Urchristliche Gemeinden

1Kor 14,34 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit unpaulinisch. Möglicherweise handelte es sich bei den Versen 33-36 ursprünglich um eine Randglosse auf einer frühen Abschrift des 1. Korintherbriefs.
Schön. Nehmen wir also an, das wurde etwas später eingefügt (beweisbar ist das wohl kaum). Was ändert sich dann an der Stellung der Frau in den frühen christlichen Gemeinden? Wenn sie gleichberechtigt gewesen wären. hätte man es doch wohl nicht übernommen. Eigentlich bin ich dankbar für den Hinweis, denn die relativ emanzipierte Frau ist ein Kennzeichen des Thomasevangeliums und der Gnosis. Paulus könnte eine Art Zwischenstufe darstellen. Nur kristallisierte sich in den rechtgläubigen Gemeinden die untergeordnete Stellung heraus, z.B. 1 Tim 2,11 (Ende 1. Jhdt):
"Eine Frau soll sich still und in aller Unterordnung belehren lassen. Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, auch nicht, dass sie über ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten."
Und, wie gesagt, passt dieses Bild zu den wenigen Frauen, die wir aus dem frühen Christentum kennen und zur tradierten Rolle in den später existierenden Kirchen.
 
Nur kristallisierte sich in den rechtgläubigen Gemeinden die untergeordnete Stellung heraus, z.B. 1 Tim 2,11.

Ja. Das wurde später in Pauli Namen geschrieben.

Paulus selbst gibt in 1Kor 11,5 (über die prophetische Rede der Frau) Auskunft zur Stellung der Frau in der Gemeinde.

Siehe auch Röm 16,7, wo Paulus Andronikus und Junia grüßt, die berühmt sind unter den Aposteln, wie er schreibt. Priska bezeichnet er als seine Mitarbeiterin (Röm 16,3), und eine Phöbe ist offenbar als Diakonin tätig (Röm 16,1: Συνίστημι δὲ ὑμῖν Φοίβην τὴν ἀδελφὴν ἡμῶν, οὖσαν [καὶ] διάκονον τῆς ἐκκλησίας τῆς ἐν Κεγχρεαῖς,…).
 
Erstmal braucht es stichhaltige Argumente DAFÜR, dass trotz der meist recht allgemein gehaltenen Formulierungen immer ganz speziell die Gnosis gemeint sei.
Vielleicht sollte ich noch einmal auf "meinen" Gnosisbegriff eingehen. Silesia hat ja selbst klargestellt, dass das kein fester Begriff ist. Er wird außer im Christentum für die Varianten des christlichen Glaubens auch in anderen Philosophien und Religionen angewandt, wie z.B. dem Islam. Im Grunde kann man ihn (außer in diesem Forum) ungestraft bis auf die griechische Grundbedeutung "Erkenntnis" reduzieren, nichts anderes tue ich.
Als Referenz möchte ich 'mal W. Beltz, "Wie gnostisch sind die Gnostiker?", In: Bethge et al., For the Children... 2002,231f nennen. Er streicht heraus, dass sich die Gnosis gegen Religion an sich wandte und damit der modernen Aufklärung entsprach: "...sie war der erste systematische Versuch, den Kosmos zu rationalisieren, mit den Mitteln des Nus zu begreifen."
Darin sehe ich die Basis der vielen gnostischen Strömungen, natürlich, weil das genau die Sicht des Thomasevangeliums ist.
Ich suche also nicht nach einer speziellen Subform der gnostischen Systeme, wie Du forderst ("ganz speziell die Gnosis"), sondern allgemein nach der rationalen Sicht in Opposition zum Glauben, und die finde ich in den zitierten Briefpassagen wieder.
Ich muss zugeben, dafür habe ich keine ausreichenden Besprechungen in der Sekundärliteratur gefunden, bin aber dankbar für Hinweise.
 
Ja. Das wurde später in Pauli Namen geschrieben.
Paulus selbst gibt in 1Kor 11,5 (über die prophetische Rede der Frau) Auskunft zur Stellung der Frau in der Gemeinde.
Siehe auch Röm 16,7, wo Paulus Andronikus und Junia grüßt, die berühmt sind unter den Aposteln, wie er schreibt. Priska bezeichnet er als seine Mitarbeiterin (Röm 16,3), und eine Phöbe ist offenbar als Diakonin tätig (Röm 16,1: Συνίστημι δὲ ὑμῖν Φοίβην τὴν ἀδελφὴν ἡμῶν, οὖσαν [καὶ] διάκονον τῆς ἐκκλησίας τῆς ἐν Κεγχρεαῖς,…).
Man könnte auch Gal 3,28 in puncto paulinische "Gleichberechtigung anführen:
"Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Weib; denn ihr seid allzumal einer in Christo Jesu."
Das erinnert mich an Spruch Th 22: "...nicht männlich noch weiblich..."
Diakone sind aber nur Helfer. Mich würde interessieren, ob es Frauen in lehrender oder sogar leitender Funktion gab. "Prophetie" kann ich schwer einordnen.
 
