Tübinger Vertrag

Interessant.
Jetzt ist die Frage: Welche Adlige waren das nun konkret.

Denn nach dem Untergang der Staufer sind ja eigentlich alle den Herzögen von Schwaben bzw. Franken lehnspflichtige Ritter "reichsunmittelbar" geworden.
Da der Herzog von Württemberg trotz zahlreicher Bemühungen nie die Rechtsnachfolge der Herzöge von Schwaben antreten konnte, gab es wohl wirklich keinen Reichsritter, der bei einem württembergischen Landtag hätte teilnehmen müssen.
Ähnlich müßte das dann auch bei Baden, bei der Kurpfalz, bei Hessen-Darmstadt etc. gewesen sein.

Und war es vielleicht auch so - was ich über Stände in Erinnerung haben, ist alles außerhalb von Schwaben oder Franken (z. B. Hannover, Tirol).

Aber eigentlich müßten schon die Grafen von Württemberg eigene Vasallen gehabt haben, die einen landständigen Adel bilden konnten. Wo sind denn die alle geblieben?

Da kann ich Dir detailliert keine Auskunft geben.

Aber hier noch ein Link:
Aus Link:
  • Mitbestimmung der Landstände
  • Die Landstände, bestehend aus der Ritterschaft und der "Landschaft" (den Abgeordneten der "Ämter"), im allgemeinen die Vertreter der vermögenden bürgerlichen Oberschicht (der sog. Ehrbarkeit) und den Prälaten der Klöster, gewinnen erstmals Einfluss auf die Bildung der Landesregierung und die Ausübung der Regierungsgewalt.
Im Uracher Landesteil war bereits im Jahr 1457 eine Notlage des Landesherren entstanden, die ihn dazu zwang, die Landstände einzubeziehen (Ansprüche des Pfalzgrafen Friedrich).. .
  • Der Bedarf der Mitfinanzierung der wachsenden Staatsaufgaben durch die Landstände war der Grund dafür, dass sie während der Regierungszeit von Graf Eberhard immer häufiger in die Landespolitik einbezogen wurden. Der Landtag war jedoch noch kein Bestandteil der Verfassung.
  • Die Ritterschaft fühlte sich nicht zur Steuerleistung verpflichtet; sie beteiligte sich nur selten an den Landtagsverhandlungen bei denen es meistens um Steuerbewilligungen ging.
    • Kampf um Macht und Mitbestimmung im Innern
    • Die Landstände (Prälaten, Ritterschaft und die 'Landschaft') suchten ihren politischen Einfluss gegenüber Herzog Ulrich zu erweitern.
    • Das bürgerliche Element, die Vertreter der Amtsstädte, welche die 'Landschaft' bildeten, suchten die übrigen Landstände, die Prälaten und die Ritter, politisch zu verdrängen. In der 'Landschaft' waren hauptsächlich diejenigen bürgerlichen Familien vertreten, die durch Grundbesitz, Weinbau und Handel mächtig geworden waren. Diese sog. Ehrbarkeit war untereinander versippt und verschwägert und stellte einen großen Machtfaktor dar.
    Die 'Landschaft' verdrängte die übrigen Landstände von den Spitzenpositionen am herzoglichen Hof und in der Regierung. Im Zusammenspiel mit dem Herzog wurden zu den Landtagen keine Vertreter des Ritter- und Prälatenstandes eingeladen.
 
In der 'Landschaft' waren hauptsächlich diejenigen bürgerlichen Familien vertreten, die durch Grundbesitz, Weinbau und Handel mächtig geworden waren. Diese sog. Ehrbarkeit war untereinander versippt und verschwägert und stellte einen großen Machtfaktor dar.
Da haben wir nun einen anderen interessanten Aspekt.

Wir kommen ja nun vom Begriff "Demokratie" her.
Und sind uns einig, daß man bei historischen Demokratien von Athen bis USA nicht die modernen Maßstäbe anlegen darf, und die Zahl der Wahlberechtigten deutlich eingeschränkt ist.

Aber ich halte den Begriff "Demokratie" nur dann für gerechtfertigt, wenn alle Bürger, die gewisse Qualifikationen erfüllen, mitbestimmen dürfen.
D.h. wenn z B. gefordert wird, daß man Grundbesitz nachweisen muß oder eine Zunftmitgliedschaft oder Steuerzahlung - das wäre noch in Ordnung, das kann ja im Prinzip jeder Bürger erreichen (wenn es auch für viele in der Praxis kaum möglich war).
Keine Demokratie ist es in meinen Augen, wenn Rechte an der Geburt hängen, wenn man also selbst mit Erfolg nie die Kriterien für das Stimmrecht erfüllen kann.

