Flächenmäßig war 1914 Deutschlands Kolonialreich das drittgrößte nach dem Französischen und Britischen. Einwohnermäßig war es das viertgrößte. Die Niederlande überholten die Deutschen da mit Indonesien.
Langewiesche verweist bei seiner Aufbereitung der Territorien und der Bevölkerung als Anteile am Kolonialbesitz auf Etemad (S. 131 ff vgl. Link)
------------------Territorium--------------Bevölkerung 1913
GB......................60,8 %..................................71,2 %
Frankreich.........18,2 %...................................8,7%
Deutschland......5,5 %.....................................2,2%
Japan.................0,6%.....................................3,5%
Possessing the World
Aus der Frage der kolonialen Herrschaft ergibt sich nicht automatisch ein Konflikt mit der indigenen Bevölkerung. Shinigami verwies bereits auf unterschiedliche Typen von Kolonien. Osterhammel schlägt vor (S. 16-18), drei Typen zu unterscheiden: 1. Stützpunktkolonie (Gibraltar) mit primär militärischer Nutzung, 2. Beherrschungskolonien (Indien) und 3. Siedlungskolonien. (Nordamerika)
Vor allem die Beherrschungs- und Siedlungskolonien liefen auf einen Konflikt, Vertreibung, Versklavung oder Vernichtung der indigenen Bevölkerung hinaus. Und sind insofern am ehesten ein Bezugspunkt, über den man eine ideengeschichtliche Verbindung zwischen kolonialer Praxis und genozidaler Kriegsführung herstellen kann (vgl. Diskussion bei Langewiesche S. 363ff)
Interessant ist in diesem Kontext, weil Dion die "sozioökonomische Überlegenheit" angesprochen hat, die Arbeit von Adas. Er zeigt, wie die sprunghafte innovative Entwicklung von Technik, auch im Bereich des Militärs (vgl. Parker) zu einer Veränderung der Sicht auf die "unterlegene Seite" - sprich die "Wilden" etc. führte. Und auch das Verständnis des "White men`s burden" mit geprägt hat. Und zur Erklärung der Idee einer zivilisatorischen Mission der europäischen Großmächte durch innovative Überlegenheit beiträgt.
Adas, Michael (2014): Machines as the measure of men. Science, technology, and ideologies of western dominance. 2014 Ithaca: Cornell University Press.
Etemad, Bouda (2007): Possessing the world. Taking the measurements of colonisation from the eighteenth to the twentieth century. New York, Oxford: Berghahn Books (S.131)
Langewiesche, Dieter (2019): Der gewaltsame Lehrer. Europas Kriege in der Moderne. 1. Auflage. München: C.H. Beck.
Osterhammel, Jürgen; Jansen, Jan C. (2017): Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. 8., aktualisierte Auflage, Originalausgabe. München: C.H. Beck