Übernahme von Sprachen, Widerstand, Macht

Aus all dem geht hervor, dass es keine Formel gibt, nach der man das Überleben einer Sprache bemessen könnte.

das hatte ich auch nicht ernsthaft erwartet, trotzdem haben mich die Antworten im Forum weitergebracht, grade was die Wenden und Sorben betrifft. Während ich mit meinen Beispielen in der Frühzeit grabe, komme ich nicht auf die Sorben (vielleicht einige meiner Vorfahren) und die Wenden ( obwohl das Wendland fast vor meiner Haustür liegt)

Wir haben ja sogar den Fall, dass eine seit vielen Jahrhtausenden tote Sprache wie das Hebräische, die nur noch in der Liturgie fortlebte, zu neuem Leben erweckt wurde.

könnte man nicht sagen, das politischer Überlebenswille ein Grund von mehreren ist, das eine Sprache sogar wiederbelebt werden kann. In dem Zusammenhang denke ich an Latein, dass nach 2000 Jahren noch immer Wissenschafts- und z.T. Kirchensprache ist.


Das ist den Iren leider nicht gelungen, wo trotz enormer Anstrengungen nur noch etwa 53 000 Iren angeben, Irisch täglich als Muttersprache zu sprechen (Zensus von 2006). Da haben es die Engländer doch geschafft, ihre Sprache im Lauf der langen Besetzung Irlands durchzusetzen.

oder erst nachdem die Engländer das Interesse daran verloren hatten, den Iren ihre Sprache aufzuzwingen, haben die Iren den Widerstand aufgegeben.

Zitat:
rena8
Die Sorben (...) Heute haben sie zweisprachige Ortsschilder usw, alles was die aufgeklärte Demokratie so hergibt

Diesen Kausalzusammenhang solltest du unbedingt noch einmal überprüfen! (Wobei ich den hervorgehobenen Teil als wertendes Element äußerst überflüssig und störend empfinde.) :S

ich hatte da gar keinen Kausalzusammenhang im Sinn, das war ein zugegben "flapsiger" Spruch, welchen Zusammenhang würdest du da sehen?
 
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@rena8: ...ich hatte da gar keinen Kausalzusammenhang im Sinn, das war ein zugegben "flapsiger" Spruch, welchen Zusammenhang würdest du da sehen?

Gar keinen. Die zweisprachigen Schilder sowie sorb. Radio + Zeitungen gab es auch in der DDR schon.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es Assimilationsdruck in jedem Fall oder nur wenn sich eine Bevölkerungsgruppe zahlenmäßig oder sonstwie überlegen fühlt und ist dieser zielführend?
In den germanisch-slawischen Beispielen ging es ja nicht in erster Linie um die Sprache, sondern mithilfe der Sprache wurde zwangsassimiliert oder auch nicht. Die wendländische Bäuerin, die ihre Eier auf dem städtischen Markt verkauft, wurde nicht gezwungen sondern handelte aus Einsicht in die Notwendigkeit bzw. schickte ihre Kinder zum Markt, die schon deutsch konnten und in der nächsten Generation hatte sich das Problem erledigt.

Man spricht immer die Sprache derjenigen die die modernere und expandierende Wirtschaft und Wissenschaft sowie fortschrittlichere Lebensauffassung eint.
Dessen Sprache bringt die nötigen Worte für die weiterentwickelte Wirtschaft/Wissenschaft und Erfindungen mit. Zudem ist diese Sprachgruppe selbstsicherer und offener.
 
Man spricht immer die Sprache derjenigen die die modernere und expandierende Wirtschaft und Wissenschaft sowie fortschrittlichere Lebensauffassung eint.
Dessen Sprache bringt die nötigen Worte für die weiterentwickelte Wirtschaft/Wissenschaft und Erfindungen mit. Zudem ist diese Sprachgruppe selbstsicherer und offener.