In diesem Sinne wären für mich Stadtrepubliken, wo eine Patrizierschicht herrscht und letztlich das Geburtsrecht entscheidet, keine Demokratien.
Das sind letztlich Aristokratien - auch wenn diese Familien formal kein Adel sind.

Es wäre jetzt also die Frage, in wie weit die "Ehrbarkeit" sich über Geburt definiert bzw. ob ein Auf- oder Abstieg in diese Schicht möglich war.
 
Da haben wir nun einen anderen interessanten Aspekt.

Wir kommen ja nun vom Begriff "Demokratie" her.
Und sind uns einig, daß man bei historischen Demokratien von Athen bis USA nicht die modernen Maßstäbe anlegen darf, und die Zahl der Wahlberechtigten deutlich eingeschränkt ist.

Aber ich halte den Begriff "Demokratie" nur dann für gerechtfertigt, wenn alle Bürger, die gewisse Qualifikationen erfüllen, mitbestimmen dürfen.
D.h. wenn z B. gefordert wird, daß man Grundbesitz nachweisen muß oder eine Zunftmitgliedschaft oder Steuerzahlung - das wäre noch in Ordnung, das kann ja im Prinzip jeder Bürger erreichen (wenn es auch für viele in der Praxis kaum möglich war).
Keine Demokratie ist es in meinen Augen, wenn Rechte an der Geburt hängen, wenn man also selbst mit Erfolg nie die Kriterien für das Stimmrecht erfüllen kann.

In diesem Sinne wären für mich Stadtrepubliken, wo eine Patrizierschicht herrscht und letztlich das Geburtsrecht entscheidet, keine Demokratien.
Das sind letztlich Aristokratien - auch wenn diese Familien formal kein Adel sind.

Es wäre jetzt also die Frage, in wie weit die "Ehrbarkeit" sich über Geburt definiert bzw. ob ein Auf- oder Abstieg in diese Schicht möglich war.


Die Ehrbarkeit hat sich nicht über Geburt definiert. Ein Auf- und Abstieg in diese Schicht war möglich. Z. B. über die Universitäten, ich kenne den Fall eines Metzgersohnes, (bei den Preußen hätte er noch im 19. Jahrhundert nicht Offzier werden dürfen) der über die erlangte Professur in die Landschaft kam.
Die Ausschüsse haben sich "selbst ergänzt", sie haben neue Mitglieder selbst gewählt, womit der "Vetterleswirtschaft" natürlich Tür und Tor geöffnet war.

Noch ein Link
 
Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang ja auch von Adelsrepubliken.
Richtig.
Und eine Republik ist eben keine Demokratie - das ist vielen Leuten nicht klar (ich meine natürlich niemanden hier aus dem Forum).

Wenn wir von ständischen Ordnungen im alten Reich sprechen, gibt es verschiedene Formen.
Gemeinsam ist immer nur, daß die Monarchie in ihren Möglichkeiten eingeschränkt ist und die Herrschaft mit anderen Kräften teilen muß.

In den Ständen können aber Aristokraten, (Stadt-)Republiken, Demokratien oder andere Herrschaftsformen (kirchliche) vorkommen.
 
Die Ausschüsse haben sich "selbst ergänzt", ...
Schwierig einzuordnen.
Im Prinzip kann also jeder Staatsbürger ohne Rücksicht auf Geburtsrechte mitmachen - damit wäre schon mal ein wichtiges Demokratie-Kriterium erfüllt.

Die Vetterles-Wirtschaft ist nicht unbedingt ein Gegenargument. In unserer Stadt - durchaus demokratisch verfaßt - finden wir in führenden kommunalpolitischen Funktionen, zwei Söhne und eine Schwiegertochter von diversen Oberbürgermeistern und zwei hauptamtliche Stadträte, deren Väter schon ebenfalls im Magistrat waren (in der Opposition sieht es teilweise ähnlich aus - da waren die Väter natürlich nicht im Magistrat, sondern ebenfalls Oppositionsführer ;-)

Schwierig bei der Kooptation ist aber, daß die Bürger eigentlich überhaupt kein Mitspracherecht haben. Sie dürfen nur geduldig warten, ob sie mal in einen Ausschuß nachrücken dürfen.
Ich bin am Zweifeln, ob man das noch Demokratie nennen darf.
 
