Verbrechen der Weltreligionen

Ich würde behaupten wollen, gerade die extreme emotionale bzw religiös-ideologische Aufladung, die die Grundlage der Kreuzzugsidee bilden, erklären die besondere Rezeption dieser Eroberungskriege vor allem anderen. "Deus lo vult!" ist ja nicht umsonst noch heute ein recht bekanntes Schlagwort,

Die von dir genannte "Aufladung" bildete sowohl die Basis der christlichen Kreuzzüge als auch der militärischen Expansion der Araber im 7. Jh., deren Heere den Islam vom Atlantik bis zum Indus verbreiteten. Die beiden Weltreligionen Islam und Christentum blieben sich da wenig schuldig.
 
Was die Eingangsfrage betrifft: Das Alte Testament ist doch voll von Geschichten, wo Gott seinem Volk befiehlt, Nachbarvölker zu massakrieren. Ob es von diesen Texten unabhängige Berichte über diese Greueltaten gibt, weiß ich nicht.
Auch hier sollte man aber differenzieren: Dass Gräueltaten göttlicher Wille gewesen seien, ist doch vermutlich bloß eine nachträgliche Rechtfertigung der Autoren der biblischen Bücher. Dass schon zur Zeit der Begehung der Gräueltaten (soweit sie überhaupt historisch sind) die Täter dachten, sie würden Gottes Willen erfüllen, ist damit noch lange nicht gesagt, wird sich aber nicht klären lassen, da wir für die Zeit der Landnahme und die ersten Jahrhunderte der Israeliten in Palästina keine wirklich eindeutigen zeitgenössischen Quellen haben. (Z. B. wird zwar in einem Brief aus Mari ein räuberischer Stamm "Benjaminiter" erwähnt, allerdings stammt der Brief vermutlich aus dem 18. Jhdt. v. Chr.)
Nicht vergessen sollte man aber auch, dass sich das Judentum erst allmählich entwickelte und das, was wir unter Judentum verstehen, zur Zeit der Landnahme und der ersten Jahrhunderte vermutlich noch gar nicht existierte. Der Monotheismus scheint sich erst im 7. Jhdt. v. Chr. endgültig durchgesetzt zu haben.
 
Auf die Gefahr hin im konkreten Fall eines anderen belehrt zu werden, würde ich z.B. meinen, dass wenn Karl V. weniger Schiss vor Hölle und Fegefeuer gehabt hätte, er mit Luther anders verfahren wäre, sich auf die Diskussion eingelassen hätte und vieleicht der 30jährige Krieg hätte vermieden werden können.

Das befürchtete Fegefeuer hat Karl V: sicher nicht daran gehindert, Luther das Leben zu nehmen. Es waren die Luther und seiner Lehre verbundenen Reichsfürsten - unter ihnen auch einige sehr mächtige - die Karl V. davon abhielten und deren Hilfe er besonders bei seinen unaufhörlichen Kämpfen gegen Türken, Franzosen usw. brauchte. Einen weiteren Nebenkriegsplatz Deutschland konnte sich Karl V. nicht leisten, sodass weder eine Verbrennung als Ketzer noch ähnliche Maßnahmen in Erwägung gezogen werden konnten. Allerdings - ein spanischer Luther hätte gewiss nicht lange gelebt; auf den hätte ein Autodafé gewartet.

Ob aber die Formel "ohne Luther kein 30jähriger Krieg" so schlicht zu stellen ist, muss bezweifelt werden.
 
Ob aber die Formel "ohne Luther kein 30jähriger Krieg" so schlicht zu stellen ist, muss bezweifelt werden.
Richtig, zumal ja nicht alle Protestanten in Deutschland Lutheraner waren. Der Winterkönig beispielsweise war Reformierter.
Zum anderen bedeutete eine gemeinsame Religionszugehörigkeit noch lange nicht, dass man auf der selben Seite stand. So kämpfte Kursachsen zeitweise gegen Protestanten. Eine wirkliche Solidarität innerhalb eines konfessionellen Lagers gab es kaum; so lehnte die Union lange Zeit einen Kriegseintritt auf der Seite der Kurpfalz ab.
Dennoch spielten konfessionelle Probleme, v.a. die österreichische Gegenreformation, eine gewichtige Rolle. Mindestens genauso wichtig war aber auch die Verfassung Böhmens für den Kriegsbeginn (Majestätsbrief, Streit um das Recht den König auszuwählen) wie auch die Verfassung des Heiligen Römischen Reiches (Angst der Fürsten vor einer kaiserlichen Dominanz).

