Verteidigung des deutschen Kolonialismus von Bruce Gilley

Natürlich tragen die Eliten auch eine Schuld, diese wurden freilich im Westen ja ausgebildet und kennen wahrscheinlich europäische Lösungen mehr als afrikanische oder äthiopische und was weiß ich noch.

Wobei ich mir hier sehr die Frage stellen würde, ob wir nicht auch diverse Probleme Afrikas oder was wir für seine Probleme halten, viel zu europäisch denken.

Etwa die Sache mit den Grenzziehungen:

Ich persönlich denke z.B. dass in den Diskussionen, die wir darüber führen, daraus ein viel größeres Problem gemacht wird, als es das eigentlich ist.

Und dass liegt vermutlich an dem Bild, war wir hier in Europa vor Augen haben, wenn wir an den Begriff "Grenze" denken.
Denn wir wir im modernen Sinne diesen Begriff denken, gerade auch vor dem Hintergrund des kalten Krieges oder der Art und Weise, wie sich Europa heute gegen Afrika abzugrenzen versucht, denken wir dabei ja an engmaschig überwachte, teilweise gar befestigte Linien, die nicht so ohne weiteres zu überwinden sind.

Inwiefern entspricht das aber den afrikanischen Verhältnissen?

In der Kolonialzeit gab es keine tatsächlich raumgreifende Überwachung der Grenzen durch die Kolonialmächte (jedenfalls nicht in den Flächenkolonien), dafür hatten die in den entsprechenden Gebieten überhaupt nicht die adäquate Manpower.
Die konnten mit dem, was sie hatten vieleicht Grenzpunkte an den Hauptverkehrsrouten überwachen, mehr aber nicht.
Und insofern bestimmten diese Grenzen zwar die Art und Weise, wie die jeweiligen Gebiete verwaltet wurden und welche Politik man gegenüber den Bewohnern verfolgte, aber sie waren in keiner Weise nicht überwindbare Barrieren.

Und in dieser Hinsicht dürften sie für die Europäer als Demarkationslinien der jeweiligen Intertessensphären wahrscheinlich mehr bedeutung gehabt haben, als für den Alltag der lokalen Bevölkerungen in den Grenzgebieten.

Und ohne das nachweisen zu können, würde ich mich so weit aus dem Fesnter lehnen wollen, zu behaupten, dass sich das wahrscheinlich auch nach der Dekolonisierung nicht maßgeblich geändert hat, weil den meisten Staaten in Afrika schlicht die Mittel für ein konsequentes Grenzregime fehlen und bei diversen Staaten die Grenzen auch einfach so ausgedehnt sind, dass selbst mit mehr Mitteln eine tatsächliche Überwachung undenkbar wäre.


Deswegen, ohne das Handeln der Kolonialmächte entschuldigen zu wollen, denke ich, dass wir gerade die Grenzproblematik wesentlich größer machen als sie tatsächlich ist.
Weil wir wahrscheinlich genuin europäische Erfahrungen da hineinimaginieren, die aber mit den Realitäten vor Ort nicht viel zu tun haben.
 
Ich war ja dreimal in Afrika und Grenzkontrollen dort können wirklich nicht witzig sein und man sitzt im Auto, die Klimaanlage gibt den Geist auf, obwohl man für das Auto ein Vermögen bezahlt hat und die Grenze arbeiten ganze 3 STunden, über Nacht bleibt man meisten da und kann nicht schlafen, weil ja ich bin ungern in der Grenze und werde überfahren, dass gilt auch für Horgos in Ungarn geschweige den in Tansania. Irgendwo habe ich gelesen der Grenzübergang zwischen Afghanistan und Pakistan ist genauso geregelt.

Korrupte Beamte die Geld wollen und ständig wird zugemacht weil die Politik nicht stimmt oder eine Seuche ausgebrochen ist (was ich ja sehr verstehe).