Darf ich in diesem Zusammenhang an Böhmen/Mähren erinnern?
Bis zu den Hussitenkriegen eine Entwicklung ähnlich wie in der Mark Brandenburg, Pommern oder Schlesien, dann hat sich die Sache um 180° gedreht.
Eine zwingender Ablauf ist also nicht gegeben.
 
Zur Sprachenvielfalt hier mal eine sehr interessante Weltkarte. :)

nur zum Verständnis der "strange" map, soll dort die Anzahl der Sprachen/Fläche dargestellt werden und hat die Rotfärbung einiger Gegenden eine Bedeutung?
Vielleicht vom "Aussterben bedroht"?

diesen Fluch der Globalisierung gibt es auch auf anderen Gebieten, bei der Arten- und Sortenvielfalt von Nutzpflanzen und -tieren z.B.
 
@Themistokles: Die Größe eines Landes entspricht der Anzahl der dort gesprochenen Sprachen. Wenn ich es richtig verstand, stehen die roten Flächen für Länder, in denen mehr als 200 Sprachen verwendet werden.
So habe ich es auch verstanden. Der Kaukasus hebt sich nur deshalb nicht besonders hervor, weil hier mehrere "Zwergstaaten" mit sehr unterschiedlichen staatstragenden Völkern existieren.
 
könnte man nicht sagen, das politischer Überlebenswille ein Grund von mehreren ist, das eine Sprache sogar wiederbelebt werden kann. In dem Zusammenhang denke ich an Latein, dass nach 2000 Jahren noch immer Wissenschafts- und z.T. Kirchensprache ist.

Das ist schwer zu sagen, denn die Beispiele aus der Geschichte belegen das nicht eindeutig. So muss man den Iren bestimmt einen kräftigen "Überlebenswillen" attestieren, zudem eine von den englischen Besatzern abweichende religiöse Identität. Dennoch wird in Eire weitgehend englisch gesprochen, denn - wie ich oben schon sagte - sprechen nur noch gut 50 000 Iren ihr irisches Idiom als erste Sprache. es hat sich also das Englische durchgesetzt, da die Briten in wirtschaftlicher und administrativer Hinsicht dominierten und sie so den Iren in allen Bereichen ihre Sprache aufzwangen - in der Landwirtschaft, vor Gericht, in der Verwaltung, beim Militär.

Ich denke, dass sich Sprachinseln eher in abgelegenen Gebieten halten können, die der kulturellen oder politischen Dominanz einer anderssprachigen Staatsmacht nur gering ausgesetzt sind. Ein schönes Beispiel dafür ist der hier mehrfach erwähnte Kaukasus, der "Berg der Sprachen", wo sich sogar Sprachen halten konnten, die - wie das Baskische - keinee bekannten Sprachfamilie angeschlossen werden können. Solche Sprachinseln haben sich auch bei den Rätoromanen gehalten, wo ebenfalls die geografische Situation in abgelegenen Alpentälern ein Überleben des Idioms begünstigt hat.
 
Ebenso gaben die Kelten in Gallien und die Iberer in Spanien ihr angestammtes Idiom auf.

Ist nicht ganz korrekt, zumindest leben die alten Sprachen dieser Regionen in den überlieferten Toponymen und Personennamen auch in der römischen Zeit weiter. Ansonsten geb ich dir aber vollkommen recht.
 
@Marbod, slawische Toponyme und Siedlungsnamen existieren in Ostdeutschland zu Tausenden, ja sie bilden sogar die Mehrheit. Deswegen kann man trotzdem nicht sagen, dass (von der Lausitz mal abgesehen) hier slawische Sprache und Tradition noch lebendig sind.
Auch die vielen -skis in der Südkurve auf Schalke jubeln nicht polnisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Darf ich in diesem Zusammenhang an Böhmen/Mähren erinnern?
Bis zu den Hussitenkriegen eine Entwicklung ähnlich wie in der Mark Brandenburg, Pommern oder Schlesien, dann hat sich die Sache um 180° gedreht.
Eine zwingender Ablauf ist also nicht gegeben.