Im Vergleich dazu scheint mir, trotz der machtpolitischen Anreize, der religiöse Aspekt dennoch bei den Kreuzzügen noch eindeutiger.
 
Im Vergleich dazu scheint mir, trotz der machtpolitischen Anreize, der religiöse Aspekt dennoch bei den Kreuzzügen noch eindeutiger.

Wie bei den christlichen Kreuzzügen geht es bei solchen Auseinandersetzungen zunächst um idealistische religiöse Ziele, die nach und nach von handfesten Machtinteressen abgelöst werden - immer noch unter dem Mäntelchen der Religion.

Die Absurdität des 30jährigen Religionskriegs wird vollends sichtbar, wenn zum Schluss der katholische Kaiser gegen das mit protestantischen Fürsten verbündete katholische Frankreich kämpft.
 
Wie bei den christlichen Kreuzzügen geht es bei solchen Auseinandersetzungen zunächst um idealistische religiöse Ziele, die nach und nach von handfesten Machtinteressen abgelöst werden - immer noch unter dem Mäntelchen der Religion.

Die Absurdität des 30jährigen Religionskriegs wird vollends sichtbar, wenn zum Schluss der katholische Kaiser gegen das mit protestantischen Fürsten verbündete katholische Frankreich kämpft.

Mag das vllt daran liegen, dass es unter anderem eher Hintergründig um religiöse und vordergründig um andersartig gelagerte Interessen gehandelt hat? Und die konfessionelle Problematik lediglich ein Teilaspekt einer viel weitläufigeren Entwicklung war?

Da in katholischen und in Protestantischen Heeren fast ausnahmslos Söldner dienten, bei diesen die Religion aber reichlich egal war so lange sie denn kämpften, erkennt man hier wiederum die Problematik
 
Wie bei den christlichen Kreuzzügen geht es bei solchen Auseinandersetzungen zunächst um idealistische religiöse Ziele, die nach und nach von handfesten Machtinteressen abgelöst werden - immer noch unter dem Mäntelchen der Religion.
Hm, es ging den Böhmen, wenn wir beim Anfang sind, sicher um eine Abwehr der Gegenreformation. Idealistisch? Schwer zu sagen. Ist es idealistisch, wenn ich den verhaue, der mir eine überbrät?
Auf der katholischen Seite sehe ich, trotz der Überzeugung, dass Jungfrau Maria mit den Truppen war, die ja vor der Schlacht von mitreisenden Geistlichen angerufen wurde, keine direkt religiöse Motivation. Es ging dem Kaiser primär darum, eine Provinz zurück zu bekommen und diese seinen Wünschen zu unterwerfen. Den Verbündeten des Kaisers ging es um den Gewinn von Land und Leuten. Vorrangig sahen die verbündeten Fürsten die Böhmen als Rebellen und schlechte Vorbilder.
Dass Ferdinand ohne die "Rebellion" der Böhmen und deren Nachbarn auch die Gegenreformation nach Böhmen getragen hätte, wissen wir nicht. Natürlich ist bekannt, dass er in dieser Hinsicht schon in seinen eigenen Gebieten vor dem Krieg tätig war.
Im Grunde verlor der Kaiser mit dem Krieg viel und man weiß nicht, ob er eine flächendeckende Gegenreformation mit Hilfe von Zwangsmitteln in den Lausitzen, Schlesien, Mähren, Böhmen, Niederösterreich usw. bei der Gefahr eines Waffenganges gewagt hätte. Die Jesuiten waren ja auch ohne Krieg erfolgreich am Werk. Wallenstein wurde ja auch von ihnen erzogen, auch wenn er ursprünglich ein Magnat in Mähren war.