Das nur die Menschen selbst sich helfen können davon bin ich überzeugt, das gilt für den Depressiven der sein eigener Psychologe sein muss, wie für alle Communities dieser Welt. Natürlich kann und muss man helfen, aber mit Verstand nicht nur mit Herz, die Nazis dachten ja auch sie tuen der Welt einen Gefallen, wenn sie die Welt vor dem "Ungeziefer" befreien.

Ich weiß ich neige zur Polemik, leider merke ich das wenn man nicht Henryk M. Broder jünger und größer (körperlich) ist, dich niemand ernst nimmt.
 
Ich war ja dreimal in Afrika und Grenzkontrollen dort können wirklich nicht witzig sein und man sitzt im Auto, die Klimaanlage gibt den Geist auf, obwohl man für das Auto ein Vermögen bezahlt hat und die Grenze arbeiten ganze 3 STunden, über Nacht bleibt man meisten da und kann nicht schlafen, weil ja ich bin ungern in der Grenze und werde überfahren, dass gilt auch für Horgos in Ungarn geschweige den in Tansania.

Ja, mit dem Auto hast du dich aber über die Hauptverkehrsachsen bewegt.
Ich rede aber vor allem von den Räumen abseits davon.

Tatsache ist doch, dass die Grenzräume dort so ausgedehnt sind, dass jeder, der rüber möchte und sich im Grenzgebiet einigermaßen auskennt auch rüber kommt und zwar einigermaßen unbehelligt.
Sicherlich nicht direkt entlang der Straßen und Bahnlinien.

Aber einige Wegstunden abseits davon? Sicherlich.
 
Naja selbst wenn ich ein Masai Krieger bin und zu meinen Verwandten über die Grenze gehe, will ich ja nicht einen halben Tag durch die Savanne watschen.

Gut, aber ich bin kein Masai Krieger müsste man einen fragen, das stimmt.
 
Naja selbst wenn ich ein Masai Krieger bin und zu meinen Verwandten über die Grenze gehe, will ich ja nicht einen halben Tag durch die Savanne watschen.

De facto wird bei den Kosten für moderne Transportmittel und bei den finanziellen Möglichkeiten der meisten Afrikaner der Verwandtschaftsbesuch in der Regel ohnehin zu Fuß erledigt werden und zwar auch wenn dass mehrere Tage dauert.

Wenn der Masai-Krieger aber ohnehin eine Woche lang zu fuß unterwegs ist um dort hin zu kommen, weil moderne Transportmittel zu teuer sind oder es in der Gegend überhaupt keine Infrastruktur dafür gibt, macht der halbe zusätzliche Tag um unbehelligt über die Grenze zu kommen, keine so großen Unterschied mehr, denke ich.
 
Wobei ich mir hier sehr die Frage stellen würde, ob wir nicht auch diverse Probleme Afrikas oder was wir für seine Probleme halten, viel zu europäisch denken.

Etwa die Sache mit den Grenzziehungen:

Ich persönlich denke z.B. dass in den Diskussionen, die wir darüber führen, daraus ein viel größeres Problem gemacht wird, als es das eigentlich ist.

Und dass liegt vermutlich an dem Bild, war wir hier in Europa vor Augen haben, wenn wir an den Begriff "Grenze" denken.
Denn wir wir im modernen Sinne diesen Begriff denken, gerade auch vor dem Hintergrund des kalten Krieges oder der Art und Weise, wie sich Europa heute gegen Afrika abzugrenzen versucht, denken wir dabei ja an engmaschig überwachte, teilweise gar befestigte Linien, die nicht so ohne weiteres zu überwinden sind.

Inwiefern entspricht das aber den afrikanischen Verhältnissen?

In der Kolonialzeit gab es keine tatsächlich raumgreifende Überwachung der Grenzen durch die Kolonialmächte (jedenfalls nicht in den Flächenkolonien), dafür hatten die in den entsprechenden Gebieten überhaupt nicht die adäquate Manpower.
Die konnten mit dem, was sie hatten vieleicht Grenzpunkte an den Hauptverkehrsrouten überwachen, mehr aber nicht.
Und insofern bestimmten diese Grenzen zwar die Art und Weise, wie die jeweiligen Gebiete verwaltet wurden und welche Politik man gegenüber den Bewohnern verfolgte, aber sie waren in keiner Weise nicht überwindbare Barrieren.

