Natürlich tragen die Eliten auch eine Schuld, diese wurden freilich im Westen ja ausgebildet und kennen wahrscheinlich europäische Lösungen mehr als afrikanische oder äthiopische und was weiß ich noch.
Wobei ich mir hier sehr die Frage stellen würde, ob wir nicht auch diverse Probleme Afrikas oder was wir für seine Probleme halten, viel zu europäisch denken.
Etwa die Sache mit den Grenzziehungen:
Ich persönlich denke z.B. dass in den Diskussionen, die wir darüber führen, daraus ein viel größeres Problem gemacht wird, als es das eigentlich ist.
Und dass liegt vermutlich an dem Bild, war wir hier in Europa vor Augen haben, wenn wir an den Begriff "Grenze" denken.
Denn wir wir im modernen Sinne diesen Begriff denken, gerade auch vor dem Hintergrund des kalten Krieges oder der Art und Weise, wie sich Europa heute gegen Afrika abzugrenzen versucht, denken wir dabei ja an engmaschig überwachte, teilweise gar befestigte Linien, die nicht so ohne weiteres zu überwinden sind.
Inwiefern entspricht das aber den afrikanischen Verhältnissen?
In der Kolonialzeit gab es keine tatsächlich raumgreifende Überwachung der Grenzen durch die Kolonialmächte (jedenfalls nicht in den Flächenkolonien), dafür hatten die in den entsprechenden Gebieten überhaupt nicht die adäquate Manpower.
Die konnten mit dem, was sie hatten vieleicht Grenzpunkte an den Hauptverkehrsrouten überwachen, mehr aber nicht.
Und insofern bestimmten diese Grenzen zwar die Art und Weise, wie die jeweiligen Gebiete verwaltet wurden und welche Politik man gegenüber den Bewohnern verfolgte, aber sie waren in keiner Weise nicht überwindbare Barrieren.
Und in dieser Hinsicht dürften sie für die Europäer als Demarkationslinien der jeweiligen Intertessensphären wahrscheinlich mehr bedeutung gehabt haben, als für den Alltag der lokalen Bevölkerungen in den Grenzgebieten.
Und ohne das nachweisen zu können, würde ich mich so weit aus dem Fesnter lehnen wollen, zu behaupten, dass sich das wahrscheinlich auch nach der Dekolonisierung nicht maßgeblich geändert hat, weil den meisten Staaten in Afrika schlicht die Mittel für ein konsequentes Grenzregime fehlen und bei diversen Staaten die Grenzen auch einfach so ausgedehnt sind, dass selbst mit mehr Mitteln eine tatsächliche Überwachung undenkbar wäre.
Deswegen, ohne das Handeln der Kolonialmächte entschuldigen zu wollen, denke ich, dass wir gerade die Grenzproblematik wesentlich größer machen als sie tatsächlich ist.
Weil wir wahrscheinlich genuin europäische Erfahrungen da hineinimaginieren, die aber mit den Realitäten vor Ort nicht viel zu tun haben.