Diakone sind aber nur Helfer.

Nach griechischem Verständnis waren sie Tischdiener. In den frühen christlichen Gemeinden waren sie jene, die sich um die Versorgung der Gemeindemitglieder zu kümmern hatten.


Mich würde interessieren, ob es Frauen in lehrender oder sogar leitender Funktion gab.

In der frühen christlichen Gemeinschaft waren Diakone nicht unbedeutend. Sie waren Gehilfen der Bischöfe.

Einige von ihnen hatten es vom Amt des Diakons ohne Umwege auf den Stuhl des Bischofs von Rom geschafft.
 
Ja. Das wurde später in Pauli Namen geschrieben.

Paulus selbst gibt in 1Kor 11,5 (über die prophetische Rede der Frau) Auskunft zur Stellung der Frau in der Gemeinde.

Siehe auch Röm 16,7, wo Paulus Andronikus und Junia grüßt, die berühmt sind unter den Aposteln, wie er schreibt. Priska bezeichnet er als seine Mitarbeiterin (Röm 16,3), und eine Phöbe ist offenbar als Diakonin tätig (Röm 16,1: Συνίστημι δὲ ὑμῖν Φοίβην τὴν ἀδελφὴν ἡμῶν, οὖσαν [καὶ] διάκονον τῆς ἐκκλησίας τῆς ἐν Κεγχρεαῖς,…).


Auch in den Briefen Plinius an Trajan ist von Diakoninnen (ministrae) die Rede, die Plinius foltern ließ, um Informationen zu gewinnen.
Plin, II, 96 Quo magis necessarium credidi duas ancillis quae ministrae dicebantur quid essaet veri et per tormenta querere. nihil aliud inveni quam superstitionem pravam et immodicem.

Daher erachtete ich es für eine dringende Notwendigkeit, aus zwi Mägden, die dort Dienerinnen genannt wurden, die Wahrheit auch noch durch die Folter zu erfahren. ich konnte aber nichts anderes finden, als einen verschrobenen grenzenlosen Aberglauben.
 
Als Referenz möchte ich 'mal W. Beltz, "Wie gnostisch sind die Gnostiker?", In: Bethge et al., For the Children... 2002,231f nennen. Er streicht heraus, dass sich die Gnosis gegen Religion an sich wandte und damit der modernen Aufklärung entsprach: "...sie war der erste systematische Versuch, den Kosmos zu rationalisieren, mit den Mitteln des Nus zu begreifen."
Darin sehe ich die Basis der vielen gnostischen Strömungen, natürlich, weil das genau die Sicht des Thomasevangeliums ist.
...und damit ist mal wieder die Katze aus dem Sack: Teilnehmer Judas Phatre geht es nicht um das Thema "urchristliche Gemeinden", sondern um seine private Deutung des Thomasevangeliums...

Informativer als die erwähnten Privatdefinitionen ist mit Sicherheit die seriöse Fachliteratur religionshistorischer, geistesgeschichtlicher und historischer Provenienz; allerdings (und das ist kein Ruhmesblatt) ist hier sogar die deutsche Version von Tante Wiki informativer:
Das Thomasevangelium zeigt gnostische Anklänge, aber es bietet keine Darlegung der wesentlichen Elemente des gnostischen Glaubenssystems. Über die Frage, ob und inwieweit es als gnostisch einzuordnen ist, wurde viel diskutiert.
aus Thomasevangelium ? Wikipedia
 
In der frühen christlichen Gemeinschaft waren Diakone nicht unbedeutend. Sie waren Gehilfen der Bischöfe.
Einige von ihnen hatten es vom Amt des Diakons ohne Umwege auf den Stuhl des Bischofs von Rom geschafft.
Aber die Karriere stand als Diakon nur Männern offen, oder? Wieviele bekannte Frauen, die etwas Bedeutungsvolles geschrieben haben, gibt es bis ins 4. Jahrhundert? Vier? Und das höchste "Amt", von dem ich weiß, hatte Egeria als Nonne.
 
Aber die Karriere stand als Diakon nur Männern offen, oder?.

Dass Frauen nach und nach aus der "Führungsebene" gedrängt wurden, ist hinlänglich bekannt, dass das ursprünglich nicht so angelegt war, offenbar nicht.

Die Anmerkung von Scorpio (#155), wonach Plinius zwei Diakoninnen verhörte, stützt die Annahme, dass noch am Anfang des 2. Jhs Frauen in wichtigen Gemeindeämtern tätig gewesen waren.

Und das höchste "Amt", von dem ich weiß, hatte Egeria als Nonne.

Das höchste bezeugte Amt, wenn man es so nennen will, hatte offenbar die von Paulus angesprochene Junia inne, die man im 13./14. Jh zum Junias hatte werden lassen.

