht wissen und darüber schreiben - geht wirklich nicht.
Vergil war in erster Linie Literat, zu seiner Zeit ist das lat. -burgus- nicht belegt, warum sollte er -pyrgos- so übersetzen, mit -Berg- etwa? Komische Frage!
Wandel -p- zu -b- von Griechisch zu Latein ist belegt, warum und weshalb ist völlig uninteressant und hat bei -pygos- zu -burgus- reichlich wenig mit der Literatur zum Ende der Republik zu tun, sondern ist offensichtlich ein militärischer Begriff. Auch etruskischer Einfluss kann sein, immerhin sind die guten Leute ja nicht ausgerottet worden, hatten ab 90 v. Chr. Bürgerrecht. Vielleicht hat ja grade ein etruskischer Nachkomme diesen Lautwandel, entgegen aller Regeln, verzapft?

- mir eine bestimmte Theorie zu unterstellen, macht mir Spass! Danke dafür!
Mein Motiv, auf -burgus- herumzureiten, habe ich oben erklärt.
Aber woraus schließt Du, wenn die Quellen Varus in weit entfernte Gebiete (von wo und in welche Richtung steht da -in allen Quellen -rein überhaupt nichts, nicht wahr?) ziehen lassen, dass er in die Wildnis zog? Varus war schon gut 2 Jahre Chef dort in Germanien und wohl schon unter Drusus wurden an den wichtigsten Flüssen und Straßen militärische Sicherungen gebaut. so zumindest meine Erinnerung. Und dass die Anlage von welchen Siedlungsbauten auch immer einige Zeit dauert und dann nicht vollendet werden konnte, leuchtet ja ein. Aber immerhin wurde damit begonnen und da braucht es Leute und Material für. Und ja, es können nur zwei oder drei Ansiedlungen in ganz Germanien rechts des Rheins gewesen sein, macht ja auch Sinn, wenn ich vorhabe, eine neue Provinz zu gründen!

- zum Prestige der Kolumbusindianer; geschenkt (Übrigens dauerte es wohl nur wenige Minuten, bis der russ. Begriff "Sputnik" in allen Sprachen der Welt Eingang gefunden hatte)

- hier eine kleine Auswahl an Architekturbegriffen, die von Griechenland nach Rom gingen: Peristyl, Basilika, Ante, Basis, Abakus. Wann genau das war, weiß ich nicht. Immerhin hatten Griechen und Römer Jahrhunderte Kontakt miteinander... nicht wahr?

- die Germanen waren um die Zeitenwende nicht in der Lage, feste steinernde Bauten zu errichten- schon gar nicht mit Beton! Was interessiert mich da eine mittelalterliche Burg? Wo ist da Zusammenhang und Logik?

- aber -burgarii- erscheint ein paar Jahre vorher im unteren Donauraum. Wie viele Germanenstämme wohnten dort um diese Zeit? Wie weit ist von dort Griechenland entfernt?

Beste grüße
Ostfale

PS: Wie leitet sich eigentlich span/port, -burgo- und der Stadtname Burgos ab? Mit got. -baurgs- geht das nicht, oder?
 
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War Saltus immer polysem, oder erst seit Auffinden der Corveyer Handschrift, bei der man natürlich als vorbildlich in Latein geschulter Übersetzer - überhaupt keine Ahnung vom römischen Vermessungswesen hatte und dann neben -silva- schnell noch -saltus- als Wald hinstellte?
Erinnern wir uns an die ellenlange Diskussion im entprechenden Thread, wo @Licio Licino pausenlos Belege aus der Zeit vor 2000 Jahren für -saltus- als Domäne/Landgut anführte und Du, El Quixote verzweifelt (denn das machst Du erst sehr spät!)zur Polysemie greifst und dann als letzten "Beleg" für Wald/Sprung/Waldgebirge ein Zitat eines spanischen Bischofs aus der späten Spätantike brachtest, das war spaßig!
Hast Du dich denn nie mit den römischen Vermessern beschäftigt?