Kurze Zwischenfrage: Hätte er denn im Ländle - oder anderen deutschen Staaten - Offizier werden können?

Kenne ich für Württemberg nur an einem Punkt, 1806 verließen die geborenen Preußen (waren ja nun Feinde) das württ. Heer, wo dann ein großer Offiziersmangel auftrat.

Bewährten Unteroffizieren gab man da die Möglichkeit Offizier zu werden.
Auf grund der immensen Kosten haben dies aber nicht sehr viele gemacht.
Und mit der Ernennung zum Hauptmann war der pers. Adel verbunden.
 
:motz:
Schwierig einzuordnen.
Im Prinzip kann also jeder Staatsbürger ohne Rücksicht auf Geburtsrechte mitmachen - damit wäre schon mal ein wichtiges Demokratie-Kriterium erfüllt.

Schwierig bei der Kooptation ist aber, daß die Bürger eigentlich überhaupt kein Mitspracherecht haben. Sie dürfen nur geduldig warten, ob sie mal in einen Ausschuß nachrücken dürfen.
Ich bin am Zweifeln, ob man das noch Demokratie nennen darf.

Kann ich jetzt nicht so richtig tiefschürfend beantworten.

Es waren ja eher die Wohnorte, die entscheidend waren. Muss ich mich mal kundiger machen.

Bemerkenswert auf jeden Fall, und für Württemberg typisch, über Bildung war der Aufstieg ohne weiteres möglich.
Und die Bildung standen/stehen über die berühmt/berüchtigten Landexamen (siehe zuletzt Hermann Hesse) faktisch den meisten offen.
 
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage, lieber Repo. Nun muß ich aber - mit Verlaub - das von dir Gesagte etwas auseinandernehmen.

(bei den Preußen hätte er noch im 19. Jahrhundert nicht Offzier werden dürfen)

Kenne ich für Württemberg nur an einem Punkt, 1806 (...)

Sic! 1803 (ebenfalls 19. Jhdt.!) war es deinem Kenntnisstand nach also auch in Württemberg dem "Bäckersohn" eben nicht möglich, Offizier zu werden. In Bezug auf Preußen klingt hier ein antidemokratischer Vorwurf an, der auch auf Württemberg zutreffen könnte. Dieses ignorierst du partout und suggerierst hier etwas nicht belegtes.

Worauf ich hinaus will, ist deine Sicht auf den T.V., welche ich als "eingefärbt" bezeichnen möchte. Hier das demokratische Württemberg, dort die übrige, nichtdemokratische Welt (England wohl ausgenommen). Das ist ja auch in Ordnung, nur gibt das ebenso Raum für andere subjektiven Sichtweisen auf die Vertragsbedeutung und widerspricht insofern dem von dir hier postulierten "Allgemeingültigkeitsanspruch", mit dem ich ein Problem habe. Verstehst du? :)

Inhaltlich kann ich zum T.V. leider noch nichts beisteuern, da ich ihn noch nicht durchgearbeitet habe. Damit meine ich nicht die Kommentierungen, sondern den Originaltext. Andere hatten wohl glücklicherweise mehr Zeit... :confused:
 
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage, lieber Repo. Nun muß ich aber - mit Verlaub - das von dir Gesagte etwas auseinandernehmen.





Sic! 1803 (ebenfalls 19. Jhdt.!) war es deinem Kenntnisstand nach also auch in Württemberg dem "Bäckersohn" eben nicht möglich, Offizier zu werden. In Bezug auf Preußen klingt hier ein antidemokratischer Vorwurf an, der auch auf Württemberg zutreffen könnte. Dieses ignorierst du partout und suggerierst hier etwas nicht belegtes.

Worauf ich hinaus will, ist deine Sicht auf den T.V., welche ich als "eingefärbt" bezeichnen möchte. Hier das demokratische Württemberg, dort die übrige, nichtdemokratische Welt (England wohl ausgenommen). Das ist ja auch in Ordnung, nur gibt das ebenso Raum für andere subjektiven Sichtweisen auf die Vertragsbedeutung und widerspricht insofern dem von dir hier postulierten "Allgemeingültigkeitsanspruch", mit dem ich ein Problem habe. Verstehst du? :)

Inhaltlich kann ich zum T.V. leider noch nichts beisteuern, da ich ihn noch nicht durchgearbeitet habe. Damit meine ich nicht die Kommentierungen, sondern den Originaltext. Andere hatten wohl glücklicherweise mehr Zeit... :confused:


Kann ich jetzt meinem Posting so nicht entnehmen. Ein Offizierskasion z. b. kannte das württembergische Militär der 1860 Jahre nicht. Als Grund nennt das MGFA, dass die Offiziere aus dem Bürgertum stammten, dem das Kastendenken fremd war.

