Varus Aussehen an Münze rekonstruiert. Aber wie?

vindus

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Wie genau lässt sich die Vorderansicht eines Menschen vom Seitenprofil erstellen? Ich möchte gerne eine eigene unabhängige Rekonstruktion der Vorderansicht wagen.
 
Mit einem 3D-Laserscanner das Profil aufnehmen und in "Blender" oder ein CAD-Programm laden, das gewonnene Muster ein wenig vertiefen, dann spiegeln, in die richtige Distanz bringen und dann die Ungereimtheiten raus modellieren.
(Oder man stellt sich das nur so vor und nimmt Bleistift und Papier, oder einen Batzen feinen Ton.)
 
Moin. Es gibt ja unter https://voshart.medium.com/appearance-of-the-principate-pt-i-efa3c759d2b6 eine - wie ich finde - visuell beeindruckende Galerie römischer Kaiser, deren Portraits fotorealistisch aus Statuen und literarischen Beschreibungen körperlicher Merkmale generiert wurde. Die Quellenlage ist bei den Kaisern natürlich viel besser als bei Varus - gibts da mehr als das Seitenprofil von der Münze?

Angeregt von diesem Thread habe ich gerade ein bisschen mit einem Bot herumexperimentiert, der aus Text Bilder generieren kann.

Den Bot findet man unter https://www.midjourney.com .

Aus dem Münzportrait wurden bei einem anderen Rekunstruktionsversuch vor ein paar Jahren mal die Merkmale
"hervorstehender Adamsapfel, spitze Nase, nach unten gezogene Mundwinkel, kappenartiger Haaransatz,
schwere Augenlider, wohlgenährt" herausgefiltert. (Quelle: https://www.wn.de/archiv/kriminalisten-geben-varus-ein-gesicht-2346110)

Den Bot habe ich dann mit diesen Parametern gefüttert, herausgekommen ist ein ganz nettes Portrait, das man aber sicher auch noch mehr verfeinern könnte. Ich weiss nicht, ob ich die Datei hier anhängen darf, daher lasse ich das erstmal. Wer mag, kann ja selbst ein bisschen damit rumspielen.
 
Dann nimm aber bitte die Münze von der Prägestätte Achulla, denn auf der syrischen Münze, als deren Emittent Varus angegeben wird, ist entgegen mancher Behauptungen aus dem Internet nicht Varus abgebildet, sondern Augustus. Auf der Münze auch Achulla natürlich auch aber da ist auch - ein recht langnasiger - Varus abgebildet.
 
als bei Varus - gibts da mehr als das Seitenprofil von der Münze?
Nein.

Ob solche Rekonstruktionsversuche von Münzen - vor allem, wenn man nur eine Serie hat - wirklich zielführend sind, steht auf einem anderen Blatt. Wenn man sich alleine mal Augustus anschaut, dessen Porträt zeigt verschiedene Varianten auf*, so dass dieser mehrere Nasen-OPs durchgemacht haben müsste. Das liegt aber nicht etwa am fortschreitenden Alter, auf Münzen tritt uns immer ein junger und kräftiger Augustus entgegen, kein 70jähriger. Von Varus haben wir nur diese eine Serie, wo er auch drauf abgebildet ist und diese hatte - wenn ich das richtig sehe - für die Rückseite keine große Stempelvarianz, also womöglich gibt es nur diesen einen Stempel, was die Darstellung noch weniger aussagekräftig macht, weil keine weiteren Parallelüberlieferungen sie bestätigen würden.


*das steht nicht im Widerspruch zu der vorherigen Aussage, dass auf der syrischen Münze des Varus tatsächlich Augustus dargestellt ist.
 
Mit einem 3D-Laserscanner das Profil aufnehmen und in "Blender" oder ein CAD-Programm laden, das gewonnene Muster ein wenig vertiefen, dann spiegeln, in die richtige Distanz bringen und dann die Ungereimtheiten raus modellieren.
(Oder man stellt sich das nur so vor und nimmt Bleistift und Papier, oder einen Batzen feinen Ton.)
Mit Ton habe ich es tatsächlich schon mal versucht. Leider bin ich da nicht so begabt und dass ich mal für eine Woche modellieren gelernt habe ist auch schon über 20 Jahre her.
 