Ich stelle mir das zumindest bei den ersten Kreuzfahrern anders vor. Sie gingen ein Wagnis ein, machten alles Mögliche zu Geld um sich in ein ungewisses Abenteuer zu stürzen. Gut, über die wirkliche Motivation der jeweiligen Akteure wissen wir kaum etwas, denn die weltlichen Teilnehmer hinterließen kaum Selbstzeugnisse - also nicht sowas wie ein Tagebuch, worin ein Kreuzfahrer seine Träume von Geld und Reichtum offenbart hätte.
 
Mag das vllt daran liegen, dass es unter anderem eher Hintergründig um religiöse und vordergründig um andersartig gelagerte Interessen gehandelt hat? Und die konfessionelle Problematik lediglich ein Teilaspekt einer viel weitläufigeren Entwicklung war?
Wir sollten den Drießigjährigen von seinen Ursprüngen her betrachten.

Dass der Kaiser eine Rekatholisierung Deutschlands wollte, entstand meines Erachtens nur als Idee, als man recht "leicht" gleich mehrere Kriegsparteien (Böhmen, Pfalz und Dänemark) aus dem Feld geworfen hatte - wahrscheinlich verführten eben diese Erfolge zu so hochfliegenden Plänen. Dass dieses Vorhaben illusorisch war, hatte sich auf dem Reichstag von, ich glaube, 1630 offenbart. An der Stelle, ohne das Einfallen der Schweden in Deutschland, wäre ein Ausgleich innerhalb Deutschlands noch möglich gewesen.
Die Rede von Gustav Adolph vor dem Schwedischen Reichstag bemäntelte ja kaum, warum er in den Krieg nach Deutschland zog und dass es vorrangig darum ging eine kaiserliche Hegemonie bis hin zur Ostseeküste, ja einer habsburgisch dominierten Ostsee entgegen zu wirken.

So knallhart konnten zumindest die Erwartungen der Kreuzfahrer nicht gewesen sein. Denen ging es m.E. eher um Prestige, neben der verlockenden Aussicht auf die Vergebung der Sünden. Woher sollten sie ahnen, dass für einige Anführer neue Territorien im Orient rausspringen würden. Was das Ziel, abgesehen von Jerusalem, sein sollte, scheint mir nicht klar gewesen zu sein. Das merkt man ja auch daran, wie unbestimmt beispielsweise die Führung des Kreuzzuges aussah. Gottfried von Bouillon spielte ja erst ganz am Ende die Rolle, mit welcher er in die Geschichtsbücher einging.
 
Zum Thema Dreißigjähriger Krieg den Wiederspruch zwischen Kaiser und einigen Fürsten hätte es auch ohne die beiden Religionen wahrscheinlich gegeben.

Es ist sowieso fraglich bei welchen Fürsten wirklch religiöse Überzeugungen eine Rolle spielten und bei welchen einfach ihr Protest gegen den Kaiser sich darin manifestierte.
 
Kann man überhaupt von Verbrechen sprechen, wenn die Taten in einer Zeit stattfanden in der das alles aufgrund der Weltbilder nicht als Verbrechen angesehen wurde?
 
Da ist wohl eher der Terminus entscheidend. Krieg ist, auch heute, unter gewissen Vorraussetzung keineswegs ein Verbrechen. Allerdings verschiedene Handlungen die allzu gerne mit ihm einhergingen die heutzutage nicht mehr so ganz "regelkonform" sind. Wie sinnvoll der Kampf gegen Windmühlen ist, der sich darstellt wenn man versucht bewaffnete Konflikte zivilisierten Regeln zu unterwerfen sei mal dahingestellt. Es geht hier allerdings wohl eher um Verbrechen die aus damaliger und heutiger Sicht grundsätzlich nicht erlaubt waren, aber religiös (eventuell nachträglich) legitimiert wurden.
 
Man könnte sagen es ist ein Verbrechen wenn es der Onkel in Waschington sagt aber nicht wenn er anderer Meinung ist.

Werde zu politisch aber am Ende ist wirklich die Definition von Verbrechen immer ein Teil des Zeitgeistes.
 
Zeitgeist, aber vor allem auch gewisse sich langsam/schleppend ändernde moralische Grundlinien, welche nicht zuletzt in Kultur/Religion verwurzelt sind.
 
