Verkauf der Bevölkerung

Vor kurzem habe ich nach langer Zeit mal wieder Coopers "The Last of the Mohicans" gelesen bzw. mir als Audiobook vorlesen lassen, und ich stieß dabei auf ein mir gar nicht bekanntes Ereignis, über das ich auch bisher keine weiteren Informationen gefunden habe:



Natty Bumppo berichtet, dass ihm die Gegend um den Lake George, den er den "Horrican" nennt, gut bekannt ist, da er einige Jahre bevor die Geschichte spielt, nämlich 1757 beteiligt war an Kämpfen gegen eine deutsche Einheit in französischen Diensten, die von einem gewissen von Dieskau angeführt wurde. Nachdem von Dieskaus Truppe den Amerikanern in britischen Diensten hohe verluste zufügte, gelang es diesen schließlich doch, von Dieskaus Truppe abzupassen, wobei auch der Kommandeur der Deutschen fiel.
 
Nachdem sich die meisten in disem Thread einig sind, dass es sich bei der Entsendung der hessischen Söldner um ein völlig normales Prozedere gehandelt hatte, sie waren halt auf "Montage", und der Verweis auf die kritische Sicht von Schiller, als einer Stimme, weitgehend unbeachtet gebleiben ist, der Hinweis auf Duchhardt.

Zum Stichwort amerikanischer Unabhängigkeitskrieg schreibt er zur Entsendung der hessichen Söldner folgendes:

"Zum einen bewegte die Amerikanische Revolution und die Lösung der Kolonien vom Mutterland die Europäer in einem ganz erstaunlichen Maß, auch die Bevölkerung Deutschlands übrigens, wie Analysen des literarischen Marktes und der Presse erwiesen haben, wobei das hohe Maß an Sympathie frappierend ist, das man den Amerikanern entgegenbrachte.
...
Vor diesem Hintergrund war es für das politisierte deutsche Publikum ein besonderes Ärgernis, in welchem Maß sich einige deutsche Fürsten - Hessen-Kassel, Hanau, Ansbach-Bayreuth und andere - mit Truppenvermietungen zugunsten Großbritanniens engagierten."

Barock und Aufklärung - Heinz Duchhardt - Google Books

Es war nicht nur für die betroffenen Familien ein Problem, sondern es war auch für die neu entstehende "politische Öffentlichkeit" ein Problem.

Diese Vorgänge verwiesen auf die zunehmende Sensibilität des zunehmend aufgeklärten Bürgertums gegenüber der Legitimität der absolutistischen Monarchen. Und stelten die Frage nach der politsichen Legitimation, Landeskinder als Kanonenfutter zu verleihen, zur Aufbesserung des Staatsbudgets.

Und das Staatsbudget der Staaten der absolitistischen Periode diente primär den staatlichen Funktionen. Als da wären, Kriegsführung und Schuldendienst und in geringem Umfang auch für zivile Zwecke.

Als Beispiel GB: 1755 Militär: 3,4 / Schuldendienst: 2,7 / Zivil: 1,0 Gesamt: 7,1
ähnliche Proportionen können beispielsweise für Österreich noch um 1800 erkannt werden.
(Mann, S. 374). Auf andere Quellen zu Frankreich und zu den Niederlanden wurde ja bereits hingewiesen.

http://books.google.de/books?id=lRS...a=X&ei=qE9KUIThI4-7hAe9roH4CQ&ved=0CEwQ6AEwBQ

Und es ist kaum davon auszugehen, dass die Verhältnisse in den kleinen absolutistischen Staaten im HRRDN wesentlich anders lagen.

In diesem Sinne dienten die Subsidien im wesentlichen der Stabilisierung der Macht der einzelnen Monarchien innerhalb der HRR und der Prachtentfaltung im Rahmen ihrer architektonischen und sonstigen höfischen Inszenierung.