Durch die Hussitenkriege wurde die katholische Bevölkerung aus Böhmen vertrieben und die wirtschaftliche und kulturelle führende Stellung des fortschrittlichen Böhmens in Europa verschwand.
 
@Marbod, slawische Toponyme und Siedlungsnamen existieren in Ostdeutschland zu Tausenden, ja sie bilden sogar die Mehrheit. Deswegen kann man trotzdem nicht sagen, dass (von der Lausitz mal abgesehen) hier slawische Sprache und Tradition noch lebendig sind.
Auch die vielen -skis in der Südkurve auf Schalke jubeln nicht polnisch.


Wer lesen kann ist klar im Vorteil! :winke:

Von romanisierten Kelten und Iberokelten auf die Schalker Süd zu schließen ist ein bisschen weit hergeholt...
 
@rena8:
Ein Thema, dass mich auch alle zehn Jahre mal wieder packt...Als gelernter Statistiker glaube ich natürlich nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe :) Ein wunderschönes Beispiel die hier schon gelinkte Karte:
http://strangemaps.files.wordpress.com/2008/01/sprakliga-stormakter.jpg
Wie balticbirdy ganz richtig bemerkte: Weil der Kaukasus kein Land ist, fällt er einfach weg in dieser sonst sehr instruktiven Grafik..

Leider gibt es aus der Vergangenheiten (sagen wie mal: vor 1750) m.W. nach noch viel weniger Brauchbares, das man zu Rate ziehen kann.

Richtig ist sicher, dass es keine EINFACHE Regel gibt. Ich poste hier mal 5 oder 6 Thesen/Fragen dazu, die sich bei mir so angesammelt haben:

-1- Aussagen über den Umfang und die Art der gesprochene Umgangssprache (das „vernacular“) eines Gebiets scheinen mir – vor dem 19. Jahrhundert – sehr fragwürdig zu sein. Die beiden historisch bekanntesten Beispiel sind das „18. Jh. China“ und das „Kolonial-Indien“. Die Sprache der Herrschenden war „Mandschu“ (seit 1644) bzw. „Englisch“. Die Bevölkerung sprach – je nachdem wie man zählt – 100 verschiedene Sprachen, die meisten allerdings wenigstens zu einer Sprachfamilie gehörig, was im Fall „Indo-Europäisch“ in Indien aber auch nicht wirklich eine Hilfe war. Das man in China also „chinesisch“ gesprochen hat, ist – was das Thema „Sprachverdrängung/ Sprachübernahme“ angeht – eine nicht sehr hilfreiche Aussage.

Meine Lieblingsfrage für den europäischen Historiker ist immer: Was hat man denn um 1250 im „Heiligen Römischen Reich“ gesprochen? Deutsch? Auch? Irgendwo, irgendwie.. Auf jeden Fall jeder anders J

-2- Aus den Felduntersuchungen der letzten hundert Jahre wissen wir, wie „kleinkariert“ Sprachen eigentlich sind. Ich bin in Deutschland etwas herum gekommen und habe ein bisschen Niederländisch, Kölsch. Alemannisch und Bairisch verstehen gelernt. Das Etikett „Deutsch“ ist seitdem für mich dadurch etwas fragwürdig geworden. Ich bezweifle seitdem, dass in „Gallien“ im 5. Jahrhundert „Latein gesprochen“ wurde. Ich denke – ohne Beweis – dass man das gesprochen hat, was man 500 Jahre vorher auch schon gesprochen hat, und sich weder von den Römern noch von den Franken hat verrückt machen lassen! Warum auch? Wenn man was „Amtliches“ hatte, dann konnte man das mit dem Bürgermeister immer in der gemeinsamen Muttersprache klären. Ich bin auf dem Lande aufgewachsen, wo der Pastor nur auf der Kanzel und der Bürgermeister nur im Stadtrat hochdeutsch sprach, und sie sonst sofort ins übliche „Platt“ verfielen... Die Notwendigkeit, die „lingua franca“ oder - mit anderen Worten: Die offizielle „Landessprache“ - zu können wird m.M. gewaltig überschätzt. Natürlich musste sie jeder kennen, der „vorwärts“ kommen wollte – doch das ist eine Ideologie des späteren Bürgertums...

