Ich war Dir noch einen Beitrag hier schuldig :winke:
Seldschuk schrieb:
... bitte ich doch mal die christlich-westeuropäischen Merkmale des Feudalismus anzumerken und auch auf die Wirtschaft einzugehen, d.h. den frühen Kapitalismus sprich Kolonialismus.
Und dann natürlich auch deine Beurteilung der Situation der Bauern im westlichen Europa und im O.R.
Der Übersichtlichkeit halber habe ich einige Dinge verkürzt und vereinfacht zusammengefaßt...
1. Merkmale des (west-)europäischen Feudalismus
- Lehenswesen bzw. -system -> aus diesem entweder dann Verselbständigung der Territorien & Hausmachtspolitk ODER durch Ligesse und Adelskämpfe Zentralstaaten; Ausgangspunkt dieser divergierenden Entwicklungen im Einzelnen ist der Gegensatz "Rechteerweiterung des Königs vs. Privilegienwahrung des Adels"
- Städte als autonome Kommunen mit der Entwicklung von Handel, Handwerk und Gewerbe
- Kirche als selbständige Institution des Feudalismus, die ihrerseits machtpolitisch mit König und Adel konkurriert
Anm.: Das Lehenssystem ist pyramidal aufgebaut, und an seiner Spitze steht der König. In der nächsten Stufe stehen Herzöge, Grafen und Bischöfe, danach folgen deren Untervasallen. Auf der untersten Stufe der Pyramide stehen die Ritter, welche unter sich dann nur noch die landbesitzlosen Bauern haben.
2. Wirtschaft im zeitlichen Abriß
- anfangs Naturalwirtschaft (Früh- und Hochmittelalter)
- später Aufkommen Geldwirtschaft (Hochmittelalter)
- daraus schließlich Arbeitsteilige Wirtschaft (Spätmittelalter)
- Handelsgesellschaften (später Handelskompanien) & Bankplätze mit Exportgewerbe und Verlagssystem prägen schließlich den Frühkapitalismus im 15./16. Jh. (ausgehendes Spätmittelalter/Frühe Neuzeit)
- Renten (Privilegien) an diese Handelsgesellschaften durch Kirche & Adel
Folgen: ökonomische Macht des Bürgertums wird am Wendepunkt Spätmittelalter/Frühe Neuzeit bestimmend und beeinflußt auch politische Macht von Adel & Klerus
3. Beginn des Kolonialismus (Entdeckung Neue Welt etc.)
- traditionelle Handelswege (Mediterran) über arab. Zwischenhandel sind durch türk. Zölle nicht mehr lukrativ (Verteuerung der Waren)
- Suche und Entdecken neuer Handelswege (Atlantik) führt auch zu überseeischen Besitzungen (Indien, Amerika, Afrika)
- damit Steigerung des Welthandels und des Großgewerbes
Anm.: Das ist nicht mehr Mittelalter, sondern bereits Frühe Neuzeit, womit die klassische europäische Feudalgesellschaft eigentlich auch abgelöst ist - nur zum genauen Verständnis!
4. Vergleich der Situation der Bauern
Im westlichen Europa gab es sowohl leibeigene Bauern (auf Lehen) als auch freie Bauern (auf Allodialland).
Die Zahl der letzteren geht im Verlauf des Mittelalters mehr und mehr zurück - wie auch das Allodialland.
Die Bauern leisten Abgaben an den Herrn in Form von Frondiensten, Naturalabgaben sowie später auch Geld.
Erwirtschaften von Überschüssen ist den Bauern deshalb praktisch unmöglich.
Rechte der Ritter: Abgaben erheben und einholen, Rechtssprechung
Im Osmanischen Reich gab es die Hofbauernschaft; diese Bauern waren keine Leibeigenen.
Frondienste für die Bauern waren nicht vorgesehen; deshalb auch keine Unterscheidung in Allod und Fronhof.
Rechte der Spahis: Renten abholen und die Steuern eintreiben, aber die Spahis hatten nicht die Gerichtsbarkeit über die Bauern!
Beurteilung der Situation der Bauern?
Hmm, ist schwierig... :grübel:
Abgaben zu leisten hatten sie in beiden Systemen, und ich denke, für den einzelnen Bauern war es auch irrelevant, ob er diese nun via Frondienst und Naturalien/Geld abzuliefern hatte oder in Form von Rentenabgaben und Steuern. Zwar war der Bauer im westeuropäischen Mittelalter der Rechtssprechung seines Herrn unterworfen, dafür aber kümmerte sich sein Herr aber auch um das Land (heute würde man sagen, er war so etwas wie ein Manager) und vertrat seinen Bauern auch rechtlich nach außen. Und abgesehen davon stand sich der Bauer ebenso auch unter dem Schutz seines (ritterlichen) Herrn.
Es hatte also alles seine Vor- und Nachteile :fs:
Ich betone an der Stelle aber, das dies jetzt ausdrücklich
meine Meinung ist...
In diesem Sinne
Timo