War es also ein unglücklicher Zufall, dass Wulfia, der den Westgoten das Christentum brachte, Homöer war, die übrigen ostgermanischen Stämme dieses Christentum übernahmen und somit die germanischen Reiche auf dem Boden des Imperiums als ketzerisch angesehen wurden?
Die Franken waren auch 'Germanen' und schließlich katholisch, zudem waren vor der Theodosianischen Wende zum Neunizäum 380/381 auch andere, westlich-römische Bereiche homöischer Konfession. Die Ostgermanen hatten als Föderaten sowieso Konfessionsfreiheit. Welche germanischen Reiche auf dem Boden des Imperium? Sowohl Theoderich d. Große (Homöer) wie die Franken (katholisch) suchten Anerkennung und Legitimation durch die oströmischen Kaiser. Weder wurde Theoderichs Herrschaftsgebiet von den Kaisern in 'Ost-Rom' als häretisches Gebiet militärisch angegriffen, noch die Zusammenarbeit etwa deswegen abgelehnt.
Und da darf man schon mal überlegen, ob eine Glaubenslehre, die den menschlichen Aspekt des Erlösers etwas mehr in den Vordergrund stellte, unter Germanen vielleicht besser ankam als die orthodoxe Anschauung der Dreieinigkeit.
Liest Du auch mal die einschlägige wissenschaftliche Literatur, oder zumindest die Auszüge, die Sepiola aus dem Vortrag von Brennecke gepostet hat? ;-)
An diesem „Arianismus“ der germanischen Völker ist nun absolut nichts spezifisch Germanisches zu erkennen. Die theologischen Debatten, die überliefert sind, bleiben ganz im Rahmen der griechischen und lateinischen Tradition, ebenso die Liturgie und der Heiligenkalender, die beide aus Konstantinopel übernommen wurden, so dass ich inzwischen verschiedentlich und natürlich bisher ohne jeden Erfolg vorgeschlagen habe, den Begriff „germanischer Arianismus“ ganz zu streichen.
Die als "Arianismus" bezeichnete Variante des Christentums, die von den Germanen aufgegriffen wurde, hat mit Arius nichts am Hut und griff auch keineswegs "die Trinitätslehre" an. Selbstverständlich glaubten auch die gotischen, langobardischen etc. Christus an den dreifaltigen Gott.
Die homöischen Goten, Langobarden usw. glaubten an den dreifaltigen Gott? Nicht bei den Homöern. Nicht im Sinne
ein Wesen mit drei Hypostasen, was Brennecke auch nicht meint
. Homöisch bedeutet hier
gleich,
Gott Vater und
Gott Sohn sind
gleich im Gottesprädikat, wenn auch der Sohn eben gezeugt/geschaffen ist durch Gott als Gott Vater. Der
Heilige Geist, naja, so ein Mischwesen am Rande von
Gott Vater und
Gott Sohn bzw. zwischen
Gott Sohn und der
irdischen Welt, meist nur so
am Rande erwähnt, jedenfalls (noch, entsprechend der Zeit, in welcher das homöische Bekenntnis entstand) ohne göttlichen Status. ;-)
Der neigt zum 'Arianismus', soweit ich sehe. Lieber Brennecke, Gert Haendler, Knut Schäferdiek, Uta Heil, oder die Edition von Roger Gryson; Schäferdiek führt Kauffmann in seinem TRE-Artikel
Wulfila nicht auf.
Der Arianismus selbst hatte sich im Wesentlichen nur mit der Frage der Person Christi auseinandergesetzt - isser nun Gott, isser ihm ähnlich oder isser nicht mal das -, zur Erbsünde habe ich hierzu nichts gefunden.
Arius postuliert, der Sohn
- ist geschaffen, gezeugt (von Gott Vater)
- ist Gott, unveränderlich
- ist kein Teil Gottes (Gott Vater)
- es gab eine Zeit, in welcher der Sohn nicht war
(Q:
Hanns-Christof Brennecke u.a.,
Athanasius Werke, dritter Band, erster Teil,
Dokumente zur Geschichte des Arianischen Streites, 3. Lieferung, 2007, S. 90 f.,
Brief des Arius an Eusebius von Nikomedien.)
Bei Arius ist der Sohn ein Gott, und nicht gleichen Wesens wie Gott Vater (wesensungleich),
bei den Homöern ist der Sohn ebenfalls ein Gott, doch gleich Gott Vater, beiden ist das Gottesprädikat eigen. Der 'Arianismus' wie auch die Homöer (+ Wulfila) haben also nicht die Frage gestellt, ob der Sohn ein Gott ist.
Die Homöische Formel von 360 lautet u.a.:
Wir glauben an den einen Gott, den Vatter, den Allmächtigen, aus dem alles ist, und an den eingeborenen Sohn Gotte, der vor allen Zeiten und vor allem Anfang aus Gott gezeugt wurde, durch den alles entstand, das Sichtbare und das Unsichtbare, der aber als Eingeborener gezeugt wurde, als alleiniger aus dem Vater allein, Gott aus Gott, der dem Vater, der ihn gezeugt hat, gemäß den Schriften gleich ist. [...]
In der Formel wird schließlich die weitere Verwendung der Begriffe '
Wesen' und '
Hypostase' abgelehnt.
(Q:
Uta Heil,
Avitus von Vienne und die homöische Kirche der Burgunder. Berlin 2011. Reihe Patristische Texte und Studien, Band 66. S. 119)
Der sonstige Unterschied zu Arius ist deutlich, der Sohn tritt beispielsweise bei den '
Homöern', übrigens auch bei
Wulfila, welcher erkennbar eine homöische Position einnimmt, als Schöpfer auf.