Und in dieser Hinsicht dürften sie für die Europäer als Demarkationslinien der jeweiligen Intertessensphären wahrscheinlich mehr bedeutung gehabt haben, als für den Alltag der lokalen Bevölkerungen in den Grenzgebieten.

Und ohne das nachweisen zu können, würde ich mich so weit aus dem Fesnter lehnen wollen, zu behaupten, dass sich das wahrscheinlich auch nach der Dekolonisierung nicht maßgeblich geändert hat, weil den meisten Staaten in Afrika schlicht die Mittel für ein konsequentes Grenzregime fehlen und bei diversen Staaten die Grenzen auch einfach so ausgedehnt sind, dass selbst mit mehr Mitteln eine tatsächliche Überwachung undenkbar wäre.


Deswegen, ohne das Handeln der Kolonialmächte entschuldigen zu wollen, denke ich, dass wir gerade die Grenzproblematik wesentlich größer machen als sie tatsächlich ist.
Weil wir wahrscheinlich genuin europäische Erfahrungen da hineinimaginieren, die aber mit den Realitäten vor Ort nicht viel zu tun haben.

In der Sahelzone gab es ein sehr altes System von Landwirtschaft und Weidewirtschaft eine Kombination aus nomadischer Lebensweise und periodischer Sesshaftigkeit. Es gab eine sehr lange Tradition der Landwirtschaft bei den Kulturen des Sahel. Periodische Sesshaftigkeit mit Landwirtschaft und nomadische Weidewirtschaft war gut an das Klima, an lokale Verfügbarkeit von Wasser usw. angepasst, dazu waren aber lange Wanderungen über Landesgrenzen hinweg notwendig. Etliche Saharaanrainerstaaten waren sich aber durchaus nicht immer grün, so dass weiträumige Wanderungsbewegungen, die über Staatengrenzen hinausgingen vielfach unterbunden wurden. Es kam so zu Überweidung und Versteppung und zu einer Hungersnot in der Sahelzone.
 
Wobei ich mir hier sehr die Frage stellen würde, ob wir nicht auch diverse Probleme Afrikas oder was wir für seine Probleme halten, viel zu europäisch denken.

Etwa die Sache mit den Grenzziehungen:

Ich persönlich denke z.B. dass in den Diskussionen, die wir darüber führen, daraus ein viel größeres Problem gemacht wird, als es das eigentlich ist.

Und dass liegt vermutlich an dem Bild, war wir hier in Europa vor Augen haben, wenn wir an den Begriff "Grenze" denken.
Denn wir wir im modernen Sinne diesen Begriff denken, gerade auch vor dem Hintergrund des kalten Krieges oder der Art und Weise, wie sich Europa heute gegen Afrika abzugrenzen versucht, denken wir dabei ja an engmaschig überwachte, teilweise gar befestigte Linien, die nicht so ohne weiteres zu überwinden sind.

Inwiefern entspricht das aber den afrikanischen Verhältnissen?
Das ist sicher von Ort zu Ort unterschiedlich. Aus der arabischen (post)kolonialen Literatur gibt es Beispiele von Beduinen, die plötzlich vor dem Suezkanal standen und nicht mehr ihre angestammten Routen ziehen konnten. Aber auch nicht mal eben nach Jordanien rüber. Rafiq Shami erzählt die Geschichte von einem Kamel, das Artischoken frisst. Als sein Besitzer es wieder auf die richtige Seite der Grenze holen will, wird er aufgegriffen und kommt wegen illegalen Grenzübertritts für einige Tage ins Gefängnis. Wahrscheinlich interessiert es einen Twareg, der zwischen Mali und Algerien unterwegs ist, nicht die Bohne, dass er zig mal die Grenzen überschreitet (und wenn er ideologisch Boko haram nahesteht, sowieso nicht). Andernorts spielt das dann aber sehr wohl eine Rolle.
 