Schiller hat, als er Kabale und Liebe schrieb, wohl vor allem an seinen eigenen Herzog, Carl Eugen von Württemberg, gedacht, der der niederländischen Ostindienkompanie das sogenannte "Kapregiment" vermietet hatte. Von 3200 württembergischen Soldaten kehrten nur knapp 100 zurück.

Gottfried August Bürger verpackte in den "wundersamen Abenteuern des Freiherrn von Münchhausen zu Wasser und zu Lande" im ersten Seeabenteuer des "Lügenbarons" einen mehr oder weniger versteckten Seitenhieb auf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel. Wilhelm war wegen der Konversion seines Vaters Friedrich II. zum Katholizismus noch zu Lebzeiten seines Vaters Graf von Hanau geworden und hatte wie sein Vater den Briten Truppen für den Unabhängigkeitskrieg zur Verfügung gestellt. Nach dem Tod seines Vaters dürfte er einer der reichsten Männer seiner Zeit gewesen sein.

"Der Kazike war der abscheulichste Tyrann, und die Einwohner seiner Insel, selbst seine Günstlinge und Mätressen nicht ausgenommen, die elendesten Geschöpfe unterm Monde. In seinen Vorratshäusern verfaulten die Vorräte, während seine Untertanen, denen sie abgepresst wurden, vor Hunger verschmachteten. Seine Insel hatte keine auswärtigen Feinde zu fürchten. Dessen ungeachtet nahm er jeden jungen Kerl weg, prügelte ihn eigenhändig zum Helden und verkaufte seine Kollektion dem meistbietenden Fürsten, um zu den Millionen Muscheln, die er von seinem Vater geerbt hatte, neue Millionen zu legen. Man sagte uns, er habe diese unerhörten Grundlagen von einer reise nach dem Norden mitgebracht. Eine Behauptung, auf deren Widerlegung wir uns allen Patriotismus ungeachtet, schon deswegen nicht einlassen konnten, weil bei diesen Insulanern eine Reise nach dem Norden ebenso wohl eine Reise nach den Kanarischen Inseln als eine Spazierfahrt nach Grönland bedeutet, und eine bestimmte Erklärung mochten wir aus mehreren Gründen nicht verlangen."

Natürlich haben Friedrich II. von Hessen-Kassel und sein Sohn Wilhelm Gelder für repräsentative Bauten ausgegeben, und natürlich fiel auf den Souverän der meiste Glanz, wenn es um kulturelle Stiftungen wie die Gründung der Kunstakademie in Kassel und die Berufung eines Malers wie Johann Heinrich Tischbein ging. Kassel entwickelte sich in dieser Zeit zu einer "Stadt der Künste und Kongresse", wie sich die "Documentastadt" selbst beschreibt.

Das Fridericianum am Friedrichsplatz in Kassel war das erste Museum in ganz Europa, das der ganzen Öffentlichkeit, und nicht nur dem am Hofe zugelassenen Adel zugänglich war. Großbauten wie Schloss Wilhelmshöhe, mit dessen Bau Simon Du Ry 1785 begann, Hanau-Wilhelmsbad oder die Löwenburg, die Wilhelm IX. als Refugium und "Liebesnest" für seine Mätresse Caroline von Schlotheim, die spätere Gräfin Hessenstein, anlegen ließ, verschafften zahlreichen Handwerksbetrieben über Jahre hinaus Aufträge. Es wurden aber nicht bloß repräsentative Bauten für den Landesherren in Auftrag gegeben, sondern auch Schulen oder ein Militärwaisenhaus in der Unterneustadt. Der Bau wurde im 2. Weltkrieg zerstört, eine "Waisenhausstraße" gibt es aber heute noch. Die Prunk- und Repräsentationsbauten in Kassel und Hanau kann man natürlich kritisch sehen, solche Bauten verschafften aber unzähligen Handwerksbetrieben über Jahre hinaus Aufträge und kurbelten die heimische Wirtschaft an.
Landgraf Friedrich II. und auch sein Sohn Wilhelm, der durchaus zu recht als knauserig galt, haben den Angehörigen der Soldaten, die in Amerika dienten, Steuern und Abgaben erlassen.