Natürlich gibt es auch Textstellen, wo man -saltus- unfallfrei mit Wald, etc übersetzen kann. Warum denn nicht....Nichts für ungut
Ostfale
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Tacitus und auch bei Caesar ergibt saltus nur als Wald einen Sinn. Dass burgus ein indoeuropäisches Wort ist - ich hatte u.a. auch auf die Verwandtschaft zum keltischen brig hingewiesen - ist gar nicht zu bezweifeln. Nur geht es ja darum, wie es ins lateinische kam, wo es erst spät gebraucht wird. Und da passt einfach weder die keltische noch die griechische Herkunft wirklich.
 
Erinnern wir uns an die ellenlange Diskussion im entprechenden Thread, wo @Licio Licino pausenlos Belege aus der Zeit vor 2000 Jahren für -saltus- als Domäne/Landgut anführte und Du, El Quixote verzweifelt (denn das machst Du erst sehr spät!)zur Polysemie greifst und dann als letzten "Beleg" für Wald/Sprung/Waldgebirge ein Zitat eines spanischen Bischofs aus der späten Spätantike brachtest, das war spaßig!

Das ist eine falsche Behauptung. Dass der Begriff polysem ist, darauf habe ich im zweiten Beitrag des damaligen Threads hingewiesen. Hier nachzulesen:
http://www.geschichtsforum.de/f28/bedeutet-saltus-32573/
Du kannst natürlich gegen den Isidor aus der "späten Spätantike" polemisieren, jedoch solltest du zur Kenntnis nehmen, dass ich auch Beispiele aus der goldenen und silbernen Latinität angeführt habe. Nur schreibt da halt niemand so explizit wie Isidor, was ein saltus ist, der Begriff wird einfach verwendet. Im Übrigen kann man gerade bei dem von Lucio Cinico angeführten Festus sehr schön sehen, dass es bei saltus eine semantische Verschiebung gegeben hat. "Ein saltus ist, wo Wälder und Brachen/Weiden sind..." (saltus est, ubi silvae et pastiones sunt) fängt der Abschnitt an. Dann beschreibt er den saltus nach kaiserzeitlichem römischen Rechtsverständnis weiter, eben dass es dort auch Häuser gibt. Interessant ist die Stelle wo Festus schreibt, dass selbst dann, wenn auf diesem Weideland kleine Flächen (particula) durch die Hirten und Hüter für den Eigenbedarf (Isolation während der Transhumanz) beackert werden (aratur), am Begriff saltus nicht gerüttelt werden solle (ea res non peremit nomen saltui). Und dann schließt der Passus damit, dass umgekehrt die Grundstücke, auf denen Wald wächst, wenn diese eigentlich Ackerland sind, ihren Namen auch nicht verlieren.
 
Pardon, El Quixote! Mein Fehler, entschuldige bitte meine Voreiligkeit(der Faden war ja auch ellenlang)! Richtig ist doch aber, das sich Polysemie entwickelt, mit der Zeit kommen neue Bedeutungen hinzu. Meines Wissens ist -saltus- zuerst einmal ein von Agrimentoren eingemessenes Gelände und das wiederum kann aus Weide, Wald und Ackerfläche, etc. bestehen und Teil eines &quot;Krongutes&quot; oder privater Besitzungen sein. Kann man das wenigstens so stehen lassen oder gibt es Belege, dass mit dem Begriff zuerst schlicht eine Weide gemeint war?(Aber ich will jetzt nicht Off-Topic werden...) Reumütige Grüße Ostfale
PS: Die blöde Texform liegt an meinem Dienstlaptop!
 
Richtig ist doch aber, das sich Polysemie entwickelt, mit der Zeit kommen neue Bedeutungen hinzu.
Das ist eine Möglichkeit. Semantisch kann ein Wort eine Bedeutungserweiterung erfahren, genauso auch eine Bedeutungsreduktion. Eine semantische Verschiebung (ich hatte das Bsp. hostis 'Feind' zu hueste 'Heer' gebracht) ist im Prinzip eine Folge von semantischen Erweiterungen und Reduktionen.