-3- Ich denke deswegen, dass bis in die Zeit der Massenmedien eine weit unterschätzte Vielfalt an gesprochenen Sprachen existierte, auch im „zivilisierten“ Teil der Welt. (Die Zeit der Massenmedien begann mit dem Buchdruck, setzte sich durch die Kombination „Alphabetisierung/Tageszeitung“ im europäischen 18./19. Jh. fort und erreichte im 20. Jh. mit Radio/Fernsehen/Internet weltweit seinen normierenden Höhepunkt.) Die Sprachen sind vielleicht gar nicht so schnell „verschwunden“ wie man glaubt.

-4- Ja, aber wie verschwinden Sprachen dann? Denn das tun sie ja.... Einmal sicherlich durch eine territoriale Verdrängung bzw. einen kleinen Genozid, den es seit den Zeiten der Assyrer immer wieder gegeben hat. Beispielhaft ist hier die Situation der Nord (und auch Süd-) amerikanischen Indianer, die je bekanntlich in einem sehr kleinräumigen Sprachennetz leben/lebten. Eine Sprache nach der anderen „wird ausgestorben“. Zweitens: Die bürgerliche Anstrengung aufzusteigen, die nur über die Beherrschung der offiziellen Sprache geschieht. Dies muss nicht einmal durch eine politische Maßnahme verursacht sein, wie in Belgien oder Irland etwa, sondern geschieht von alleine. Ein Kind, das „es besser haben soll“ als seine Großeltern, wird - aus Sprachökonomie - aufhören seine Muttersprache zu sprechen, wenn in seiner „peer-group“ die Standard-Sprache verstanden wird. Das ist ein „Umklapp-Effekt“, der allerdings erst nach allgemein erfolgreicher Anwendung der „bürgerlichen Strategie“ erfolgt. Drittens: Dazu kann Schulzwang (Strafen bei Benutzung der „Bäh-Sprache“!) kommen, den ich aber für wenig wirksam halte, weil „zu spät“ (und überhaupt eine „Schule“ voraussetzend). Viertens: Durch die Massenmedien ab dem 19. Jahrhundert wurde dies noch besonders normiert. Ich kenne noch die Formulierungen (in verschiedenen Dialekten): „Du sprichst ja wie das Radio.“

-5- Zweisprachigkeit ist nicht sehr lange durchzuhalten (Sprachökonomie!). WENN der Zwang zur Benutzung der Standard-Sprache besteht, dann wird die „alte“ Sprache vergessen werden. Allerdings – so meine These – besteht dieser Zwang erst seit kurzem (100 Jahre?), und auch nicht in allen Teilen der Welt. Warum sprechen die Bayern bairisch und die Norddeutschen hochdeutsch? Nun, ein Bayer kann mit wenig Aufwand so tun, als ob er hochdeutsch reden würde, aber Niederdeutsch ist eine nicht nur durch eine Lautverschiebung getrennte Sprache. Darum spricht man in ganz Bayern bairisch, aber in Hamburg nur noch im Ohnsorg-Theater „Platt“.

