Tierprozesse

Sepiola

Aktives Mitglied
In einem anderen Thread hatten wir folgende Diskussion:

Ich will jetzt nicht auf alles eingehen, aber in Bezug auf Tierprozesse kann man schon sagen: Es hat sie gegeben, denn darüber gibt es in Frankreich Prozessakten.

Dann bitte ich darum, dass du konkrete Prozessakten nennst, in denen tatsächlich belegt wird, dass man ein Tier als Rechtssubjekt betrachtete. Wo und in welcher französischen Stadt findet man Prozessakten, die Tierprozesse eindeutig belegen?

Wo und in welchem Archiv liegen diese Prozessakten?
Hat irgendein Historiker diese Prozessakten bearbeitet?
In welchem Findbuch und unter welcher Signatur sind Akten registriert
Gibt es möglicherweise digitalisierte Archivalien, die man einsehen kann?

In Bezug auf Tierprozesse habe ich auf die Schnelle diese 2 Dokumente gefunden:

Ein Zeitzeichen-Podcast des WDR Todesurteil für einen eierlegenden Hahn, in die mehrere dokumentierten Prozesse gegen Tiere in der Schweiz und Frankreich erwähnt werden.

Und dann ein Interview mit dem Ferdinand Leuxner, Historiker und Kurator der Ausstellung im Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg, über „Prozesse gegen Tiere im Mittelalter“: Schwein und Hund auf der Anklagebank

Eine WDR-Doku ist kein Dokument, und auch Ferdinand Lauxner glaube ich nicht so recht, dass er Prozessakten persönlich eingesehen hat.

Klar, was dir nicht passt, wird als unglaubwürdig abgelehnt.
Hier schiebst Du ein von Dir gerne praktiziertes Verfahren anderen Diskussionspartnern in die Schuhe. Zu diesem polemischen Zweck hast Du "vergessen", dass @Scorpio nach Prozessakten gefragt hat. Was Du vorgelegt hast, hat mit "Dokumenten" nichts zu tun, geschweige denn mit Prozessakten. Und der interviewte Professor gibt auch keinen Hinweis darauf, wo man solche Akten einsehen könnte. Wenn es in Deiner Absicht liegt, sinnvolle Diskussionsbeiträge zu liefern, wäre es angebracht, einmal etwas intensiver nachzuforschen und zumindest den bereits geposteten Literaturangaben nachzugehen.

@Scorpio hat ja mehrmals auf eine neuere Arbeit hingewiesen, die sich kritisch mit der Literatur über Tierprozesse auseinandersetzt:

Eva Schuhmann beklagt, dass eben viele Publikationen vom Hörensagen über Prozesse berichtet haben, ohne es nachzuprüfen, ohne selbst Prozessakten und Archivalien bearbeitet zu haben.

Der Aufsatz von Eva Schumann (ohne h!) ist hier online einsehbar:

"Strafverfahren gegen Tiere, die einen Menschen getötet hatten, mit anschließender öffentlicher Vollstreckung des Todesurteils, sollen sich in zahlreichen Regionen Europas seit dem 13. Jahrhundert zugetragen haben. Der Forschungsstand ist jedoch sehr unbefriedigend, weil sich auch die Verfasser neuerer Arbeiten in der Regel nicht die Mühe machen, die Quellen nochmals zu sichten, sondern auf der Grundlage der älteren Sekundärliteratur neue Erklärungsansätze vortragen.​
[...]​
Da im deutschsprachigen Raum erstens keine normativen Grundlagen für Strafverfahren gegen Tiere und Tierstrafen existieren und diese auch in der umfangreichen Praktiker- und Kommentarliteratur nicht erwähnt werden, zweitens bei den wenigen aus der Frühen Neuzeit überlieferten Fällen öffentlicher „Tierhinrichtungen“ berechtigte Zweifel bestehen, dass diesen ein Strafverfahren gegen das Tier voranging und sich drittens die überlieferten Tierprozesse gegen Schädlinge gut in das Genre der fiktiven Prozesse einpassen lassen, kann – entgegen dem Forschungsstand – derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass Strafverfahren gegen Tiere mit anschließender Vollstreckung des Todesurteils Bestandteil der deutschen Rechtspraxis waren und damit geeignete Beispiele für die Personifizierung von Tieren im mittelalterlichen Recht darstellen.​
[...]​
Vor diesem Hintergrund können Tierstrafen und Tierprozesse lohnenswerte Untersuchungsgegenstände der (Rechts-)Geschichte sein, zumal der Nachweis noch aussteht, ob Tierstrafen und -prozesse reale Bestandteile der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rechtspraxis waren. Erst nach sorgfältiger Prüfung sämtlicher in der Sekundärliteratur angegebenen Quellen wird zu entscheiden sein, ob sich meine Thesen, dass Tierprozesse gegen Schädlinge nur eine besondere Ausprägung des frühneuzeitlichen Genres der fiktiven Prozesse darstellen und Strafverfahren gegen „mordende“ Tiere phantasievolle Schöpfungen des 19. Jahrhunderts waren, vollumfänglich bestätigen lassen."​