Dazu Gerd Theißen in: Die Jesusbewegung, Sozialgeschichte einer Revolution der Werte, 2004 Gütersloh, S. 56:

Die Wandermission war nicht auf den Zwölferkreis begrenzt. Paulus unterscheidet in 1Kor 15,3-8 die Zwölf deutlich von den "Aposteln". Apostel sind für ihn alle, die eine Ostererscheinung hatten und missionierten (1Kor 9,1). Er nennt z.B. auch (das Ehepaar?) Andronikus und Junia Apostel und betont, dass sie schon vor ihm Anhänger Jesu waren. Sie sind berühmt unter den Aposteln (Röm 16,7).


Und Karl Suso Frank in: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, Verl. Schöningh, 2002 Gütersloh, S. 105:

Paulus nennt eine ansehnliche Reihe von Frauen, die gleich ihm und mit ihm missionarisch wirkten und bei Aufbau und Leitung der Gemeinden mitarbeiteten (vgl. Rom 16,1-15; Phil 4,2-3). Phoebe in Kenchreae (Korinth) wird als "
Diakonin
" bezeichnet (16,1). Iunia galt wie Andronicus als "hochgeschätzt unter den Aposteln" (16,7);…


Man sollte die Gemeindeämter des 1. u. 2. Jhs nicht mit jenen des 4. u. 5. Jhs vermengen.

Zu Egeria (Aetheria):

Egeria hatte kein Gemeindeamt inne. Egeria war eine "reisende Asketin" gewesen, die über das Mönchtum in Palästina berichtet hatte.

Dazu W.-D. Hauschild in: Lehrbuch der Kirchen- u. Dogmengeschichte Bd 1, 2007, Gütersloh, S. 297:

Ägypten und Palästina bildeten für westliche Anhänger der Askese im späten 4.Jh. und frühen 5.Jh. besondere Anziehungspunkte. Das bezeugt beispielhaft um 395 der Bericht der spanischen Asketin Egeria über ihre Pilgerreise, der u.a. über das dortige Mönchtum informierte (Itinarium; Text/Übers.: hg. v. R. Röwekamp, FChr 20, 1995)

Judas Phatre schrieb:
"Prophetie" kann ich schwer einordnen.
Zu den Führungsämtern in frühchristlichen Gemeinden:

Karl Suso Frank, Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, Verl. Schöningh, 2003 Paderborn, Seiten 54 u. 100:

Der Geist teile, so Paulus, jedem bestimmte Gnadengaben (charismata) zu, damit alle Gemeindemitglieder, Männer und Frauen (vgl. die Grußliste Rom 16), zum Nutzen aller und zum Wohl des einen Leibes beitragen (1 Kor 12,4-30), sei es in gemeindlicher, sei es in missionarischer Arbeit. Paulus zählt Weisheitsrede, Lehre, Heilungsaufgaben, Wunderkräfte, Prophetie, Zungenrede und ihre Auslegung, Fürsorge, Leitungs- und Verwaltungsaufgaben auf. An ihrer Spitze standen Paulus zufolge Apostel, Propheten und Lehrer (1 Kor 12,28). Andernorts nennt er „fürsorgende Vorsteher" (1 Thess 5,12; 12,8), Lenker (1 Kor 12,28), episkopoi und diakonoi (Phil 1,1), „Erstling" (1Kor 16,15). Die Abgrenzung und gegenseitige Zuordnung dieser Aufgaben in den verschiedenen Gemeinden ist nicht sehr klar. Feste Ämter hatten sich offensichtlich bis dahin kaum ausgeprägt.
[…]
In Anlehnung an die jüdische Institution des Ältestenrates nahmen in einigen Gemeinden die „Ältesten" (Presbyter) den Dienst des „fürsorgenden Vorstehens" wahr (Jak 5,14; 1Petr 5,1-4; vgl. Apg 15; 16,4), während die paulinischen Gemeinden die Institution der Ältesten nicht kannten. In ihren charismatischen Dienstordnungen (1Kor 12,4-11), überwacht vom Apostel Paulus selbst, gab es verschiedene Bezeichnungen und Ämter: die „Führenden" und „Leitenden" (Rom 12,8; 1Thess 5,12) und die Bischöfe (episkopoi) und Diakone (Phil 1,1). Die letztgenannte Struktur vermischte sich bald mit der Presbyterordnung (Apg 14,23; 20,17-35, 1Tim 3,1-13; Tit 1,5-9). Episkopen, Presbyter und Diakone waren verantwortlich für die Ortsgemeinde, vertraten sie nach außen und sorgten im Innern für Ordnung. Neben diesen ortsgebundenen Diensten gab es bis weit in das 2. Jh. hinein, vor allem im syrisch-palästinischen Raum, die ortsungebundene Trias der Propheten, Apostel und Lehrer (vgl. 1Kor 12,28-29; Eph 4,11; vgl. Apg 13,1),…

 
In der frühen christlichen Gemeinschaft waren Diakone nicht unbedeutend. Sie waren Gehilfen der Bischöfe.