-6- Ja, und dann haben wir die Sorben, und die Katalanen, und die Katalonen, und die Basken, und die Norweger, und die Iren, und, und, und.... Ich sehe hier zwei verschiedene (aber doch auch wieder ähnliche) Ursachen:
-A- Für jede erfolgreiche (oder erfolglose) Separatistenbewegungen ist eine eigene Sprache das „gefundene Fressen“. Ich behaupte mal, dass dies primär keine sprachlichen sondern politische Gründe hat. Man hat – vielleicht mit Recht - behauptet, dass das moderne Norwegisch und Irisch einfach „erfundene“ Sprachen wären. So überleben oder entstehen (!) Sprachen.
-B- Wir haben heute (!) die Möglichkeit - als LUXUS, entgegen den Prinzipien der Sprachökonomie - eine Hobbysprache zu pflegen. Die Gründe dies zu tun liegen so tief wie jedes „Hobby“....
 
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Ergänzend: Es müsste Untersuchungen darüber geben, in welchem Umfang im Bereich der Sowjetunion "sprachenkorrigierende Maßnahmen" erfolgt sind (Umsiedlungen, Sprachverbote (Schule, Radio, Presse),...) und mit welchem Ergebnis.)
 
@hurvinek Man spricht immer die Sprache derjenigen die die modernere und expandierende Wirtschaft und Wissenschaft sowie fortschrittlichere Lebensauffassung eint.
Dessen Sprache bringt die nötigen Worte für die weiterentwickelte Wirtschaft/Wissenschaft und Erfindungen mit. Zudem ist diese Sprachgruppe selbstsicherer und offener.
so generell würde ich das nicht sagen, zwar werden die Bezeichnungen gern aus der Erfindersprache entlehnt, z.b. aktuelle Anglizismen oder die französischen Lehnwörter des 18. Jahrhunderts, die u.a. der Aufklärungsliteratur aber auch den Eroberungen Napoleons geschuldet sein könnten.

@deSilva
die von dir angeführte Kleinräumigkeit von Sprachen kann ich gut nachvollziehen, heute gilt sie nicht so sehr für Räume sondern eher für Gruppen/Schichten aber übertragen auf die Frühzeit wird sie zwangsläufig zu einer Vielzahl von Sprachen / Dialekten geführt haben, frei nach der Formel: je weniger Kontakt die einzelnen Gruppen hatten, um so mehr Sprachen entwickelten sich.
Bei Sprachen muß man sicher auch unterscheiden, ob sie durch eine Schrift festgehalten oder nur mündlich weitergegeben wurden. Dieses Festhalten durch Schrift und die neuen modernen Medien führt zu Notwendigkeiten, die es vor 500 Jahren noch nicht gab.

Zu Zweisprachigkeit / Beispiel China und Indien

bei den ehem. Kolonialstaaten, da würde ich auch die afrikanischen Staaten als Beispiel nehmen, wurden durch die Kolonoalisierung willkürliche / dem Kolonialherrn dienende Grenzen geschaffen, die nicht den Sprach- und Stammesgrenzen entsprachen und eine Amtssprache eingeführt, die auch dem indiv. bürgerl. Aufstieg nützlich war, vergleichbar mit der römischen Periode. Ob es dadurch wirklich zum Aussterben aller einheimischen Sprachen kommen wird, bleibt abzuwarten. Noch existiert i.d.R. Zweisprachigkeit, wobei neue Bezeichnungen aus der Amtssprache entlehnt aber in die eigene "Muttersprache" eingebaut werden.
Muttersprache ist ein weiterer Punkt, den es zu bedenken gilt, sie wird anders erworben als alle späteren Fremdsprachen und hat vielleicht auch einen Einfluß auf die Übernahme von Sprache.

