Erstmal möchte ich mich bei allen Mitgliedern für die Beispiele bedanken, einige waren mir gar nicht oder nur sehr vage bekannt.
Nun suche ich noch immer nach dem roten Faden, obwohl ich den natürlich seit vielen Jahren kenne, allerdings auf einer mehr emotionalen Ebene. Propagandaphrasen vom "Volk ohne Raum" kann man heute schlicht Rassismus nennen.
In
http://www.geschichtsforum.de/f35/wieviel-platz-gibt-es-auf-der-erde-26482/ haben wir darüber im allgemeinen diskutiert und ich bin noch immer der Meinung, dass es außer den klassischen Möglichkeiten verhungern, wandern, kämpfen und rauben einen besseren Weg gibt mit Ressourcenknappheit umzugehen, nämlich durch Ideen und neue Entwicklungen.
Deshalb möchte ich wissen, ob es vielleicht doch Projekte der Nazis gab, die dieses Kriterium erfüllen.
Die Landgewinnung an der Nordsee zählt nicht, das ist eine alte Idee, die an der Küste seit Jahrhunderten angewendet wird und selbst in Dithmarschen gibt es u.a. den
Kaiser-Wilhelm-Koog ? Wikipedia .
Die
Autobahn ? Wikipedia war eine Idee aus den 20ern, Teilstücke waren bereits gebaut, dieses Projekt lag durch den Aufschwung des Automobilbaus im Trend. Die Nazis haben den Bau forciert, bezeichnenderweise die A1 als Ost-West-Achse. Die Autos, die darauf hätten fahren sollen, sollten im
Volkswagenwerk Wolfsburg ? Wikipedia gebaut werden. In Wirklichkeit wurden dort Kübelwagen gebaut, die auf den Autobahnen an die Kriegsfronten in Ost und West unterwegs waren.
Da fällt mir direkt der geplante Hansa-Kanal Ruhrgebiet-Hamburg ein, zwecks Autarkie von den niederländischen Rheinhäfen.
Der
Hansakanal ? Wikipedia war auch keine Naziidee aber vielleicht ein Projekt, das wegen des Autarkiegedankens auf ihrer Linie lag.
Wozu braucht man in einem Europa des wirtschaftlichen Miteinanders einen teuren Kanal, wenn man einen Fluss hat, der vom Industriestandort Ruhrgebiet zur Nordsee führt?
Oder die geplanten Magistralen bzw. übergroße Eisenbahnen, Generalplan Ost bis zur Krim und nach Theoderichhafen.
Kann man solche Projekte unter Kriegsvorbereitung und geplanter Beherrschung nach erfolgreicher Eroberung subsumieren?
Dann würde ich muhejos Trondheim auch in diesem Kontext sehen.
Solche Projekte bringen die Menschheit als ganzes nicht mit Ideen voran, sondern dienen der Ressourcenbeschaffung durch kämpfen, rauben und sichern und zählen daher nicht.
Die "Hauptstadt der Bewegung" hat dazu natürlich auch einiges im Angebot. Fertig geworden ist (glücklicherweise) nicht viel. Hier mal zwei Übersichtseiten zur Planung und tatsächlichen Umsetzung:
"Braune Denkmäler" - Bauten des 3. Reichs in München (Münchens Denkmäler)
Topographie des Nationalsozialismus in München 1918 bis 1945 - Interaktiver Stadtplan — Das geplante NS-Dokumentationszentrum Muenchen (nicht nur bzgl. Architektur)
Wenn ich durch deutsche Großstädte gehe, fallen mir Gründerzeitviertel, 20er-Genossenschaftswohnblocks, die 50/60er - Nachkriegsbauten sowie 70er Betongroßbauten zum Wohnen auf. Typische 30er-Wohngebäude in größerem Umfang kenne ich nicht. Wenn in München nur vereinzelte Funktionsgebäude wirklich gebaut wurden, richtige Wohnviertel für Durchschnittsbürger nur auf dem Reißbrett existierten, würde das meinen subjektiven Eindruck stützen.
Oder gibt es irgendwo ein Wohnviertel, dass in den 30ern geplant und auch gebaut wurde?
Nürnberg ist noch nicht genannt worden und natürlich Linz, wohinter das von Hitler ungeliebte Wien verblassen sollte.
In Nürnberg finde ich nur Funktionsgebäude im großen Stil.
Reichsparteitagsgelände ? Wikipedia
Fertige Wohngebäude in Linz habe ich noch nicht speziell gesucht, ich erwarte da nach
Architektur im Nationalsozialismus ? Wikipedia keine neue Erkenntnis mehr. Wohngebäude würde ich auch nicht als voranbringende Idee bezeichnen, gewohnt wird ja immer. Hätten die Nazis neben ihren gigantomanischen Selbstdarstellungsbauten auch gebaut, um die Wohnsituation der normalen Bevölkerung zu verbessern, hätte man ihnen das positiv anrechnen können. Ich sehe da aber nichts. Selbst bei Prora habe ich inzwischen den Verdacht, dass es eigentlich Küstenfestung und Kaserne sein sollte.
Im Nordschwarzwald war ein weitläufiges Tunnel- und Bunkersystem geplant. Mehrere Tunnel und einzelne Bunker wurden fertig gestellt, die Verbindungsanlagen jedoch nicht mehr. Laut unserem Stadtarchivar und dem Kreisgeschichtsverein war der Bevölkerung die Baumaßnahme natürlich nicht entgangen und es wurde ihnen als Schutzeinrichtung für die Bevölkerung verkauft.
Erst einige Jahrzehnte später, als man die Tunnel aus Sicherheitsgründen verfüllen wollte, registrierte man die riesigen Abmessungen. Das war definitiv NICHT für die Bevölkerung. Aufgrund der Abmessungen, der vorbereiteten Ausstattung und der Sicherheitseinrichtungen darf wohl eher an eine "heimelige Wohnstatt für die Führungsetage samt Anhang" gedacht werden.
Aber auch hier gilt ( wie so oft): Nichts genaues weiß man nicht :schlau:
LG
KeineAhnung
Im Harz, zB Junkerswerke, Mittelbau-Dora usw.
Mineralölsicherungsplan ? Wikipedia
Aktuelles Projekt
Die Untertage-Verlagerungen waren mit der Zwangsarbeit verknüpft.
Bei den Beispielen wird´s richtig gruselig und die wurden ja tatsächlich gebaut, auch wenn sie nicht alle fertig wurden.
Den roten Faden kann ich dabei noch nicht so recht fassen. Wurden diese Projekte begonnen, als man bemerkte, dass die Eroberung, Beherrschung und der Ressourcenraub in halb Europa "leichter gesagt als getan war"?
Mußte man sich da einbuddeln statt aufzugeben?
Als der Führer aus Blut Benzin machen wollte...
Erst ganz am Ende und in der größten Not entwickelte man also neue Ideen. Dein Beispiel, Repo scheint aber bestenfalls eine Schnapsidee gewesen zu sein, die unter normalen Bedingungen als unwirtschaftlich abgetan wird.
Gibt es denn keine Beispiele für Ideen und Projekte aus jenen letzten verzweifelten Kriegstagen, die bei anderer Zielsetzung heute noch angewendet werden?