Meines Wissens ist -saltus- zuerst einmal ein von Agrimentoren eingemessenes Gelände und das wiederum kann aus Weide, Wald und Ackerfläche, etc. bestehen und Teil eines "Krongutes" oder privater Besitzungen sein. Kann man das wenigstens so stehen lassen oder gibt es Belege, dass mit dem Begriff zuerst schlicht eine Weide gemeint war?
Der Begriff für Weide ist ein anderer: pastio. Saltus ist zunächst einmal Land, dass niemandem gehört. Ob das Waldgebirge davon abhängig oder unabhängig ist, weiß ich nicht. In der Kaiserzeit wird aus saltus so etwas wie ein kaiserliches Jagdgebiet, ein saltuarius ist eine Art Forstaufseher. Mir scheint es so, als hätten sich hier beide Vorstellungen von saltus, nämlich das der öffentlich nutzbaren Brache und des Waldes vermischt. Bei Caesar, Cicero und Tacitus ist saltus eigentlich fast ausschließlich als Wald oder Waldgebirge zu verstehen, bei Varro, einem Zeitgenossen Caesars und Ciceros der älter als beide war, diese aber auch überlebte, findet man dagegen in den rerum rusticarum einen saltus-Begriff, der dem juristischen saltus-Begriff Festus' ähnelt. In seinem fragmentarischen Werk de lingua latina findet man dann beide Bedeutungen nebeneinander, einmal saltus als Brach- oder Weideland, zum anderen saltus als Wald.
 
Hmm, da schreiben nun einige bekannte Leute, allesamt so 100 vor- bis so 100 nach Chr. vom -saltus- :
Caesar schreibt, eine Fürst hat sich dort versteckt,
Tacitus schreibt, in der Nähe eines solchen fand eine Schlacht statt,
Cicero wirft einem Römer vor, nur den -saltus- und nicht auch die Sklaven beschlagnahmt zu haben und
Varro und Flaccus (der Letztere wohl etwas später) beschreiben es als Gut/Landgut, zählen auf, was inhaltlich dazugehören kann und legen die Flächengröße fest. Komischerweise unterschieden grade sie Ihren Fachbegriff -saltus- in der Bedeutung von Domäne, nicht von den anderen Bedeutungen, wie Wald, Sprung, Waldgebirge, waldige Höhe, weibliche Scham? Warum nicht? Jeder anständige Wissenschaftler und Fachmann tut das, grade in Fachbüchern oder Historien! Es gibt wohl nur eine klare Antwort - diese Autoren kannten keine andere Bedeutung! Und sie hätten es wissen müssen!
Personen, die später was über -saltus- schrieben, speziell die neuzeitlichen Übersetzer, sind für das Wissen, welches Tacitus hatte, unerheblich.

Alle obigen Römer haben eines gemeinsam - sie berichteten für ihresgleichen in Schriftform, Wie wir wissen, war das Lesen des geschriebenen Lateins äußerst mühsam (da keine Worttrennung und Unterscheidung von Groß/Kleinschreibung). Zum Lesen gehörten in der Regel mindestens zwei Personen, eine, die den Text laut vorlas (und im Idealfall den Inhalt schon kannte) und Zuhöhrer.

Das Zielpublikum der obigen Herrschaften waren Personen ihres Standes, also entweder Politiker, Historiker, Anwälte oder Fachleute im Vermessungswesen und auch deren Nachwuchs. Ich denke nicht, dass die teilweise langen und fachspezifischen Abhandlungen, auch die rhetorischen Spitzfindigkeiten (Cicero) überwiegend für den Plebs als Zielgruppe gedacht war. Dazu war auch das Thema -saltus- viel zu uninteressant!

