Es ist natürlich müßig, im 37. Beitrag zu einem Thema noch etwas Originelles hervorbringen zu wollen, zumal dann, wenn schon ähnliche Diskussionen voraufgegangen sind:
http://www.geschichtsforum.de/f288/zeitalter-der-aufkl-rung-zusammenfassung-22072/
http://www.geschichtsforum.de/f288/fragen-zur-aufk-rung-29757/
Also skizziere ich nur kurz den Halbzeitstand:
1. Die Frage nach den "Ursachen" ist vielleicht so nicht beantwortbar. Deshalb finde auch ich Rafaels Anregung (#8) glücklich, zunächst von (Gelingens-) "Bedingungen" zu sprechen und darüber hinaus mit Klaus (#5) nach "Treibern" Ausschau zu halten.
2. Die bisher genannten Faktoren
- Not (#2)
- Technik (#5)
- (Natur-)Wissenschaften (#8,11)
- Naturrecht (#33)
- Philosophie (#13,25)
müssen natürlich sellbst wieder nach ihrer Genese befragt werden (Warum entwickelt sich das Naturrecht just zum Zeitpunkt X? usw.), woraus sich unweigerlich ein Netzwerk von interagierenden Faktoren ergibt.
Ein geschichtsphilosophisches Moment klingt im Eingangsbeitrag an, aber nur relativ zart, weshalb ich es mit folgender streitbarer Definition verstärken möchte:
Aufklärung = Bezeichnung für eine bestimmte historische Form der bürgerlichen Emanzipationsideologie und -literatur. Sie bildet sich in der zweiten Phase der bürgerlichen Emanzipation - in der Phase, als sich die Bourgeoisie bereits als Klasse konstituiert hat und den politischen Kampf gegen die ständig-feudale Ordnung und die absolute Monarchie aufnimmt - heraus. [1]
Zur Philosophie könnte/müsste man sehr vieles anführen, aber das Geschäft will ich Lukrezia überlassen und nur bemerken, dass ich den Begriff vom Menschen als "Mensch der Bewegung" (#25) für einen sehr schönen, weil mindestens doppeldeutigen Gedanken halte.:winke:
Wichtig auch rena8' These von "Veränderungen im Denken und Fühlen" (#3), die "meist mehrere Generationen [benötigen,] bis sie bei der breiten Masse ankommen und eine Veränderung im Verhalten bewirken", d.h. eine kritische Menge von Menschen "in Bewegung" bringen. Das führt aber zu einer ketzerischen Frage: Wie groß mag überhaupt die Zahl der Menschen gewesen sein, die am Prozess der Aufklärung, wie immer man ihn definieren mag, beteiligt waren?
Ich nehme als Beispiel das Buch und bin her- und hergerissen zwischen zwei Thesen von Brissotin:
Der Buchdruck blieb aber lange verhältnismäßig ungenutzt. Im 18.Jh. fand tatsächlich eine regelrechte Explosion der Veröffentlichungen statt. ... Der Buchdruck war also schon wichtig, aber im 18.Jh. platzte sozusagen der Knoten, was dazu führte, dass nun deutlich mehr gelesen wurde. Bezeichnend ist die Verbreitung von Lesezirkeln, öffentlichen Bibliotheken und dem Ideal des gebildeten Menschen welcher direkt mit dem Lesenden oftmals verbunden ist.
Zum Thema Verbreitung von Büchern ist empfehlenswert folgendes zu lesen: Michael North: "Genuss und Glück des Lebens. Kulturkonsum im Zeitalter der Aufklärung." Köln u.a. 2003, Böhlau. North weist darin nach, dass in den allermeisten bürgerlichen Haushalten bis weit in das 18.Jh. nur wenige Bücher vorhanden waren und diese wenigen waren vor allem religiöser Natur.
Daran anschließend die Frage nach den "Medien" der Aufklärung: Wenn das Buch das entscheidende war - war es das einzige oder gar es noch andere?
[1] Philosophisches Wörterbuch, Bd. 1. Leipzig 1974, S. 153