Das plötzlich war vielleicht eine ungünstig gewählte Vokabel, was aber nichts daran ändert, dass der Suezkanal den Bedus ihre herkömmlichen Zugrouten zerschnitt.
 
Das ist sicher von Ort zu Ort unterschiedlich. Aus der arabischen (post)kolonialen Literatur gibt es Beispiele von Beduinen, die plötzlich vor dem Suezkanal standen und nicht mehr ihre angestammten Routen ziehen konnten.

Das mag sich in Sachen Suez-Kanal durchaus so verhalten, nur ist der ja absolut kein Beispiel für eine Grenze, die von irgendwelchen europäischen Besatzern/Kolonisatoren mal eben willkührlich gezogen wurde, sondern das war ja durchaus ein Projekt, dass ohne den das politische Wohlwollen von Ägyptischer und in Teilen Osmanischer Seite und vor allem auch deren Beteiligungen, nicht möglich gewesen wäre.
 
In der Sahelzone gab es ein sehr altes System von Landwirtschaft und Weidewirtschaft eine Kombination aus nomadischer Lebensweise und periodischer Sesshaftigkeit. Es gab eine sehr lange Tradition der Landwirtschaft bei den Kulturen des Sahel. Periodische Sesshaftigkeit mit Landwirtschaft und nomadische Weidewirtschaft war gut an das Klima, an lokale Verfügbarkeit von Wasser usw. angepasst, dazu waren aber lange Wanderungen über Landesgrenzen hinweg notwendig. Etliche Saharaanrainerstaaten waren sich aber durchaus nicht immer grün, so dass weiträumige Wanderungsbewegungen, die über Staatengrenzen hinausgingen vielfach unterbunden wurden. Es kam so zu Überweidung und Versteppung und zu einer Hungersnot in der Sahelzone.

Im Hinblick auf nomadische Lebensweise ist dass Problem aber nicht, dass die Europäer dort Grenzen gezogen haben, sondern das überhaupt jemand Grenzen gezogen hat, um die sich irgendjemand schert.

Heißt um die nomadische Lebensweise in unbehinderter Form zu schützen, müsste man im Grunde genommen allen nicht nomadisch lebenden Gruppen im Gebiet die Abgrenzung ihrer Interessenssphären und die Herausbildung eines modernen Staatswesens verbieten.

Ich will den Kolonialismus wie gesagt nicht schönreden oder entschuldigen, die Verbrechen, die da begangen wurden, sind nicht zu entschuldigen und in Europa sollte man sich insgesamt schämen, dass man sich mit der Aufarbeitung und vor allem auch mit Entschädigungen und der Rückgabe von Raubgut so schwer tut.

Im Hinblick auf das Narrativ der Grenzziehungen allerdings, verdeckt das hier einfach auch das innerafrikanische Problem des Nebeneinanders vonn nomadischen oder halb nomadischen und sesshaften Gruppen, mitunter in den selben Räumen.
Die einen haben ein natürliches Interesse daran, die von ihnen bewirtschafteten Gebiete und das was sie als ihr Eigentum betrachten abzugrenzen und sich möglicherweise stärker staatlich zu organisieren, die anderen haben ein Interesse daran, dass jede Form der Abgrenzung unterbleibt, die ihren Bewegungsradius oder ihre Möglichkeit zur Nutzung bestimmter Gebiete einschränken könnte.

Die Lösung der Grenzziehung durch die Europäer war hier sicherlich nicht glücklich, allerdings hat sie das Problem nicht geschaffen.
Ist ja nicht so, als dass es ein Nebeneinander sesshafter und nicht sesshafter Gruppen in Afrika vor 1880 nicht gegeben hätte.

Und ich würde meinen eine für alle zufriedenstellende Lösung gibt es hier nicht.
Eine andere Grenzziehung wäre für nomadisch lebende Gruppen genau so ein Problem, vielleicht nicht für die gleichen Gruppen, sondern für andere, aber daas würde ja im Prinzip wenig ändern.