Hm, es ging den Böhmen, wenn wir beim Anfang sind, sicher um eine Abwehr der Gegenreformation. Idealistisch? Schwer zu sagen. Ist es idealistisch, wenn ich den verhaue, der mir eine überbrät?
Auf der katholischen Seite sehe ich, trotz der Überzeugung, dass Jungfrau Maria mit den Truppen war, die ja vor der Schlacht von mitreisenden Geistlichen angerufen wurde, keine direkt religiöse Motivation.

Dass die Kreuzfahrer, aufgerüttelt durch entsprechende Predigten, die uns rudimentär überliefert sind, aus idealistischen religiösen Motiven nach Osten zogen, um die heiligen Stätten aus der Hand der "Ungläubigen" zu befreien, bedarf keiner Frage. Dass später Machtmotive hinzutraten, ist ebenfalls gesichert. Man denke nur an den unglückseligen Vierten Kreuzzug, der mit der Eroberung des christlichen Byzanz ewndete, oder an die zahlreichen Adligen Zweitgeborenen, die sich Land und Auskommen (und natürlich Ruhm) vom Zug nach Palästina erhofften.

Die religiösen Motive in der Anfangsphase des 30jährigen Krieges sind unverkennbar. Die protestantischen böhmischen Stände betrachteten die gegenreformatorische Politik des katholischen böhmischen Königs und nachmaligen habsburgischen Kaisers Ferdinand II. als Affront, setzten ihn ab und wählten stattdessen den Führer der protestantischen Union, den calvinistischen pfälzischen Kurfürsten Friedrich V., zum neuen König.

Das Heer der katholischen Liga schlug nun unter Führung des katholischen Kaisers die protestantische Revolution nieder, sodass 1623 der protestantische König Christian VI. aus konfessionellen Gründen gegen den Kaiser in den Krieg eintrat. König Gustav Adolf von Schweden, der 1630 in den Krieg eintrat, begründete sein Eingreifen mit konfessioneller Solidarität gegenüber seinen deutschen Glaubensgenossen.

Mehr Religion geht nicht, aber da haben wir auch schon das oben von mir geschilderte Muster: Aus (meist) idealistischen Gründen beginnt so ein Krieg, während im Lauf der Zeit die reinen Machtinteressen die Oberhand gewinnen. Denn es wäre ein Schelm wer denkt, dass der alte Schwede Adolf allein seine deutschen Glaubensbrüder im Sinn hatte. Selbstverständlich stand dahinter auch die Hoffnung, den schwedischen Macht- oder Einflussbereich an der gegenüberliegenden Ostseeküste zu verstärken.
 
Ich stelle mir das zumindest bei den ersten Kreuzfahrern anders vor. Sie gingen ein Wagnis ein, machten alles Mögliche zu Geld um sich in ein ungewisses Abenteuer zu stürzen. Gut, über die wirkliche Motivation der jeweiligen Akteure wissen wir kaum etwas, denn die weltlichen Teilnehmer hinterließen kaum Selbstzeugnisse - also nicht sowas wie ein Tagebuch, worin ein Kreuzfahrer seine Träume von Geld und Reichtum offenbart hätte.
Ein Selbstzeugnis sind die "Gesta Francorum", die von einem Teilnehmer des ersten Kreuzzugs verfasst wurden. Dieses Buch ist recht religiös-schwärmerisch geschrieben, beruft sich ständig darauf, dass Ereignisse Gottes Wille gewesen seien, und betont gerne die Gottergebenheit der Kreuzzugsteilnehmer. Allerdings war der Autor möglicherweise Kleriker, außerdem muss er in diesem für die Öffentlichkeit bestimmten Werk auch nicht unbedingt ehrlich bei der Schilderung der geistigen Triebkräfte gewesen sein.
 
Auch hier sollte man aber differenzieren: Dass Gräueltaten göttlicher Wille gewesen seien, ist doch vermutlich bloß eine nachträgliche Rechtfertigung der Autoren der biblischen Bücher.

Du spaltest die Religion von den Menschen ab. Wenn wir historisch diskutieren, müssen wir davon ausgehen, dass Religionen nur in den Köpfen der Menschen existieren. Du kannst also historisch gesehen nicht sagen, die Menschen meinten zwar dies, Gott wollte aber etwas ganz anderes. Anders herum ist das Thema sonst nicht historisch sondern theologisch betrachtet. Mit Geschichtswissenschaft unter dem Primat welcher Religion auch immer, hätte ich fundamentale Probleme.
 