Zum Kastendenken des preußischen Militärs erinnere ich an die Vorgänge um Blomberg. Wenn Dich das näher interessiert. Vor kurzem hatte ich in einer Kaserne zu tun, nun unbedingt viel weiter sind die auch heute nicht.

Die Ausrüstung dagegen war 1806 das Haupthindernis, Uniformen, Pferde usw. waren schweinisch teuer. Und dem Handwerkersohn unerschwinglich. aber das ist hier OT.
 
Zuletzt bearbeitet:
Worauf ich hinaus will, ist deine Sicht auf den T.V., welche ich als "eingefärbt" bezeichnen möchte. Hier das demokratische Württemberg, dort die übrige, nichtdemokratische Welt (England wohl ausgenommen). Das ist ja auch in Ordnung, nur gibt das ebenso Raum für andere subjektiven Sichtweisen auf die Vertragsbedeutung und widerspricht insofern dem von dir hier postulierten "Allgemeingültigkeitsanspruch", mit dem ich ein Problem habe. Verstehst du? :)

Um das "Ding" mal für heute für mich abzuschließen.

Natürlich ist meine Sicht eingefärbt.
Völlig klar.

Ich habe mich auch seit ca. 20 Jahren mit dem Tübinger Vertrag nicht mehr weiter auseinander gesetzt.
Wird man meiner Argumentation auch angemerkt haben, manches "weiß" ich einfach nicht mehr so ganz sicher. Müsste ich nachlesen... aber wann?

Aber nachdem mir vor kurzem eine, für mich unbegreifliche, Unkenntnis in Bezug auf die 48er Revolution und nun die völlige "Unbekanntheit" des Tübinger Vertrags hier im Forum aufgefallen ist, meint ich etwas lautstarker auf die recht vielfältigen "demokratischen Traditionen" in Deutschland hinweisen zu müssen. Die eine gewisse Beachtung schon verdienen.

Es gibt zum Glück nicht nur den Eichmann und den Kaltenbrunner, es gibt auch den Moser und den Flattich.
 
@Repo

Auch auf die Gefahr hin, mir eine kräftige virtuelle "schwäbische Watschen" einzuhandeln, muß ich Widerspruch anmelden.

Richtig, den verlinkten Text kannte ich nicht. Herzog Ulrich ist mir allerdings ein Begriff.

So wie ich den Text interpretiere, ist das ein ständischer Ausgleich. Ich habe mich, allerdings nur überblickhaft, kurz infolge Deines Postings mit schwäbischer Geschichte befaßt. Liberal oder gar demokratisch ist da nichts, jedenfalls nicht bis 1819 und auch dann scheint mir das Attribut "demokratisch" sehr euphemistisch zu sein.

Ob der Adel eine Rolle spielte oder nicht, unter Deinen Auspizien "liberal/demokratisch" ist die Standschaft m.E. nicht zu subsumieren. Frage: "Wo blieb denn die Vertretung des Tagelöhners?" O.k. moderne Begriffsdefinitionen dürfen nicht "rückinterpretiert" werden.

"Der Tübinger Vertrag ist meines Wissens die älteste Verfassung auf deutschem Boden. Er galt, und wurde gehalten für immerhin rund 300 Jahre.
Zu beachten bitte ich die weitgehenden Grundrechte wie Freizügigkeit und Sicherheit der Rechtspflege, die selbst für Leibeigene!"


Das ist schwer aufrecht zu erhalten, ob es die älteste landständische Verfassung ist, kann ich nicht explizit sagen, aber Verfassung auf deutschem Boden? Da fiele mir die "Goldene Bulle", das "Wormser Konkordat" etc. ein.

o.t.

Ihr da unten in Süddeutschland seit immer schon liberaler gewesen, wir hier in Preußen waren immer schon froh, wenn uns kein Leutnant scheel angeschaut hat. ;)

M.


Ich habe mir erlaubt dies hier anzuschließen. die Masse Deiner Einwände habe ich hier schon mal zu widerlegen versucht. Lies es Dir mal durch, wenn Du Zeit findest.
 
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