Eine Abschaffung jeglicher Grenzziehungen in Afrika würde den nomadischen Gruppen entgegenkommen, wäre aber für alle anderen ein Problem.
 
Kolonialmacht Deutschland (1884 – 1919)...

Da die erste deutsche Kolonie Deutsch-Südwest Afrika (heutiges Namibia) war, mal ein Schreiben vom Hottentotten - Häuptling >Hendrik Witbooi< (* um 1830 – 29.10.1905) an den damaligen preußische Generalmajor >Theodor Leutwein< (* 09.05.1849/Strümpfelbrunn/ heutiges BL BW - † 13.04.1921 Freiburg/Breisgau/BL ebenda).

Hendrik Witbooi schrieb am 17.08.1894 folgendes:

„Mein lieber hochveredler Herr Leutwein, Major!

Sie sagen, dass es Ihnen leid thut, daß ich den Schutz des deutschen Kaiser nicht anerkennen will und dass Sie mir dies als Schuld anrechnen und mich mit Waffengewalt strafen wollen.
Dies beantworte ich so:
Ich habe den deutschen Kaiser in meinem Leben noch nicht gesehen, und er hat mich auch noch nicht in seinem Leben gesehen, deshalb habe ich ihn auch noch nicht erzürnt mit Worten oder Taten.
Gott, der Herr, hat verschiedene Königreiche auf die Welt gesetzt, und deshalb weiß und glaube ich, dass es keine Sünde und Verbrechen ist, dass ich als selbstständiger Häuptling meines Landes und Volk bleiben will, und wenn Sie mich wegen meiner Selbstständigkeit über mein Land ohne Schuld töten wollen, so ist das auch keine Schande und Schade, denn dann sterbe ich ehrlich über mein Eigentum.
Ich sage Ihnen, lieber Freund, ich bin wahrhaftig frei und ruhig in meinen Gedanken, weil ich weiß, dass ich wahrhaftig unschuldig bin und ich weiß auch, dass Sie wissen, dass ich vor Ihnen unschuldig bin. Aber Sie sagen, Macht hat Recht, und nach diesen Worten handeln Sie mit mir, weil Sie mächtig in Waffen und allen Bequemlichkeiten sind.
Aber, lieber Freund, Sie kommen zu mir mit Waffengewalt und haben mir erklärt, dass Sie mich beschießen wollen. So denke ich diesmal auch wieder zu schießen, nicht in meinem Namen, nicht in meiner Kraft, sondern in Namen des Herrn und seiner Kraft, und mit seiner Hilfe werde ich mich wehren.
So liegt die Rechenschaft über das unschuldige Blut dass vergossen von meinen Leuten und von Ihren Leuten, nicht auf mir, denn ich bin nicht der Urheber dieses Krieges.
Ich ersuche Sie lieber Freund, nochmals! Nehmen Sie den wahren und aufrichtigen Frieden den ich Ihnen geboten habe, und lassen mich stehen in Ruhe.“

So weit zum Schreiben des Hottentotten-Häuptling >Hendrik Witbooi< an Generalmajor >Theodor Leutwein<

Generalmajor Theodor Leutwein wurde ja am 16.05.1904 von seiner Stellung als Kommandeur der Schutztruppen enthoben und durch Generalleutnant Lothar von Trotha ersetzt.
Und wie Generalleutnant von Trotha mit den Herero und Nama umgegangen ist, ist ja bekannt.
Man spricht da sogar von Völkermord.

Quelle dieses Schreiben: Artikel über „Oberstleutnant Leutwein und Deutsch Südwest Afrika“, enthalten im Jahrbuch von 1899 – Das neue Universum -, Seite 58-63.
 