Söldner gibt es fast solange wie es Armeen gibt. Im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg spielte George Washington auf Rat des Polen Tadeus Kosciusko selbst mit dem Gedanken, Söldner anzuwerben. Truppen an andere Mächte zu vermieten, verstieß nicht gegen Reichsgesetze, und bewegte sich durchaus im Rahmen üblicher Praktiken. Neu war eigentlich nur die enorme Entfernung des Kriegsschauplatzes von der Heimat und die lange Dauer des Einsatzes. Prinzipiell war gewaltsame Werbung durch Order des Landgrafen verboten, und Verstöße und Übergriffe wurden durchaus streng bestraft-wenn sie tatsächlich nachgewiesen werden konnten. Dieses Verbot wurde freilich in der Realität und Praxis aufgeweicht. Dem Landgrafen ging es vor allem darum, der heimischen Wirtschaft nicht zu viele Arbeitskräfte zu entziehen. Die insgesamt, mit Reserven eingerechnet, fast 17.000 Mann die aus Hessen-Kassel rekrutiert wurden, waren das Äußerste, was aus dem Land mit ca. 300-350.000 Einwohnern herauszuholen war. Mit längerer Kriegsdauer wuchs der Druck auf die Werbeoffiziere, und gegenüber "Ausländern" oder gar Vaganten und Fahrendem Volk waren die Skrupel, notfalls auch Gewalt anzuwenden gering. Was Johann Gottfried Seume in seiner Autobiographie beschrieb, mag in gewissen Details übertrieben sein, im Großen und Ganzen halte ich seine Angaben doch für glaubwürdig.

"Ausländer" wurden mit großem Mißtrauen betrachtet. Generalleutnant von Gohr, Kommandant und Gouverneur der Festung Ziegenhain, die seit 1777 als Rekrutendepot diente, schrieb: "Es fällt schwer, mit nur wenigen Unterofficiers Ordnung unter so vielen bösen Kerls zu halten." Man unterstellte vielen Rekruten, dass es ihnen nur um kostenlose Passage nach Amerika ging, und diese Truppen wurden wie Gefangene bewacht. Der Frust entzündete sich in einer geplanten Rebellion im Winter 1780/81, die allerdings verraten wurde, und mit einer Scheinhinrichtung wurde der Widerstand schnell gebrochen.

Auch für die Bevölkerung in Hessen war die Politik des Soldatenhandels der Landgrafen zweifellos mit großen Belastungen verbunden. Familien, die es sich nicht leisten konnten, notfalls einen Ersatzmann zu stellen, mussten damit rechnen, dass ein Sohn, Neffe oder Schwiegersohn rekrutiert werden konnte. Für Soldaten, die ein Handwerk gelernt hatten, das sie in Garnison ausübten, war es ein schwerer Schicksalsschlag, wenn sie aus sozialen Bindungen herausgerissen wurden, um in Amerika zu kämpfen. Auswanderung war verboten, Werbeschriften, die für Auswanderung warben, wurden beschlagnahmt, und jetzt mussten die jungen Männer da hin, ohne wissen zu können, wann und ob sie zurückkehrten. Die Bewohner von Ziegenhain mussten sich selbst und ihre Zugtiere bereitstellen, um täglich die Festungsgräben zu enteisen, um Desertionen vorzubeugen. Das Bewusstsein, dass man zu viel von ihnen verlangt hatte, dass sie durchaus nicht freilich in den Krieg gezogen waren, war bei vielen Amerikaveteranen vorhanden, und nach den Erfahrungen der amerikanischen und französischen Revolution machte sich diese Kritik durchaus Luft vor allem, als es um Altersversorge der Veteranen ging.
 