Peter Dinzelbacher, Das fremde Mittelalter - Gottesurteil und Tierprozess (Zweite, wesentlich erweiterte Auflage), Darmstadt 2020 befasst sich eingehend mit der Problematik.
Die Quellenlage ist in der Tat etwas merkwürdig:
"Auffallend erscheint, dass das Thema in den normativen Texten (Gesetzen, Verordnungen usw.) fast nie erwähnt wird, die Costumes et stilles de Bourgoigne, Ruprecht von Freising oder die sardinische Carta de logu sind seltene Ausnahmen.​
Auch in historiographischen Texten des Mittelalters und der Frühneuzeit kommt der Tierprozess anscheinend nie vor – im Gegensatz zu wohl allen sonstigen öffentlichen Rechtspraktiken. In der schönen Literatur scheint es ebenso praktisch keine Erwähnungen des Themas zu geben, nicht einmal bei den Satirikern – erst im 20. und 21. Jahrhundert finden sich (humoristische) Bearbeitungen. [...] Ebenso auffallend, dass keine einzige zeitgenössische bildliche Darstellung erhalten ist, wogegen sonst alle möglichen Szenen das Rechtsleben und die Strafmethoden betreffend auch aus Buchillustrationen bekannt sind." (Dinzelbacher S. 227)​
"Es ist fernerhin festzuhalten, dass meines Wissens sämtliches gesetzte Recht (Landrechte, Stadtrechte, Rechtsbücher usw.) nichts davon weiß, dass ein Tier, falls ein Mensch durch es zu Tode kommt, vor Gericht gestellt werden soll. Üblich war laut den normativen Texten vielmehr durchgehend die sogenannte Sachhaftung des Besitzers." (S. 163)​

Andererseits findet man in der Tat überlieferte Texte, die recht eindeutig formelle gerichtliche Verurteilungen von Haustieren widerspiegeln, z. B.:

"Die ganze Terminologie der juristischen Dokumente gleicht völlig der, die sich auf menschliche Verbrecher bezieht, z. B. ist im Urteil des Gerichts von Savigny von 1457 von Gefangenen, von in flagranti Ertappten, von vollbrachtem Mord und Schuld die Rede. Es handelte sich um Schweine:​
'Eine Muttersau und sechs säugende Frischlinge, die gegenwärtig Gefangene der genannten Dame sind, alldieweil sie in flagranti ertappt wurden: Sie haben – die genannte Muttersau selbst – Mord und Tötung an der Person des fünfjährigen Jehan Martin begangen und vollbracht ... Wenn man findet, dass sie an dem Verbrechen schuldig sind ...'​
[...]​
une truye, et six coichons ses suignens, que sont présentement prisionniers de ladite dame [der Gerichtsherrin], comme ce qu’ils été prins en flagrant délit, ont commis et perpetré mesmenent ladicte truye murtre et homicide en la personne de Jehan Martin en aige de cinq ans ... s’il estoit trouvé qu’ils feussions culpables du délict" (Dinzelbacher S. 155f*)​

Und es gibt Kritik an der Praxis, z. B.:

"Der berühmte Rechtspraktiker Philipp de Beaumanoir schrieb 1283 in seinen Coutumes de Beauvaisis, jedes Verbrechen setze Absicht voraus, weswegen Tiere, die weder Gut noch Böse unterscheiden könnten, für ihre Taten nicht verantwortlich seien:​
'Die stummen Tiere haben kein Verständnis von dem, was gut und böse ist, und daher ist rechtliches Vorgehen vergebens, denn dieses muss zur Vergeltung einer Untat geschehen, und der, der die Untat begangen hat, muss wissen und verstehen, dass er für eine bestimmte Untat eine bestimmte Strafe davonträgt. Aber ein solches Verständnis gibt es nicht unter den stummen Tieren'.​
Nur die Habgier der Gerichtsherren, denen ja Gelder aus jedem Verfahren zugingen, sei an der Existenz dieses Usus schuld. Da Beaumanoir offensichtlich von einer bekannten Verfahrensweise ausgeht, dürfte sie im 13. Jahrhundert schon einige Zeit in Gebrauch gewesen sein." (S. 187)​


* Einen Standort mit Archivsignatur weiß freilich auch Dinzelbacher nicht anzugeben, seine Referenz ist eine Quellensammlung aus dem Jahr 1829, hier online zu finden (der zitierte Text steht auf S. 41):
 
Von Tierprozessen im eigentlichen Sinne zu unterscheiden sind öffentlich inszenierte Hinrichtungen von Tieren, die sich der Tötung von Menschen "schuldig" gemacht hatten, da lassen sich Beispiele auch aus neuerer Zeit finden:

Die Elefantendame Topsy endete 1903 auf dem "elektrischen Stuhl": Topsy (Elefant) – Wikipedia
Ihre Artgenossin "Murderous Mary" wurde 1916 gehängt: Mary (Elefant) – Wikipedia
 
Mein Dozent im Studium (Rechtsgeschichte ist für den LL.B. freilich nur ein ziemlich kondensiertes Wahlpflichtfach) hielt es tatsächlich für möglich, dass es Tierprozesse gegeben hat, für ihn waren sie aber ein Beispiel für den Missbrauch der Rechtsprechung durch Fanatiker oder als politisches Instrument zur Beruhigung der Massen. Das ist eben der Punkt: Im deutschen Recht und im kanonischen Recht gab es keine Rechtsgrundlage.

Natürlich könnte die Rechtslage in Frankreich eine andere gewesen sein, aber das müsste man auch erst mal nachweisen. Deswegen wären die Prozessakten, die es dazu geben soll, so interessant. Bibelzitate ersetzen die Suche nach einer Rechtsgrundlage nicht.
 
Ich will jetzt nicht auf alles eingehen, aber in Bezug auf Tierprozesse kann man schon sagen: Es hat sie gegeben, denn darüber gibt es in Frankreich Prozessakten. Und es gab auch entsprechende Gesetze – siehe Schwabenspiegel (um 1275, Art. 204) in Bezug auf 2. Mose 21, 28-30.

Beziehst Du Dich auf eine bestimmte Edition? Art. CCIV in BSB Cgm 21 behandelt nämlich Fälle von Feldfrevel.

(Die Frage wurde von @Dion ignoriert.)

Du beantwortest jedenfalls nicht die Fragen, die Dir gestellt wurden.

(dito)

Apropos Gesetze: Ich bitte Dich jetzt zum dritten Mal, meine Frage zu beantworten, wo es im Schwabenspiegel um Hexen geht. Ich kann die von Dir angegebene Stelle nämlich nicht finden.

Dions Behauptung bezog sich nicht auf Hexen, sondern auf Tierprozesse, daher kopiere ich das mal hier rein.

2. Mose 21, 28-30 verfügt, dass ein Rind zu töten ist, wenn es "einen Mann oder eine Frau so stößt, dass der Betreffende stirbt". Der Besitzer bleibt straffrei. Wenn allerdings das Rind schon früher aggressiv geworden ist und der Besitzer davon in Kenntnis gesetzt wurde, dann ist auch der Besitzer dran - Geldstrafe oder Todesstrafe.

In dieser Version des Schwabenspiegels wird dieses mosaische Gebot in abgewandelter Form zitiert (Artikel 189):

"Dise wort sprach der vnse herre got selber wider moyses. [...] vnd ist daz ein ochse einen man ze tode stichet mit seinen hornen man shol den ohsen mit steinen verruͤnnen vnd des fleishes nicht ezzen wan ez ist vnreine."