Nein.

Ob solche Rekonstruktionsversuche von Münzen - vor allem, wenn man nur eine Serie hat - wirklich zielführend sind, steht auf einem anderen Blatt. Wenn man sich alleine mal Augustus anschaut, dessen Porträt zeigt verschiedene Varianten auf*, so dass dieser mehrere Nasen-OPs durchgemacht haben müsste. Das liegt aber nicht etwa am fortschreitenden Alter, auf Münzen tritt uns immer ein junger und kräftiger Augustus entgegen, kein 70jähriger. Von Varus haben wir nur diese eine Serie, wo er auch drauf abgebildet ist und diese hatte - wenn ich das richtig sehe - für die Rückseite keine große Stempelvarianz, also womöglich gibt es nur diesen einen Stempel, was die Darstellung noch weniger aussagekräftig macht, weil keine weiteren Parallelüberlieferungen sie bestätigen würden.


*das steht nicht im Widerspruch zu der vorherigen Aussage, dass auf der syrischen Münze des Varus tatsächlich Augustus dargestellt ist.
Vielleicht wurde bei Varus auf mehr originaltreue geachtet da er ja mehr Kontakt mit den Menschen hatte?
 
Varus soll - das Gesicht leider zerstört - auf der Prozessionsdarstellung derr Ara Pacis dargestellt sein. Vielleicht ist ja noch etwas von der Kopfform zu erkennen, bzw. zu erschließen.

Allerdings schließe ich mich der Skepsis El Quijotes hier an:

Offizielle Bildnisse der augusteischen Zeit sind entsprechend der Propaganda "korrigiert". Dazu findet sich ja auch ein einschlägiger Aufsatz im Ausstellungskatalog der Varusschlacht-Ausstellung 2009.

Und betrachte mal die Caesar-Büsten, schön zusammengestellt etwa in der Caesar-Biographie von Eberhard Horst..Das ist ziemlich ernüchternd, was die Belastbarkeit einer Einzeldarstellung angeht. Im Vergleich - auch mit den Münzbildern und darstellerischen Konventionen vermeint man sein Aussehen zu erhaschen. Mit nur ein oder zwei Darstellungen wären die Gemeinsamkeiten nicht zu fassen.

Aber lass' dich nicht abhalten. Wir können ja nur von den vorhandenen Daten ausgehen, was ja auch nicht schlimm ist, solange das Ergebnis mit Warnhinweis gezeigt wird.

Off Topic:

Und damit endet wieder einmal eine Zeit der Forenabstinenz für mich. Ich hoffe, dass der Netzzugang zumindest bis über die Feiertage stabil bleibt.
 
Auch
Volker Zedelius, P. Quinctilius Varus in Achulla ,Bemerkungen zum sog. Varusporträt auf Münzen aus Africa proconsularis, 1983 P. Quinctilius Varus in Achulla | Bonner Jahrbücher
schließt sich der Skepsis an. Er zweifelt an einer Abbildung des Varus auf den Münzen von Achulla und kommt zum Schluss:
Die Münzen können keinen ikonographischen Quellenwert beanspruchen; sie sind für physiognomische Deutungsversuche wie auch als Illustrationsmaterial ungeeignet.

Ebenso zweifelt Gaius Stern daran, dass auf der Ara Pacis mehr als ein Bein von Varus zu sehen ist.
Gaius Stern, Varus' Legacy After Teutoburger Wald, 2019, Seite 9-11
https://www.researchgate.net/publication/334696384_Varus'_Legacy_After_Teutoburger_Wald
Er widerspricht damit John Pollini, der 1978 in seiner Dissertation noch vorschlug, dass das Gesicht hinter Tiberius, einmal Varus dargestellt haben könnte.
Dissertation Seite 117-118 (PDF Seite 132-133), Abbildung auf PDF-Seite 443

Nach Pollini wäre es diese Figur mit einem restaurierten bzw. frei erfundenen Gesicht:
varus.png


Trotzdem interessiert mich auch wie das gehen könnte. Es gibt Software, die aus einem Frontalbild und einem Profilbild einen Kopf in 3D machen kann, wie man aber aus einem Profil auf eine Frontalansicht kommt, ist mir ein Rätsel.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich vermute schon dass, anders als bei den Darstellungen des Augustus, einige Münzen des Varus tatsächlich einen Hinweis auf sein wahres aussehen geben könnten. Sie sehen wenig idealisiert aus und teilen trotz z.T. großer Unterschiede zueinander, gleiche Merkmale. Ob die Person auf dem Ara Pacis Varus darstellt kann man wohl nicht feststellen. Wie kommt man denn darauf überhaupt? Nach welcher Logik wäre das wahrscheinlich?
 