Zimmerer stellte sich hier natürlich zurecht gegen einen offensichtlichen Versuch des Revisionismus durch die AfD, trotzdem stehen in dem Interview Aussagen, die nach meinem Empfinden kritische Nachfragen durch Kellerhoff verdient gehabt hätten.
Wie verrechnen Sie versklavte und ausgebeutete Menschen mit gegrabenen Brunnen? Tote mit erbauten Eisenbahnkilometern? Das ist keine wissenschaftlich zu beantwortende Frage. Sie macht nur Sinn, wenn man die Axiome eines eurozentrischen Fortschrittsglaubens teilt, der selbst die Grundlage der Kolonialideologien bildete. Nur aus der Logik des Kolonialismus könnte man diese Frage sinnvoll stellen. Zudem war unerbetene Fremdherrschaft. Fragen Sie nach einer Geiselnahme die Geisel auch, ob und wie sie von der Gewalttat profitierte?
Wie es sich in den deutschen Kolonien verhielt, weiß ich zugegebenermaßen nicht, aber zumindest im Bezug auf einige britische Kolonien und Französisch-Nordafrika dürfte man durchaus nicht nur nach Eisenbahnkilometern fragen, sondern bspw. auch nach einer gesunkenen Kinder- und Müttersterblichkeit. Ist es "eurozentrischer Fortschrittsglaube", wenn man einen Zugang zu funktionierender medizinischer Versorgung für eine gute Sache hält? Ein Aufrechnen birgt freilich immer die Gefahr, in Apologien oder Philippiken abzugleiten, trotzdem sollte ein Historiker auch in der Lage sein, politisch neutral alle Auswirkungen politischer Handlungen zu ermitteln und ggf. einzuordnen, einschließlich der positiven.

Der Vergleich mit der Geiselnahme ist natürlich dummes Zeug. Überhaupt bin ich immer mehr der Meinung, dass in der Kolonialismusforschung heute eine Art unbewusster, umgekehrter Rassismus die Stoßrichtung der Lehrmeinung bestimmt. Die Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte der Eroberung und Unterdrückung. Auch die von Europäern kolonialisierten Weltgegenden lebten vor deren Ankunft keineswegs nur in Frieden oder Freiheit. Warum sollte z.B. die Unterwerfung Indiens durch die Briten a priori ein größeres Übel sein als die Unterwerfung derselben Gebiete durch Babur, wenige Jahrhunderte zuvor? Man hat den Eindruck, dass der Kolonialismus eine herausgehobene Stellung in der Skala der Übel erhalten soll, weil er von Europäern ausging. Passend dazu kommen Japan, Russland und das osmanische Reich in der Post Colonial Theory kaum vor.
Dass die AfD nur Gilley bekommt, zeigt im Grunde, dass sich keine seriöse Historikerin, kein seriöser Historiker dafür hergibt, über derartige Gedankenspiele vor der AfD zu sprechen.
Netter Seitenhieb, aber das Zögern der "seriösen Historiker" könnte auch daran liegen, dass eine Untersuchung der europäischen Kolonialvergangenheit von anderen Standpunkten als dem der Post Colonial Theory aus kaum mehr möglich ist, wenn man nicht Job und Ruf verlieren will. (Beispiel)
 
Zum Thema Kolonialismus ein Zitat von Albert Schweitzer:

"Wer beschreibt die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten, die die Farbigen im Lauf der Jahrhunderte von den Völkern Europas erduldet haben. [...] Würde die Geschichte alles dessen, was zwischen den Weißen und den farbigen Völkern vorging, in einem Buche aufgezeichnet werden, es wären aus älterer wie aus neuerer Zeit massenhaft Seiten darin, die man, weil zu grausigen Inhalts, ungelesen umwenden müsste. Eine große Schuld lastet auf unsere Kultur."
 
Wie es sich in den deutschen Kolonien verhielt, weiß ich zugegebenermaßen nicht, aber zumindest im Bezug auf einige britische Kolonien und Französisch-Nordafrika dürfte man durchaus nicht nur nach Eisenbahnkilometern fragen, sondern bspw. auch nach einer gesunkenen Kinder- und Müttersterblichkeit. Ist es "eurozentrischer Fortschrittsglaube", wenn man einen Zugang zu funktionierender medizinischer Versorgung für eine gute Sache hält?