Einige von ihnen hatten es vom Amt des Diakons ohne Umwege auf den Stuhl des Bischofs von Rom geschafft.
Es gab Bischöfinnen? Das ist mir neu. Weiß man die Namen? Und wo kann man das nachlesen?
 
Dass Frauen nach und nach aus der "Führungsebene" gedrängt wurden, ist hinlänglich bekannt, dass das ursprünglich nicht so angelegt war, offenbar nicht.
Nehmen wir an, so war das, ganz überzeugend finde ich das allerdings immer noch nicht. Zu Paulus' Zeiten gab es ja kaum "Ämter". Wenn also zu Paulus' Zeiten die Frauen ein höheres Ansehen und/oder eine stärkere Position in den Gemeinden hatten als später, dann frage ich mich, worauf diese (mäßige) Gleichberechtigung zurückging. Meine Essener werden wenigstens für diesen Aspekt nicht das Vorbild gewesen sein. Vermutlich wird die jüdische Kultur diese Haltung nicht erklären können, die griechische sowieso nicht. In Rom hatten die Frauen eine etwas bessere Stellung aber das kann für Paulus doch auch kaum ein Vorbild gewesen sein. Außerdem würde ich dann im Zuge der "Romanisierung" des Christentums nicht mit einer erneuten Unterdrückung der Frauen rechnen.
Geht diese Einstellung auf Jesus zurück?
 
Es gab Bischöfinnen? Das ist mir neu. Weiß man die Namen? Und wo kann man das nachlesen?

Ich wüsste nicht, woraus man schießen könnte, ich hätte behauptet, Diakoninnen wären in der Alten Kirche in ein Bischofsamt gelangt.
Es waren Diakone (man beachte die Verwendung der männlichen Form des Begriffs!), die unmittelbar aus diesem Amt auf den römischen Bischofsstuhl gehoben wurden.

Das Beispiel wurde gewählt, um die Bedeutung, die dem Amt in der Alten Kirche zuteil war, zu illustrieren.
 
Habe ich einmal verheimlicht, dass es mir in erster Linie um mein Modell geht, in dem das Thomasevangelium der zentrale Punkt ist?
...du könntest allmählich einsehen, dass deine private Obsession, welche darin besteht, das Thomasevangelium quasi zum Manifest der Gnostiker und zugleich zu den authentischsten Jesusworten zu deklarieren, das Prädikat "faktisch richtig" nicht aufweisen kann und dass es keinen sinnvollen Grund gibt, in allerlei Fäden zum frühen Christentum partout diese Obsession zum Thema zu machen...
 
Das Argument von P. Pilhofer zu Phil 3,20 stelle ich gerne nochmals vor:

Paulus schweigt über ein reales Bürgerrecht, kommt aber in seinem Brief nach Philippi, den er aus dem Gefängnis heraus schreibt, auf ein "himmlisches Bürgerrecht" zu sprechen. In dieser Situation als Gefangener hätte ihm ein reales römisches Bürgerrecht durchaus hilfreich sein können. Das scheint erklärungsbedürftig. Auch wäre es befremdlich, wenn er der Gemeinde gegenüber, in der sich zumindest einige Gemeindemitglieder in einer ähnlich bedrohlichen Situation befanden wie Paulus selbst (Phil 1,30), zwar auf ein "himmlisches Bürgerrecht" verwiesen hätte, selbst aber die Sicherheit eines römischen Bürgerrechts besessen hätte.

Das ist nur eines von mehreren Argumenten, die man in der Summe als plausibel entgegennehmen kann – oder eben nicht.
Diese Argumentation finde ich nicht gerade überzeugend.
Wir wissen nicht, wo und in wessen Gefangenschaft sich Paulus eigentlich befand, als er den Brief schrieb. Da er aber in Phil 1,13 ein Praetorium erwähnt, ist wohl anzunehmen, dass er in römischem Gewahrsam war. Doch auch wenn er sich in nichtrömischer Gefangenschaft befunden hätte, wäre sein römisches Bürgerrecht keine Wunderwaffe gewesen, die ihm automatisch jede Zellentür geöffnet hätte. Übergriffe der Provinzbewohner auf römische Bürger kamen nämlich durchaus vor. Ein besonders drastischer Fall ereignete sich zu Beginn der Kaiserzeit oder kurz davor, als in Kyzikos von den Einheimischen einige römische Bürger ausgepeitscht und hingerichtet wurden.
Außerdem deutet Paulus in seinem Brief an, dass sich einige seiner Adressaten in einer ähnlichen Notlage befanden wie er. Da wäre es doch ziemlich unsensibel gewesen, wenn er sich sein Bürgerrecht zunutze macht, somit ein Mittel nutzt, das den meisten seiner Glaubensgenossen nicht zur Verfügung stand. Klar, der Durchschnittsmensch würde vermutlich darauf pfeifen und erstmal an sich denken, aber manche frühen Christen dachten in anderen Kategorien, wie diverse Märtyrer zur Genüge beweisen.