Ich vermute schon dass, anders als bei den Darstellungen des Augustus, einige Münzen des Varus tatsächlich einen Hinweis auf sein wahres aussehen geben könnten. Sie sehen wenig idealisiert aus und teilen trotz z.T. großer Unterschiede zueinander, gleiche Merkmale.
Das dürfte u.a. daran liegen, dass der Stempelschneider wohl immer derselbe war.

Ähnliches Aussehen relativiert sich schnell, wenn man z.B. weiß, dass in späteren (für Kaiser kurzlebigeren) Zeiten Kaiser oft auf ihren frühen Münzen aussahen wie ein Vorgänger, weil man einfach den zum Kaiser erhobenen Offizier noch nicht kannte, aber schon Münzen in seinem Namen emittieren musste.

Ähnliches Aussehen bei Varus auf den Münzen in Achulla liegt also daran, dass in dem einen Jahr, in dem Varus als Proconsul in Achulla weilte

womöglich gibt es nur diesen einen Stempel,
1983 (V. Zedelius: P. Quinctilius Varus in Achulla) waren vier Stempel bekannt, die Varus Gesicht abbildeten (bzw. eigentlich die auf diese Stempel zurückgehenden Münzen), ob das 40 Jahre später immer noch Forschungsstand ist, weiß ich nicht. Aber wenn ich Zedelius richtig verstanden habe, gibt es ein undatiertes Münzbild des Augustus aus Achulla das dem Varusbildnis auffällig ähnlich ist:

Die Münzprägung für P. Quinctilius Varus war demnach keine einmalige Angelegen heit, vielmehr muß sie einen gewissen Umfang gehabt haben. Um zu entscheiden, ob die angesprochenen Unterschiede und Merkmale überhaupt für die Bezeichnung Porträt oder Bildnis ausreichen, ist nicht nur der Vergleich untereinander nötig, sondern auch der mit anderen Prägungen unerläßlich. Ihn hat schon W. H. Waddington angestellt und dabei bemerkt, daß der Kopf des Pariser Exemplars - bei uns die Typenvariante A - schon auf einer Großbronze des Augustus aus Achulla vorkommt (Abb. 1,6). Die Münze - abgebildet ist das Mailänder Stück, ein weiteres Exemplar befindet sich in Berlin - trägt auf der Vorderseite einen Kopf nach links, der durch die Umschrift als Divus Julius bezeichnet ist. Die Rückseite hat im Perlkreis einen Kopf nach rechts mit der Umschrift CAESAR DIVI F A(CHVLLA). Gemeint ist hier also Augustus. Die Übereinstimmungen mit den Varus-Münzen sind in der Tat so augenfällig - sieht man von dem etwas schlankeren und längeren Hals ab -, daß eine Übernahme dieses Münzbildes für die Varusprägung angenommen werden muß. Nicht ungewöhnlich ist es, daß sich Stempelschneider bei neuen Aufträgen an früheren, bei neuen Bildnissen an alten Vorlagen orientiert haben. Die Gründe dafür können verschieden sein. Wie lange diese ebenfalls undatierte Prägung für Augustus dem Münzschlag auf Varus vorausging, ist unbestimmt.