Beachte den Satz, den ich nach dem von Dir zitierten Satz geschrieben habe: Mir ging es darum, dass die Täter der in der Bibel geschilderten Kriegsverbrechen vielleicht gar nicht mit religiöser Motivation handelten, sondern ihnen erst Jahrhunderte später von den Bibelautoren eine derartige Motivation angehängt wurde. Beispiel: Eine Israelitenstreitmacht erobert in einem ganz normalen Krieg eine Stadt, plündert sie und metzelt die Einwohnerschaft nieder, ohne dabei irgendwelche religiösen Motive gehabt zu haben. Jahrhunderte später schreibt dann ein Autor darüber und behauptet, dieses Heer habe auf Befehl Gottes oder eines Propheten Gottes gehandelt. Das ist dann eine nachträgliche Darstellung, die man nicht der Religion anlasten kann. Einer Religion anlasten kann man nur, wenn z. B. der Stifter der Religion aktiv zu Angriffskriegen aufruft. Wir wissen über die Landnahme der Israeliten in Kanaan und die Zeit bis nach der Jahrtausendwende kaum Sicheres, ebensowenig darüber, inwieweit es damals überhaupt schon das Judentum gegeben hat. Z. B. war Jericho zur Zeit der israelitischen Landnahme archäologischen Befunden zufolge vermutlich gar nicht bewohnt, somit könnte auch nicht die im Buch Josua geschilderte Eroberung mitsamt Niedermetzelung der Bevölkerung stattgefunden haben.
 
Naja grade bei der Hexenverfogung würde ich von einem gesellschaftlichen Phänomen der frühen Neuzeit ausgehen wo die Kirche halt wie alle anderen mitgemacht hat.
Sie hat - entgegen einem verbreiteten Klischee - sogar weniger als alle anderen mitgemacht:

A) Sie hat die Hexenhysterie nicht ausgelöst, sondern zu Beginn sogar den Glauben an Hexerei als strafbaren Aberglauben abgelehnt. Erst als die Dynamik aus dem Volk unkontrollierbar hysterische Züge anzunehmen begann, ist die Kirche zögerlich auf den Zug aufgesprungen und hat gewisse Zugeständnisse ans "gesunde Volksempfinden" (wie man es in anderen Zeiten genannt hätte) gemacht.

B) Die Kirche war auch nicht die Hauptaktivistin bei der Hexenverfolgung. Exekutiv sowieso nicht, aber auch nicht ideologisch. Es gilt unter Historikern sogar geradezu als Faustregel, dass das Risiko, als Hexe verbrannt zu werden, umso größer war, je weiter man vom Einfluss des krichlichen Machtzentrums Rom entfernt war. Rom entsandte sogar eigene "Sonderbeauftragte" (wie z.B. Kardinal Albizzi) um das wüste Treiben in entfernteren Gegenden einzubremsen.

C) Die Hauptimpulse zur Beendigung des Spuks gingen auch ganz maßgeblich von Kirchenleuten die Freidrich Spee aus.

Auf die weit unrühmlichere Rolle, die verschiedene weltliche Institutionen und Personen gespielt haben, sei nur am Rande hingewiesen.
 
Das befürchtete Fegefeuer hat Karl V: sicher nicht daran gehindert, Luther das Leben zu nehmen. Es waren die Luther und seiner Lehre verbundenen Reichsfürsten - unter ihnen auch einige sehr mächtige - die Karl V. davon abhielten und deren Hilfe er besonders bei seinen unaufhörlichen Kämpfen gegen Türken, Franzosen usw. brauchte. Einen weiteren Nebenkriegsplatz Deutschland konnte sich Karl V. nicht leisten, sodass weder eine Verbrennung als Ketzer noch ähnliche Maßnahmen in Erwägung gezogen werden konnten. Allerdings - ein spanischer Luther hätte gewiss nicht lange gelebt; auf den hätte ein Autodafé gewartet.

Ob aber die Formel "ohne Luther kein 30jähriger Krieg" so schlicht zu stellen ist, muss bezweifelt werden.