Abweichend vom mosaischen Gebot bestimmt der Schwabenspiegel, dass der Besitzer straffrei bleibt, wenn er die Hörner des Rindes abgesägt hat.


Dass aggressive Haustiere getötet werden, die den Tod eines Menschen verursacht haben, kommt auch heute noch vor und hat mit "Tierprozessen" nichts zu tun.
 
Wir halten also fest: Im Schwabenspiegel steht nichts zu "Tierprozessen", auch indirekt nicht, auch nicht im Vorwort zu einer kommentierten Ausgabe.

Du kannst auf das Buch von Dinzelbacher nicht zugreifen? Liegt das daran, dass du es nicht besitzt, es auch nicht gelesen hast und auch nicht vorhast, es zu kaufen und zu lesen?

Ich habe es auch nicht gelesen- ist keine Schande, ich habe auch nicht vor, es mir zu kaufen. Ich halte auch Prozesse gegen Tiere nicht für ausgeschlossen. Aber mich würde ja interessieren, um was es in den Fällen eigentlich ging: Tötung von Wildtieren, Tötung von Haustieren, Maßnahmen gegen schädliche Tiere, dass Tiere gemeinsam mit Menschen am Galgen aufgehängt wurden- das bestreitet ja keiner, dass es solche Fälle gab.
Dintzelbacher S. 161f:

"Diese stets von weltlichen Gerichten vollzogenen Verfahren richteten sich am häufigsten gegen Schweine (so schon der älteste bekannte Fall von 1266/68), die Kinder an- oder aufgefressen hatten, sicher ein wirklich immer wieder vorkommender Unfall und weniger, wie man gemeint hat, die Folge der „Dämonisierung“ dieser Tiere durch Jesus (Mt 8. 28 ff.). Auch Ochsen, Hunde und andere Tiere standen vor den Schranken der Gerichte, häufiger waren es wohl weibliche Tiere. Gelegentlich ist Untersuchungshaft (sogar für eine ganze Schweineherde) sowie die Tätigkeit eines Advokaten bezeugt, der als Verteidiger für den animalischen Angeklagten fungierte. Die Prozesse endeten in der Regel mit einem Todesurteil, meist mit der Galgenstrafe oder dem Lebendigbegraben. Nur sehr selten sind Verstümmelungen allein oder zusätzlich belegt.​
[...]​
Bemerkenswerterweise scheint es ausschließlich dann zu einem Tierprozess gekommen zu sein, wenn ein Mensch verletzt oder getötet worden war [...]"​
Das oben angeführte Beispiel scheint also typisch zu sein:

'Eine Muttersau und sechs säugende Frischlinge, die gegenwärtig Gefangene der genannten Dame sind, alldieweil sie in flagranti ertappt wurden: Sie haben – die genannte Muttersau selbst – Mord und Tötung an der Person des fünfjährigen Jehan Martin begangen und vollbracht ... '
 
Das ist einer der Momente, wo es einfach schwerfällt, sich in die Vorstellungswelt früherer Generationen hineinzuversetzen.

Schweine sind Allesfresser, jeder Schweinebauer oder -hirte weiß das und wusste es garantiert auch schon vor 500 oder 5,000 Jahren. Wenn ein Küken dem Schwein über den Weg watschelt, wird es gefressen. Wenn eine Muttersau ein Ferkel nicht-verwandter Mütter findet, frisst es das auch. (Den heutigen Rassen hat man diesen Trieb per Züchtung weitgehend ausgetrieben, aber möglich ist es.) Ich würde auch annehmen, dass es den meisten Schweinehaltern völlig klar war, dass sie ihre Kinder in der Nähe von Schweinen nicht unbeaufsichtigt lassen durften.
Gelegentlich ist Untersuchungshaft (sogar für eine ganze Schweineherde) sowie die Tätigkeit eines Advokaten bezeugt, der als Verteidiger für den animalischen Angeklagten fungierte.
Das spricht immerhin schon mal für formelle Prozesse, wobei mir immer noch nicht die Rechtsgrundlage klar ist.
 