Ähnlich zeigt eine andere Großbronze des Augustus aus Achulla, heute im Britischen Museum (Abb. 1,7), auf der einen Seite einen Kopf nach links, umgeben von einem Lorbeerkranz mit der Legende DIVVS IVLIVS, von dem der sog. Varuskopf eine spiegelbildliche Wiederholung ist. Deutlich verschieden ist dagegen der Kopf des Augustus auf der Kehrseite. Beide Typen, Mailand (Berlin) wie London, dienten zweifellos als Vorlagen der Prägung für Varus. Die lokalen Stempelschneider haben also Varus nicht nach dem Leben porträtiert. Ob sie ihn oder ein Bildnis von ihm je gesehen, darüber läßt sich nur spekulieren. Selbst wenn sie Gelegenheit zu einer Begegnung gehabt hätten, so ist doch fraglich, ob die individuellen Züge eines Proconsuln deutlicher und porträthafter hätten herausgestellt werden können oder sollen als die des Princeps.
Ob die Person auf dem Ara Pacis Varus darstellt kann man wohl nicht feststellen. Wie kommt man denn darauf überhaupt? Nach welcher Logik wäre das wahrscheinlich?
Auf der ara Pacis sind verschiedene Würdenträger und Familienmitglieder der kaiserlichen Familie dargestellt. Varus war (hintereinander) mit zwei Großnichten Augustus‘ verheiratet, hat also gleich 2x in die kaiserliche Familie eingeheiratet. Die Heiraten der julisch-claudischen Familie waren alle politisch motiviert.
Die ara Pacis wurde 13 v. Chr. in Auftrag gegeben. In diesem Jahr waren Augustus‘ Stief- und Schwiegersohn Tiberius und Varus Konsuln, Varus war zum damaligen Zeitpunkt mit Vipsania Marcella verheiratet. Tiberius kann man identifizieren, der war zeitgleich mit Vipsania Agrippina verheiratet. Die Konsulskollegen waren also gleichzeitig mit Schwestern verheiratet und Schwäger.
 
Das dürfte u.a. daran liegen, dass der Stempelschneider wohl immer derselbe war.

Ähnliches Aussehen relativiert sich schnell, wenn man z.B. weiß, dass in späteren (für Kaiser kurzlebigeren) Zeiten Kaiser oft auf ihren frühen Münzen aussahen wie ein Vorgänger, weil man einfach den zum Kaiser erhobenen Offizier noch nicht kannte, aber schon Münzen in seinem Namen emittieren musste.

Ähnliches Aussehen bei Varus auf den Münzen in Achulla liegt also daran, dass in dem einen Jahr, in dem Varus als Proconsul in Achulla weilte


1983 (V. Zedelius: P. Quinctilius Varus in Achulla) waren vier Stempel bekannt, die Varus Gesicht abbildeten (bzw. eigentlich die auf diese Stempel zurückgehenden Münzen), ob das 40 Jahre später immer noch Forschungsstand ist, weiß ich nicht. Aber wenn ich Zedelius richtig verstanden habe, gibt es ein undatiertes Münzbild des Augustus aus Achulla das dem Varusbildnis auffällig ähnlich ist:

Die Münzprägung für P. Quinctilius Varus war demnach keine einmalige Angelegen heit, vielmehr muß sie einen gewissen Umfang gehabt haben. Um zu entscheiden, ob die angesprochenen Unterschiede und Merkmale überhaupt für die Bezeichnung Porträt oder Bildnis ausreichen, ist nicht nur der Vergleich untereinander nötig, sondern auch der mit anderen Prägungen unerläßlich. Ihn hat schon W. H. Waddington angestellt und dabei bemerkt, daß der Kopf des Pariser Exemplars - bei uns die Typenvariante A - schon auf einer Großbronze des Augustus aus Achulla vorkommt (Abb. 1,6). Die Münze - abgebildet ist das Mailänder Stück, ein weiteres Exemplar befindet sich in Berlin - trägt auf der Vorderseite einen Kopf nach links, der durch die Umschrift als Divus Julius bezeichnet ist. Die Rückseite hat im Perlkreis einen Kopf nach rechts mit der Umschrift CAESAR DIVI F A(CHVLLA). Gemeint ist hier also Augustus. Die Übereinstimmungen mit den Varus-Münzen sind in der Tat so augenfällig - sieht man von dem etwas schlankeren und längeren Hals ab -, daß eine Übernahme dieses Münzbildes für die Varusprägung angenommen werden muß. Nicht ungewöhnlich ist es, daß sich Stempelschneider bei neuen Aufträgen an früheren, bei neuen Bildnissen an alten Vorlagen orientiert haben. Die Gründe dafür können verschieden sein. Wie lange diese ebenfalls undatierte Prägung für Augustus dem Münzschlag auf Varus vorausging, ist unbestimmt.