...Fortsetzung

Die Hessen haben in Amerika und auf anderen Kriegsschauplätzen tapfer gekämpft. Einheiten wie das hessische Jägerkorps unter Offizieren wie Johann Ewald oder Freiherr von Wurmb haben sich auch beim Gegner Respekt erworben, aber im Grunde fanden sie sich in einem Krieg wieder, der nicht der ihre war, bei dem sie Gesundheit Leib und Leben auf einem Kriegsschauplatz riskierten, der sie im Grunde nichts anging. Die Hoffnungen auf Beförderung und Karriereschub erfüllten sich für viele Offiziere nicht. Johann Ewald, der vielleicht das erste Handbuch des Guerillakrieges verfasste und sich mehrfach auszeichnete, ging später in dänische Dienste, wo er geadelt und noch General wurde. Das hessische Offizierskorps stand auch Bürgerlichen offen, aber die höchsten Offiziersränge blieben nach wie vor fast ausschließlich Adeligen vorbehalten, und das galt auch für besonders renommierte Regimenter.

Ich halte nicht viel davon, Mißstände aufzurechnen, ein Übel wird nicht besser dadurch, dass alle anderen es auch tun oder andere, ähnliche Mißstände existieren. Es wird von den "verkauften Hessen" gesprochen, was aber ist mit den Regimentern Nassau und Zweibrücken, die 1780 bei Yorktown auf Seite der Franzosen/Amerikaner kämpften? Was mit den Rheinbundfürsten, die ihre Truppen Napoleon zur Verfügung stellten? Von den 38.000 Mann der Armee des Königreichs Westphalen haben keine 1000 Mann die Heimat wiedergesehen, der Rest wurde in Spanien und Russland aufgerieben, in Konflikten und auf Kriegsschauplätzen, die nicht die ihren waren und wo sie ähnlich deplaziert waren, wie es die Generation ihrer Väter in Amerika war.

Der "Soldatenhandel" europäischer Fürsten kann kritisiert werden, und in vielen Details ist eine solche Kritik sicher berechtigt. Ich sehe darin allerdings nicht den Sozialskandal des 18. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Militärwesen dieser Zeit. Ein Sozialskandal aber war, dass sich fast alle Herrscher dieser Zeit um eine angemessene Versorgung der Soldaten und Veteranen drückten. Das Militär pochte nachdrücklich auf seinen Ehrenkodex, wenn Angehörige sogenannter "unehrlicher Berufe" in die Armee aufgenommen wurden, war sogar ein eigenes Ritual der Ehrlichmachung erforderlich. Aber im Bewusstsein der Zeit waren Soldaten eher arme Schlucker, als martialische Krieger. Männer, die in ihrer Jugend gefragte Leute gewesen waren, mussten im Alter damit rechnen, abgeschoben und entsorgt zu werden. Der Beruf wurde oft in früher Jugend angetreten, junge Männer fanden keine Zeit, soziale Bindungen und Erfahrungen zu sammeln. Glück hatten noch Soldaten, die vorher ein Handwerk hatten lernen können. Sie verrichteten einen oft langweiligen Garnisonsdienst, gewöhnten sich an Lagerleben und Waffengebrauch in einem Alter, in dem Persönlichkeitsentwicklung stattfindet. Vielen Veteranen oder gar Invaliden blieb nach vollendeter Dienstzeit nur die Möglichkeit, als Bettler, Vagant oder Gauner ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eheschließungen wurden gemeinen Soldaten enorm erschwert, wenn nicht gar verboten. Kaum irgendwo gab es im 18. Jahrhundert eine angemessene Versorgung abgedankter oder invalider Soldaten. Invalidenversorgung blieb an Einzelfälle gebunden. Die Fürstenstaaten der frühen Neuzeit entzogen sich ihrer Verpflichtung für Invaliden und Kranke, und erst recht wollten diese Staaten keine Verantwortung für alte oder gar invalide Soldaten. Das war der wirkliche Sozialskandal auch noch des aufgeklärten Absolutismus, und es ist kein Zufall, dass Kritik der betroffenen Veteranen im Zusammenhang mit Pensionsforderungen (50 Jahre später von Veteranen oder deren Witwen) formuliert wurden. In einem Pensionsantrag von 1831 schreibt ein Veteran:

"In meinem 17. Jahr wurde ich, noch ehe ich eine Profession hätte erlernen können, zum Soldatenstand gezwungen. Machte 6 Jahre später, im Jahre 1776, den Feldzug nach America mit."

Ein anderer schrieb: "Zweiundfünfzig Jahre habe ich die Gnade gehabt, meinem allergnädigsten Landesherren zu dienen. Schon in meinem 14ten Jahre wurde ich aus der Lehre genommen, dem Jägerkorps einverleibt und musste den beschwerlichen Feldzug nach America mitmachen. In jenem mir gänzlich unbekannten Lande traf mich das traurige Los der Gefangenschaft. Nachdem ich ein volles Jahr im Elend geschmachtet, wurde ich wieder in Freiheit gesetzt."

"So soll ich denn, nachdem ich dem Kurhause (Hessen) 61 Jahre treu und redlich gedient habe- in meinem 78sten Jahre mit meiner kranken Frau (früher Witwe eines Kriegskameraden) noch hungern! Freylich bliebe mir noch deer Ausweg des Bettelns, aber dieses entehrende Gewerbe kann und werde ich nie ergreifen, weil ich zu stolz bin, andererseits weil ich in Uniform bettelnd-dem Staat, dem ich diente, schwer kränken müsste." Zitiert nach Inge Auerbach, Die Hessen in Amerika 1776-1783 S. 342-343.

Landgraf Friedrich II. ließ sich eine gewisse Summe für die toten Hessen auszahlen, die er den Hinterbliebenen auszahlen ließ. In Gazetten des 18. Jahrhunderts wurde ein sogenannter "Uriasbrief" veröffentlicht. (Urias war ein Offizier König Davids. Dieser ließ ihn bei einem Himmelsfahrtskommando umkommen, um dessen Frau ungestört beschlafen zu können, was der Prophet Nathan David vorwirft). Diesen Brief sollte der Landgraf selbst geschrieben haben, der sich darin beklagt, dass so wenige Hessen gefallen seien. Friedrichs Steuererleichterungen und Invalidenrenten die er den Familien einiger hessischer Soldaten gewährte oder der Bau eines Militärwaisenhaus mag dürftig genug gewesen sein, er hätte sich mehr leisten können.

Immerhin machte dieser erste Fürst der Aufklärung in Hessen wenigstens den zaghaften Versuch, so etwas wie eine Invaliden/Veteranen-Versorgung ins Leben zu rufen.
 
Ich wollte kurz noch mal auf den Aspekt der Staatsräson eingehen, der auf der 1. Seite des Threads angedeutet wurde. Dazu ein Zitat:

In diesem Zusammenhang sei noch einmal der Skandal des "Verkaufs" von markgräflich(en) (ansbachischen) Truppen an die Engländer im Unabhängigkeitskrieg gestreift. Wir erörtern dabei nicht, aufgrund welcher Entwicklungen des Staatsgedankens und des Heereswesens ein Fürst sich berechtigt fühlen konnte, "seine" Soldaten auszuleihen. Wir fragen auch nicht weiter nach, ob das von Historikern gern bemühte Prinzip der Staatsräson nicht in diesem Fall anzuwenden wäre, wenn es überhaupt einen Sinn ergeben sollte. schließlich wurden die über 90.000 Bankothaler pro Jahr, die diese Vermittlung dem völlig überschuldeten Fürstentum (Ansbach) nachweislich zur Wirtschaftsförderung des Landes verwendet. Wir fragen auch nicht weiter, ob der große Friedrich ein Recht hatte, seinen fränkischen Vetter wegen seines Soldatenhandels zu tadeln-denn für den Gemeinen Mann kam es so ziemlich auf das selbe heraus, ob er für die Kasse seines Landesherren oder für dessen Ruhm in den Krieg zog. Mit der ihm bisweilen eigenen Offenheit hatte der Preußenkönig schließlich selbst zugegeben, den (1.) Schlesischen Krieg aus Ruhmsucht begonnen zu haben."