Die Stadt Churchill in Kanada gilt als Stadt der Eisbären. Immer wieder halten sich Eisbären in der Nähe auf, die darauf warten, dass die Hudson Bay zufriert. Es kam schon zu Unfällen, wenn ich mich nicht täusche auch zu einem Todesfall.

Die Eisbären locken aber auch Touristen nach Churchill, es gibt die Möglichkeit, von einem Spezialfahrzeug aus wilde Eisbären zu beobachten.

Der Eisbär ist aber ein reiner Fleischfresser, Menschen fallen durchaus ins Beuteschema. In Churchill gibt es seit einiger Zeit ein Gefängnis für Eisbären, wo Eisbären landen, die sich aggressiv zeigten und mit denen es bereits Stress gab.
 
Das ist einer der Momente, wo es einfach schwerfällt, sich in die Vorstellungswelt früherer Generationen hineinzuversetzen.

Schweine sind Allesfresser, jeder Schweinebauer oder -hirte weiß das und wusste es garantiert auch schon vor 500 oder 5,000 Jahren. Wenn ein Küken dem Schwein über den Weg watschelt, wird es gefressen. Wenn eine Muttersau ein Ferkel nicht-verwandter Mütter findet, frisst es das auch. (Den heutigen Rassen hat man diesen Trieb per Züchtung weitgehend ausgetrieben, aber möglich ist es.) Ich würde auch annehmen, dass es den meisten Schweinehaltern völlig klar war, dass sie ihre Kinder in der Nähe von Schweinen nicht unbeaufsichtigt lassen durften.Das spricht immerhin schon mal für formelle Prozesse, wobei mir immer noch nicht die Rechtsgrundlage klar ist.

Ein fünfjähriges Kind kann aber doch schreien und wegrennen? Ich hätte jetzt auch nicht erwartet, dass ein Schwein ein Kind dieses Alters noch als einfache Beute ansehen würde.
 
Kommt halt darauf an, wie sich das Kind verhalten hat. Wenn es komplett selbstvergessen im Matsch gespielt hat? Schweine können ziemlich zubeißen, da kann ein Biss genügen.
 
Tierprozesse gibt es auch noch heute und das sicher nicht zu knapp. Im Einzelfall auch in gewaltiger Größe

Da nehme ich mal nur einen Bericht der am 14.11.d J. in der Angelzeitschrift „Blinker“ unter der Überschrift „5 Tonnen Glasaal beschlagnahmt“ veröffentlicht wurde.
Ein Kilogramm dieser jungen Aale, das sind etwa 3.000 Stück, bringen auf dem Schwarzmarkt rund 6.000 Euro!
Wir reden also hier von 5.000 kg, also Schwarzmarkterlös = 30.000.000,- €.

Wo werden diese Glasaale vermarktet/verzehrt? In Asien!

Sogar über Mauretatanien und Senegal gehen die Routen.

Wie ich bei „Blinker“ lese:
"Trotz strenger EU-Fangquoten und eines Exportverbots werden die Jungfische weiterhin illegal gefischt. Schmuggler bringen sie an abgelegenen Buchten an Land, oft ohne Straßenanbindung, und nutzen Maultiere für den Transport."

Eine Straftat welche in Europa „Europol“ auf den Plan ruft.
Die Bilanz sieht erschreckend aus.
„Seit Beginn der Einsätze konnte die Polizei in den letzten sieben Jahren 850 Verhaftungen (!) durchführen und mehr als 87 Tonnen Glasaale und Jungfische beschlagnahmen!“.

Um diese 5 Tonnen Glasaal sicher zu stellen, waren an dieser einen Aktion 40 Partner aus Ländern der EU, Drittstaaten, internationale Organisationen und Behörden der EU beteilgt.

1. EU: Frankreich, Deutschland, Spanien, Österreich und Schweden.
2. Drittstaaten: Brasilien, Türkei, Schweiz und USA.
3. Internationale Organisationen: Interpol, TRAFFIC und IFAW.
4. Auch Behörden der EU wie Eurojust, Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung waren da eingebunden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist einer der Momente, wo es einfach schwerfällt, sich in die Vorstellungswelt früherer Generationen hineinzuversetzen.

Mir fällte es oft schwer, mich in die Vorstellungswelt heutiger Generationen hineinzuversetzen.