Das finde ich ein bisschen schwach. Jedes Zitat hat Teile, die in den anderen nicht vorkommen, zumal 1 Joh 1 kein wirkliches Zitat, sondern eine ironische Reaktion ist.
Natürlich ist das schwach. Aber es funktioniert genauso wie Deine Argumentation mit der berührenden Hand und der Paulusstelle.

1 Kor 2,9 (-> EvTh 17, s. mein letztes post)
1 Kor 4,8 (-> EvTh 2)
1 Kor 4,10 "Verständige in Christus"
1 Kor 15,12 Leugnung der Auferstehung
2 Kor 11,4 "anderer Jesus"
2 Kor 12,11 "superfeine Apostel"
2 Kor 12,16 Vorwurf gegen Paulus, er würde die Gläubigen mit List fangen
Gal 4,9 (-> EvTh 3)
Eph 2,14 2 zu 1 machen
Eph 5,6 Warnung vor leeren Worten
Eph 5,12 Warnung vor Leuten, die Schändliches im Verborgenen tun
Phil 1,15 Jesus aus Neid und Rivalität predigen
Kol 2,8 "euch durch die Philosophie wegführe"
1 Thess 5,2 (-> EvTh 103)
2 Thess 2,2 Leute, die behaupten, Jahwes Tag sei schon gekommen
2 Thess 2,15 nur Paulus' mündliche oder schriftliche Aussagen annehmen
1 Tim 1,20 Leute, die mit ihrem Glauben Schiffbruch erlitten haben
1 Tim 4,1 Lehren von Dämonen
1 Tim 6,20 Warnung vor der Gnosis
2 Tim 1,15 Alle in Asia sind abgefallen
2 Tim 2,18 sie sagen, die Auferstehung sei bereits geschehen
2 Tim 4,3 andere Lehrer
Titus 3,9 Sekten
Hebr 1,12 (-> EvTh 111)
Hebr 4,1 (-> EvTh 2 [gr.])
Hebr 4,2 ein anderes Evangelium, bzw anders aufgefasst ohne Glauben
Hebr 6,4-6 unmöglich, die "Erleuchteten" zurückzuholen
2 Petr 2,1 falsche Propheten, die den Gebieter verleugnen
2 Petr 3,16 Leute, die auch Paulus' Briefe verdrehen
1 Joh 1,1 (-> EvTh 17)
1 Joh 1,5 Gott ist Licht (-> EvJoh wohl vom selben Autor)
1 Joh 2,9 Licht
1 Joh 2,26 Leute, die euch irreführen
1 Joh 4,1 nicht inspirierter Äußerung glauben
1 Joh 4,3 Äußerung, die Jesus nicht bekennt
2 Joh 1,7 Betrüger
Jud 1,3 Jesus' Lehre als Anlass zur Zügellosigkeit nehmen
1 Kor 2,9 (-> EvTh 17, s. mein letztes post) => Dazu habe ich schon an anderer Stelle auf Jesaja als plausiblere Quelle verwiesen.
1 Kor 4,8 (-> EvTh 2) => Außer dem "herrschen" gibt es keine Parallele.
1 Kor 4,10 "Verständige in Christus" => Meinst Du, dass mit den Verständigen Gnostiker gemeint seien? Dann würde Paulus sie ja direkt ansprechen.
1 Kor 15,12 Leugnung der Auferstehung => Eine Auferstehung hat bald mal jemand geleugnet.
2 Kor 11,4 "anderer Jesus" => Und was soll daran spezifisch gnostisch sein, wenn jemand ein anderes Jesus-Bild verkündigt?
2 Kor 12,11 "superfeine Apostel" => Und was ist daran gnostisch oder hat mit Irrlehrern zu tun?
2 Kor 12,16 Vorwurf gegen Paulus, er würde die Gläubigen mit List fangen => Und was ist daran gnostisch?
Gal 4,9 (-> EvTh 3) => Im Galaterbrief geht es darum, dass es idiotisch wäre, sich vom neuerlangten Glauben wieder abzuwenden. Thomas hat eine andere Aussage.
Eph 2,14 2 zu 1 machen => Christus als Versöhner und Vereiniger. Und der Bezug zur Gnosis?
Eph 5,6 Warnung vor leeren Worten => Allgemeiner gehalten kann eine Warnung gar nicht mehr sein.