Ernst Schubert, Arme Leute, Bettler und Gauner im Franken des 18. Jahrhunderts S. 147-148.


Schiller kritisiert in "Kabale und Liebe" weniger die Praxis, dass Fürsten "ihre" Truppen an andere Fürsten vermieten, sondern dass der Fürst das tut, weil er nur so seiner Mätresse Lady Milford ein Diamantcollier verehren kann und dass er die allzu berechtigte Kritik seiner Soldaten damit beantwortet, dass er die Kritiker einfach erschießen lässt.

Wie gesagt hatte Schiller dabei wohl eher an seinen eigenen Herzog Carl Eugen von Württemberg von Württemberg gedacht. Carl Eugen hatte, wie schon erwähnt 3000 Soldaten an die niederländische Ostindienkompanie vermietet. Schillers Kollege Schubart hatte die Kritik an der Mätressenwirtschaft des Herzogs und an dessen Verschwendungssucht einen Aufenthalt auf dem Hohenasberg eingebracht. Gegen Schiller wurde vom Herzog ein Schreibverbot verhängt, und Schiller war nach dem fulminanten Erfolg seines Stücks "Die Räuber" von Stuttgart nach Mannheim geflohen, nicht zuletzt aus durchaus begründeter Sorge, womöglich auch ein Quartier auf dem Hohenasberg zu bekommen. Der Intendant von Dahlberg sah sich gezwungen, die eigentlich in der Gegenwart spielende Handlung in die böhmischen Wälder des Spätmittelalters zu verlegen. Bei Geislingen war es zu einem Vorfall ähnlich wie im Stück Kabale und Liebe gekommen, bei dem einige "Aufrührer" tatsächlich erschossen wurden. Eine Mitarbeiterin der staatlichen Verwaltung der Schlösser und Gärten sagte mal, dass Kabale und Liebe sogar mal in Kassel aufgeführt wurde und zwar relativ bald nach der Entstehung, also noch zu Lebzeiten von Friedrich II. von Hessen-Kassel oder zu Beginn der Regentschaft von Wilhelm IX. Diese Angabe ist aber ohne Gewähr, und ich müsste mal nachhaken was es damit auf sich hat.


In Beitrag 62 habe ich geschrieben, dass Tadeusz Kosciosko Washington vorgeschlagen habe, selbst deutsche Söldner anzuwerben. Da muss ich mich korrigieren, denn es ist George Washington selbst auf die Idee gekommen oder wurde von Kasimierz Pulaski dazu angeregt, deutsche Söldner einzukaufen. Die Hessen müssen sich als brauchbare Soldaten erwiesen haben, und Washington hatte anscheinend ein durchaus positives Bild von "Mercenaries" gewonnen, jedenfalls was ihre militärische Qualität betrifft. Ja, Washington hatte bereits Schritte unternommen, den polnischen Offizier, Reiseschriftsteller und Abenteurer Moritz August Beniowski zu beauftragen, im Heiligen Römischen Reich deutsche Söldner für die amerikanische Seite anzuwerben. Friedrich von Steuben hielt die Pläne von Washington und Beniowski für vernünftig, der Kongress zögerte aber wegen des erhofften Friedens.

Inge Auerbach, Die Hessen in Amerika Marburg 1996 S. 211-212.
 
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