Jeder weiß doch, dass man Kinder unbedingt von Schusswaffen fernhalten sollte. Trotzdem sterben allein in den USA jedes Jahr 50 Kinder beim Spielen mit Schusswaffen.

"Data recorded during 2003–2021 by the National Violent Death Reporting System (NVDRS) from 49 states, the District of Columbia, and Puerto Rico were used to characterize unintentional firearm injury deaths of U.S. infants, children, and adolescents aged 0–17 years (referred to as children in this report). NVDRS identified 1,262 unintentional firearm injury deaths among children aged 0–17 years"

 
Dinzelbacher S. 161f:

"Diese stets von weltlichen Gerichten vollzogenen Verfahren [...]"​

Von geistlicher Seite wurden keine Prozesse gegen Haustiere bzw. einzelne Tiere geführt, dafür gab es Verfahren gegen massenhaft auftretende Schädlinge:

"Insekten, besonders Engerlinge und Heuschrecken, sowie Feldmäuse und Maulwürfe waren in einer Landwirtschaft, die noch ohne Pestizide auskommen musste, eine sehr konkrete Bedrohung. Das beste Beispiel dafür ist vielleicht die 'Engerlingsbulle', die sich die Herren von Uri 1492 vom apostolischen Stuhl erbaten. In diesem unter Papst Alexander VI. ausgestellten Dokument heißt es, sie wüssten sich gegen die dramatischen Schäden durch diese 'Würmer' nicht mehr zu helfen, wenn ihnen nicht die censura ecclesiastica, also die feierliche priesterliche Verfluchung der Tiere beistehe.
Ähnliches galt in der der Fischerei in Küstengebieten für Blutegel und Raubfische. Diesen Schädlingen versuchte man nun mit den Mitteln des geistlichen Gerichts beizukommen, und zwar mit dem Exorzismus und der Exkommunikation. Hierbei ging es stets nicht gegen ein einzelnes Tier, sondern gegen das 'Kollektiv' aller an einem bestimmten Ort anwesenden der entsprechenden Rasse, die für die Landplage verantwortlich war." (Dinzelbacher S. 166f)

Dass Exkommunikationen ausgesprochen wurden, ist vollkommen unverständlich; nach dem Kirchenrecht kann nur exkommunziert werden, wer durch die Taufe in die Kirche aufgenommen wurde. Es scheint gleichwohl formelle Prozesse gegeben zu haben, wobei die Schädlinge von einem Prokurator vertreten wurden, deren Argumentation auch damaligen Zeitgenossen einleuchtend erschienen sein muss:

"Die Prokuratoren der Schädlinge beantragten meist die Abweisung der Klage und spielten alle denkbaren Argumentationen durch: So machten sie geltend, vernunftlose Geschöpfe könnten weder der kirchlichen noch der zivilen Strafgewalt unterliegen; auch seien sie als Geschöpfe Gottes berechtigt, sich ihr Futter zu besorgen, wobei sie keine böse Absicht verfolgten (vgl. Gen 1, 30)."
 
Zuletzt bearbeitet:
@muck nur nebenbei:
Das ist einer der Momente, wo es einfach schwerfällt, sich in die Vorstellungswelt früherer Generationen hineinzuversetzen.
weitere solche Momente kann ein Blick in die Lex Salica bieten, wo sich quasi Strafkataloge für ziemlich befremdliche Delikte (z.B. eine Muttersau in den Bauch treten etc) finden, welche wohl kaum in diesem Rechtstext vorkämen, wenn sie nur fiktiv gewesen wären.
 
Das beste Beispiel dafür ist vielleicht die 'Engerlingsbulle', die sich die Herren von Uri 1492 vom apostolischen Stuhl erbaten.
Als Beitrag zur Ehrenrettung früherer Generationen, lässt sich noch erwähnen, dass die absurden Mittel zur Bekämpfung von Engerlingen bis hin zu Prozessen gerade in Uri schon relativ früh von biologischen Bekämpfungsmaßnahmen, wie dem bezahlten und durch sog. Käfer-Vögte beaufsichtigten Einsammeln von Maikäfern, begleitet waren. In Obwalden kannte man das bereits 1593 und für Uri ist der Eid der Käfer-Vögte für 1664 einsehbar:
Nichtsdestotrotz weist die Chronik von Obwalden päpstl. genehmigte Fasttage, Exorzismen und Malediktionen gegen Engerlinge noch im 18. Jh. aus.