Ein durchaus richtiger Einwand, wie ich finde.
Die Vorstellung, dass Fortschritt und Zivilisation darin zu messen wäre, wie viele Marmortempel, Eisenbahnkilometer etc. eine Zivilisation errichtet oder welches Glaubenssystem sie sich angeeignet hat, ist sicherlich Humbug.

Aber warum können Lebenserwartung, Schriftlichkeit und Alphabetisierung einer Kultur um nützliches Wissen weitergeben zu können oder Lebensqualität im Allgemeinen keine objektiven Gradmesser für Fortschritt sein?

Im Übrigen wäre ich auch etwas vorsichtig damit Eisenbahnkilometer (ohne sie als sinnvolle Messlatte betrachten zu wollen) etc. als rein "eurozentrischen Fortschrittsglauben" abzuqualifizieren und als "Kronzeugen" dafür würde ich Japan und die Meiji-Restauration benennen, denn auch wenn die "Öffnung Japans" im 19. Jahrhundert nicht ohne militärische Drohkulisse und Druck erfolgte, übernahm man die europäischen oder auch amerikanischen Vorstellungen von Fortschritt dort ja recht zügig und ging mit der "Iwakura-Mission" ja sogar so weit von sich aus eine Bestandsaufnahme der Errungenschaften Europas und der Vereinigten Staaten zu machen um ausgewählte Aspekte davon systematisch nachvollziehen und in der eigenen Gesellschaft implementieren zu können.

Entsprechende Bemühungen sich selbst an (West)Europa zu orientieren, hatte es ja auch von Seiten des Osmanischen Reiches mehrfach gegeben, wo man es offenbar ebenso für plausibel hielt die Westeuropäischen Fortschrittsmaßstäbe zu adaptieren und ihnen nachzueifern.


Die Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte der Eroberung und Unterdrückung. Auch die von Europäern kolonialisierten Weltgegenden lebten vor deren Ankunft keineswegs nur in Frieden oder Freiheit.
Vor allem könnte man die Frage stellen "wessen Freiheit" und das auch ganz explizit am Beispiel der medizinischen Versorgung festmachen.

Man könnte hier z.B. aus moralischen Erwägungen die Frage stellen: "Hat eine Gesellschaft eigentlich das Recht sich eine Lebensweise zu leisten, die einen Großteil ihrer schwächsten Mitglieder dem sicheren Tod überantwortet (z.b. wenn sie eine nomadische oder halbnomadische Lebensweise betreibt, die den Aufbau einer modernen medizinischen Infrastruktur sehr erschwert) oder die es ihren Mitgliedern verunmöglicht diese Gesellschaft zu verlassen und sich anderswo ein eigenes Leben aufzubauen, weil die Gesellschaft aus der die Person kommt, es unterlassen hat dafür notwendige elementare Bildung zu vermitteln, obwohl dies durch eine andere Lebensweise möglich gewesen wäre?

Ich persönlich frage mich ja immer, wie es einige Leute eigentlich hinbekommen, die archaischen tribalistischen Strukturen in einigen Weltgegenden zu verherrlichen, gleichzeitig aber darauf zu verweisen, dass der europäische Kolonialismus ein Unding gewesen sei, weil er die Menschenrechte der dortigen Bevölkerungen mit Füßen getreten habe.

Mit den problematischen Aspekten des Kolonialismus mögen sie ja durchaus recht haben, allerdings, wenn man Menschenrechte und Menschenwürde als Messlatte an die kolonialen Praktiken anlegt, müsste man sie auch an die präkolonialen Gesellschaften anlegen und ich weiß nicht, ob diese da so gut abschneiden würden.


Das sind sicherlich einige Überspitzungen, die man durchaus hinterfragen kann.