Eph 5,12 Warnung vor Leuten, die Schändliches im Verborgenen tun => Und der Bezug zur Gnosis?
Phil 1,15 Jesus aus Neid und Rivalität predigen => Manche Missionare handeln aus niederen Beweggründen. Der Bezug zur Gnosis?
Kol 2,8 "euch durch die Philosophie wegführe" => Das passt auf jede beliebige unchristliche Philosophie.
1 Thess 5,2 (-> EvTh 103) => Ähnliche Stellen finden sich auch in den kanonischen Evangelien, man muss also nicht Thomas als Quelle bemühen.
2 Thess 2,2 Leute, die behaupten, Jahwes Tag sei schon gekommen => eine allgemeine Warnung vor Untergangspropheten
2 Thess 2,15 nur Paulus' mündliche oder schriftliche Aussagen annehmen => Man soll sich an das halten, was der Verfasser gelehrt hat. Und der Bezug zur Gnosis?
1 Tim 1,20 Leute, die mit ihrem Glauben Schiffbruch erlitten haben => Einige sind vom Glauben abgefallen oder auf Irrwege geraten. Das kam wohl öfters mal vor. Und der Bezug zur Gnosis?
1 Tim 4,1 Lehren von Dämonen => Solche Bewegungen gab es aber auch anderweits.
1 Tim 6,20 Warnung vor der Gnosis => der einzige recht eindeutige Hinweis
2 Tim 1,15 Alle in Asia sind abgefallen => Das bedeutet nicht, dass sie sich der Gnosis zugewandt haben.
2 Tim 2,18 sie sagen, die Auferstehung sei bereits geschehen => Das sagen viele Christen. Schon im NT spiegeln sich unterschiedliche Ansichten darüber wieder, ob die Auferstehung gleich nach dem Tod oder erst beim jüngsten Gericht erfolgt.
2 Tim 4,3 andere Lehrer => Allgemeiner kann das nicht mehr formuliert werden.
Titus 3,9 Sekten => Kein Hinweis, dass damit Gnostiker gemeint seien.
Hebr 1,12 (-> EvTh 111) => unterschiedliche Adressaten
Hebr 4,1 (-> EvTh 2 [gr.]) => ?????????
Hebr 4,2 ein anderes Evangelium, bzw anders aufgefasst ohne Glauben => Und der klare Bezug zur Gnosis?
Hebr 6,4-6 unmöglich, die "Erleuchteten" zurückzuholen => "Erleuchtet" wurden sie nicht durch die Gnosis, sondern durch den rechten Glauben. Dann sind sie abgefallen.
2 Petr 2,1 falsche Propheten, die den Gebieter verleugnen => Passt auf jeden, der Christus verleugnet.
2 Petr 3,16 Leute, die auch Paulus' Briefe verdrehen => Und warum sollen diese Leute Gnostiker sein?
1 Joh 1,1 (-> EvTh 17) => hatten wir schon
1 Joh 1,5 Gott ist Licht (-> EvJoh wohl vom selben Autor) => Dass Gott mit Licht assoziiert wird, ist ja soooo typisch gnostisch.
1 Joh 2,9 Licht => Wer sich als Christ gibt, aber nicht wie einer handelt, ist offenbar doch keiner.
1 Joh 2,26 Leute, die euch irreführen => Eine ganz allgemeine Warnung vor Irrlehrern.
1 Joh 4,1 nicht inspirierter Äußerung glauben => Man soll nicht unkritisch sein.
1 Joh 4,3 Äußerung, die Jesus nicht bekennt => Fast die gesamte Bevölkerung hat damals Jesus nicht bekannt.
2 Joh 1,7 Betrüger => Fast die gesamte Bevölkerung hat damals Jesus nicht bekannt.
Jud 1,3 Jesus' Lehre als Anlass zur Zügellosigkeit nehmen => Und warum sollen damit Gnostiker gemeint sein?
 