Ähnlich zeigt eine andere Großbronze des Augustus aus Achulla, heute im Britischen Museum (Abb. 1,7), auf der einen Seite einen Kopf nach links, umgeben von einem Lorbeerkranz mit der Legende DIVVS IVLIVS, von dem der sog. Varuskopf eine spiegelbildliche Wiederholung ist. Deutlich verschieden ist dagegen der Kopf des Augustus auf der Kehrseite. Beide Typen, Mailand (Berlin) wie London, dienten zweifellos als Vorlagen der Prägung für Varus. Die lokalen Stempelschneider haben also Varus nicht nach dem Leben porträtiert. Ob sie ihn oder ein Bildnis von ihm je gesehen, darüber läßt sich nur spekulieren. Selbst wenn sie Gelegenheit zu einer Begegnung gehabt hätten, so ist doch fraglich, ob die individuellen Züge eines Proconsuln deutlicher und porträthafter hätten herausgestellt werden können oder sollen als die des Princeps.

Auf der ara Pacis sind verschiedene Würdenträger und Familienmitglieder der kaiserlichen Familie dargestellt. Varus war (hintereinander) mit zwei Großnichten Augustus‘ verheiratet, hat also gleich 2x in die kaiserliche Familie eingeheiratet. Die Heiraten der julisch-claudischen Familie waren alle politisch motiviert.
Die ara Pacis wurde 13 v. Chr. in Auftrag gegeben. In diesem Jahr waren Augustus‘ Stief- und Schwiegersohn Tiberius und Varus Konsuln, Varus war zum damaligen Zeitpunkt mit Vipsania Marcella verheiratet. Tiberius kann man identifizieren, der war zeitgleich mit Vipsania Agrippina verheiratet. Die Konsulskollegen waren also gleichzeitig mit Schwestern verheiratet und Schwäger.

Ok danke! Und der Kopf ist nachträglich aufgetragen worden verstehe ich das richtig?
 
1575 machte Étienne Dupérac - Wikipedia Zeichnungen von Teilen der Ara Pacis. Hier der entsprechende Teil der Südseite, worauf man sehen kann, dass die fragliche Person hinter Tiberius (ganz rechts) damals kein Gesicht mehr hatte.
Anhang anzeigen 21514
Aus I fregi con processione dell’Ara Pacis Augustae: osservazioni sull'attuale ricostruzione, Simone Foresta, 2002
I fregi con processione dell’Ara Pacis Augustae: osservazioni sull'attuale ricostruzione
Also ist das heutige Gesicht eine Rekonstruktion. Und die Münzporträts gehen auf eine Art Porträt von der Stange zurück?
 
Also ist das heutige Gesicht eine Rekonstruktion. Und die Münzporträts gehen auf eine Art Porträt von der Stange zurück?
Ja.
Bei den Restaurierungsarbeiten 1983-1990 wurden alle Teile, die nachträglich rekonstruiert wurden, von ihrer künstlichen Patina befreit und erscheinen nun farblich von den originalen Teilen abgehoben. Man kann das auf meinem kleinen Ausschnitt oben schwach erkennen.
siehe auch engramma n. 75 (leider nur italienisch, aber mit Bildern zur Verdeutlichung)

Die Figur hatte 1902 bereits wieder ein Gesicht. Sie erhielt es wohl irgendwann im 18. oder 19. Jh.
varus2.JPG

Petersen, Eugen Adolf Hermann; George Niemann; Österreichisches Archäologisches Institut. Ara Pacis Augustae. Alfred Hölder, 1902

Ich kann jedoch die Argumentation von Gaius Stern sehr gut nachvollziehen, nämlich dass diese Figur nicht Varus dargestellt hatte, sondern dass dieser, wenn überhaupt, gänzlich fehlt bzw. beim Zersägen zwecks Überführung nach Florenz abhanden gekommen ist.
 
