Hat Venedig im Laufe dieser Zeit zur Globalisierung zu beigetragen?
Unter Globalisierung versteht man im allgemeinen einen Prozess der zunehmenden internationalen Verflechtung in allen Bereichen, wobei die Sektoren Wirtschaft, Kultur, Kommunikation und Politik besonders wichtig sind.
Handelsmächte, die erstmals bedeutsame Aktivitäten über Kontinente hinweg betreiben, könnte man als Vorläufer der Globalisierung beschreiben - mit allen Einschränkungen, die der klassische Begriff "Globalisierung" gebietet.
In diesem Sinn hat Venedig durch seinen Orienthandel intensive Kontakte nach Vorderasien aufgebaut und war dabei zugleich kultureller Mittler zwischen Ost und West. Es war der am engsten mit der byzantinischen Tradition verbundene Staat, sodass byzantinische Architektur wie der Markusdom oder Mosaik- und Tafelmalerei gepflegt wurden und ins übrige Europa ausstrahlten. Nach der Eroberung Konstantinopels 1204 durch die von Venedig geführten Kreuzfahrer während des 4 Kreuzzuges gelangten zahlreiche Künstler und Kunstschätze aus Byzanz nach Europa.
Ferner gab es enge Handels- und Kulturkontakte zu arabischen Staaten wie dem vorderasiatischen Reich der Ajjubiden, dem Ägypten der Mamluken und dem Sultanat der Rum-Seldschuken in Kleinasien.
Mit Zentralasien bzw. der Seidenstraße war Venedig auch verbunden durch Handelsfaktoreien auf der Krim (z.B. in Kaffa), von wo aus ein wichtiger Handelsweg Richtung Kaspisches Meer verlief und nördlich des Aralsees in die Seidenstraße Richtung China mündete.
Schließlich fand in Venedig eine "kommerzielle Revolution" statt, die erste Aspekte einer frühen Globalisierung aufnimmt. Venedig "erfand" neue Handelstechniken sowie kommerzielle Gesellschaftsformen und Finanzierungsmethoden, die der europäischen Entwicklung weit vorauseilten.
Kreuzzüge und die Eroberung Konstantinopels öffneten für mehrere Jahrhunderte zugleich den direkten Handel bis tief nach Asien, doch erforderten diese Handelsreisen, ebenso wie die Ausstattung der regelmäßigen Schiffskonvois, Kapitalmengen, die überwiegend als Kredite bereitgestellt wurden.
Ferner wurde das Bankenwesen weit vorangetrieben und die doppelte Buchführung ermöglichte die Einrichtung fester Faktoreien im Ausland sowie eine viel engere Kontrolle und Steuerung, zugleich aber auch eine engere Verflechtung mit den auswärtigen Märkten. Auch gestattete sie die reine Kapitalbeteiligung.
Fazit: Eine ganze Reihe von Elementen, die in der neuzeitlichen Globalisierung wichtig sind, wurden schon von der Republik Venedig keimhaft angelegt.