Wer diesen Faden aufmerksam liest und fleißig die angegebenen Stellen in der Bibel nachschlägt, wird zumindest zum Experten darin.

Einen schönen verschneiten Sonntag allen Leserinnen und Lesern ;)
 
Wer diesen Faden aufmerksam liest und fleißig die angegebenen Stellen in der Bibel nachschlägt, wird zumindest zum Experten darin.

Wohl wahr.

Wir nun Ravenik nochmal herausstellt, ist ein Gnostik-Bezug (in der Interpretation als konkurrierende Gruppe bzw. als Strömung und Glaubensrichtung) in sämtlichen Textstellen nur bei sehr viel Phantasie des Adressaten angelegt.

Der "härteste Nachweis" ist außerdem Post-Paulinisch (was mangels Literatur-Verwendung nicht bekannt war, wonan man den Rest der Liste werten und sich die Detailbetrachtungen sparen kann) und selbst dieser "konkrete Nachweis" betrifft im Wortlaut nur "falsche Erkenntnis" als allgemeine Warnung (weswegen englischsprachige Literatur hier nur "Knowledge" benutzt).

Weitergehend beigelegte Bedeutungen zu dieser Textstelle sind ebenfalls reine Spekulation, auf den in der Literatur diskutierten Kontext wird überhaupt nicht eingegangen.
 
Allerdings steht im griechischen Originaltext für "Erkenntnis" tatsächlich "gnosis", wobei das Wort aber natürlich nicht nur die "Gnosis" bezeichnet, sondern ganz allgemein "Erkenntnis" bedeutet und in der griechischen Literatur schon viel früher und in unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet wurde. Allerdings wird diese "gnosis" als "pseudonymos" bezeichnet, also in etwa "fälschlich so bezeichnet". Das legt wohl schon den Schluss nahe, dass nicht irgendeine "Erkenntnis" gemeint ist, sondern eine ganz spezielle, die ausdrücklich so bezeichnet wurde und deren Anhänger eventuell in Anspruch nahmen, dass sie die Erkenntnis schlechthin sei, also z. B. die "Gnosis". Ich halte die Ansicht, dass an dieser Stelle tatsächlich die Gnosis gemeint ist, daher zumindest für vertretbar.

Zu bedenken ist aber freilich, dass, wie Du angemerkt hast, der Brief heutzutage überwiegend in die Zeit nach Paulus, etwa spätes 1. Jhdt. oder gar erst 2. Jhdt., datiert wird. Falls diese Datierung stimmt*, würde er natürlich keine Rückschlüsse auf eine allfällige gnostische "Bedrohung" ein halbes Jahrhundert früher zulassen.

* Davon gehe ich auch aus, vor allem wegen den Ausführungen zu den Bischöfen (episkopoi**) und Diakonen (diakonoi) im 3. Kap. Eine derart gefestigte Ämterstruktur dürfte für Paulus' Zeiten anachronistisch sein.
** Das Wort "episkopos" muss zwar nicht ausdrücklich "Bischof" bedeuten, sondern bezeichnet im Griechischen eigentlich bloß eine Aufsichtsperson, allerdings ergibt sich aus dem Kontext der Stelle, dass tatsächlich ein geregeltes "Amt" gemeint sein dürfte.
 
Ich glaube, es ist an der Zeit, mich einmal zu bedanken. Ich weiß, dass Du, Epicharm und Silesia anderer Meinung seid als ich und dass Ihr die breite Mehrheit von denen hinter Euch wisst, die sich vor allem polemisch äußern. Es trifft auch zu, dass ich Amateur bin und bei weitem nicht so rasch und umfassend an Sekundärliteratur herankomme wie z.B. Silesia. Ich profitiere sehr von Euren posts.
Das legt wohl schon den Schluss nahe, dass nicht irgendeine "Erkenntnis" gemeint ist, sondern eine ganz spezielle, die ausdrücklich so bezeichnet wurde und deren Anhänger eventuell in Anspruch nahmen, dass sie die Erkenntnis schlechthin sei, also z. B. die "Gnosis". Ich halte die Ansicht, dass an dieser Stelle tatsächlich die Gnosis gemeint ist, daher zumindest für vertretbar.
Mir ist durchaus bewusst, dass 1 Tim, wie auch weitere von mir zitierte, ein relativ später Brief ist. Er wird aber immerhin im späten ersten Jahrhundert angesiedelt, also bevor die eigentliche Gnostik fassbar ist.
Mit dem Wort "Gnosis" hat es eine besondere Bewandtnis:
In EvTh 39 heißt es (koptisch):
"[FONT=&quot]eMPHARISAIOS MeN eNGRAMMATEUS AUTSCHI eNSCHASCHT[/FONT] eNTGNOSIS"
"[FONT=&quot]Die Pharisäer[/FONT][FONT=&quot] und die Schriftgelehrten[/FONT][FONT=&quot] haben die Schlüssel[/FONT][FONT=&quot] zur Erkenntnis[/FONT][FONT=&quot] erhalten.[/FONT]"
Das Koptische ist eine Arme-Leute-Sprache gewesen und bedient sich zu etwa 10% griechischer Ausdrücke, hier: Gnosis, wie auch in der Parallel Lk 11,52. Ich vermute innerhalb meines Modells also, dass sich der Begriff "Gnosis" auf diese Stelle im Thomasevangelium bezieht (das damals vermutlich auch Hebräerevangelium, Ägypterevangelium oder Matthäusevangelium genannt wurde).
Natürlich kann ich bei keiner dieser Stelle sagen, dass ein Bezug zum Thomasevangelium und seiner Philosophie bestehen MUSS, sonst wäre mein Modell kaum etwas Neues. Allein die Vielzahl der Stellen, die zumindest dazu passen, machen es aber möglich und in meinen Augen sogar wahrscheinlich.
Ist es nicht sonderbar, dass bereits in der allerersten Zeit von Paulus' Mission starke Gegenströmungen vorhanden sind? Es würde mich nicht wundern, wenn es sich um konservativ jüdische Strömungen handelte, die es auch gab. Dass aber gnostisch philosophische Strömungen, die sich auf Jesus' Lehre berufen, eine offensichtlich größere Bedrohung darstellten, ist zu dieser frühen Zeit nicht zu erwarten. Natürlich kann man ihr Entstehen aus der griechischen Philosophie erklären, aber das tue ich auch: Das Thomasevangelium vertritt im Wesentlichen die Stoa.
Um noch einmal die beiden Positionen zu umreißen:
Ihr sagt, dass es sich hier um unbekannte religiöse Konkurrenten handelt, deren Ursprung und Nachwirkung nicht bestimmbar ist.
Ich sage, dass diese Strömungen auf der stoisch beeinflussten Philosophie des Jesus von Nazareth beruhen, wie sie im Thomasevangelium greifbar ist.
In meinen Augen ist das ein "ich weiß nicht" gegen ein Modell, das wenigstens plausibel ist und deshalb widerlegt werden muss, bevor man es verwerfen kann. Schließlich ist es unmöglich ein "ich weiß nicht" zu widerlegen. Das ist keine unzulässige Umkehr der Beweislast.
 