Insgesamt wird man sicherlich bei der Wertung bleiben können, dass der Kolonialismus (so wir vom 19. Jahrhundert reden) mehr Schaden als Nutzen angerichtet hat. Das würde ich aber abweichend von der Tendenz der neueren Kolonialgeschichte, die sich ja vor allem sehr stark auf Afrika fokussiert vor allem an den europäischen Aktivitäten in Asien und im Norden Afrikas festmachen (nicht so sehr am subsaharischen Afrika) und zwar mit der Begründung dass ein Großteil der asiatischen Gesellschaften vor der Kolonisierung bereits so entwickelt war (Einigermaßen klare Eigentumsverhältnisse, Schriftlichkeit, teils erstaunlich hohe Alphabetisierungsraten der Bevölkerung nach vormodernen Maßsstäben etc.), dass die Implementierung europäischer Errungenschaften, die man objektiv als nützlich wird ansehen können, wie der Erwerb medizinischer Erkenntnisse oder eines modernen Bildungswesens und selbst die Teils etwas verqueren Maßstäbe des 19. Jahrhunderts, wie Eisenbahnkilometer auch auf dem Weg eines einfachen Wissenstransfers zu realisieren gewesen wäre und man dazu sicherlich keine koloniale Besatzung benötigte.

Die Vorstellung so weit entwickelte Gesellschaften, wie die größeren indischen Fürstentümer oder gar China, oder auch Teile des Maghreb wären ohne europäische "Mission Civilisatrice" grundsätzlich nicht im Stande gewesen relativ zügig zum europäischen Niveau in den entsprechenden Dingen aufzuschließen, halte ich für ziemlich absurd.
Der europäische Vorsprung durch die Systematisierung der Wissenschaft und die industrielle Produktiosnweise war zwar nicht unbeträchtlich, aber in diesen Gegenden waren die Grundlagen gelegt um das nachvollziehen zu können und dafür wie schnell das realisierbar war, wenn man die entsprechenden Gesellschaften einigermaßen in Ruhe ließ und wenn diese sich selbst für diesen Weg entschieden, kann abermals Japan herhalten.
Das Land schaffte es innerhalb von 50 Jahren seit den 1860ern bis zum 1. Weltkrieg weite Teile Europas, wie Spanien, Portugal oder die Balkanstaaten auf so ziemlich allen Ebenen abzuhängen und mit Italien in etwa gleich zu ziehen (es in einigen Bereichen zu übertreffen) und dass obwohl die Rohstoffbasis des Landes (relativ wenig Kohle als Energieträger und relativ wenig Erzvorkommen) für den Übergang zu industriellen Produktionsweise nicht günstig waren.

Trotzdem war man da sehr wohl in der Lage sich selbst im Eiltempo zu "zivilisieren" und Teile der kolonisierten Gebiete in Asien und Nordafrika hatten nicht so viel schlechtere indikatoren.
Hier war Gewalt sicherlich weitgehend überflüssig und diente mehr der Befriedigung des eigenen Selbstverständnisses, als das es objektiv irgendwas nutzte und wenn man den Kolonialismus als Gesamtphänomen betrachten möchte, kann man hier sicherlich überwiegend negatives konstatieren.

Das Gleiche natürlich, wenn man sich das subsaharische Afrika ansieht, bei einzelnen besonders herausstechenden Fällen, wie bei den "Siedlungskolonien" in Südafrika und Namibia (sicherlich auch Australien und Neuseeland) wo der Verdrängungsprozess der Indigenen Gruppen durch die Europäichen Siedler aus den ergiebigsten Gebieten mit den größten Ressourcen sicherlich zum nachhaltigen Nachteil der ursprünglichen Bewohner dieser Gebiete ging oder dem Kongo, wo die Menschenverachtung sicherlich auf die Spitze getrieben wurde.
Und sicherlich wird man auch die Aktivitäten einiger Persönlichkeiten (und da denke ich gerade konkret an Herrn Peters) negativ beurteilen müssen.

Aktivitäten der kolonialmächte in anderen Teilen des subsaharischen Afrika kann man zumindest im 19. und 20. Jahrhundert (also nach der Abschaffung des transatlantischen Sklavenhandels) sicherlich etwas zurückhaltender beurteilen, was das Gesamtergebnis (sicherlich nicht die brutalen Methoden angeht).
An und für sich wird man, wenn man das Gesamtphänomen betrachtet, aber denke ich doch zu einem stark überwiegend negativen Urteil kommen können.
 
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