Interessant für den "Otto Normalverbraucher", den es in Massen gab, war gute, witzige, kurzweilige, auch anstößige Unterhaltung (nicht nur damals!)!
Und da haben wir im obigen Zeitraum Gaius Valerius Catullus, genannt Catull. Dieser schrieb so, dass es für alle Römer aus unterschiedlichen Gründen interessant war. Wenn man sich seine Epigramme anschaut, so strotzen sie nur so von Kraftausdrücken, Spott und Schweinkram. Oft gezielt gegen allbekannte Personen der high society. Hier wäre es von Catull geradezu sträflich gewesen, Fachbegriffe zu verwenden, die erst großartig erklärt werden müssen - das tötet jede Pointe! Und wenn er, oder wer auch immer, seine Kurzwerke vortrug, war egal, welches Publikum zuhöhrte - alle verstanden seine Inhalte!
In den Epigrammen 114 und 115 die sich gegen den reichen, aber auch intensivem, geldvernichtendem Sexualverkehr frönenden Mammura richten, den er mit Mentula anredet, schildet er genau, warum der Mann so reich ist. Catull wirft sogar die Frage auf, da das, was Mentula so wohlhabend macht, so groß und reich ist, warum Mentula nicht reicher als Krösus ist.

Das, was Mentula besitzt und so groß und reich ist, ist ein -saltus-!

Das Wort und der dahinterstehende eindeutige semantische Begriff ist hier Landgut/Domäne. Dies war jedermann im alten Rom geläufig, musste jedem geläufig sein, sonst hätte Catull das Wort nicht verwendet! Das brauchte man nicht zu erklären, ein -saltus- war ein großer landwirtschaftlicher Betrieb, würde man heute sagen.
Die obigen Verfasser beschreiben explizit für ihr Fachpublikum die Bestandteile, aus denen ein -saltus- bestehen kann - da können Weideflächen dabei sein (müssen sogar für das Vieh), natürlich Ackerflächen und auch Wälder zur Holzgewinnung für den Schiffbau etc,!

Niemals hatte man daher zur oben beschriebenen Zeit etwas anderes gemeint, wenn das Wort -saltus- verwendet wurde.
Erst die Übersetzer der erhaltenen Kopien (!) dieser Werke, die nichts über -saltus- wussten, nur da und dort einen vagen Bezug hatten, machten den Begriff polysem und drückten ihm ihre erschlossenen Bedeutungen auf, so meine Schlussfolgerung.
Inwieweit Tacitus mit -teuto burgiensis saltus- nun ein Landgut bei einer nur von ihm genannten römischen Wehranlage (ein Grenzposten, ein Signalturm, ein Wachtturm) meinte oder ob der Turm mitten im Saltus stand , ist eigentlich egal... Berichtet nicht auch eine Quelle von militärischen Außenposten der Römer, welche auch umgebracht/vernichtet wurde. Wo drin hausten die uber die Monate/Jahre? In Zelten? Aber sie waren doch nicht mehr auf dem Marsch, sondern "stationiert", da kann man solideres erwarten.

Es sei denn, die Römer hatten wirklich nur vor, im Zuge der Einrichtung der Provinz Magna Germania nur zwei bis drei Städte/Ansiedlungen zu bauen, dann ist natürlich alles Mumpitz,!
 
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Tacitus schreibt, in der Nähe eines solchen fand eine Schlacht statt

Nicht "in der Nähe von", sondern "im".
Tac.an.1.60.3

Das, was Mentula besitzt und so groß und reich ist, ist ein -saltus-!
Wo steht denn, dass der Besitz identisch ist mit einem "saltus"?


Die obigen Verfasser beschreiben explizit für ihr Fachpublikum die Bestandteile, aus denen ein -saltus- bestehen kann - da können Weideflächen dabei sein (müssen sogar für das Vieh), natürlich Ackerflächen und auch Wälder zur Holzgewinnung für den Schiffbau etc,!
Du meinst wohl die Stelle c. 115:
"prata, arva, ingentes silvas saltusque paludesque"

Der Text liest sich aber ein bisschen anders. Demnach gehört der "saltus" mit zum Besitz.
Der Besitz besteht aus Weideland, Ackerland, Forst- und Jagdrevieren, Gewässern.
Die Forst- und Jagdreviere werden als "silvas saltusque" bezeichnet.
 
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