Wir wissen nicht, wo und in wessen Gefangenschaft sich Paulus eigentlich befand, als er den Brief schrieb. Da er aber in Phil 1,13 ein Praetorium erwähnt, ist wohl anzunehmen, dass er in römischem Gewahrsam war.

Dass sich Paulus in römischer Gefangenschaft befand als er den Brief an die Philipper abfasste, dazu besteht unter den Fachgelehrten Übereinstimmung.

Zum Ort des Entstehens des Briefs gibt es verschiedene Meinungen. Infrage kommen Rom, Caesarea und Ephesos. Davon abgesehen, dass fallweise auch die Meinung vertreten wird, der Philipperbrief sei von einem Redaktor aus drei Briefen (Dankbrief, Gefängnisbrief und Kampfbrief) kompiliert worden.

K.-W. Niebuhr, P. Pokorny, U. Heckel, u.a. legen sich zum Entstehungsort nicht fest. E. Lohmeyer plädiert für Caesarea, J. Schmid, G. Strecker und H. H. Schade für Rom. M. Theobald meint, dass der Brief am besten nach Ephesus passt. A. Deissmann, J. Gnilka, G. Theißen U. B. Müller und P. Pilhofer meinen, dass er in Ephesus entstanden ist.

Übergriffe der Provinzbewohner auf römische Bürger kamen nämlich durchaus vor.
Das ist natürlich auch jenen Fachleuten bekannt, die Paulus' Bürgerrecht anzweifeln.


Dazu Dietrich-Alex Koch, Geschichte des Urchristentums, Vandenhoeck & Ruprecht, 2014 Göttingen, S. 347f.:

Paulus hat nach seinen eigenen Angaben (2Kor 11,25) dreimal die römische Strafe der Auspeitschung erlitten. Das war mit dem Römischen Bürgerrecht nicht vereinbar.
[…]
Natürlich gab es Beamtenwillkür. Dass dies dreimal und dann vermutlich an verschiedenen Orten gewesen sein soll, ist zwar nicht definitiv auszuschließen, aber doch unwahrscheinlich.

Außerdem deutet Paulus in seinem Brief an, dass sich einige seiner Adressaten in einer ähnlichen Notlage befanden wie er. Da wäre es doch ziemlich unsensibel gewesen,…
Gut. Ich nehme zur Kenntnis, dass dich dieses Argument nicht überzeugt. Für mich hingegen sind die Argumente, die in der Summe(!) gegen die Annahme eines römischen Bürgerrechts für Paulus sprechen, nachvollziehbar und beachtenswert.


Ein Indiz gegen ein röm. Bürgerrecht für Paulus wird von den Befürwortern desselben jedenfalls konsequent übergangen: Nämlich, dass die Wahrscheinlichkeit, wonach ein tarsischer Jude in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts ein solches besessen habe, doch sehr gering ist.

Dazu D.-A. Koch (auf S. 347 des oben erwähnten Werks):

Die einzige realistische Möglichkeit, dass seine Eltern bereits bei seiner Geburt das römische Bürgerrecht besaßen, besteht in der Annahme, dass die Eltern in römische Kriegsgefangenschaft geraten sind, von einem römischen Bürger in Tarsus als Sklaven gekauft (das wird in der Literatur immer übergangen) und später freigelassen wurden und dass diese Freilassung außerdem als sog. "manumissio" erfolgte. Die historische Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings nicht besonders hoch.

Für Tarsos lassen sich für die erste Hälfte des ersten Jahrhundert jedenfalls nur wenige Bewohner mit römischem Bürgerrecht und kein einziger Jude, der im Besitz eines solchen gewesen wäre, nachweisen.


 
Zurück
Oben