Es wird eine offizielle Prozession gezeigt. Ein Teil der Positionen steht fest, ein Teil kann nach den üblichen Portraits erkannt werden. Es ist zu erwarten, dass die Konsuln nebeneinander auftreten, Tiberius voran. Und dahinter ist eben der fehlende Kopf. Auch diese Argumentation ist durchaus nachzuvollziehen. Die Frage ist eben, ob Varus als amtierender Konsul nicht doch in erster Reihe noch rechts der Figur ohne Kopf gezeigt worden wäre. Für mich gibt das die Komposition nicht her und Varus stand ganz klar in der zweiten Reihe der kaiserlichen Familie, bzw. in der ersten der Politiker, Mehr als den Kopfansatz nach der Zeichnung ist da aber sowieso nicht zu gewinnen.

(Ich habe jetzt gerade, vom Thread beeinflusst, den Eindruck, die alte Rekonstruktion sei nach den Münzen aus Achulla entstanden, aber, wie gesagt ist das keine objektive Beobachtung. Vielleicht illustriert es eher, wie zeittypisch das Münzbild ist.)

Letztendlich musst du selbst entscheiden, welcher Ansicht du dich hier anschließt. Zu den Münzbildern aus Achulla gibt es auch die Ansicht, dass ein stilisiertes, offizielles Bildnis des Varus als Vorbild genutzt wurde. (Etwa Dieter Salzmann, Selbstsicht eines Statthalters Die Münzbildnisse des P. Quinctilius Varus, S. 167-172 im Imperiumsband des Ausstellungskatalogs zur Varusschlachtausstellung 2009. In dem Band ist S.148 auch das Relief vom Friedensaltar wiedergegeben.)

Auch bei den Münzen können wir dir damit nicht abnehmen, zu entscheiden, wem du folgst.

Marginalie 1:

Schau mal das Zensusrelief aus dem Louvre als neutraleres Beispiel an, wieviel zu solchen Reliefs oft gesagt werden kann: Lustrum – Wikipedia

Es bleiben meist Personen übrig, aber bei der Prozessionsszene .von der Ara Pacis können wir Gesichter identifizieren und kennen Namen zu den meisten Personen ohne Amtsinsignien (wie den Helmen der Flamines), was die Spekulation zu Varus erlaubt. Beim Zensusrelief klappt das nicht. Es sind großteils einfache Bürger, teils in Rüstung zur Musterung erschienen. Damit ist es allerdings eine der ganz wenigen Darstellungen des Militärs aus spätrepublikanischer Zeit. (Es ist umstritten, ob der Offizier in lässiger Pose beim Altar einen Militärtribun, wie sie beim Lustrum teilzunehmen hatten, oder Mars als römischen Offizier darstellt. Eine wichtige Quelle für jeden Illustrator.)

Marginalie 2:

Von Varus haben sich am Rande bemerkt auch beschriftete Basen von Ehrensäulen, bzw. -statuen erhalten. Nur leider nicht die zugehörigen Darstellungen. Eine solche aus Pergamon ist S.101 und aus Tenos S. 100 im oben erwähnten Ausstellungsband zu finden.
 
Wie genau lässt sich die Vorderansicht eines Menschen vom Seitenprofil erstellen? Ich möchte gerne eine eigene unabhängige Rekonstruktion der Vorderansicht wagen.
(Mal abgesehen von der angesprochenen Frage nach der Authentizität des vorh. Portraits: ) Die Rekonstruktion aufgrund einer Profilansicht ginge nur sehr ungenau. Die Breitenverhältnisse eines Gesichtes lassen sich nicht mal aus einer fotografierten Profilansicht genau ablesen. Schon geringe Abweichungen der Beleuchtungsstärke führen zu Fehlinterpretationen. Hinzukommen die Verzerrungen von Objektiven, die man leicht unterschätzt. Ein weiteres Problem ist die starke Asymmetrie jedes Gesichts, wie bspw. die unterschiedliche Augenhöhe.
Noch weniger Sinn macht die Rekonstruktion nach einem Profilportrait auf einer Münze, da es sich hierbei um ein Flachrelief handelt, das die Tiefen verfälscht, und zwar mit unbekannter Unregelmäßigkeit und mit künstlerischer Subjektivität.
Eine ›Rekonstruktion‹ würde jedenfalls nicht das Gesicht liefern, das ein Zeitgenosse der Person erkennen würde.
 
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