Zudem lässt sich bei den meisten zeitgenössischen Chronisten (Schilling, Anshelm, Stettler) eher eine kritische bis kopfschüttelnde Haltung gegen die Engerlings-Prozesse herauslesen.
Die Verzweiflung ob der Engerlings-Plage muss zuweilen so stark gewesen sein, dass man eben sämtliche Register zog und vielleicht auch "unlautere Mittel" benutzte: Bei dem Prozess 1478/79 in Avenches/Lausanne soll der Verteidiger der Tiere eine zwielichtige Gestalt gewesen sein, die sich nicht sonderlich einsetzte.

Die von Dinzelbacher erwähnte "Engerling-Bulle" von 1492 für Uri wurde durch den Generalvikar von Konstanz im Jahre 1493 beglaubigt und zeigt, mit welcher Verzögerung im Kampf gegen Engerlinge bei solchen Schritten zu rechnen war. Das erklärt vielleicht zum Teil die Seltenheit der Prozesse.
1492 muss es jedoch sehr arg gewesen sein, denn die Leute von Schwyz ließen sich die Prozessakten von 1479 aus Bern zukommen.

Der Generalvikar von Konstanz beglaubigt die Engerling-Bulle des Bischofs von Cesena:
 
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Das ist einer der Momente, wo es einfach schwerfällt, sich in die Vorstellungswelt früherer Generationen hineinzuversetzen.

Schweine sind Allesfresser, jeder Schweinebauer oder -hirte weiß das und wusste es garantiert auch schon vor 500 oder 5,000 Jahren. Wenn ein Küken dem Schwein über den Weg watschelt, wird es gefressen. Wenn eine Muttersau ein Ferkel nicht-verwandter Mütter findet, frisst es das auch. (Den heutigen Rassen hat man diesen Trieb per Züchtung weitgehend ausgetrieben, aber möglich ist es.) Ich würde auch annehmen, dass es den meisten Schweinehaltern völlig klar war, dass sie ihre Kinder in der Nähe von Schweinen nicht unbeaufsichtigt lassen durften.Das spricht immerhin schon mal für formelle Prozesse, wobei mir immer noch nicht die Rechtsgrundlage klar ist.

Ich wusste natürlich, dass Sauen Allesfresser sind, mir war bekannt, dass Wildschweine ohne Weiteres einen krankgeschossenen Hasen oder ein vom Mäher verletztes Kitz fressen. Das war mir alles bekannt, das wusste ich aus Jagdliteratur, aus Berichten von Jägern. Trotzdem habe ich Wildschweine aber vor allem für Aasfresser gehalten, aber nicht als aktive Jäger.

Als ich mich intensiver mit der Lock- und Reizjagd beschäftigt habe, war ich erstaunt, wie gut sich Wildschweine mit Wildlockern anlocken lassen. Das nicht nur mit Kontaktlauten mit denen man Artgenossen oder einen Frischling simuliert, sondern auch mit klassischen Raubwildlockern. Ich habe Wildschweine schon mit der Vogelklage (simuliert verletzten Singvogel), mit Hasen- oder Kaninchenklage und vor allem mit dem Kitzangstruf, Kitzklageruf angelockt. Wildschweine reagieren darauf fast wie ein Fuchs oder Marder reagiert. Die Vogelklage trägt nicht so weit, aber darauf reagieren Beutegreifer am heftigsten. Vermutlich denken sie dass sie sich beeilen müssen, wollen sie dem Konkurrenten die Drossel abnehmen.

Ich denke nicht, das Wildschweine aktiv jagen, dass sie sich auf die Lauer legen, um Beute zu fangen, aber wenn sie auf ein Kitz, einen kranken Hasen oder einen verletzten Singvogel stoßen, dann fressen sie die Tiere. Ein Wildschwein weiß wie ein Kitz schmeckt, auch wie es schreit, und auf den Klagelaut eines Hasen oder Kitz reagieren sie sehr aktiv. Ich habe selbst schon gesehen wie Sauen sich über die Überreste eines Hasen hermachten und sich darum balgten.
 
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