Ich habe mich vor längerer zeit mal mit den Zahlen beschäftigt. Ein Zensus von 1905 gibt zB für die Hereros 25,000 Menschen an. Walter NUhn schätzte, daß 1904 ca. 40,000 Hereros in DSWA lebten. Laut zensus von 1911 gab es nur noch 15,000 Hereros.
Der herero-Aufstand begann im januar 1904. Die Kämpfe waren im wesentlichen 1905 beendet, die Hereros besiegt. Der nama-Aufstand begann im Oktober 1904. Zuvor waren deren Truppen noch in der Schlacht am Waterberg auf deutscher Seite. Ihre Anzahl wird auf ca. 20,000 im Jahre 1904 geschätzt. 1915 gab es nur noch 10,000 Nama. Ungefähr 2,000 Nama waren während des Guerillakrieges interniert, von denen lediglich 450 überlebten.
Der herero-Aufstand begann mit dem Angriff von 4-5000 Kriegern auf die ca. 2000 mann starke Schutztruppe. Man griff auch deutsche farmen an und tötete ca. 140 weiße Siedler. Den Deutschen war es möglich ihre truppenzahl rasch zu erhöhen und wie bereits erwähnt, am waterberg wurde die Herero-Streitmacht besiegt, ca. 1500 konnten nach British-Betshuanaland entkommen. Von den Deutschen wurden daraufhin nach britischem Vorbild Konzentrationslager eingerichtet. Mir ist dazu eine Zahl von 7,700 Internierten bekannt. Die Internierten kamen oftmals in bereits schlechtem gesundheitlichen Zustand an und so kam es rasch zu Seuchen, an denen auch zum teil die Wachen litten. Eine Typhus-Epedemie im Jahre 1898 z.B. kostete 10,000 Hereros das Leben, ganz ohne Kolonialkrieg. Interessant ist auch, daß Hereros kaum mehr als 6000 Krieger mobilisieren konnten. Eine scheinbar kleine Zahl, wenn man tatsächlich von über 100,000 Hereros zu Aufstandsbeginn ausgehen möchte.
Ein vergleichbarer Aufstand ereignete sich übrigends auch in DOA, der Maji-Maji-Aufstand. Die Hege, Sangu und Wayao unterstütztem in diesem kampf die deutsche Kolonialmacht, während Ngoni, Pogoro, Pangwa, Ngindo, Mbunga, Bena und Matumbi einen brutalen Guerilla-Krieg begannen, denen die deutschen ebendso brutal beantworteten. Ein Mittel war hier, wie überall, der krieg gegen die Ressourcen des Gegners, die Zerstörung der Dörfer und Ernten. Als Resultat starben die meisten Opfer an Hunger und Seuchen. Die Opferschätzungen gehen wieder einmal auseinander, von offiziellen 75,000 bis zu ca. 300,000 Opfern.
Diese Kriegsführung war nicht ausnahmslos. Die Briten wandten im Kampf gegen die Buren die gleichen Methoden an und in ihren Konzentrationslagern starben ca. 26,000 burische Zivilisten. Im Philippinisch-Amerikanischen krieg starben nach Schätzungen zwischen 250,000 und 1,5 Millionen Philippinos. Oder nehmen wir den Mau-Mau-Austand von 1952-57. Schätzungen liegen hier bei 20,000-100,000 Opfern.
War also das deutsche Verhalten Völkermord? Es gab hierzu bereits Antworten. Nein, es war es juristisch gesehen nicht. Kann man es nach heutigen Definitionen als Völkermord betrachten? Das ist möglich. Die Definition kann sicherlich dahingehend interpretiert werden. Dann müssen wir aber eine riesige Menge anderer Konflikte ebenfalls als Völkermord bezeichen. Bringt uns das einen Vorteil? Ich denke nein. das verhalten der deutschen war brutal und unmenschlich, kein Zweifel. Es unterschied sich aber nicht vom Verhalten anderer Kolonialmächte oder vom Verhalten afrikanischer Völker untereinander.
Für mich stellt sich daher weniger die Frage, ob Völkermord oder nicht. Vielmehr würde ich fragen, warum ausgerechnet dieser Konflikt herausgepickt wird und nicht der Maji-Maji-Konflikt oder eine Reihe anderer Kolonialkriege? Warum wird u.a. versucht ihn mit dem Holocaust der Nazis zu verquicken oder zumindest versucht einen roten Faden deutschen Handels zu finden? Warum findet man die Erwähnung von Heinrich Ernst Göring als erster Gouverneur von DSWA und zieht eine Verbindung zu Hermann Göring, unterschlägt aber zB Hermanns Bruder Albert?
Meine Problemfrage wäre also, warum versucht man noch heute den Herero- und Nama-Aufstand als Genozid zu brandmarken?