Ich glaube hier hast du Hans missverstanden. Der schreibt:

Auf die Gefahr hin im konkreten Fall eines anderen belehrt zu werden, würde ich z.B. meinen, dass wenn Karl V. weniger Schiss vor Hölle und Fegefeuer gehabt hätte, er mit Luther anders verfahren wäre, sich auf die Diskussion eingelassen hätte und vielleicht der 30jährige Krieg hätte vermieden werden können.

Die - kontrafaktische - Hypothese ist doch die, dass, wenn Karl und die zeitgenössischen Päpste Hadrian und Clemens vielleicht ein wenig kompromissbereiter gewesen wären, und zugehört hätten, dann hätte vielleicht mit Luther tatsächlich etwas passieren können, nämlich eine Reformation der katholischen Kirche.
Parallelen (aber zum Teil auch krasse Unterschiede) hat Luther ja durchaus mit seinen Anliegen bei verschiedenen Theologen schon zuvor.
Wenn ich Hans richtig verstehe, geht es also nicht darum, dass Karl zu feige gewesen wäre, Luther zu beseitigen, sondern dass er zu feige gewesen wäre, ihn wirklich anzuhören, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen.

Auf die weit unrühmlichere Rolle, die verschiedene weltliche Institutionen und Personen gespielt haben, sei nur am Rande hingewiesen.

Mit dem Gros deines Beitrags bin ich d'accord, nur zu dieser letzten Bemerkung möchte ich anmerken, dass hier Tendezen bestehen, aus der schwarzen Legende eine rosane zu machen. Um nur das Standardargument der Vertreter einer schwarzen Legende zu nennen: Institoris und sein Malleus Maleficarum.
 
Mit dem Gros deines Beitrags bin ich d'accord, nur zu dieser letzten Bemerkung möchte ich anmerken, dass hier Tendezen bestehen, aus der schwarzen Legende eine rosane zu machen. Um nur das Standardargument der Vertreter einer schwarzen Legende zu nennen: Institoris und sein Malleus Malleficarum.

Der Hexenhammer ist sicher der unrühmlichste Beitrag von kirchlicher Seite. Aber selbst hier gilt, was ich unter Punkt B (dort primär in Bezug auf das "gewöhnliche Volk") geschrieben habe, dass nämlich die "Amtskirche" keine vorantreibende, sondern ein zögerlich und bremsend reagierende Kraft war.

Institoris war ein durchgeknallter Einzelfreak. Was ihm von Rom an Unterstützung zuteil wurde, verdankte sich mehr seiner Lästigkeit (Heinrich war eine unglaubliche Nervensäge) als einem überzeugten Engagement der Kirchenleitung. Bezeichnend auch die Behandlung, die er durch den Bischof von Brixen erfuhr, bei dem er sich Beistand erhoffte. Nachdem er sich ein Bild von Institoris gemacht hatte, schmiss ihn Bischof Golser im hohen Bogen aus seinem Bistum hinaus auf dass er sich nicht mehr blicken lasse ("Mich verdrießt der Mönch gar sehr im Bistum ... er selbst scheint mir wirklich verrückt zu sein").

Heinrich bejammerte immer wieder, dass ihm seine Kirche nicht im erwünschten Maß den Rücken stärke und ihm im Gegenteil Knüppel zwischen die Beine werfe. Schließlich war er so frustriert, dass er listigerweise beantragte, die Hexenverfolgung der weltlichen Gerichtsbarkeit zu überantworten.

Rainer Decker schreibt:

"Institoris erstaunliche "Bescheidenheit", die Überlassung der Hexenverfolgung an die weltliche Justiz, hatte auf Dauer für die Angeklagten tödliche Konsequenzen, und dies dürfte der Inquisitor auch im Hinterkopf gehabt haben: Mußten sie sich nämlich vor einem kirchlichen Gericht verantworten, so hatten sie erheblich größere Überlebenschancen als vor einem zivilen, denn nach einem ehernen Rechtsgrundsatz der Kirche hatten reumütige Ersttäter Anspruch auf eine relativ milde Strafe. Das "staatliche" Recht kannte aber in dieser Hisicht kein Pardon."
 
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