Ironie an""Vielleicht sollte man mal anhand der Mitochondrien-DNA untersuchen, ob hier nicht des Rätsels Lösung liegt?""""Ironie aus
 
... Ich habe gelesen, kann es aber jetzt nicht belegen, dass die früheren Sprachen generell kompliziertere Strukturen hatten und der Trend eher zur Vereinfachung geht.
Der Trend geht IMMER zur Vereinfachung - allerdings ist bei Grunzlauten dann irgendwann Schluss :)
Bei verschiedenen Sprachen - nicht nur indo-europäischen - sieht man historisch eine Tendenz von flektierend zu analytisch/isolierend (also statt "Endungen" verwenden wir "Präpositionen"). Wir EMPFINDEN dies heute als eine Vereinfachung, weil wir - vielleicht durch unser neues mathematisch/naturwissenschaftliche Weltbild? - orthogonal-konstruierend zu denken gelernt haben. Aber auch "agglutinierende" Sprachen haben etwas für sich, in denen man eben ein WORT konstruiert statt eines Satzes. Solche Veränderungen der STRUKTUR einer Sprache sind häufig Folge von Änderungen der Aussprachegewohnheiten (Fortfall der Endungen im Lateinischen, verstärkte Homophony im Neuenglischen und Chinesischen). Dies führt bei den auf den ersten Blick so einfachen "isolierenden" Sprachen dann wieder zu kanonischen Konstruktionen, die durch eine neue Auffassung von dem, was ein Wort ist, wieder zu einer flektierenden oder agglutinierenden Sprachstruktur führen kann. Möglicherweise ist dies ein ZYKLUS, der sich in den letzten 100.000 Jahren mehrfach abgespielt hat...

Man könne allerdings vermuten, dass diese Art von Sprachentwicklung seit einer durchgreifenden Alphabetisierung abgeschlossen ist. Man spricht heute so, wie man schreibt, was eine starke Stabilisierung der Sprache zur Folge hat! Diese Meinung mag aber auch falsch sein :)
 
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Interessant in diesem Zusammenhang sind die Rus und Bulgarien. Sowohl das Wort Rus als auch die Namen der ersten Herrscher in Kiew sind skandinavisch. Es waren die Waräger, die auf ihren Raub- und Handelszügen in Richtung Konstantinopel Stützpunkte an den russischen Flüssen gründeten und maßgelblich zur Entstehung erster Machtzentren beitrugen. Und obwohl sie wohl als kleine Oberschicht politisch dominierten waren sie die jenigen die sich assimilierten und Slawen wurden.
Ähnlich ging es den Protobulgaren, einem Turvol, das sich gegen Byzanz mit den umwohnenden Slawen verbündete und, anfangs die Führungsschicht stellend, mit diesem verschmolz und ebenfalls die slawische Sprache übernahm.
In beiden Fällen wurden dann Namen aus der Sprache der Minderheit die Bezeichnung von Volk und Staat.
 
rena8 schrieb:
Dieses Festhalten durch Schrift und die neuen modernen Medien führt zu Notwendigkeiten, die es vor 500 Jahren noch nicht gab.
Das ist einer der Punkte, auf die ich hinaus wollte: Es gelten heute sicherlich andere Regeln... Man konnte vor 50 Jahren sagen: "Ab jetzt wird in der Schule Bordurisch unterrichtet, das Radio strahlt nur noch bordurische Sendungen aus, Zeitungen werden auf bordurisch gedruckt, und alle syldavischen Bücher werden verbrannt!"
Vor 500 Jahren wäre so etwas unmöglich oder völlig wirkungslos gewesen :)

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O.k. Ich muss mich korrigiere: Vor 500 Jahren hat sich dies genau in Mittel- und Südamerika abgespielt, aber eben doch "anders", mit einer zusätzlichen Vernichtung von 90% der indigenen Bevölkerung..

Zu Zweisprachigkeit / Beispiel China und Indien
Ich wollte auf etwas anderes hinaus.. Was ist denn "Indisch" oder "Chinesisch"? So etwas gibt es einfach nicht! Es sind riesige Sprachmengen.. Wir kennen viel zu wenig Details! Was soll eine Aussage wie: "In Europa hat man immer Indo-Europäisch gesprochen." Klar hat man... Aber es gab trotzdem Mord und Totschlag...[/quote]
 
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